Dienstag, April 23, 2019

Im Land der seltenen Metalle

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Eine Banitsa-Bäckerei ist früh am Morgen in Bulgarien ein sehr flottes Geschäft. Die arbeitenden Bevölkerungskreise holen sich ihr Frühstück, die Rentner auch, bleiben aber im Laden sitzen. Der Tourist stört, wenn er keinen Plan für sein Frühstück hat, denn die Mädels fertigen in der Regel zwei Kunden gleichzeitig ab. Ich störte den Prozess, durch den Wunsch nach einem Kaffee … eine Cola wurde mir angeboten. Nun gut, eine malka Pizza und ein Becher Ayran, die Buttermilch des Orients. Für mich ist der Becher wichtig, um einen gewissen Katalysator für die vielen Fleischgerichte zu haben. Es kann hart werden! Gestern fiel mir ein moderner Industriebetrieb in Krumovgrad auf, mit solchen Hochsicherheitsdrehtüren aus Edelstahl für das Personal: DUNDEE precious metals. Neben meiner Banitsa hat das Unternehmen ein Informationszentrum mit einer “Modelleisenbahnanlage” ihrer Mine.
Dundee Precious Metals is a Canadian-based international mining company engaged in the acquisition, exploration, development, mining and processing of precious metal properties. Our current operations are in Namibia and Bulgaria, with exploration in Armenia, Bulgaria and Serbia. 
Die Mine oben auf dem Berg
Die Steinmühlen hörte man weithin rumpeln. Wie schon die alten Thraker wussten: Das ist ein Land der seltenen Metalle. Dies zeigt sich auch auf dem stetig ansteigenden Weg auf einem langen Bergrücken. Einige Konglomeratfelsen am Anfang, dann Zeugenberge alter Vulkanaktivitäten, später Ablagerungen aus dem Thetysmeer als Kalksteinfelsen. 
Basalt
Es ist eine abwechslungsreiche geologische Tour. Endlich eine schöne lange Abfahrt hinunter nach Iwajlowgrad. Ich finde über das Internet eine großartiges Ömchen mit einem kutscha sa gosti, ein Gästehaus in der Nähe der römischen Villa Amira. Leider bereits geschlossen, ich muss die vier Kilometer wieder bergauf. Bisher habe ich noch nichts gegessen seit der Banitsa in Krumovgrad. Ich finde eine schöne Dorfkneipe und lasse den anstrengenden Tag mit paniertem Weißkäse und einem halben Liter hiesigen Weißwein ausklingen.

Montag, April 22, 2019

Wo Alexander zu Fuß hin ging ...

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Der Ruhetag in Kardshali war nicht nur baklava kosten, ich habe viel mehr gekostet. Der kulinarische Höhepunkt am Abend war der Besuch des Restaurants “Vodenitsata”. Der Bulgare an sich besucht ein Restaurant mit großer Begleitung. Ein gutes Restaurant stellt große Tische zur Verfügung. Ich suche mir einen kleinen Tisch (für vier Personen) direkt unter dem Monitor. Dort läuft als Stummfilm “24kitchen” von FOX. Ich hasse Kochshows im Fernsehen, aber diesen Kanal würde ich in meiner Küche auch gerne laufen lassen. Soviel Anregungen auch von balkanischen Sterneköchen … lecker. Besonders bemerkenswert: Das Niedertemperaturgaren (er stellte 95° ein) von vakuumierten vorher kurz auf der eingeritzten Haut angebratener Entenbrust durch einen slowenischen Koch. Die Küche der “Vodenitsata” braucht sich aber nicht verstecken, es gab vier wunderbar gegarte Schweinefilets auf pikanten Kartoffeln.
Ringsum Kreuzritterburgen am Arda Stausee Studene Kladenets
Zum Ostersonntag, dem Tag der Wunder, bin ich dorthin gegangen, wo selbst Alexander der Große zu Fuß hin ging, zum Orakel des Dionysos auf dem Felsen Perperikon
Perperikon
Dieser Ort ist seit der Steinzeit besiedelt. Dank der reichen Erzvorkommen in den Rhodopen waren die thrakischen Stämme schon im 13. Jhdt. v.Chr. zur Verhüttung von Erzen in der Lage. Äxte, Blasebalg, die für die Verhüttung benutzt wurden, Pfeile, Schmelztiegel und Metallscharniere wurden in Perperikon gefunden. Diese Funde belegen, dass Perperikon ein Zentrum der Metallverarbeitung war.
Auf diesen Treppen stieg schon Alexander der Große zum Orakel
Vielleicht sind es diese Kenntnisse und Fertigkeiten für das Überleben der Thraker im “dunklen Zeitalter”, als zum Ende der Bronzezeit die östlichen Mittelmeerzivilisationen schlagartig untergingen. Eine solche Entwicklung der Produktionsmittel schafft Mehrwert, damit sich der Eine & die Andere diversen Kulten zu wenden konnten. Es entstand die thrakische Religion der Orphiker. Der Orphismus war ausgesprochen aristokratisch. Es war ein Kult um die Ahnen-Könige, um die Quelle der Fruchtbarkeit, um die Oberpriester und um Anthropodemonen (Tote, deren Körper nicht verfallen, eine Art „Untote“). Die Priester orakelten im Delirium des Weines, der Kult von Dionysos wird geboren.
Der Tempel des Lichts
Dem Orakel des Dionysos in Perperikon werden z.B. die folgenden Prophezeiungen nachgesagt: Alexander der Große wird die Welt erobern und Rom wird ihm in der Weltherrschaft folgen. Alexander ist während seiner Jugend- und Ausbildungszeit durch Aristoteles extra hin gepilgert, um sich zu versichern. Heute sind weite Flächen des Kultkomplexes ausgegraben und an einigen Stellen Mauern restauriert.
Kleines Wasserbecken
Bei meinem Aufstieg fallen mir immer wieder die “Bäder” auf, steinerne “Sitzbadewannen” für sehr kleine Menschen. Ganz oben ist eine große Zisterne freigelegt, zwischendurch gibt es immer mal etliche Wasserspeicher. Diese Anlagen zur Wasserverteilung zeigen mir den Ingenieursgeist der Thraker. Ich wandele immer wieder über offensichtlich sehr alte Stufen.
Mauer mit Tor
Zwischen großen Steinen (Toren) finde ich rechts vom Aufstiegsweg kleine ca. Handteller große Vertiefungen, manchmal mit einer kleinen Rinne. Sind das die Angeln der Tore? Faszinierend!
Felsen mit den typischen thrakischen Nischen
Heute zum Ostermontag mache ich mich weiter ostwärts auf dem Weg nach Adrianopel. Die Route führt durch Momtschilgrad und Krumovgrad, alles Städte, die nach bulgarischen Helden nach den Balkankriegen umbenannt wurden. Tatsächlich spricht hier jeder türkisch, meine bulgarischen Sprachbrocken werden hier nur mit Mühe verstanden. In Krumovgrad ist es ein Bisschen schwierig mit der Gastfreundschaft, die zwei in GoogleMaps gelisteten Hotels weisen mich ab. Am Hotel “Dvina” prangen jede Menge booking.com-Siegel mit guten Bewertungen. Die haben aber heute in der Tat keine freien Übernachtungsplätze eingestellt. Das Hotel liegt direkt im Basarbereich, aus einer Ecke erklingt Musik einer Roma-Kapelle, quietschende Oboe, Quetschkommode und Pauke. Da muss ich hin. Sie spielen an einer kleinen Tafel, einer der Gäste kann die Oboe auch blasen. Ich schaue, was meine Kasse bietet - einen Auftritt für mich ist mir 10 Leva wert. Einer filmt mit meinem Handy das kleine Privatkonzert
Im kleinen Flüsschen neben dem Basar stolziert ein Schwarzstorch. Das Hotel “Ahrida”, überkommen aus dem Sozialismus, zeigte sich gastfreundlich, die Rezeptionistin spricht deutsch. Ich drücke sie herzlich, als ich den Schlüssel erhalte.

Samstag, April 20, 2019

In Kardshali

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Der Tag in Ardino begann endlich bulgarisch korrekt: Kaffee, Banitsa und Ayran, eine Art Buttermilch. Das ist die Stärkung für die letzten Berge an der tausend Meter Grenze auf dem Weg nach Kardshali. Die Steigung beginnt sofort an der Hauptkreuzung von Ardino. Es ist heute wieder kalt und nass. Oben am Pass im Gebiet des touristischen Komplexes “An den Weißen Birken” komme ich in einen heftigen Graupelschauer. 
bei Kobiliane
Bald ist Volksfest in Kobilane: Ringen und Grill
Endlich startet die lange Abfahrt durch etliche türkische Dörfer. Die Logistik in solchen Dörfern ist meist entwicklungsfähig. In Kobiliane hat Einer in ein Handelszentrum mit Lebensmittel- und Baumarkt investiert. Nach meinem Eindruck ist er gerade in seiner ersten Renovierungsphase nach der Eröffnung vor fünf Jahren. Die Gäste des kleinen Bistros sind seine Bauleute und vorlaute Pensionäre. Am Tisch klingelt einer der Bauleute mit dem Vielfachmesser die Spannungszuleitungen und den Schalter zu einem BOSCH-Hammer aus. Die Anteilnahme seiner Kollegen am Reparaturfortschritt lassen darauf schließen, dass der Zustand dieses Werkzeugs ihre Pause verlängern wird. Dazwischen wuselt ein dünner Junge im Hoody und Basecap als Bedienung rum. Meine Frage nach etwas zu Essen nimmt er begeistert auf, holt einen Elektrogrill raus (der funktioniert) und es gibt die besten Kjöfte der Tour. 
Im nächsten Dorf spreche ich mit einem alten Kommunisten. Er erzählt von seiner Reise zu Ostzeiten nach Berlin, Potsdam und Leipzig mit dem Besuch der Georgi-Dimitroff-Gedenkstätte. Er freut sich, dass ich istotschni bin, einer aus dem Osten Deutschlands. Für die nächsten vier Nächte habe ich mich in eine Gartenhütte eingemietet.
Bei der Höhle Utrobata - dem Genital der Mutter Erde, ein thrakisches Heiligtum
Karfreitag: Fahrt zur Utrobata, zum Genital der Mutter Erde. Früh entdecke ich eine SMS von den Rudolstädtern, sie haben an der Höhle Utrobata genächtigt. Ich bin auch gerade auf dem Weg dahin. Ich habe mich ja so was von getäuscht, es ist keine Uferstraße entlang des Arda-Stausees, es geht mächtig hoch in die Berge. Unten in der Stadt hängen an meiner Banitsa-Frühstücks-Bäckerei Ausschreibungen für Stellen und Lehrausbildungen im Gastronomiegewerbe. Einigen der Baustellen zu einem großen Stadtpark mit noblen Wohnungsquartieren durch die Gebrüder Koch aus den USA scheint es an Bauleuten zu mangeln. Weiter oben in den Dörfern leistet sich ein Holzhändler viele billige Hände, um Holzstämme von einem alten SIL-Laster auf einen großen Sattelschlepper umzuladen. Der SIL-Laster rangiert gerade wacklig neben den Auflieger des Mercedes-Trucks. Die Holzstämme liegen ungesichert auf der platten Pritsche des SIL und werden nun durch die Hände von sechs Männern auf die platte Pritsche des Trucks umgeladen. Utensilien zur Ladungssicherung des Holzes sind weit und breit nicht zu sehen. Je billiger die Arbeitskräfte sind, desto geringer wird der Anreiz sein, die Produktivität zu erhöhen - ein Teufelskreis. 
Rufe des Muezzin hallen durch das Tal der Arda
Die Rufe des Muezzin hallen durch das felsige Tal der Arda. Ich treffe mich zum Mittagessen am wunderbar gelegenen Hotel Borovetsa mit Anne und Detlef ganz in der Nähe der Höhle. Detlef darf ja fahren, aber Anne und ich beschließen das Mahl mit einem goldenen Rakija grosdova aus dem Hause Karnobats. Mir schwant schon, die Höhle werde ich wohl nicht erreichen. Ich stelle mein Rad unten ab, stecke Geld und Dokumente in die Hosentaschen und beginne auf einem Pfad den Aufstieg. 
Am Fußweg zur Höhle
Als es wieder steiler wird, fällt mir ein, dass alle Schlüssel noch in der Lenkertasche sind. Ich habe einen triftigen Grund, den Aufstieg nach ca. einem Drittel des 4km-Aufstiegs abzubrechen. Abends rauscht durch Kardshali ein mächtiger Sturm, die abgerissenen Wellblechdächer aus meiner Gartensiedlung fliegen durch die Gegend. Beinahe kriege ich von so einem Ding eine neue Frisur.
Heute gönne ich mir einen Ruhetag in der Stadt: Diesen Text schreiben, baklava kosten, den frisch gekauften “Guide to Thracian Bulgaria” zu studieren ...

Mittwoch, April 17, 2019

Über dem Tal der Arda

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Gestern noch ein schöner Abend mit den Rudolstädtern. Ich brauchte diesmal ein Hotel und fand noch oben am Ortseingang einen Hinweis zu einer mechana und Hotel “Belite Kutscha”, das weiße Haus. Eine mechana ist ein folkloristisches Restaurant mit deftiger bulgarischer Küche und rakija. Dieses Programm haben wir mit zünftigen kavarma vom Schwein und vom Huhn und Karnobatsko rakija durchgezogen. Nur die bestellten Bratkartoffeln sind wohl in der Küche unter den Tisch gefallen. Dafür gab es dann am späten Abend auf Kosten des Hausherrn kacamak und parlenka. Das ist in der Pfanne gebratene Polenta und ein Geröstl aus dem Erdapfel. Es war Küchenschluss, es war der Rest, es war kalt - es hat trotzdem geschmeckt.
Straßenverkehr: Die Hirtenhunde sind zahm
Die Berge in den östlichen Rhodopen erreichen nur noch selten die tausend Meter, es geht aber trotzdem ständig knackig hoch&runter. Hier in der Nähe von Ardino gibt es die antike Teufelsbrücke über die Arda. Letztendlich besucht man diese Sehenswürdigkeit nur über eine Stichstraße, deshalb wohl eher nichts für mich. Es muss also vor zwei tausend Jahren tatsächlich Wege in den Flusstälern gegeben haben. Die modernen Straßen heute führen immer über die Berge. Gemütlich das Arda-Tal nach Kardshali hinab pedalieren ist nicht möglich, oft noch nicht mal Wanderpfade und dann laufend Stauseen. Das Gebiet ist mit jeder Menge hydroenergetischen Installationen bestückt. 
Arda mit Stoyanov-Brücke
An der Stoyanov-Brücke wird dem ersten Operateur der Turbinen im unterirdischen Kraftwerk Byali Isvor, Weiße Quelle gedacht.
Die Wolken sind weg, früh komplett blauer Himmel, Detlefs Frontscheibe war vereist. Am Tag über hat die Sonne aber schön meinen ausgekühlten Korpus gewärmt. So möge es bleiben.

Dienstag, April 16, 2019

Über die Rhodopen

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Es waren die erwarteten schweren Tage mit einem Aufstieg auf über 1600 m, dorthin wo noch der Winter zu Hause ist.
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
zog sich in die Rhodopen zurück.
Ich fand in Belitsa einen schönen Platz zum Zelten auf der anderen Seite des Flusses auf dem Spielplatz neben der Hütte der Baba Jaga. Abends bin ich noch in die kleine Kneipe “Caffee aperitif 1 Stern” nach dem bulgarischen Standard der Gastronomie. Niedriger geht’s nicht, aber die Gastfreundschaft kennt keine Sterne in diesem Standard. Ich wählte einen weißen Wein mit einer schweren Note und im Abgang ein wenig Harz, wie beim retsina. Der größte Suffke spendierte mir gleich noch ein zweites Glas. Obwohl der Wirt selbst raucht, in seiner Kneipe verbietet er es stikt, schmeißt auch gleich mal Einen raus.
In Laki zum Frühstück bei einem Stück Torte beschloss ich doch den Aufstieg über die Straße #861. Schon im Ort zogen die Prozente der Steigung an.
Nach einigen Kilometer traf ich auf eine Mine, es gibt also tatsächlich noch Bergbau im Gebiet. Damit erklären sich auch die vielen schweren Dumper die graues Gestein vom Berg herunter bringen. Ich kann an einem Schacht den Aufzug des Erzes und die Beladung der LKW beobachten. 
Interessante Arbeitsschutz-Zeichen sind an diesem Arbeitsplatz angebracht.
Einer der Mineros schenkt mir einen Erzbrocken, der in vielen Farben schillert, einschließlich Gold. Dieser Schacht geht 500m abwärts. Weiter oben dann eine weitere Mine “Rudnik Drushba”. Bis hierher ist es eine normale Straße, dann ein asphaltierter einspuriger Weg. Es soll oben noch ein Dorf Shdranets mit einem Hotel geben. Meine Rettung?
Es ist alles offen im Hotel, bis zur Küche, ein Schild heißt die Gäste “Dober doschli”, herzlich willkommen. Ich mache in den Sesseln der Lounge ein Nickerchen. Dann kommt Einer: “Hotel not working”. “Wo kann man hier zelten?” In ca. 50 Meter einen Feldweg in einem Nebental hinauf gäbe es einen Rastplatz mit Wasser und Feuerstelle. Dort könne ich zelten. Ich gehe zu Fuß hoch und finde einen großartigen Platz zum Zelten mit Kamin, Quelle und großzügiger Hütte mit Sitzplätzen.
Die empfohlene Stelle zum Zelten
Die ganze Zeit kommuniziere ich mit Anne und Detlef aus Rudolstadt, die auch einen Osterausflug in Bulgarien machen. Ich lotse sie zu diesem Platz, etwas herausfordernd die Anfahrt für einen VW Caddy. Es wird ein toller Abend.
Nacht in den Rhodopen
Heute habe ich die letzten 15 km Aufstieg in den Winter absolviert und bin jetzt bis Banite gefahren. Hier wollen wir uns nochmal treffen.

Sonntag, April 14, 2019

Ich kenne meine Grenzen

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In meiner Schutzhütte und dem dicken Schlafsack habe ich die Nacht gut überstanden. Es hat durchgeregnet, ich war im trockenen. Für ein Frühstück einen Abstecher hoch nach Laki gemacht. Das ist eine alte Minenstadt, noch bestehenden Bergbau habe ich nicht beobachten können. Aber der alte Bergmann ist zum Sonntagmorgen immer noch durstig, weiß aber, was sich gehört und trinkt zum Frühschoppen Kaffee und raucht dafür viel. Die Kneipe war voll. 
Hundehütten vor dem Lebensmittelladen
Ich konnte dann in einem Geschäft einen Ring leckere Knackwurst und tatsächlich Schwarzbrot kaufen. Ich bin dann zurück zu den Rauchern und habe mir ein Kamenitsa-Bier bestellt. Es schien ein Signal zu sein, immer mehr Kumpels hatten eine grüne Flasche statt des Espresso vor sich.
Die Straße #8611 im Tal der Belischska reka

Nun sollte der schwierigste Abschnitt der Tour beginnen. Die Straße #8611 das Tal der Belischska reka aufwärts und über Planinsko und Riben dol nach Bezvodno, als Rhodopen-Radweg bei mapy.cz eingezeichnet. Der Fluss führt reichlich Wasser und presst sich durch eine zwei bis drei Meter tiefe Klamm. Ein großartiges Tal mit zwei Sehenswürdigkeiten: Eine Steinbrücke, wo der Fluss durchfließt, und ein respektabler Wasserfall. 
Skalen Most, Steinbrücke
Wasserfall Gjumbertijata
Auch hier finden sich in den Hängen etliche Halden, die auf Bergbaustollen hinweisen. Weiter oben finde ich im Wald einige Villen im Naturschutzgebiet “Karamusch”. 
Point of return
Hier ist dann auch das Campieren verboten. Letztlich erzählt mir Einer am Verbotschild “Putj satvoreno!”, dass der Asphalt noch 5km anhält, der weitere Weg nach Planinsko nur noch Steine sind. Es ist sehr kalt, das Navi zeigt 900 Höhenmeter an. 
Im Naturschutzgebiet Karamusch
Meine Grenze ist erreicht, hier komme ich nicht über die Berge ins Arda-Tal. Ich kehre um. Ich werde nachher an einem der schönen Plätze im Tal beim Dorf Belitsa zelten und morgen zum Aufwärmen ein Hotel aufsuchen und umplanen.

Samstag, April 13, 2019

Im Gebirge der sterbenden Dörfer

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Hier befindet sich auch eines der größten Nationalheiligtümer Bulgariens, das Kloster Batschkowo. Es ist eine georgische Gründung aus dem Jahre 1083. Im Klostermuseum kann man ein Schwert, das der Legende nach Kaiser Friedrich Barbarossa bei seinem Kreuzzug hier zurückgelassen haben soll, besichtigen.
Eingang ins Kloster Batschkowo
Das Batschkowo Kloster beeindruckte mich mit seinen farbenreichen Fresken und einem weißbärtigen Ehrwürdigen. Er beobachtete mich streng, dass ich in seiner Kirche auch keine Bilder mache. Ich habe den Heiligen drei Kerzen gespendet, als pomana für meine Tour. 
Im Kloster Batschkowo
Dort brennen drei Kerzen für meine Reise
Den Ehrwürdigen wegen einer persönlichen pomana anzusprechen, traute ich mir nicht. Drumherum ums Kloster blüht der Kommerz für die Touristen. Es gibt neben viel Tinnef aber auch sehr gesunde Kräuter für Tee und Honig aus den Rhodopen.
Honig am Straßenrand im Tal der Tschepelarska reka
Im Tal der Tschepelarska reka verläuft eine Hauptstraße (#86) mit reichlich Verkehr, aber tolerabel. An meiner morgigen Abzweigung, die Straße #861 steht das Jugower Wirtshaus. 
Das Jugower Wirtshaus
Der Besuch am Kamin verleitet mich schon etwas früher in der Tour von den Spezialitäten des Landes und zwar im speziellen Parlenka zu probieren. Sonst wird das Parlenka in Pizzaform serviert, hier richtig als kleiner Brotlaib, gefüllt mit Kaschkaval und mit Knoblauchcreme bestrichen. Dazu gibt es hier nalivna shiva bira - lebendes Bier vom Fass im Jugowskijat Han.
In dem Kurbad Narechenski bani habe ich das Hotel RELAX zum Ziel der ersten Etappe erklärt. Das Abendbrot gibt es auf einer Terasse über der Tschepelarska reka wie einst der river Swat in Kalaam.
Das Dorf Kosowo
Für die nun in den nächsten Tagen folgenden schweren Bergetappen habe ich einen kleinen Abstecher hinauf auf ca 900m in das Dorf Kosovo gemacht. Dieses Dorf wird nur noch durch einige Enthusiasten mit Ferienhäusern am Leben erhalten.
Traditionell gedecktes Haus
Die schweren Pläner, mit denen hier die Häuser früher gedeckt wurden, drücken die morschen hölzernen Dachfirsten ein. Das sieht aus, als hätte das Haus einen Artillerietreffer abgekriegt. Das Haus verfällt.
Ich bin gerade wieder im Jugower Wirtshaus, es gab “Snjeshanka”, Joghurt-Bällchen mit Zwiebeln, Knoblauch und Walnusssplittern.
Über dem Tal des Flusses Jugow
Das Dorf Jugovo liegt 5km vom Wirtshaus steil im Hang. Die Straße führt mit 10% Steigung hoch über einer wilden Schlucht.
Oben im Tal zeigt sich Regen ...
Oben im Tal zeigt sich Regen, ich muss eine trockene Stelle finden. Vorhin das Kapellchen (ein Paraklis) war offen, aber ich habe ja die Fürsprache der Heiligen und finde auf der OSM-Karte eine Schutzhütte eingezeichnet. Als ich die Hütte gegen 17 Uhr erreiche, beginnt der Regen, der die ganze Nacht über nicht ablassen wird. Kann man Glück erzwingen? Glück planen? Ja, geht, dank OSM.  
Meine Schutzhütte
Morgen beginnt der schwerste Abschnitt der Tour, 1000 m Aufstieg, werde wohl 3...4 Tage brauchen bis ins Tal der Arda.

Freitag, April 12, 2019

Nach Bulgarien

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Abfahrt des Racic-Bus in DD mit der üblichen zwei stündigen Verspätung, aber er kommt zuverlässig. Gert hat wieder beim Verpacken des Rades geholfen. Das ist der Start in das große Bulgarien-Jahr 2019 auf meiner Lebensreise Balkan. Es soll so laufen: Eine Fahrt durch Thrakien mit der Erforschung von etlichen Heiligtümern des einflussreichen Volkes der Thraker auf die Geschichte der Griechen. Im Juni eine Wanderung mit Freunden in die “thrakische Kernzone”, die Rhodopen. Im Herbst dann zu den Eroberern Thrakiens, nach Mazedonien.
Inflation in Serbien: Ein Schild stellt den Umtauschkurs mit 1€ = 115,96 Dinar fest, vor einer der regelmäßigen Pausen der Busfahrt auf einer Raststätte bei Subotica. Dann kommt Einer raus und wechselt die Magnetfolien: 116 + paar Zerquetschte gilt ab dieser Minute. Sie nehmen hier Euro, aber kein “metal”, keine Münzen. Die Raststätte hat auch zwei Plätze mit Ladesäulen für das “Elektrische”. Scheint aber wenig Resonanz zu haben, selbst die Polizei hält das für normale Parkplätze und parkt die Ladesäulen zu.
Diesmal hat der Racic-Bus die Verspätung nicht aufholen können. Einer der Passagiere besaß einen diffizilen Ausweis, was die ungarische und die bulgarische EU-Grenzpolizei zu einer zeitraubenden Überprüfung veranlasste. Ich bin mir nicht sicher, ob er dann am Grenzübergang Dimtrovgrad (SRB)/Dragoman (BG) mit in den Bus zurück stieg. Unterwegs vor Nis ist einer der Busfahrer der serbischen Polizei aufgefallen. Seine Fahrerkarte wurde kontrolliert und er musste wohl eine Strafe zahlen. Möglicherweise war da was aus Deutschland anhängig, jedenfalls fiel immer wieder das Wort “Germanija” im auswertenden Gespräch mit den Kollegen. Das war alles gestern am 10. April.
Ausfahrt Plowdiw
Die Festung Stanimaka bei Asenowgrad
Heute konnte ich früh nach erholsamen Schlaf im vorgebuchten “Business Hotel” in der Nähe des Avtogara Jug in Plovdiv starten. Ein kleiner Umweg nach Asenovgrad ersparte mir die verkehrsreiche direkte Straße. Ich bin im Dorf Batschkovo und wettere den Regen ab.

Dienstag, Juli 10, 2018

Ich bin ein bekennendes Landei

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Die Ayda-Berge über Mineralni Bani - goldhaltig
Gestern bin ich aus Chaskovski Mineralni Bani anfangs noch auf Nebenwegen unterwegs. Der rauhe Weg führte über einige Hügel mit lichten Eichenwäldern. Am Rande standen etliche PKW, wird hier möglicherweise nach Trüffeln gesucht?
Eiche bei Susam (Сусам)
Diese unbefestigten Wege mühen mich sehr, bei nächster Gelegenheit bin ich auf ein Asphaltstraße, die mich dann auf die Hauptstraße #8 führte. Der Verkehr war akzeptabel, ich hatte das Gefühl, dass mir mehr LKW entgegen kommen, als mich überholen. Pünktlich zum Regen in Plovdiv angekommen.
Tomaten-Giganten und die stolze Verkäuferin
Heute am Morgen die Rückfahrt am Racic-Schalter im Avtogara Jug gekauft. Meine e-Mail-Bekanntschaft Iliana aus der Vorbereitung der Reise war da, ich konnte mit ihr in deutscher Sprache alles vereinbaren
Plowdiw ist eine der ältesten ständig besiedelten Städte der Welt. Es wurde an sieben Hügeln erbaut, die bis heute ein Wahrzeichen der Stadt sind.
Nebet Tepe (Небет Тепе) mit thrakischen Siedlungsresten. Ein Tepe ist in der Archäologie eine Erhebung, die durch wiederholte Besiedlung entstand.
Nachdem mich die Stadtpolizei auf dem Boulevard vom Rad gejagt hat, bin ich zurück ins Hotel und habe meinen Stadtspaziergang zu Fuß absolviert. Es hat sich wieder gezeigt: Ich bin ein bekennendes Landei. Es hat viel mehr Reiz nach langer Strampelei auf einen Pass einen kleinen Laden vorzufinden, als vom beeindruckenden Angebot im “Kreativviertel” Kapana (Die Falle) eine Wahl zu treffen. Im Amphitheater war gerade Soundprobe mit dem Skyfall Theme, hat großartig geklungen.
Das antike römische Theater. Wikipedia: Die 7.000 Zuschauerplätze sind auf zwei Ränge mit jeweils 14 Reihen verteilt. Auf die Bänke eines jeden Sitzplatzbereiches wurden die Namen der Stadtteile geritzt, so dass jeder Besucher entsprechend seinem jeweiligen Wohnsitz Platz nehmen konnte.
In der bulgarischen Altstadt (Zeit der Wiedergeburt): Überall antike Reste auf dem Platz "St. Konstantin and Elena"
Mein letzter Gang des Tages in Plovdiv war zum Restaurant “Fly Garden” in der Nachbarschaft meiner Unterkunft. Gestern betafelte gerade ein Bulgare zwei Gottesdiener, er muss ganz schön gesündigt haben. Ich interessierte mich nach meinem abschließenden Rakija für das Dessert des Sünders. Ich verschob es auf heute.
Heute hat mich das Team sehr freundlich wieder begrüßt. Zu meinem Wein stellten sie mir eine Platte mit den unschlagbaren Mezes der Bulgaren hin: Sudshuk, Lukanka und Filet Elena, ein Pastrami. Als Gruß des Teams! Das wird neben Karnobatsko Rakija meine Einkaufsliste für Morgen.
Heimfahrt planmäßig mit dem Racic-Bus nach Dresden.

Sonntag, Juli 08, 2018

Heimwärts gewendet

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Ich bin in Momtschilgrad. Es wären bis zu dem Grab des Orpheus beim Dorf Tatul nur noch 15 km bergauf. Ich beschließe trotzdem meine kleine Rhodopen-Tour heimwärts zu wenden. Entsprechend einer Karte, die hier im Zentrum aufgestellt ist, wimmelt es hier rundherum von Nachweisen der ersten Kulturen Europas ab der Jungsteinzeit. Es wurde soviel erjagt, geerntet und erhandelt, dass sich Einige dem Esoterischen zuwenden konnten und rumorakelten. Etliche zogen ihre Orakel aus dem Wein, einer war ein großer Sänger - Orpheus. Es entstanden hier Kulte der Thraker, die mit Dionysos und Orpheus bis weit in die griechische Götterwelt hinein wirkten. Der bulgarische Namensgeber der Stadt ist übrigens derselbe, dem die Burg in Pirot (Serbien) zugeschrieben wird - der alte Wojwode und Raubritter Momtschil.
Nun nur ein Dutzend Kilometer weiter in Kardshali muss ich einige Regenschauer überstehen. Mit meinem Glück erfolgt das immer mit gastronomischer Unterstützung.
Ich muss noch einmal über die Rhodopen, wenn auch nicht mehr über die ganz hohen Pässe. Ich habe mir einen einfachen Weg über Chaskovski Mineralni Bani gewählt.
Radler, habe immer das Wetter im Auge!
Den Regenschauer gerade noch in einer Kneipe in Karamantsi (Караманци) abgewettert
Aus Kardshali geht es auf einer Hauptstraße (einstellige Nummer #5, für Fuhrwerke gesperrt) mächtig und lange bergauf. Der Verkehr auf dieser Hauptstraße war akzeptabel, es gilt wohl auch in Bulgarien ein Sonntagsfahrverbot für LKW. Als ich mit meinem Drahtesel am Polizeiposten vorbei zog, erhielt ich ein “Daumen hoch”. Mein Frühstück, diesmal in Form von zwei Baniza und zwei Bier nahm ich in einem wunderbaren schattigen Gastgarten in Chernoochene ein. Reich besucht von alten Männern zu einem Frühschoppen mit Kaffee. Sicher nur eine Einbildung, nach meinem Bier gab es dann auch etliche Bestellungen dieses alkoholischen Getränks durch die anderen Gäste. Der Oblast Kardshali ist die am stärksten muselmanisch geprägt Region Bulgariens. In den Dörfern wird exclusiv türkisch gesprochen.
Nach einem letzten Aufstieg könnte ich über weitere 800m-Rücken nach Asenovgrad abbiegen (zweistellige Straßennummer #58), aber ich möchte hinunter ins Mariza-Tal in den Kurort Chaskovski Mineralni Bani.
Nach Einschätzung der Wetterlage suche ich mir hier eine Herberge, und in der Tat, eine halbe Stunde nach dem Zimmerbezug gegen 16 Uhr geht das Gewitter mit ordentlich Regen nieder, der bis jetzt nicht aufgehört hat.
Hier kann man die Flunken tunken: Das Fußbad in Chaskovski Mineralni Bani
Ich bin gerade zurück von einem Spaziergang durch den überaus sozialen Kurpark von Mineralni Bani. Habe mich an einigen modernen Sportgeräten ausprobiert und meine Rückenmuskulatur und mein Koordinationsvermögen auf einem Kreisel trainiert. Dann habe ich die Quellen entdeckt, die ihr heilendes Wasser frei für alle Besucher spenden, als Trinkkur oder zum Wassertreten. Die Quellen haben eine Temperatur von ca. 50°C und man erntet eine Dosis Radioaktivität in Höhe von 0,04 mSv/Jahr. Eine Quelle schüttet fast armdick einfach in den Straßengraben. Natürlich habe ich meine Flunken in den Quell getunkt: Sie strahlen jetzt und müffeln nicht mehr.

Freitag, Juli 06, 2018

Im türkischen Thrakien

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In Zlatograd gibt es ein sehr hübsches sogenanntes Ethno-Zentrum, ein ganzes Viertel von sicher kaum 10 Jahre alten Häusern im Wiedergeburtsstil. In einem dieser Häuser fand ich gestern noch Unterkunft.
Ethnographischer Komplex (Етнографски ареален комплекс „Златоград”)
Nun schon Tradition ist ein Frühstück in einer pekarna, einer Bäckerei. Es gibt einen Kaffee, Joghurt und banitsa. Das ist ein frisch gebackenes Stück aus heißen Blätterteig, für mich gefüllt mit Käse. Es ist das traditionelle Frühstück auf dem Balkan, in Serbien ab einem gewissen Alter noch ein rakija dazu. Im zivilisierten Bulgarien sieht man das gar nicht mehr.
Ich folge immer noch dem Iron Curtain Trail und es geht rauf und runter. Es gibt aber praktisch keine andere Wahl, es führen hier nur Stichstraßen hoch in die Berge zu den türkischen Dörfern. Bei Benkovski besuche ich ein thrakisches Kultgebiet. Es sind Sandsteinfelsen, ähnlich wie die Vasquez Rocks in “Star Trek”.
Thrakischer Kultplatz "Krokodil" (Тракийски комплекс Крокодила)
Nach einigen Schieben in praller Sonne (ich habe jetzt das Wetter für meine Ausrüstung) will ich im Schatten ein Päuschen machen. Hier warten einige alte Leutchen auf einen von mir nicht erforschten Service. Der Op neben mir zeigt auf sein Beutelchen, wo leere Glasgefäße klappern und sagt: “Schtschuk”. Dann kommt ein OPEL-Hundefänger und es werden die Gefäße gegen volle getauscht - kein Geld, nur voll gegen leer. Ein Ömchen wird von schwerer Arthritis geplagt, sie klettert als rechter Winkel zurück zu ihrem schattigen Plätzchen unter dem Baum. Aber sie hat ständig was ihren nur wenig jüngeren Freundinnen zu erzählen. Blitzschnelle Rede und Gegenrede, die ist fit im Kopf.
Die Berge der östlichen Rhodopen: Es geht anstrengend rauf und runter
Von meinem Nickerchen werde ich durch Gewitterdonner geweckt. Es gilt den letzten Huckel nach Dzhebel zu meistern. Ich finde das schöne moderne Bar-Café-Restaurant “Ester” in Dzhebel südlich von Kardshali und schon geht der Platzregen los. Es ist 16 Uhr, mit Internet findet sich das Hotel Royal, ich kriege ein Zimmer für 15 Lewa. Jetzt ruft der Muezzin zum Freitagsgebet.