Freitag, Juni 24, 2016

Die Steppe blüht

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23.6.2016    Die Steppe blüht
Die Steppe blüht
Rund um den Sevan-See ist alles eine blühende Steppe. Der Sevan ist Nationalpark, wirklich nur der See. Direkt am Ufer, was dann auch die Nationalparkgrenze ist, gibt es ein paar Kieferngestrüppe. Ein wenig in der Struktur des Bewuchses sind noch die Felder des Kolchos zu erkennen, aber praktisch sind die Felder verwildert. Ganz hinten bei Geghamasar sind noch ein paar Mähhechsler aus der DDR im Einsatz, machen wohl aber nur ein Bisschen Heu. Doch die vielen Stauden von bunten Blüten beeindrucken den gegen den Wind kämpfenden Radler. Er kann so immer mal wieder zum Bilder machen verschnaufen.
Die Erzbahn
Immer wieder ist hier hinten Militär unterwegs. In Geghamasar komme ich beim Bier mit den Soldaten ins Gespäch. „Wir sind hier im Krieg!“ Die Grenze zu Berg-Karabach ist von hier nur 40 km weg. Der Erzzug fährt zu einem Goldbergwerk oben am Zod-Pass, das ist die Grenze zu Azerbaidshan – Bergkarabach. Nach einigen Schleifen durch das arme Dorf Norakert erreiche ich wieder eine halbwegs asphaltierte Straße an einer Tankstelle bei Tsovak.
Die Straßen sind hier rau
Die Säulen haben bereits ausgedient. Doch es gibt einen Tankwart, der hört gerade in seiner Bude von Queen “We will rock you”, als ein 1500er Moskvich vorfährt. Hinten sitzen drei Generationen Frauen, vorn zwei kernige Kaukasier. Sie erhalten nach meiner Schätzung 10 Liter vom Kessel in eine Kanne gezapft. Die werden mit einem Trichter in den Benzineinlass hinter dem Nummernschild am Heck eingelassen. Der nächste Kunde dieser “Tankstelle” lädt mich in sein Restaurant um die Ecke ein. Es wird Fisch geben.
Ausgedient
24.6.2016    Dreimal gehupt, ist auch gebetet
Hinter Martuni konnte ich einen schönen Kiefernhain zum Boofen finden. Die unzähligen Mücken schienen aber nicht stechen zu wollen. Es sind hier einige europäische Reiseradler unterwegs. Gestern habe ich drei Österreicher getroffen, die Martuni über den Selim-Pass erreicht haben. Sie hätten unten im Araks-Tal schon 46 Grad gehabt. Wir trafen schon drei Polen und zwei deutsche Hotel-Radler. 
Am Morgen sind einige Fischer auf dem See unterwegs, um ihre Reusen einzuholen. Die endemische Sewan-Forelle (Salmo ischchan, armenisch Ischchan իշխան) dürfen sie nicht fangen, sie steht im Nationalpark unter Schutz.
Kirchlein bei Lanjaghbyur Լանջաղբյուր
Ich wunderte mich bisher, dass es praktisch keine Dorfkirchen gibt. Jetzt konnte ich ein klitze kleine Kirche am Wegesrand besuchen, überaus ausgeschmückt mit vielen Votivgaben in Form von Bildern.
Die nötige Demut wird vom Besucher durch den niedrigen Zugang abgefordert. Der moderne Armenier hupt im Vorbeifahren dreimal. Die berühmten Sevan-Klöster z.B. Hayravank sind schon seit dem 19. Jhdt. aufgelöst, dort scheint es keine Gottesdienste oder ähnliches zu geben.
Rundherum viele Chatschkare
Ein Chatschkar ist eine Stele, ein Monolith mit eingravierten Kreuzen, Weintrauben, Ranken und Schriftzeichen. Chatschkare sind Gedächtnis-Monumente und künstlerische Objekte ganz besonderer Art. Besonders reich mit solchen Gedächtnissteinen ist der große antike Friedhof von Noratus ausgestattet.
Kloster Hayrvank (Հայրավանք)
Jetzt kurz vor Sevan habe ich meine Freunde zum Mittagsmahl wieder getroffen. Wir werden das Gebiet des Sevan verlassen und auf unterschiedlichen Wegen den weiten Weg zur georgischen Grenze suchen. Das sind aber bestimmt noch vier Tagesetappen. In Tsaghkunk hat die Pannenhexe mich erwischt. Die drei Groschen für die Kerzen in Hayravank waren wohl zu knapp im Auge des Herrn. Doch hier gibt es feines kleines Hotel.
Es war ein ganz kleines zartes Lämmchen, immer nur ein Bisschen an den Rippen und am Kotelett, aber wunderbar. Es war zubereitet nach Art des Ortes Tsaghkunk mit diversen gegrillten Gemüsen und Gewürzen. Ich bin mir nicht sicher, ob ich in diesem edlen Restaurant diese Köstlichkeit korrekt mit den Fingern zu mir nehmen durfte. Aber es gilt wie immer, hier kennt mich ja keiner. Dazu trank ich einen trockenen weißen Wein (domaschno vino), großartig. Der Abschluss ist gerade ein Cognac, auch hier meinte der junge Kellner, dieses göttliche Getränk sei domaschno.

Mittwoch, Juni 22, 2016

Armenische Klosterstraße

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19.6.2016    Armenische Klosterstraße
Die erste Frage an der armenischen Grenzkontrolle durch einen jungen Grenzschützer mit russischer Generalsmütze war: “Kommen sie aus Aserbaidschan?” Ich verstand nur Aschenbecher!
Der Fluss Debed
Wir radeln jetzt in der Schlucht des Debed, der sich mit reißender trüb brauner Strömung präsentiert.
Zwischendurch ein kleiner Regenschauer. Wir fanden Unterstand bei einem Gewerbegelände, der Wächter Agronom Haik holte uns in seine kleine Pförtnerloge und kochte uns einen Espresso. Er war sehr politisch bewandert und interessiert. Deutschland hätte eine wichtige und gute Industrie, nur die Politik der Angela Merkel sei fragwürdig bei den Asylanten.
Hier befinden sich einige berühmte armenische Klöster, leider immer 400 Höhenmeter über dem Fluss auf einer Felsterasse aus erkalteter Lava. In Akhtala wollte keiner von uns Männern hoch zur Burg und dem Kloster, das UNESCO-Weltkulturerbe Haghpat habe nur ich abgewählt. Ich komm’ nicht hoch! Noch nicht. Während Anne und Detlef sich im Kloster geistig erbauen, erforsche ich die Welt der armenischen Käsesorten. 
Meine erste Kostprobe der armenischen Küche
Zum Bier bestellte ich eine Käseplatte mit Lavash, dem dünnen Fladenbrot. Es war aber noch ein Bisschen Stör, das Madlotschka sagte “Sterlett”, vom Vorabend übrig … ich durfte kosten. Sehr gut!
Das Städtchen Alaverdi ist geprägt durch die Kupferhütte. Hier wird schon seit über hundert Jahren Kupfer verhüttet. Interessant ist die Verlegung des Fabrikschlots hoch auf den Berg. 
Küpferhütte in Alaverdi
In Alaverdi sprach uns ein pisatelj, ein Schriftsteller an. Der kriegte dann einen Anschiss, da er sich mit uns russisch unterhielt. Sonst haben wir aber überhaupt kein Problem, die russische Sprache zur Verständigung zu nutzen. An dem armenischen Wort für “Danke” zerbreche ich mir die Zunge - „շնորհակալություն, schnorrhakalutsjun“.
Im Canon des Debed
20.6.2016   
Die heutige Etappe war zünftig, sie führte nach Vanadzor und einige weitere hundert Höhenmeter zu einem Gartenrestaurant, wo wir zelten dürfen. Es sind nur 49 km zusammen gekommen.
Die Schwarze Kirche, die Gottesmutterkirche (Սուրբ Աստվածածին)
Der Besuch einer armenischen Kirche in Vanadzor mit der Spende von ein paar Kerzen für unsere gute Reise war ein weiterer kultureller Höhepunkt. Es war die „Schwarze Kirche“, gewidmet der Mutter Gottes. Bis 1828 bestand in Vanadzor eine Schwarze Kirche, an deren Stelle 1831 dieser Neubau errichtet wurde.
Kaffeehändler
Detlef legt großen Wert auf seinen morgendlichen Kaffee. Hier entdeckten wir einen Händler, der frische Bohnen uns auf die hiesige Art ganz fein als Pulver mahlte und verkaufte. Die Armenier sind als Kaffeehändler berühmt. Johannes Theodat (auch Johannes Diodato, eigentlich Owanes Astouatzatur) (* um 1640 in Istanbul; † 1725 in Wien) war ein armenischer Handelsmann und Kurier. Er war der Besitzer des ersten Wiener Kaffeehauses. Carl Tchilling-Hiryan (eigentlich Tchilinghiryan, * 1910; † 1987 in Hamburg) war ein Kaufmann und Unternehmer armenischer Abstammung. Gemeinsam mit Max Herz gründete er 1949 die Firma „Frisch-Röst-Kaffee Carl Tchilling GmbH“, den heutigen Tchibo-Konzern.
Sie brennen für das Heil unserer Reise
Am Ortsausgang hat uns ein ein mächtiges Gewitter mit Hagel erwischt, durch die pomana in der Schwarzen Kirche in Form von einigen Kerzen aber mit guter Logistik in Form eines Minimarkts. Dorthin flüchteten auch die Bauarbeiter, die von der letzten Überschwemmung die Reste von Schlamm und Geröll von der Straße weg schaufelten. Alles für die Katz, nach nur einer Minute tat sich wieder eine Sintflut auf und spülte neuen Schlamm und Steine auf die A330, eine wichtige Fernverkehrsstraße in Armenien. Nach einer Stunde konnten wir weiter strampeln bis zu unserem jetzigen hervorragendem Platz zum Zelten, der uns mit diversen Köstlichtkeiten wie hausgemachte Sahne überrascht hat. Wir durften die Schaschlikküche Armeniens gut ausprobieren. Kurz vor Vanadzor bei einer jungen Familie gab es einen Lammschaschlyk mit diversen Gemüsen. Hier bekamen wir was vom Schwein, für jeden ein kleines Kotelett und Rippchen. Dazu hat der russische Wodka mit dem Namen “Unser Wodka, eure Lieder” sehr gut geschmeckt.
Die Anlage, wo unsere Zelte standen
21.6.2016    Die erste Herausforderung
Wir sind immer noch am Aufstieg zum armenischen Hochland rund um den Sevan-See. Der liegt auf knapp 2000 m Höhe. Die Straße führte uns schon einmal auf eine solche Hochebene mit grünen Matten. Es ist eine Viehzüchtergegend. 
Die Gegend um Lermontovo
Einige der Dörfer tragen russische Namen wie Lermontovo oder Semjonovka, laut Reiseführer sollen es Molokaner sein. Die Molokanen (rus. Молока́не, arm. Մոլոկաններ), übersetzt Milchtrinker, weil sie an den Fastentagen Milch zu sich nehmen, sind eine Gemeinschaft des spirituellen Christentums, die sich von der Russisch-Orthodoxen Kirche getrennt hat.
Am Sevan-Pass (2114 m)
Ich war fix&fertig oben, noch nicht einmal der domaschno wino hat mir geschmeckt. Vom Pass aus kann man den Sevan-See sehen, besonders beeindruckend beim Pullern nachts im Mondenschein. Ich war aber zu schwach, die Photoausrüstung für Nachtaufnahmen aufzubauen.
Dorf der Molkaner
Unsere größte Herausforderung war die Passauffahrt von Dilidschan (armenisch Դիլիջան, auch Dilijan) aus, ca. 7 % über 20 km. Wir haben uns verabredet, dass wir am Pass zelten werden. Ich war fix&fertig oben, noch nicht einmal der
Die Strunke sind wie sehr holziger Spargel
Was bei uns das schlimmste Unkraut ist, diese hohen Dolden aus dem Kaukasus, die diverse allergische Reaktionen auf der Haut hervor rufen, die Strunke der Pflanzen nutzen die Armenier hier zum Einlegen in eine milde Essigessenz und wir kriegen das hier immer als Gemüsebeilage. Man kann es aber nur durchkauen, die Strunke sind wie sehr holziger Spargel.
22.6.2016    Am Sevan-See: Der Wind kommt von vorn
Es musste passieren, wir haben uns getrennt. Mit meinen 60 Jahren muss ich keinen asketischen Zelturlaub machen, wo das Land Armenien so viele schöne Spezereien bereithält. Ich hatte schon im Plan mir das gute Hotel “Tufenkian Avan Marak Tsapatagh Hotel” ausgesucht, um den Aufstieg zur blauen Perle von Armenien gebührend zu feiern. Ich habe mir hier für knapp 50€ ein Zimmer genommen und spektakulär gut gegessen. Ich werde sicher die Umrundung des Sevan-Sees fortsetzen und dann auch wieder zelten.
Der Wind kommt von vorn
Es ist eine verkehrsarme ordentlich asphaltierte Straße durch eine blühende Steppe bisher, aber mit großem Gegenwind. Hier im Hotel ist ein älteres Paar aus den Niederlanden. Die Holländer besuchen, wie jedes Jahr, auf einer Rundreise durchs Land ihre 16 armenischen Patenkinder. Der Mann sagte aber, dass die gefällige Straße bald vorüber sei, sie würden mit einem Lada für die nächsten 30 km 50 min brauchen. Einige der 3000er Berge, die den Sevan-See umkränzen, tragen noch Schnee.
Das Wardenisgebirge (armenisch Վարդենիսի լեռնաշղթա)

Samstag, Juni 18, 2016

Georgische Straßenhölle

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Alle unsere Fahrräder wurden noch einmal von Bodo Wenzel aus Cumbach in Schuss gebracht, “sie schnurren wie die Kätzchen.” Aber die Räder mussten von uns für den Flugzeugtransport wieder kaputt gemacht werden. Heiner weiß, wovon ich erzähle. Aber alles lief gut, wir brauchten noch nicht einmal Luft aus den Reifen rauszulassen. Anne und Detlef wurden für ihre Kartonverpackung gelobt, mein bisschen Knallfolie um die kritischen Stellen am Rad wurde mit einer speziellen Sperrgepäckwanne gewürdigt. Alles ist gut in Tiblissi angekommen. Es war gegen 5 Uhr in der Früh, die LH 2556 hatte ein bisschen Verspätung, in Düsseldorf war Gewitter. Ein Cabincrew-Mitglied kam deshalb am Startort MUX verspätet an, so hängt eben Alles mit Allen zusammen. Eine sehr kurze Nacht, der Flug dauerte 3 1/2 Stunden.
Endlich rollten wir los. Ich hatte mir in Google-Earth einen schnellen Weg raus aus der Stadt Tiblissi in Richtung Grenzübergang nach Armenien in Sadakhlo erkundet. Der erste Spezialabschnitt eine Eisenbahnbrücke über den Mtkvari-Fluss in Tiblissi fanden wir leicht, der Feldweg parallel zu einer Eisenbahnlinie zu einem Stausee wurde verpasst.
Georgische Straßenhölle bei Kumisi
Wir landeten auf einer Hauptstraße nach Marneuli in der georgischen Straßenhölle. Die Hölle setzte sich aus einer großen Hitze, viel Verkehr mit Abgasen, die jedem VW zur Ehre gereicht hätten. All das macht Durst. Das Hupen war in der Regel ein freundlicher Gruß an den Radler. Mir fällt der stetige Aufstieg extrem schwer, ich brauche bestimmt noch vier Tage, um mich einzurollern. Meine Freunde sind aber sehr tolerant.
Wir sind jetzt noch in Georgien nur 10 km von der Grenze zu Armenien entfernt, aber in Dörfern mit aserbaidschanischer Bevölkerung. In der letzten Kneipe spielten Alle zum schwarzen Tee engagiert Domino. Unser Platz zum Zelten zeichnet sich durch perfekte Logistik aus. Die Aseris bedienen uns auch mit einem Bier zum köstlichen Schaschlik. Wir dürfen die Zelte direkt im Garten aufbauen und die Dusche benutzen. Der Höhepunkt des Abends war der Auftritt eines Gopuz-Spielers in einer Männerrunde an unserem Nachbartisch.
Gopuz-Spieler und großer Sänger

Sonntag, Juli 05, 2015

Daten&Fakten als Resümee

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Fazit zur großen Balkan-Tour Belgrad - Plowdiw:
Hervorragende Busverbindung von und nach Bulgarien mit Racic Eurobus BG. Dabei ist Fahrradtransport möglich, bestimmt auch bis zu drei Stück. Es waren vier Fahrer an Bord, es werden ausreichend Pausen gemacht ... einwandfrei und empfehlenswert. Man hat ein großes Gepäckstück frei. Ich habe mein vollbepacktes Fahrrad ins office geschoben, das galt dann als das eine Gepäckstück.
Die Daten: Nur knapp 1500 km, aber fast 22.400 Höhenmeter geleistet.
Motto der Tour:
Kopf hoch & langsam: Vorbild für den Stil des Vorankommens während der Tour.
Mehr Bilder zur Tour gibt es hier, auf dem Bilderberg.

Freitag, Juli 03, 2015

Der letzte Tag

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Es gibt nun nicht mehr viel zu berichten. Ich bin in der alten Stadt Philippopol, heute Plowdiw.
Philippopol, Fundament für das heutige Plowdiw
Erstes Ziel war gestern der Busbahnhof "Jug" (Süden). Morgen vormittag startet dort der Bus nach Dresden.
Heute mehrere Stadtrundgänge in Plowdiw mit vielen wunderbaren Kostproben der bulgarischen Küche.
Gebackener sirene und pomaki

Donnerstag, Juli 02, 2015

Reinrollen nach Plowdiw

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Krichim am nächsten Morgen

Da es eine einfache Etappe ist mal was über das Essen. Als ich letztens die Shkembe-Suppe probierte war ich schon enttäuscht, sehr lasch. Ich habe zwar von allen Ingredenzien, die mir hingestellt worden, was rein getan. Aber zu wenig. Jetzt habe ich schon viel mehr gelernt. Der Bulgare an sich will individuell nach würzen. Das geht beim Salat los, und das gilt besonders für die Shkembe.
Würze für die Shkembe
Hauptzutat ist der mit Knoblauch-Spänen versetzte Essig. Dann noch Salz und Pfeffer. Wenn man von dem Essig ordentlich dazu tut, schmeckt es aber wie unsere saure Flecke. Nach dem heutigen Versuch also künftig abgewählt. Zum Shkembe-Frühstück gehört noch ein großes Glas Joghurt, was wirklich lecker ist. Bei dem reichlichen Fleischgenuss gehört nämlich ein Katalysator in den Verdauungsreaktor. Insgesamt darf ich schreiben, immer weiter nach Osten wird die Küche komplexer. Hier in Bulgarien gibt es für den Kartoffelfan wohlschmeckende Zubereitungen mit sirene, dem Weiskäse. Es gibt viele Pfannengerichte und scharf angebratenes Geschnetzeltes. Bestimmt wird kein Teil eines bulgarischen Huhnes nach Afrika exportiert. Ich habe heute in einer wunderbar würzigen Pfanne diverse innere Organe vom Flugvieh verspachtelt.
Jetzt gegen 11 Uhr abends leiste ich mir aber ein wenig Dekadenz: Ich besuche die Whisky-Library in Plowdiw und gönne mir einen Islay Single Malt 15 YO Bowmore. Morgen wieder!

Mittwoch, Juli 01, 2015

Stausee-Etappe

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Gestern saß ich noch mit einem Paar aus Thüringen, große Wanderer vor dem Herrn. Wenn die Frau mal nach Venedig will, wird von Stadtilm aus los gelaufen. Hier sind sie von Erfurt nach Varna geflogen, mit Bus nach Asenovgrad getreidelt und von dort durch die Rhodopen marschiert. Sie haben beide jeweils einen ca. 12kg-Rucksack und sind super gut drauf.
Stausee des Tsankov Kamak Wasserkraftwerk der Vatscha-Kaskade
Für einen Wanderer oder Radler kann ein Stausee ganz schön nerven. Wer erinnert sich nicht gern an die große Heldentat des einzig lebenden Helden, als er am Cerna-Stausee jede Mitfahrgelegenheit ausschlug und vor dem magazin mixt in Cerna Sat zusammenbrach, 20 m über den Fluss wies und meinte: "Dort wird gezeltet!" Heute lagen drei Stauseen auf der Strecke im Vatscha-Tal nach Krichim bei Plowdiw. Gleich nach Devin ein Anstieg auf einer nagelneuen Straße. Diese führt bis auf eine Höhe von 1.080 m und beinhaltet den 880 m langen Lyaskovo-Tunnel. Dann folgte die Belohnung, eine großartige Abfahrt, die mit der Tunnel Durchfahrt oben beim Dorf Lyaskovo startete und hinter dem Tsankov Kamak Damm fast den Talboden erreichte.
Damm "Vacha" / Язовир "Въча"
Die nächsten beiden Stauseen waren ein lockeres Pedalieren durch ein faszinierendes Felsental, nach den beeindruckenden Staumauern immer mit einer tollen Abfahrt.
Damm "Krichim" / Язовир "Кричим"
Vor den Rhodopen in Krichim
Ich muss noch was zu den aktuellen Eigenschaften des rakija sagen. Ich habe mir einen bestellt, Peschtchera, die Nachbarortschaft und offensichtlich ein Weinanbaugebiet. Das sind die führenden Marken beim rakija: Karnobatska und eben Peschtchera. Das sind ganz feine milde Brände, goldgelb. Nur etwas ist merkwürdig, man kriegt Eiswürfel dazu. Damit's länger reicht?

Dienstag, Juni 30, 2015

In den Schluchten der Rhodopen

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29.6.2015 Trigadski Kanjon
Wieder ein Superlativ. Es ist die beeindruckendste Schlucht, die ich bisher durchfahren durfte, fantastisch. Ich weiß, dass ich diesen Satz neulich schon mal gebrauchte, bei der Rugova-Schlucht. Dort war es die Mächtigkeit der Wände, hier ist es die Wildheit, die Ursprünglichkeit. Die Schlucht ist nämlich noch nicht fertig: Am "Schlund des Teufels" verschwindet der Fluss Trigadski reka, um knapp Hundert Meter tiefer nach einigen steilen Serpentinen wieder zu Tage zu treten. Dieser Schlund ist begehbar, vorhin war nur kein Strom da und geschlossen. Mal sehen, wie es nachher wird. Ob schon Alles zusammengebrochen ist und die Schlucht fertig ist? 
Im Schlund des Teufels
In der Tat, es ist eine mächtige, ja teuflische Kraft am Wirken, das Wasser. Ich durfte nach 5 Leva Eintritt noch einer Gruppe den Tunnel hinterher. Man kommt dann in einen großen bestimmt 50 m hohen Dom raus, wo das Arbeiten des Wassers immer zu hören war, ich aber nur an einem Punkt in ca. 10 m Tiefe den rauschenden Trigadski reka sehen konnte. Dann führte eine steile Treppe aus Betonstufen steil den Teufelsschlund hinauf. Unten wurden die Leute mit diversen Krankheiten einschließlich Höhenangst noch gewarnt. Mit mir war eine deutsche Reisegruppe in der Höhle, da ist ja immer ein Buchhalter dabei, der die Stufen zählt: 288. Nach knapper Hälfte konnte man ganz oben dann auch die ersten Löcher zum Tageslicht sehen. Beeindruckend!
Moschee und Baumhaus in Gjovren
Unten in Gjovren hat Einer eine 200 Jahre alte Mühle zu einer schönen mechana ausgebaut, mit Baumhaus und Wasserfall. Dort konnte ich mich mit einem Waldtechniker (ausgebildet am Technikum in Velingrad) unterhalten. Sein Name war Djamil, er bezeichnete sich als Türken. Hier in den Rhodopen bekennen sich wohl fast alle zur türkischen Nationalität. Gjovren 100%, Borino 80%. Es ist aber alles cool, er bestellte für uns beide vier kjoefte (bitte wieder nachschlagen, danke). Alkohol trank er keinen.
Er weiß schon, wie man sich zuprostet
Eine Spezialität hier, und überall an den Souvenirständen angeboten, ist die reichhaltige Auswahl an Kräutern. Ich konnte mehrmals Kräuterweiblein beim Sammeln treffen und nach den Wirkungen befragen.
Sie sammelten Rotklee ...
... gegen Frauenleiden in den Wechseljahren
Sie sammelte Johanniskraut gegen Depressionen

30.6.2015 Bujnovski Kanjon
Heute bin ich in die zweite Schlucht aufgebrochen, wieder atemberaubend, und zwar gleich von Anfang an. Und dann weiter hoch nach Bujnovo.
Bujnovo
Hier erzählte mir der Kneiper Wladimir aus seiner Jugend. Als er noch ein Junge war, hieß es einmal, Banditen seien im Dorf. Die Grenzer schwärmten aus und fingen einen Ostdeutschen (istotschni). Es sind nur noch drei km auf den Bergkamm zur Grenze nach Griechenland.
Pause beim Wasser
Es ist ein regnerischer und recht kalter Tag. Wieder muss ich mich untersetzen und ein Bier trinken, Zagorka retro, mein hiesiger Favorit. Der junge Wirt Kostadin hier spricht sehr gut Englisch und hat mir einiges von der spektakulären Hydrogeologie erzählt. Es ist garnicht derselbe Fluss vom Teufelsschlund, der unten im Trigadski Kanjon rauskommt. Holz, das in den Siphon unten im Teufelsschlund verschwindet, ist bisher garnicht rausgekommen, mit Farbe gekennzeichnetes Wasser nach zwanzig Tagen! Er meint, das ist hier alles sehr komplex.

Sonntag, Juni 28, 2015

Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert

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Also das wäre gestern eine verdammte Fehleinschätzung gewesen. Dospat im Tal an einer Staumauer hinter mehr als sieben Bergen liegt auf knapp 1300 m Höhe.
Schöne Rastplätze allenthalben: Quelle, Dach, Grill, Schaukel ...
Nach dem ersten Sattel am Morgen gibt es jede Menge idyllische Schutzhütten immer mit Quelle, das wäre dann die Wahl gewesen. Aber die zwei Roten und die großartige Folklore bei Quasimodo gestern im Hotel waren viel besser zum Einschlafen.
Lichte, lockere Landschaft
Das ist jetzt hier eine wunderschöne lichte Pinienwaldlandschaft mit ein paar kleinen Almen. Aber trotzdem noch anspruchsvoll hucklig.
Dospat
Dospat hat Ramadan gefeiert, jedenfalls hatten beide Gaststätten, die ich besuchte, kein Bier im Angebot. Ich bin jetzt in Borino bei einer Shkembe-Suppe (bitte nachschlagen) auf dem Weg nach Teschel, wo ich schon zu Hause mindestens einen Knoten ohne Gepäck geplant habe.
Die Rhodopen sind erreicht
Es war nur noch ein kleiner Buckel, dann ging es hinein in die grandiosen Schluchten der Rhodopen. Das Hotel Orfei bei Teschel, gefunden bei Panoramio, ist korrekt und wird mich noch drei Nächte beherbergen, bevor es den Fluss Vatscha abwärts auf den Heimweg geht. Es liegt perfekt für Ausflüge in die Schluchten der Rhodopen. Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.

Samstag, Juni 27, 2015

Der Alibotusch steckt noch in Knochen

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Eine Nacht mit ein paar Anfällen von Krampf. Ich muss heute mal wieder mehr auf die Mg-Anteile beim Mineralwasser achten. Das Wasser aus den zahlreichen Quellen ist wohl doch arm an Mineralien und das Bier reicht nicht.
Zeitig bin ich los gekommen, gegen 11 Uhr war ich in Goze Deltschev, wo ich das Mittagessen, eine Polenta mit Schweinefleisch probierte. Als das scharf gebratene Schweinefleisch alle war, war der Rest des mamaliga zu trocken. Kennt man ja aus Rumänien. Hier heißt das kacamak.
Letzter Blick auf den Alibotusch
Der kleine Sattel am Morgen hat mich den gestrigen Tag spüren lassen, ich hatte sogar Muskelkater. Doch der lange Aufstieg nach Satovca hat mir gereicht. Möglicherweise geht es morgen nach Dospat großteils nur bergab. Ich hoffte inständig hier ein Hotel zu finden. Es gab Reklame für zwei Etablissements, das Erste war zu, das zweite ohne Bedienung, aber mit einer offenen Bar. Das ließ mich hoffen und ich wartete ein halbe Stunde. Als ich gerade mit der geringen Hoffnung auf eine ausschließliche 20km-Abfahrt nach Dospat weiter wollte, kam grinsend ein Mann, er ließ mich ein und gab mir ein Zimmer. Jetzt sitze ich bei seinem Bruder Quasimodo bei großartiger bulgarischen Folklore und dem zweiten Roten. Alles ist wieder gut.
Arbeitsplatz der Steineklopfer
Hier bin ich in der Gegend der Steineklopfer. Am Straßenrand wird von einem LKW frisch gebrochenes Gestein (z.b. aus einem Bruch oberhalb von Dolno Drjanevo) abgekippt. Auch von anderen Brüchen wird anders farbiges, aber immer spaltbares Material herangefahren. Das ist dann der Arbeitsplatz der Steinespalter. Sie spalten es zu Pläner (Platten) und stapeln es wie bei einer Trockenmauer fein säuberlich auf eine Holzpalette. So entstehen am Rande der Straße mitten im Wald Dutzende Arbeitsplätze. Am Baum hängt auf einem Schild die Mobilfunknummer des Unternehmers als Kontakt für den Kunden.
Er sei so alt wie ich
Eine Listung bei einem Baumarkt hat hier wohl der wenigste, teilweise stehen auf verlassenen Arbeitsplätzen Paletten mit Pläner, die schon die Patina von zwei Wintern haben. Der Preis (wenn ich es richtig verstanden habe) schwankt zwischen 100 und 200 Leva pro Palette. Bei großem Glück finden die Spalter ein versteinertes Blatt aus der Vorzeit. Einige Platten mit solchen Fossilien sind in der Vitrine im Hotel Zenit in Satovcha zu bestaunen.
Traditionelle Bauweise mit solchen Plänern