Samstag, April 13, 2019

Im Gebirge der sterbenden Dörfer

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Hier befindet sich auch eines der größten Nationalheiligtümer Bulgariens, das Kloster Batschkowo. Es ist eine georgische Gründung aus dem Jahre 1083. Im Klostermuseum kann man ein Schwert, das der Legende nach Kaiser Friedrich Barbarossa bei seinem Kreuzzug hier zurückgelassen haben soll, besichtigen.
Eingang ins Kloster Batschkowo
Das Batschkowo Kloster beeindruckte mich mit seinen farbenreichen Fresken und einem weißbärtigen Ehrwürdigen. Er beobachtete mich streng, dass ich in seiner Kirche auch keine Bilder mache. Ich habe den Heiligen drei Kerzen gespendet, als pomana für meine Tour. 
Im Kloster Batschkowo
Dort brennen drei Kerzen für meine Reise
Den Ehrwürdigen wegen einer persönlichen pomana anzusprechen, traute ich mir nicht. Drumherum ums Kloster blüht der Kommerz für die Touristen. Es gibt neben viel Tinnef aber auch sehr gesunde Kräuter für Tee und Honig aus den Rhodopen.
Honig am Straßenrand im Tal der Tschepelarska reka
Im Tal der Tschepelarska reka verläuft eine Hauptstraße (#86) mit reichlich Verkehr, aber tolerabel. An meiner morgigen Abzweigung, die Straße #861 steht das Jugower Wirtshaus. 
Das Jugower Wirtshaus
Der Besuch am Kamin verleitet mich schon etwas früher in der Tour von den Spezialitäten des Landes und zwar im speziellen Parlenka zu probieren. Sonst wird das Parlenka in Pizzaform serviert, hier richtig als kleiner Brotlaib, gefüllt mit Kaschkaval und mit Knoblauchcreme bestrichen. Dazu gibt es hier nalivna shiva bira - lebendes Bier vom Fass im Jugowskijat Han.
In dem Kurbad Narechenski bani habe ich das Hotel RELAX zum Ziel der ersten Etappe erklärt. Das Abendbrot gibt es auf einer Terasse über der Tschepelarska reka wie einst der river Swat in Kalaam.
Das Dorf Kosowo
Für die nun in den nächsten Tagen folgenden schweren Bergetappen habe ich einen kleinen Abstecher hinauf auf ca 900m in das Dorf Kosovo gemacht. Dieses Dorf wird nur noch durch einige Enthusiasten mit Ferienhäusern am Leben erhalten.
Traditionell gedecktes Haus
Die schweren Pläner, mit denen hier die Häuser früher gedeckt wurden, drücken die morschen hölzernen Dachfirsten ein. Das sieht aus, als hätte das Haus einen Artillerietreffer abgekriegt. Das Haus verfällt.
Ich bin gerade wieder im Jugower Wirtshaus, es gab “Snjeshanka”, Joghurt-Bällchen mit Zwiebeln, Knoblauch und Walnusssplittern.
Über dem Tal des Flusses Jugow
Das Dorf Jugovo liegt 5km vom Wirtshaus steil im Hang. Die Straße führt mit 10% Steigung hoch über einer wilden Schlucht.
Oben im Tal zeigt sich Regen ...
Oben im Tal zeigt sich Regen, ich muss eine trockene Stelle finden. Vorhin das Kapellchen (ein Paraklis) war offen, aber ich habe ja die Fürsprache der Heiligen und finde auf der OSM-Karte eine Schutzhütte eingezeichnet. Als ich die Hütte gegen 17 Uhr erreiche, beginnt der Regen, der die ganze Nacht über nicht ablassen wird. Kann man Glück erzwingen? Glück planen? Ja, geht, dank OSM.  
Meine Schutzhütte
Morgen beginnt der schwerste Abschnitt der Tour, 1000 m Aufstieg, werde wohl 3...4 Tage brauchen bis ins Tal der Arda.

Freitag, April 12, 2019

Nach Bulgarien

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Abfahrt des Racic-Bus in DD mit der üblichen zwei stündigen Verspätung, aber er kommt zuverlässig. Gert hat wieder beim Verpacken des Rades geholfen. Das ist der Start in das große Bulgarien-Jahr 2019 auf meiner Lebensreise Balkan. Es soll so laufen: Eine Fahrt durch Thrakien mit der Erforschung von etlichen Heiligtümern des einflussreichen Volkes der Thraker auf die Geschichte der Griechen. Im Juni eine Wanderung mit Freunden in die “thrakische Kernzone”, die Rhodopen. Im Herbst dann zu den Eroberern Thrakiens, nach Mazedonien.
Inflation in Serbien: Ein Schild stellt den Umtauschkurs mit 1€ = 115,96 Dinar fest, vor einer der regelmäßigen Pausen der Busfahrt auf einer Raststätte bei Subotica. Dann kommt Einer raus und wechselt die Magnetfolien: 116 + paar Zerquetschte gilt ab dieser Minute. Sie nehmen hier Euro, aber kein “metal”, keine Münzen. Die Raststätte hat auch zwei Plätze mit Ladesäulen für das “Elektrische”. Scheint aber wenig Resonanz zu haben, selbst die Polizei hält das für normale Parkplätze und parkt die Ladesäulen zu.
Diesmal hat der Racic-Bus die Verspätung nicht aufholen können. Einer der Passagiere besaß einen diffizilen Ausweis, was die ungarische und die bulgarische EU-Grenzpolizei zu einer zeitraubenden Überprüfung veranlasste. Ich bin mir nicht sicher, ob er dann am Grenzübergang Dimtrovgrad (SRB)/Dragoman (BG) mit in den Bus zurück stieg. Unterwegs vor Nis ist einer der Busfahrer der serbischen Polizei aufgefallen. Seine Fahrerkarte wurde kontrolliert und er musste wohl eine Strafe zahlen. Möglicherweise war da was aus Deutschland anhängig, jedenfalls fiel immer wieder das Wort “Germanija” im auswertenden Gespräch mit den Kollegen. Das war alles gestern am 10. April.
Ausfahrt Plowdiw
Die Festung Stanimaka bei Asenowgrad
Heute konnte ich früh nach erholsamen Schlaf im vorgebuchten “Business Hotel” in der Nähe des Avtogara Jug in Plovdiv starten. Ein kleiner Umweg nach Asenovgrad ersparte mir die verkehrsreiche direkte Straße. Ich bin im Dorf Batschkovo und wettere den Regen ab.

Dienstag, Juli 10, 2018

Ich bin ein bekennendes Landei

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Die Ayda-Berge über Mineralni Bani - goldhaltig
Gestern bin ich aus Chaskovski Mineralni Bani anfangs noch auf Nebenwegen unterwegs. Der rauhe Weg führte über einige Hügel mit lichten Eichenwäldern. Am Rande standen etliche PKW, wird hier möglicherweise nach Trüffeln gesucht?
Eiche bei Susam (Сусам)
Diese unbefestigten Wege mühen mich sehr, bei nächster Gelegenheit bin ich auf ein Asphaltstraße, die mich dann auf die Hauptstraße #8 führte. Der Verkehr war akzeptabel, ich hatte das Gefühl, dass mir mehr LKW entgegen kommen, als mich überholen. Pünktlich zum Regen in Plovdiv angekommen.
Tomaten-Giganten und die stolze Verkäuferin
Heute am Morgen die Rückfahrt am Racic-Schalter im Avtogara Jug gekauft. Meine e-Mail-Bekanntschaft Iliana aus der Vorbereitung der Reise war da, ich konnte mit ihr in deutscher Sprache alles vereinbaren
Plowdiw ist eine der ältesten ständig besiedelten Städte der Welt. Es wurde an sieben Hügeln erbaut, die bis heute ein Wahrzeichen der Stadt sind.
Nebet Tepe (Небет Тепе) mit thrakischen Siedlungsresten. Ein Tepe ist in der Archäologie eine Erhebung, die durch wiederholte Besiedlung entstand.
Nachdem mich die Stadtpolizei auf dem Boulevard vom Rad gejagt hat, bin ich zurück ins Hotel und habe meinen Stadtspaziergang zu Fuß absolviert. Es hat sich wieder gezeigt: Ich bin ein bekennendes Landei. Es hat viel mehr Reiz nach langer Strampelei auf einen Pass einen kleinen Laden vorzufinden, als vom beeindruckenden Angebot im “Kreativviertel” Kapana (Die Falle) eine Wahl zu treffen. Im Amphitheater war gerade Soundprobe mit dem Skyfall Theme, hat großartig geklungen.
Das antike römische Theater. Wikipedia: Die 7.000 Zuschauerplätze sind auf zwei Ränge mit jeweils 14 Reihen verteilt. Auf die Bänke eines jeden Sitzplatzbereiches wurden die Namen der Stadtteile geritzt, so dass jeder Besucher entsprechend seinem jeweiligen Wohnsitz Platz nehmen konnte.
In der bulgarischen Altstadt (Zeit der Wiedergeburt): Überall antike Reste auf dem Platz "St. Konstantin and Elena"
Mein letzter Gang des Tages in Plovdiv war zum Restaurant “Fly Garden” in der Nachbarschaft meiner Unterkunft. Gestern betafelte gerade ein Bulgare zwei Gottesdiener, er muss ganz schön gesündigt haben. Ich interessierte mich nach meinem abschließenden Rakija für das Dessert des Sünders. Ich verschob es auf heute.
Heute hat mich das Team sehr freundlich wieder begrüßt. Zu meinem Wein stellten sie mir eine Platte mit den unschlagbaren Mezes der Bulgaren hin: Sudshuk, Lukanka und Filet Elena, ein Pastrami. Als Gruß des Teams! Das wird neben Karnobatsko Rakija meine Einkaufsliste für Morgen.
Heimfahrt planmäßig mit dem Racic-Bus nach Dresden.

Sonntag, Juli 08, 2018

Heimwärts gewendet

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Ich bin in Momtschilgrad. Es wären bis zu dem Grab des Orpheus beim Dorf Tatul nur noch 15 km bergauf. Ich beschließe trotzdem meine kleine Rhodopen-Tour heimwärts zu wenden. Entsprechend einer Karte, die hier im Zentrum aufgestellt ist, wimmelt es hier rundherum von Nachweisen der ersten Kulturen Europas ab der Jungsteinzeit. Es wurde soviel erjagt, geerntet und erhandelt, dass sich Einige dem Esoterischen zuwenden konnten und rumorakelten. Etliche zogen ihre Orakel aus dem Wein, einer war ein großer Sänger - Orpheus. Es entstanden hier Kulte der Thraker, die mit Dionysos und Orpheus bis weit in die griechische Götterwelt hinein wirkten. Der bulgarische Namensgeber der Stadt ist übrigens derselbe, dem die Burg in Pirot (Serbien) zugeschrieben wird - der alte Wojwode und Raubritter Momtschil.
Nun nur ein Dutzend Kilometer weiter in Kardshali muss ich einige Regenschauer überstehen. Mit meinem Glück erfolgt das immer mit gastronomischer Unterstützung.
Ich muss noch einmal über die Rhodopen, wenn auch nicht mehr über die ganz hohen Pässe. Ich habe mir einen einfachen Weg über Chaskovski Mineralni Bani gewählt.
Radler, habe immer das Wetter im Auge!
Den Regenschauer gerade noch in einer Kneipe in Karamantsi (Караманци) abgewettert
Aus Kardshali geht es auf einer Hauptstraße (einstellige Nummer #5, für Fuhrwerke gesperrt) mächtig und lange bergauf. Der Verkehr auf dieser Hauptstraße war akzeptabel, es gilt wohl auch in Bulgarien ein Sonntagsfahrverbot für LKW. Als ich mit meinem Drahtesel am Polizeiposten vorbei zog, erhielt ich ein “Daumen hoch”. Mein Frühstück, diesmal in Form von zwei Baniza und zwei Bier nahm ich in einem wunderbaren schattigen Gastgarten in Chernoochene ein. Reich besucht von alten Männern zu einem Frühschoppen mit Kaffee. Sicher nur eine Einbildung, nach meinem Bier gab es dann auch etliche Bestellungen dieses alkoholischen Getränks durch die anderen Gäste. Der Oblast Kardshali ist die am stärksten muselmanisch geprägt Region Bulgariens. In den Dörfern wird exclusiv türkisch gesprochen.
Nach einem letzten Aufstieg könnte ich über weitere 800m-Rücken nach Asenovgrad abbiegen (zweistellige Straßennummer #58), aber ich möchte hinunter ins Mariza-Tal in den Kurort Chaskovski Mineralni Bani.
Nach Einschätzung der Wetterlage suche ich mir hier eine Herberge, und in der Tat, eine halbe Stunde nach dem Zimmerbezug gegen 16 Uhr geht das Gewitter mit ordentlich Regen nieder, der bis jetzt nicht aufgehört hat.
Hier kann man die Flunken tunken: Das Fußbad in Chaskovski Mineralni Bani
Ich bin gerade zurück von einem Spaziergang durch den überaus sozialen Kurpark von Mineralni Bani. Habe mich an einigen modernen Sportgeräten ausprobiert und meine Rückenmuskulatur und mein Koordinationsvermögen auf einem Kreisel trainiert. Dann habe ich die Quellen entdeckt, die ihr heilendes Wasser frei für alle Besucher spenden, als Trinkkur oder zum Wassertreten. Die Quellen haben eine Temperatur von ca. 50°C und man erntet eine Dosis Radioaktivität in Höhe von 0,04 mSv/Jahr. Eine Quelle schüttet fast armdick einfach in den Straßengraben. Natürlich habe ich meine Flunken in den Quell getunkt: Sie strahlen jetzt und müffeln nicht mehr.

Freitag, Juli 06, 2018

Im türkischen Thrakien

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In Zlatograd gibt es ein sehr hübsches sogenanntes Ethno-Zentrum, ein ganzes Viertel von sicher kaum 10 Jahre alten Häusern im Wiedergeburtsstil. In einem dieser Häuser fand ich gestern noch Unterkunft.
Ethnographischer Komplex (Етнографски ареален комплекс „Златоград”)
Nun schon Tradition ist ein Frühstück in einer pekarna, einer Bäckerei. Es gibt einen Kaffee, Joghurt und banitsa. Das ist ein frisch gebackenes Stück aus heißen Blätterteig, für mich gefüllt mit Käse. Es ist das traditionelle Frühstück auf dem Balkan, in Serbien ab einem gewissen Alter noch ein rakija dazu. Im zivilisierten Bulgarien sieht man das gar nicht mehr.
Ich folge immer noch dem Iron Curtain Trail und es geht rauf und runter. Es gibt aber praktisch keine andere Wahl, es führen hier nur Stichstraßen hoch in die Berge zu den türkischen Dörfern. Bei Benkovski besuche ich ein thrakisches Kultgebiet. Es sind Sandsteinfelsen, ähnlich wie die Vasquez Rocks in “Star Trek”.
Thrakischer Kultplatz "Krokodil" (Тракийски комплекс Крокодила)
Nach einigen Schieben in praller Sonne (ich habe jetzt das Wetter für meine Ausrüstung) will ich im Schatten ein Päuschen machen. Hier warten einige alte Leutchen auf einen von mir nicht erforschten Service. Der Op neben mir zeigt auf sein Beutelchen, wo leere Glasgefäße klappern und sagt: “Schtschuk”. Dann kommt ein OPEL-Hundefänger und es werden die Gefäße gegen volle getauscht - kein Geld, nur voll gegen leer. Ein Ömchen wird von schwerer Arthritis geplagt, sie klettert als rechter Winkel zurück zu ihrem schattigen Plätzchen unter dem Baum. Aber sie hat ständig was ihren nur wenig jüngeren Freundinnen zu erzählen. Blitzschnelle Rede und Gegenrede, die ist fit im Kopf.
Die Berge der östlichen Rhodopen: Es geht anstrengend rauf und runter
Von meinem Nickerchen werde ich durch Gewitterdonner geweckt. Es gilt den letzten Huckel nach Dzhebel zu meistern. Ich finde das schöne moderne Bar-Café-Restaurant “Ester” in Dzhebel südlich von Kardshali und schon geht der Platzregen los. Es ist 16 Uhr, mit Internet findet sich das Hotel Royal, ich kriege ein Zimmer für 15 Lewa. Jetzt ruft der Muezzin zum Freitagsgebet.

Donnerstag, Juli 05, 2018

"Diese Stadt hat gebaut uns Väterchen Stalin”

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Ich möchte noch auf eine Spezialität dieses Ortes Smilyan hinweisen - die Smilyaner Bohnen.
Die Smilyaner Bohne - in den Nationalfarben von Bulgarien
Diese dicken Bohnen werden in zahlreichen Zubereitungen dem Gast angeboten, als Salat zusammen mit Kartoffeln oder für mich paniert!
Jedes Smilyaner Böhnchen ein Tönchen! Panierte Tönchen.
Ich hatte von einem Herbergsgast gestern Abend noch den Tipp erhalten, den Weg nach Kardshali über Zlatograd zu wählen. Durch die vielen Stauseen konnte ich selbst das schwierige Profil des Weges im Arda-Tal vermuten. Ich folge also mal wieder dem Iron Curtain Trail. Anfangs Arda-abwärts mit schluchtartigen Abschnitten bis Rudosem.
In den Nachfolgestaaten Ex-Jugoslawiens sind mir immer die großen Minarette der neu errichteten Moscheen aufgefallen. Im Vergleich zu den kleinen geduckten orthodoxen Kirchlein geben die Türme der Moscheen ein eher herausforderndes Bild ab. So etwas gibt es in Bulgarien nicht. Haben die Bulgaren das durch eine Bauordnung geregelt?
Ein bescheidens "Ofenrohr"-Minarett
“Diese Stadt hat gebaut uns Väterchen Stalin”, hätte am Ortseingangsschild stehen können. Zu Rudosem gehören noch etliche richtige Dörfer, aber das Zentrum rund um ein Hüttenwerk ist eine Gründung der 1950er.
“Diese Stadt hat gebaut uns Väterchen Stalin”
Der Name ist ein Kunstwort zusammengesetzt aus руда (Erz) und земя (Erde). Heute wird überall gründlich renoviert, zum Beispiel der Platz vor dem Kulturpalast. An der Kreuzung direkt im Zentrum drehen sich noch die Seilscheiben einer Schachtanlage.

Die nächste Bergbaustadt, Madan, macht da einen bedeutend moderneren und agileren Eindruck. Es ist ein altes Bergbaugebiet. Schon die Thraker sollen hier Bleierz im 4. bis 5. Jahrhundert v. Chr. abgebaut haben. Wozu haben die Blei gebraucht? Für Särge? Es war eben ein leicht zu verarbeitendes Metall.
Hier sind mir wieder etliche hochwertige PKW mit Rechtslenker aufgefallen. Der Bulgare an sich scheint auch ein Brexit-Opfer zu sein. Früher kam man als Tourist noch mit russischen Sprachkenntnissen klar, das können nur noch die Alten. Der junge Bulgare ist fit im Englischen und hat sein Glück in Britannien gemacht.
Das ist der Idealfall: Nach langer Auffahrt auf den Pass Petschinsko pereval eine Kneipe
Nach Madan ging es schon leicht aufwärts, danach die Auffahrt zum Petschinsko Pereval auf 1050 m war zünftig. Unterwegs bekam ich erfrischende Melonenstücke von einer bulgarischen Türkenfamilie, die auf Urlaub aus Deutschland mit ihrer gemieteten brandneuen Daimler C-Klasse hier den Maxen raushängen lässt. Der eine Sohn (ca. 16 Jahre) wollte sich unbedingt mit mir, dem Rad und in seiner Rede “meinem Auto” abfotografieren lassen.
Man beachte rechts die Bergbauhalden mit Mundlöchern und großen Felsspalten
Die Abfahrt vom Pass war spektakulär. Es gab überall Reste von Bergbaustollen und Halden zu sehen. Direkt unter dem Pass, bei Straschimir, mehrere Stolleneingänge und eine riesige Spalte im Fels … man muss eigentlich nochmal dorthin.
Jetzt bin ich in Zlatograd, wo der Geraer Goldwäscher (ein Gast beim Rumänien-Treffen an der Lützsche) zum Staunen der Bulgaren mitten in der Stadt Gold gewaschen hat.

Dienstag, Juli 03, 2018

Der Konak des Agha Salih

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Es war heute morgen nach Auflösung des Nebels ein sehr schönes Pedalieren hinauf in das obere Arda-Tal. Immer wieder finden sich Wegweiser und -tafeln zu zahlreichen Wanderwegen zu Höhlen, Canons und Festungen der Thraker. Ich habe mich mit meinem Rad an die Straße gehalten.
Thrakische Festung "Kale" (Крепост "Калето") beim Dorf Koshnitsa (Kошница)
Nach den Erfahrungen mit dem bulgarischen Strahler gestern habe ich die Ausschwemmungen der letzten Regenschauer auf Mineralien untersucht und tatsächlich einige Gänge gefunden. In Mogilitza gibt es wohl den letzten Serail in Bulgarien, das Agushevi konatsi (bulg.), Agha’s Konak. Ein Konak ist eine Residenz eines lokalen osmanischen Feudalherren. Das Konak hat der Agha Salih von 1820 bis 1840 für sich und seine drei Söhne als Sommerresidenz von drei bulgarischen Handwerkersmeistern erbauen lassen. Leider konnte ich das Haus nicht besuchen, es muss richtige “Versteckecken” (secret enclosures) drinnen geben.
Der Konak des Agha Salih
Ich musste immer das Wetter im Blick haben, ich bin nach einem kleinen Spaziergang in Gorna Arda wieder zurück nach Smilyan gekehrt. Die ersten fünf dicken Tropfen trafen mich noch beim Abschließen des Rads vor meiner Stamm-mechana hier.
Entgegen der Wetterkugel: Der zweite Tag war länger schön. Erst jetzt gegen 17 Uhr gibt das Wetter in Smilyan ein mächtiges Gewitter.
Der Plan für heute sah vor, einige der Sehenswürdigkeiten im oberen Arda-Tal zu besuchen. Plan nicht erfüllt - in der Höhle Uhlovitsa und auf der Festung Kaleto war ich nicht. Die Steigen sind noch recht nass, und vor allen Dingen steil - abgewählt.
Borikovo bei Mogilitsa (Могилица)
Bei Mogilitsa bin ich in ein Seitental zum Dorf Borikovo und noch darüber hinaus. Auch dort gibt es eine Höhle - Borikovska Peschtera. Hier stellte ich mein Rad in die Büsche und bin mit dem Makroobjektiv bewaffnet auf Motivsuche gegangen.
Ein Widderchen
"Heupferd"
Nun konnte ich auch das Konak des Agha Salih besuchen. Es gab eine Führung in bulgarischer und englischer Sprache. Sehr interessant und spannend.
Raum zum Repräsentieren: Hier wurden hohe Besucher empfangen
Viele der Räume hätten noch originale Einrichtungen. Zum Beispiel die Schlafräume: Dort gibt es hölzerne Einbauschränke, eine der Schranktüren führt zur banja, der Dusche.
Mir haben die noch originalen Farben gefallen
Mir sind schon gestern die vielen Schornsteine (es sind 24) aufgefallen, jedes Zimmer hat einen Kamin. Am prächtigsten ist die oberste Etage ausgestattet, es ist die Etage für die Gäste des Hauses und zum Repräsentieren. In einem der Gästeschlafzimmer gab es ein als Fenster getarntes Türchen zu den Zimmern der Herrschaft.
Der Konak des Agha Salih: Haupteingang zum ersten der drei Innenhöfe
Die Führerin hat zum Schluss noch etwas zur jüngsten Geschichte erzählt. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich das richtig verstanden habe: Bis 1949 hat die Besitzerfamilie Agushev aus Russe hier im Sommer gewohnt. Seit 10 Jahren soll das Konak wieder an die Besitzerfamilie zurückgegeben worden sein und heute im Rahmen einer Stiftung als Museum und Tagungshaus genutzt werden.

Montag, Juli 02, 2018

Im Tal der Arda

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Wieder 1000 Höhenmeter auf dem Weg von Devin nach Smoljan geschafft. Bis Shiroka Laka war es noch ein ordentliches Pedalieren. Das Dorf konnte seine Architektur, Musikkultur, Natur und Geschichte aus der Zeit der Wiedergeburt erhalten.
In Shiroka Laka
Die Orthodoxe Kirche "Hl. Jungfrau Maria " (Православен храм “Св. Богородица”)
Einen kleinen Abstecher in das Seitental nach Gela habe ich schnell abgebrochen. Dort oben gibt es mehrere alte Burgen und Kultstätten der Thraker, zum Beispiel die Turlata. 
Blick zur Turlata, der Kegel im Mittelgrund
Das war auch richtig, ich bin am Nachmittag zum Pass hoch viel Rad gewandert, soll heißen: Geschoben. Hier um Stoikite gibt es wieder die Waldkooperative “Borika”. König Karl Ferdinand, einer aus dem Haus Sachsen-Coburg-Gotha, stiftete seinen Waldbesitz in den Rhodopen. Die Einwohner konnten für einen 1Goldleva 1ha Wald kaufen. Er brauchte wohl Bares nach den Balkankriegen. Es wurde eine Kooperative gegründet, die den Wald bis zu den Kommunisten verwaltete. Zur Wende in Bulgarien wurde das Gebiet wieder an die neu gegründete Kooperative “Borika” zurückgegeben. Es wird heute “FSC”-zertifiziert erfolgreich bewirtschaftet. Es gibt hier schon Pilze. In Stoikite zeigte Einer mir seinen Korb voll Pfifferlinge und einen weiteren gefüllt mit diversen anderen Pilzen.
Die Abfahrt vom pereval unter dem Großen Perelik hinunter nach Smoljan war spektakulär. Da freue ich mich immer wieder über meine zuverlässigen hydraulischen Felgenbremsen.
Auf dem Weg ins Arda-Tal nach Smilyan
Zum Pass hinüber ins Tal der Arda von Smoljan aus
Es gilt wieder, einen steilen Pass zu bewältigen, hinüber ins Arda-Tal nach Smiliyan. Bin wieder gewandert.
Auf dem Pass hat Vladimir Serafimov seine Gedenkstätte, der 1912 die Gegend um Smoljan im Rahmen des Ersten Balkankriegs als Befehlshaber des 21. Regiment Sredna Gora von den Türken eingenommen hat. Das Dorf Tschokmanovo am Pass soll heute nur noch 50 Einwohner und einen Laden haben. Vor diesem einem Laden trank ich mit einem Einwohner ein Zagora spezialno, er erzählte mir die ganze Geschichte (was ich so verstanden habe).
Auf der Abfahrt traf ich einen bulgarischen Strahler. Er rief mich heran und bot mir einen kalten Kaffee aus seinem Wohnmobil an.
Beim Strahler
Dann fielen mir seine Steine auf, zum einen zum Trockenen ausgelegt oder beim Waschen am Brunnen. Dann zeigte er mir seine in den Rhodopen im letzten Monat gefundenen Schätze. Es hat und regnet hier zur Zeit viel, so werden auch viele Kristalle frei geschwemmt.
Ein Sahnestück war ein Bergkristall, gekrönt mit einigen Stibnit-Kristallen (Antimonit-Nadeln).
Es gewittert und drascht in Smilyan, ich habe mich für die nächsten drei Nächte hier einquartiert. Es ist gegen 3 Uhr nachmittags am zweiten Tag der zweiten Hälfte des Jahres, ich mache jetzt ein Nickerchen.
In Smilyan

Samstag, Juni 30, 2018

In Devin

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Der Letzte im Monat ist immer noch ein Regentag, wenn auch die Sonnenzeiten sich an die Stundengrenze annähern. Es hat heute Vormittag zu einem Spaziergang in eine Schlucht oberhalb von Devin gereicht. Das Hochwasser der Devinska Reka hat aber das Weiterkommen verhindert. 
Schlucht der Devinska reka
Vor 10 Jahren hätte ich vielleicht die glibbrigen Steine noch für günstig hingelegt empfunden und die 50 m überwunden, wo der Kunststeig durch die Schlucht sich fortsetzte. 
Lakata - Schlucht der Devinska reka
Dieser Abschnitt der Schlucht wird “Lakate” genannt und ist bei diesem Hochwasser sehr beeindruckend. Seitwärts geht noch ein Pfad zu einem Wasserfall hoch in die Wand, doch dieser Weg schien unter diesen Umständen auch nicht begehbar zu sein.
Also widme ich mich an diesem schaurigen Nachmittag, es drascht gerade, einer Sache, die immer geht: Der hiesigen Küche. Ich sitze in einer mechana mit viel Ethno-Musik. Natürlich dominiert der Grill - “skara”. Aber da übertreibt der bulgarische Grillmeister an sich es oft und das Fleisch ist sehr durch und tot. Die Salate sind in der Regel diverse Variationen des Schopski Salat. Aber es gibt auch tolle Überraschungen unter den Salaten, dann mit mehrheitlich Käse, eine Spezialität der Rhodopen. Persönlich liebe ich leider ja Gebackenes, auch da bin ich hier richtig. Ich habe mir schon öfters als Mezes zum Bier Parlenka po Rhodopski bestellt. Das ist eine Art Pizzateig bestreut mit weißem Käse - sirene … oder gerade eben mit Knoblauch. Tatsächlich findet sich auf den Speisekarten die Rubrik “mezeta”, also Kleinigkeiten zum Getränk. Gestern wählte ich daraus “sudshuk”. Es war eine gegrillte Wurst (ringförmig), für deren Würze sich kein Thüringer Rostbratwurst-Fleischer hätte schämen brauchen.

Mittwoch, Juni 27, 2018

Regentage

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So sieht es gerade aus meinem Fenster in der хижа Тешел aus.
Das sind jetzt die vom Abt angekündigten Regentage. Gestern reichten die drei blauen Flecken in den Wolken für einen Radausflug hinauf nach Jagodina und bis Buinovo. Der Buinovo Shdrelo (Buinovo Canon) ist beeindruckend. Mit dem Weitwinkelobjektiv konnte ich hoffentlich mehr Motive aus der Schlucht einfangen als vor drei Jahren.
Schlucht Buinovsko Shdrelo: Straße nach Yagodina und Blick auf den Orlovo Oko
In Jagodina: Oben am Orlovo oko braut sich Regen zusammen
Eine wesentliches touristisches Angebot für den Touristen ist eine Fahrt mit dem Jeep zum Orlovo oko, dem Auge des Adlers. Das ist ein Steg hinaus über eine Felswand über der Schlucht Buinovsko Shdrelo.
Mein sommerlich optimistisches Weltbild von Bulgarien hat mich zu einer Ausrüstung verleitet, die diesem Wetter nur sehr wenig gerecht wird. Mal sehen, was ich heute anstellen kann...
Ich bin nicht weit gekommen, nur hinauf nach Gyovren. Dort konnte ich hören, das es tatsächlich die Großmütter sind, die die türkische Sprache an die Enkel weiter geben. Ein Ömchen hat der Enkeltochter etliche Artikel aus dem Lebensmittelladen erläutert. Die Kleine war noch nicht in der Schule. So wie es der Wirt aus der Mjelnitsa erzählt hat.
Furt bei Gyovren zum Weg nach Mugla durch das Reservat "Kasanite" vor dem Regen
Am nächsten Tag ist die Furt nicht mehr ohne weiteres begehbar.

Es ist bereits Freitag, 29. Juni.
Nach Devin nur sprungweise vorgearbeitet, sobald sich ein blaues Loch am Himmel zeigte. Ich muss wohl laut der Wetterkugel im Internet noch bis Sonntag rumgammeln, bevor es wieder auf Tour gehen kann. Dann über Smolyan zum Tal des Arda-Flusses, da sind zwei ordentliche Pässe.
Nastan unter einem blauen Loch im Himmel