Mittwoch, Mai 18, 2022

Wien

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Ich bin mittags in Wien angekommen, mit Heißhunger auf ein Schnitzel. Gleich in einem Beissl gegenüber vom Hauptbahnhof stillen können. Dann ein wenig durch Wien gerollert. Am Arsenal, dem Belvedere und am Karlsplatz.

Es gibt ja so viele Versuchungen für Bauch und Kopf. Eine hieß "Wein und Kunst". Ich fuhr ran und raesonierte rum, wo hier die Kunst sei. "Die Kunst ist, hier zu überleben", sprach der offensichtliche Besitzer mit einer Dame am einzigsten Tisch vor dem Laden. Dann zog er genüsslich an der dicken Zigarre mit einem sehr hellen Deckblatt, wie ich es nur von den
habanas kenne.

Dienstag, Mai 17, 2022

Nun geht es heim

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Den Ruhetag in Szeged habe ich genutzt, um die Heimfahrt zu organisieren. In den letzten Tagen lief der Antrieb des Fahrrads total trocken, die Kette knarzte und quietschte. Manchmal hatte ich schon den Eindruck eines größeren Fehlers. Doch ein Fahrradmechaniker in meinem Alter holte sein Wunderspray, ich sollte das Fahrrad mit gebremstem Hinterrad halten und er ließ behutsam die Kette unterm Spray gleiten. Das Rad "schnurrte wieder wie ein Kätzchen" (Zitat Mechaniker Wenzel aus RU-Cumbach) wie am ersten Tag. "Dafür brauchst Du mir nichts bezahlen", stellte sich heraus, dass der Mann auch ein wenig Deutsch sprach. Es ist nämlich furchtbar, was ich für ein Gestammel hier in Ungarn aufführe, um meine Wünsche artikulieren zu können. Ich vermische alle Sprachen ... und das Gestammel enthält nur 1 1/2 Worte auf Ungarisch. Im Barbershop sprachen die Barbiere englisch, hier war es einfach, meinen Kopf wieder zu zivilisieren. So hätte ich eigentlich die Tour fortsetzen können, aber auch am Bahnhof konnte ich eine Reservierung mit  Fahrradtransport in einem der stündlichen InterCity nach Budapest erstammeln. So waren die Messen gesungen und die Tour endet nach 40 Tagen im Sattel.
Die Kathedrale in Szeged. Für ein angemessenes Abschlussessen fuhr ich vor die Deiche der Theiß, wo die Häuser wegen der regelmäßigen Hochwasser auf Stelzen stehen. 
Übrigens haben Ralf und ich bei unserem Start der Serbientour 2006 diese Überschwemmung gesehen. In einer Csarda hatte ich als Vorspeise mehrere Nacken von Welsen, paniert und spicey. Ich habe das gegessen wie Hähnchenflügel, mit den Fingern. Als Hauptgericht ein Paprikasch vom Wels mit hausgemachten Nudeln. Das war alles so gut, ich brauchte nicht mehr auf das Weinfestval.
Jetzt bin ich in Budapest. Hier kann ich bisher die häufigen Schauer heute gut abwettern. Morgen fahre ich über Wien heim. Bis Wien gibt es eine Fahrradreservierung ... dort muss ich sehen. Die Fahrkarte für 22.000 HUF wird bis Saalfeld gelten und ist ohne Zugbindung ab Wien. 

Sonntag, Mai 15, 2022

Jó estét Magyarországon! (79 km)

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Ich dokumentierte diese Reise auch auf Polarsteps. Das ist eine App, wo man immer mal seinen Standort mit einem Foto und Notizen veröffentlichen kann. Daraus wird die Route auf einer Karte dargestellt. Ist natürlich alles mit den üblichen Datenkraken verbandelt, weshalb ich das auch bisher nicht als Widget auf meiner Webseite eingebaut habe. Die hoffen, dass man dann bei ihnen davon ein Fotobuch bestellt.
Letzter Tag in Rumänien!
Heute morgen habe ich den letzten Standort in Rumänien mit diesem Bild und Text eingegeben und damit wieder mal mein Gefühl offen gelegt, dass ich jedesmal beim Verlassen von Rumänien habe.
Nun bin ich in Szeged. Der Typ, der die FeWo vermietet, ist offensichtlich ein Geek. Elektroauto NISSAN Leaf, für die Haustür musst du dir als Gast die NUKI-App auf dein Handy laden - elektronisches Schloss und zur staatlichen Registrierung wird kein Formular ausgefüllt, sondern ein Video-Ident-Verfahren gestartet. Daran ist er aber gescheitert, meinen Perso hat seine App nicht zu scannen vermocht.
Seit ich in Ungarn bin habe ich noch kein einzigstes Bier getrunken. In Szeged ist Wein-Festival. Die Weinmeile in Naumburg mag ja lang sein, aber soviel pincen wie hier hat Naumburg nicht. Hier sind bestimmt 80% aller ungarischen pincen vorstellig. Dazwischen spektakuläre Fressangebote. Diese Aufgabe habe ich mir aber für morgen Abend aufgehoben. Heute hatte ich nur einen gespritzten Rosé aus Villaný und einen Grünen Veltliner vom Balaton.
Nun gab es doch noch ein Bier ... und das kam so. Ich hatte noch immer nicht das ungarische Essenserlebnis. Von der Weinmeile musste ich weg, zu viele Leute. Ich radelte weg vom Zentrum und fand einen "magic garden". Das war aber eher so ein neumodischer Hipsterladen mit amerikanischen Gerichten und sexuell indifferenter Bedienung. Dort hatte ich nur drei Gespritzte. Ein paar Dutzend Meter weiter, eine Csarda! Ich fragte scheu, ob es noch was zu Essen gibt. Ich war der einzigste/letzte Gast. Der Ober ließ keinen Zweifel, hier gibt es was Ungarisches. Ich hatte ein Bohnengulasch - babgulyás. Umwerfend. Den Abschluss bildet nun ein Pflaumen-Palinka. Es ist 21 Uhr, hoffentlich lässt mich das NUKI-Schloss noch rein.

Samstag, Mai 14, 2022

Auf der Suche nach schwäbischer Tradition (101 km)

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Um es kurz zu machen: Keine gefunden. In dieser Gegend siedeln fast alle Nationalitäten Mitteleuropas. Die Habsburger haben alle als Steuerzahler willkommen geheißen. Nur den Deutschen hat immer wieder Einer eingeredet, dass sie was Besseres verdient hätten. Nun sind sie alle weg. 
Haus in Iohanisfeld. Im ungarischen Nachbardorf Otelec wäre wohl morgen Kirchweih, wo auch einige Deutsche aus dem Westen zu Besuch kämen.
An einem Haus stand am "Zum Verkaufen"-Schild eine deutsche Nummer.
Ein Dorf der natives des Banats am Großen Bega-Kanal. Jetzt in Lovrin hat mich ein Fahrer eines Porsche Cayenne mit deutscher Nummer  angesprochen, der wohl von hier stammt und noch Eigentum pflegt. Während unseres Gesprächs hat er einen Kunden für einen Renault Laguna am Telefon abgewimmelt - ist wohl heute Autohändler. Ich zeigte ihm meine bisherige Reiseroute auf dem Handy. Da fragte er mich, was besser sei: Rumänien oder Bulgarien. Als ich Bulgarien benannte, war er etwas angesäuert. Ich trinke gerade in Lovrin aus einem gefrosteten Plastikkrug bere halba an einem Spielsalon.

Freitag, Mai 13, 2022

Auf der Hecke und in der Heide (64 km)

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Als Prinz Eugen von Savoyen diese Gegend von den Türken zurück eroberte (Schlacht von Zenta an der Theiß), soll hier das Gras so hoch gewachsen sein, dass ein Reiter sich drin verstecken konnte. Es siedelten hier Serben und Walachen. Das reichte aber nicht für ein ordentliches Steueraufkommen aus den Eroberungen. Also warben die Habsburger in ganz Europa Siedler an. In mehreren Schwabenzügen kamen auch viele deutsche Siedler. Sie nannten die flachen Gebiete der Pannonischen Tiefebene die Heide, die weiter östlich liegenden Hügelrippen waren die Hecken.
Der Bahnhof von Oravitz ist ein Ende der Banater Semmering Bahn nach Anina, die täglich von einem Zugpaar bedient werden soll. Die Strecke ist nicht an das rumänische Zugnetz angeschlosseen. Ein Fahrplan konnte ich nicht entdecken, der Kassensaal war verschlossen. Ich glaube nicht an einen Zugverkehr. 
Das war heute also mein Weg: Vom Bahnhof in Oravitz auf den Hecken bis nach Deta in die Heide. Dann hat mich die sengende Hitze madig gemacht und ich bin in das hier überraschend auftauchende Hotel eingecheckt.

Die Radwege in Deta! Von den Banater Schwaben scheint hier nix mehr übrig zu sein. Schon die Wehrmacht hat mehrere 10000 Banater Schwaben aufgefordert zu fliehen. In den 80ern und 90ern sind wohl der Rest gegangen. Die Leute, die ich mit ein paar Worten deutsch hier kennenlernen durfte, hatten ihr Deutsch bei der Arbeit in Deutschland gelernt.

Donnerstag, Mai 12, 2022

Von der Donau ins Banat (75 km)

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Ich habe den direkten Weg nach Oravița abgewählt und bin bis zur Mündung der Nera an der Donau lang geradelt. 
Das war noch mal sehr reizvoll mit den serbischen Dörfern. In Bazjaš hatte Einer eine schöne Anglerkneipe mit magazin mixt. In seinem Laden hatte er mehrere alte Bilder hängen, der den abgesoffenen Teil des Ortes zeigte. Zum Beispiel den Bahnhof (ähnlich wie der Kaiserbahnhof in Herkulesbad) und das zugehörige Restaurant. Alles sehr mondän. König Karol sei hier gewesen. In Zlatița sprach mich einer an, ob ich Tscheche sei. Er sei Tscheche und gehe regelmäßig in die katholische St.Wenzel Kirche im Dorf. Er schien enttäuscht zu sein. Zwischen Sprachen hin&her zu schalten fällt mir schwer. Über mein abschließendes "Na shledanou!" freute er sich.
In Zlatița war ich schon im Nera-Tal. Dann folgten einige Rippen mit der Tendenz ständig bergauf bis hierher nach Oravița unter stechender Sonne, schlauchend. Zum Glück nun mit etwas Logistik. 

Mittwoch, Mai 11, 2022

Im Gegenwind die Donau aufwärts (86 km)

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Ich darf nochmal auf Eibenthal zurückkommen. Wisst Ihr wie ein Etablissement alles richtig macht? Mit einem überragenden Frühstück. Ich hatte:
  • eine große Kanne Pfefferminztee,
  • Ei-rühert-Euch,
  • Branza und Tomaten,
  • hausgebackene Semmelchen,
  • Butter,
  • hausgemachte Salami (!) & Schinken und
  • herausragenden schnorbsenden Speck.
Ich habe mir nicht getraut, den großen Rest einpacken zu lassen. Hätten die aber wohl gemacht.
Nachdem ich die Passhöhe und das Ortsschild von Eibenthal wieder erreicht hatte, wählte ich für die Abfahrt im Nebel doch wieder die asphaltierte Straße, die ich gestern hochgekommen bin. Die zweite Straße runter zur Donau ist ein geschobener Forstweg, da weiß man nie.
Unten dann für den Rest des Tages gegen den Wind gekämpft. Deshalb bin ich nur bis nach Moldova Veche gekommen. Die Dörfer an der Donau heute sind überwiegend von Serben bewohnt. Mein Gastgeber heißt Miodrag.

Dienstag, Mai 10, 2022

Wird das Wetter wieder scheen ... (46 km)

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Für heute waren einige Regenschauer zu erwarten. Das zeigte die Wetterkarte aus dem Internet. Gestern Nachmittag konnte man schon schäumende Cumuli über den Bergen des Mehedinți beobachten.
Aber heute morgen war noch alles gut, kein Wind, eine blasse Sonne über der Bucht von Orsova. Die Etappe begann mit einem kurzen aber steilen Aufstieg. Ich erntete viel Achtung von den Gästen des magazin mixt kurz vor dem Pass hinunter nach Eșelnița. Zu diesem Frühstück hatte ich ein bere Neumarkt und zwei covrigi de casa cu branza. Das sind Brezeln mit Käse und schmecken direkt vom Bäcker morgens wunderbar zum Bier. Bis zum Ort Dubova, der zwischen dem Kleinen Kazan (Cazanele Mici) und dem Großen Kazan (Cazanele Mari) liegt, war das Wetter angenehm. Die beiden Kazan sind die beiden felsigen Engstellen im Durchbruch der Donau durch die Karpaten. 
Am Kleinen Kazan grinst seit 2005 der Dezebal aus dem Fels und hier wurde auch das Kloster Mraconia nach der Überflutung durch den Staudamm wieder aufgebaut. In Dubova steigt die Straße wieder sanft auf, der Große Kazan wird umfahren. Bei dieser Auffahrt fand ich zweimal Obdach mit Bier bei Regenschauern, beim ersten Mal sogar mit Freibier.
Dann wurde das Wetter wieder scheen ... es kamen viele Dobri den! Ich bin in das böhmische Dorf Eibenthal aufgestiegen. Hier haben sich seit den 1820ern Tschechen aus Pilsen und Klatovy angesiedelt. Es wird tatsächlich tschechisch gesprochen ... und gekocht.
Ich hatte eine Bramboračka (Kartoffelsuppe) und einen Bramborák (Kartoffeldetscher). Ich muss aber sagen: Da haben doch schon viele Generationen rumänischer Köchinnen und Köche rein gepfuscht. Die Kartoffelsuppe hatte bedeutend weniger Kartoffeln als Pilze. Dem Kartoffelpuffer fehlte alles an Gewürzen. Ganz schlecht war, dass die den Knoblauch mit Meerettich vergällt haben. 
Aber die haben hier ihr eigenes Bier: Ceský pivovar v Banátu. Ein Helles und ein Kupferfarbenes vom Fass. Etliche Tschechen waren auch da: Quad- und Motocrosser, sind aber vorhin alle auf ihren Maschinen wieder weg ... nach ganz ordentlichem Biergenuss! Statt dem sonst hier üblichen rumänischen Etno läuft hier in Dauerschleife böhmische Volksmusik - genauso fürchterlich.

Montag, Mai 09, 2022

Achtsamkeit für das Überleben (53 km)

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Nach den drei längeren Etappen durch die Walachei verspürte ich gleich früh eine gewisse Mattigkeit. Diese wurde durch die frischen Käsekringel und Brezeln vom Bäcker zu zwei bere Cuicas als Frühstück in Schela Cladovei, einem Vorort von Dr. T. Severin (gefällt mir diese Abkürzung von den Kilometersteinen) nicht besser. Bis zu diesem Vorort wird der Donauradweg noch ganz vernünftig durch die große Stadt Drobeta - Turnu Severin geführt. 
Der Damm Eisernes Tor 1, portile fier I. Links serbischer Strom, rechts der rumänische Strom. Dann verläuft er auf dem 50cm breiten Randstreifen der Europastarße #70. Auf Brücken und in Tunneln gibt es diesen Randstreifen dann gar nicht. Vor solchen Abschnitten gilt es zurück zu schauen und auf die Pulks von LKW zu achten. 
Über den Damm nach Belgrad habe ich keine Laster gesehen. Die LKW-Fahrer sind noch ganz vernünftig, die PKW-Fahrer mit viel Hubraum und wenig Grips sind das Problem. Die wollen die Laster überholen, was eh meist verboten ist, und wenn mal 500m kein Überholverbot herrscht, können die keine 3 LKW abhaken. So herrscht ziemliche Hektik auf den 25 km nach Orsova. Ein Helm würde auch nix nützen, das sieht man an den vielen platten Schildkröten. Nun, es gab zwischen durch auch Entspannung in Form eines Serbischen Bohneneintopfs und so habe ich überlebt. Es ist prinzipiell von der rumänischen Seite des Radwegs am Eisernen Tor abzuraten. Lieber die Straße der vielen toten Hunde in Serbien.
Ich habe heute schon mittags Schluss gemacht und hier am Donaudurchbruch fast etwas italienischen Lago-Flair genossen. 

Sonntag, Mai 08, 2022

Der Donauradweg (117 km)

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Wie immer morgens zeitig los, es ist Sonntag, Calafat liegt noch in den Kojen. Der Radweg führt direkt auf eine 4spurige Straße, immer noch kein Verkehr. Aber in einigen hundert Metern sieht man die lange Schlange von LKW, die auf die Grenzabfertigung warten. Das ist schon komisch, so mitten in der EU. Dieser Meinung war auch ein bulgarischer LKW-Fahrer, mit dem ich mich bei meinem ersten Kaffee des Tages an einer Raststätte mit bewachten Parkplatz unterhalten habe. Er ist aus der Gegend von Stuttgart bis hier her in drei Tagen gefahren, hier wird er 1 1/2 Tag verbummeln. "Der Bulgare ist ein guter Mensch, aber die bulgarischen Politiker, alle nur Zabzerabb."
Die neue Donau-Brücke Calafat - Vidin. Es hat sich also mit der tollen Brücke nix geändert. Fast die gleich Länge der LKW-Schlangen wie 1993, wo Mu und ich noch über die Fähre mussten. Hinter Cetate dann endlich links ab, weg von der LKW-Strecke. 
Der Weg führte durch viele Dörfer mit wenig Logistik. Zum Sonntagnachmittag dann auch meist geschlossen oder mit zwielichtigen lauten Gästen. 
Bei Devesel an einem Kreisverkehr gab es dann einen schönen magazin mixt. Aber weiter konnte ich mich nur mit 7days-Croissants und Bier ernähren, funktioniert. Von den Höhen kann man über die Donau die Schnee bedeckten Berge des Retezat sehen - beeindruckend. Ich habe mich jetzt vor Simian in eine pensiunea eingemietet - 120 RON. Die Bedienung im Restaurant ist lausig.

Samstag, Mai 07, 2022

Ab & Zu hat auch der Tüchtige Glück (97 km)

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Am Ortsausgang von Bechet stand auf dem Kilometerstein: Calafat 95 km. Hier in Rumänien werden die Kilometersteine gepflegt und sind sehr informativ für einen Reiseradler. Es sind die Straßennummer, durch die Farbe des Kopfes die Ordnung der Straße und die Angaben der Kilometer bis zum nächsten Ort und dem Ende der Straße angegeben. Die DN 55A führt bis nach Calafat. Es ist gleichzeitig der nördliche, der rumänische Donauradweg EuroVelo #6. Es war zu erwarten, dass mir hier Reiseradler begegnen. Und in der Tat, zwei mal zwei kamen mir entgegen. Das erste Paar mit Helm war bisschen mufflig, das zweite Paar war sehr fröhlich und winkte enthusiastisch, ich denke Holländer. Wir haben aber keine Infos über das Woher&Wohin ausgetauscht. Sie hatten nämlich nicht soviel Glück wie ich. Mich trieb der Rückenwind. Ab und zu hat auch der Tüchtige mal Glück.
Die rumänischen Dörfer hier auf dieser Seite der Donau zeichnen sich durch mehr Wohlstand als in Bulgarien aus. Es gibt hier auch mehr Jugend. Jedes Dorf hat zumindest eine Grundschule. 
Dort im Zentrum wird auch der Toten der Kriege gedacht. In Bulgarien stand an so einer Gedenkstätte immer eine Kanone. Im schmucken Dorf Ostroveni stand dann auch so ein Ding. 
Laut Seriennummer eine russische aus dem Jahr 1946? 
Noch können die magazin mixt existieren, wenn es auch immer wieder in den Dörfern kleine moderne Märkte von rumänischen Ketten gibt. Die magazin mixt zeichnen sich in der Regel durch Sitzgelegenheiten aus, wo der Radler komfortabel mit einem bere Ciucas seinen Motor wieder betanken kann. Vater und Sohn, der Sohn hatte ein paar Jahre auf dem Bau in Deutschland gejobt und übersetzte, waren sehr verwundert über meine Fortbewegung ohne Auto. "Hast du Führerschein?" "Ja." "Nu, ich kann Dir ein Auto verkaufen. Kannst du heimfahren." Bewegt verabschiedeten sie mich auf meine letzten 15 km nach Calafat mit Rückenwind.

Freitag, Mai 06, 2022

Vom Olt zum Jiu (77 km)

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Vom ersten Tourentag in Rumänien lässt sich nicht viel erzählen. Wenn's läuft, dann läuft's! Keine Hügel, leichter Rückenwind. 
Der Olt kurz vor seiner Mündung in die Donau. Gegen 9 Uhr hatte ich schon fast die Hälfte der vorgesehenen Strecke in Corabia geschafft. Ich habe dann beim zweiten Abschnitt gebummelt und gegen 16 Uhr in Bechet im Hotelzimmer ein Nickerchen gemacht. Im Fernsehen liefen lauter Sendungen mit Preisvergleichen zwischen 2021 und 2022. Sowohl in Rumänien, als auch in den Nachbarländern, wobei Bulgarien mit 10% Steigerung am schlechtesten abschnitt. Ich finde, mit diesem Bild kann man Inflation schön illustrieren.
Wenn man die vielen Einzelposten am Kaffeeautomaten nicht mehr aktualisieren mag und einfach den doppelten Preis anschlägt. Es scheint hier in Rumänien keine Münzen mehr zu geben. Ich habe jedenfalls keine in die Hände gekriegt und der Kaffeeautomat hat ausschließlichen einen Einzug für Scheine.
Eine schöne Sache für den Radler auf dem Balkan sind die vielen Quellen. Auch in Rumänien finden sich diese Quellen, wenn auch nicht so häufig und nicht so toll ausgebaut. Aber heute habe ich so eine Quelle gefunden, sogar eine Agiasma, eine heilige Quelle.

Wie ist nun der Stand der Entwicklung der staatlichen Verwaltung in Rumänien zu beschreiben? Sehr hoch! Am Häuschen der  Agiasma waren Zertifikate des rumänischen Gesundheitsministeriums über die Zusammensetzung des Quellwassers angepint.

Donnerstag, Mai 05, 2022

Buna seara in Romania (78 km)

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Nun bin ich also in Rumänien, in der Walachei, in Turnu Măgurele. Die Stadt hat sogar einen deutschen Namen: Großnikopel. Es war wieder ein lockeres Pedalieren in durchaus interessanter Landschaft. Es ziehen sich lange Hügelreihen zur Donau hin.
Ich bin dem Fluss Osam gefolgt, der bei Nikopol gegenüber der Oltmündung in die Donau fließt. Das Ufer der Donau ist hier durch steile Riffe geprägt.
Es galt aber erst einmal, an dutzenden wartender LKW bei etwas Gegenverkehr vorbei zu manövrieren. Soviele LKW haben mich gar nicht überholt? Dann erreichte ich Nikopol mit seinem Hafen. 
Hier legt auch die Donau-Dampfschiffahrt zur Stadtbesichtigung an: Das Flussfahrgastschiff "#ms Nestroy". Nach einer Besichtigungsrunde durch Nikopol bin ich wieder zum Hafen. Ich habe mich an den LKW vorbei gemogelt, stand vor der Fähre, wo mich die Fährleute auch gleich drauf winkten. Das muss aber einer von der Grenzpolizei mitgekriegt haben. Ich wurde freundlich aufgefordert wieder von der Fähre zu verschwinden, ein Billett zu kaufen und zur Grenzkontrolle zu gehen. Ein Grenzpolizist hat mich oben gleich empfangen und mir gezeigt, wo die ganzen Schalter sind. Nach dem Prozess war natürlich die Fähre schon drüben in Rumänien. 
Ich habe mich nett mit den rumänischen Truckern unterhalten. Einer bot mir dann später sogar einen Lift bis Bukarest an. Von drüben brachte die Fähre nur zwei Sprinter und einen LKW mit. Ich wurde als Erster auf die Fähre gebeten, mit mir fünf LKW.
Feuerschutz ist wichtig auf einer Fähre!
Hotelmäßig kackt Rumänien aber jetzt erstmal gegenüber Bulgarien ab, die letzten beiden Gäste in diesem Betonteil waren wohl Elena und Nicolae.

Mittwoch, Mai 04, 2022

Höhlen, Wasser und Mühlen (76 km)

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Nach dem Ruhetag bin ich wieder zeitig aufgebrochen, um dem Verkehr bisschen aus dem Weg zu gehen. Aus den Schluchten der Omega-Stadt Weliko Tarnowo raus zu kommen, ist nicht trivial. Der Fluss Jantra abwärts ist von der Europastraße # E85 besetzt. Ich habe den Weg Jantra aufwärts nach Westen gewählt zum Mühlendorf Pushevo. Viele der Häuser haben am Tor einen Mühlstein positioniert. Langsam verschärft sich die Lage mit den Hunden. Es werden mehr, die herum lungern. Ich muss oft absteigen, um sie zum Horizont zu verjagen. Sie sind dann aber schnell wieder zurück und kommen den Waden des alten Bären nah. Noch habe ich mehr Ausdauer beim Sprint. Von nun an führt die Route nach Nord-West hügelig. 
In Musina besuche ich eine Wasserhöhle "Musinska Peŝera". Hier haben die Römer im 2. Jhdt. nach Trajans Sieg über Dezebals Daker das Wasser gesammelt und in die Stadt Nicopolis ad Istrum geführt. Vom Wasserbau verstanden sie was. Nicopolis ad Istrum lag in der Nähe des heutigen Ruse an der Jantra.
Einige Meter war ich drin in der Höhle. Ich bin jedoch wacklig auf den Beinen und es war glitschig. 
Von einigen der Hügel im weiteren Verlauf der Straße konnte man noch den Schnee auf dem hohen Balkan sehen. Jetzt bin ich in Lewski. Morgen werde ich die Donau erreichen. Das bulgarische Geld reicht noch zwei Tage.
Das hat der heutige Tagebucheintrag gekostet ... zugegebenermaßen Einer der Teuersten.

Montag, Mai 02, 2022

Das gibt es nur hier (45 km)

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Das Städtchen Elena hat einige Sehenswürdigkeiten aus der Възраждане, der Zeit der Wiedergeburt Bulgariens zu bieten. Alles aber nicht so museumsmäßig aufgemotzt, sondern als bewohnte Altstadt.
Eine Sehenswürdigkeit werdet ihr aber in keinem anderen Reiseführer finden ... nur hier.
Hier steht vor einem kleinen Kaffee der legendäre goldene SR2 mit den zwei Westspeichen.
Baujahr 1959. Vielleicht aus der gleichen Serie wie der SR2 meines Vaters, das einzigste Kraftfahrzeug mit fossilen Antrieb, das er besaß.
Durch ein schönes Tal führte die heutige kurze Etappe in die beeindruckende Stadt Veliko Tarnowo. 
Hier verbringe ich mal wieder einen Ruhetag. Es soll morgen regnen, voraussagte mein Wettermann Gert.

Zum Vergleichen

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Preise praktisch in DM. 1 Lewa entspricht 1 Deutsche Mark.


Sonntag, Mai 01, 2022

Perwomai in Maisko (62 km)

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Heute galt es eine Etappe von reichlich 60 km in den Bergen des Stara Planina zu absolvieren, generell bergab. Ich verabschiedete mich herzlich von der freundlichen Dame in der Pension "Lefterovka" in Kotel. Nachdem ich wieder auf den Kotlenski Prohod hoch gestrampelt bin, folgte ich nach einem kleinen Hundekampf dem bulgarischen Radweg #3 "Durch den Balkan". 
Es ging über einige Huckel immer durch den Wald, doch eben generell bergab. Erst nach über zwanzig Kilometern gab es das Dorf Kipilovo, ohne Logistik. Es war nun schon fast Mittag. Das nächste Dorf namens Maisko machte seinen Namen alle Ehre. Laute Etno-Musik durchschallte das Dorf, überall dubelte der Grill, von allen Seiten strebten alte Karren und junge Weiber dem Geschehen zu. Ein Volksfest unter strenger Aufsicht der Gendarmerie. Mit Livemusik. 
Ich habe viele Freunde gefunden, einige wollten mir unbedingt ein Beil oder ein riesiges Haumesser verkaufen. Ich hatte 2 mal 2 ca. 15 cm lange Kepabtscheta und zwei Bier, dazu zwei weitere Freibier. Es war fantastisch.
Ich bin jetzt in Elena, der Heimat des bulgarischen Schweinefleischs in Form des Филе Елена (File Elena). 
Das ist ein luftgetrocknetes und gepresstes Schweinefilet. In Bulgarien wird bereits seit Jahrhunderten Schweine-, Rind-, Schaf- und Ziegenfleisch gepökelt und in der besonderen Luft des Balkans getrocknet.

Samstag, April 30, 2022

Stara Planina (67 km)

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Ich muss heute einen Fehler im Tagebucheintrag vom 28. April korrigieren. In der Tat habe ich da das Stara Planina überquert, aber keinesfalls die Wasserscheide zur Donau überwunden. Ich war im Tal der Kamchia. Das ist der Fluss der südlich von Varna in das Schwarze Meer mündet und immer ein Traumziel in meiner Sandalenzeit war. Kurze Erläuterung: Als "Sandalen" wurden von den Bulgaren früher die Ostdeutschen wegen ihrer Jesuslatschen bezeichnet.
Nach dem Besuch der Ruinen des großen Klosters Preslav aus dem 9. Jhdt. fuhr ich das Kamchia-Tal aufwärts. In Mengishevo bin ich dann auf den bulgarischen Fernradweg #3 "Durch den Balkan" gestoßen, dem ich jetzt folge. Dieser Radweg verspricht einsame Straßen, aber Asphalt. Ich kam wieder durch eine Reihe von türkischen Dörfern. Ich schrieb es schon früher, die Bulgaren beschränken wohl den Ausbau der Minarette. 
Im Dorf Velichka gab es wieder eines dieser lustigen Minarette aus Blech. Weiterhin beobachte ich, dass es in türkischen Dörfern keine Zigeuner gibt. Diese Beobachtung muss ich aber noch verifizieren.
Hier noch eine Illustration zur Energiekrise, non stop is over.
Nun begann der Aufstieg auf den Kotlenski Prohod,
obl. Sliwen. Damit habe ich das Stara Planina wieder überschritten. 
Die Schilder am Pass weisen das Kampfziel für den 1. Mai. Ich werde mich zum Kampftag über die Gipfel kämpfen. Ich brauche heute wieder kein Zelt und bin in Kotel bei einem netten Ömchen in der Pension "Lefterova" untergekommen.