An&Abreise mit Bus von Dresden nach Niš, weiter mit lokalem Bus nach Pirot
9 Tage (19. bis 27. Mai 2017) in Serbien
Wechselkurs gerundet:
1€ = 125 Dinar
8€ = 1000 Dinar
Die Wegfindung ist nicht einfach hier. Wir wollen wieder runter von der Straße. Ralf ist sich sicher, den hier ausnahmsweise mal ausgezeichneten Weg können wir nehmen. Nach dem Wegweiser soll der Weg zum Ziegen-Felsen “Kozja Kamen” führen, nach ein paar hundert Metern soll ein Weg rechts abzweigen, das sei unser Weg zum Canon Vladikine Ploče. Er will noch den Abstecher auf den Ziegen-Felsen gehen. Der Ziegenfelsen ist der Kulminationspunkt dieses markanten Grates südlich vom Stausee Zavojsko jezero. Man hat dort eine fantastische Aussicht auf den See vor dem Hauptkamm des Alten Gebirges Stara Planina.
Das Stara Planina wird bei uns oft als Balkangebirge bezeichnet. Es ist die Kordillere des östlichen Balkans und zieht sich als Teil des Carpatho-Balkan-Bogens vom Eisernen Tor der Donau bis zum Kap Emine am Schwarzen Meer über 600 km von West nach Ost. Vier Freunde haben sich den serbischen Abschnitt bei Pirot für eine kleine Wanderung ausgesucht. Warum? Exklusivität, Wildnis und schmale Reisekasse.
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Die mittelalterliche Burg "Momtschilow Grad“ Die Festung wird in einem Volkslied als Burg des Vojvoden Momčilo besungen. |
Der Bus nach Niš via Belgrad hat in Dresden fast drei Stunden Verspätung. Wir erreichen Pirot erst nach 16 Uhr am folgenden Tag. Ich habe statt Proviant nur eine Einkaufsliste in meinem Rucksackschweinebraten:
- Espresso-Puder
- Zucker
- Knoblauchzehen
- Nudeln
- VEGETA als Universalgewürz
- Wasser Mg+
- & Spezialitäten
Auf dem Markt und in den kleinen Geschäften werden fast nur Landesprodukte angeboten. Knoblauch wird noch nicht geerntet, ich muss also darauf verzichten. VEGETA kommt aus Kroatien, zum Glück habe ich eine kleine Menge Swanensalz, eine Gewürzmischung aus Georgien, mitgebracht. In einer Mesara (Fleischerei) gibt es dann die Spezialitäten: Kashkaval, ein verdammt würziger Hartkäse, Slanina, einen schönen Schinkenspeck und “gebügelte Wurst”. Nun, unsere Würste waren wohl nicht gebügelt, aber herzhaft und lecker. Um bei uns alten Männern den Krämpfen in der Nacht vorzubeugen, kaufe ich das große serbische Mineralwasser “Knjaz Miloš”. Es ist reich an Mineralien, besonders Magnesium.
Im Morgenlicht erkennen wir keine Zigeunersiedlung, es ist das Projekt eines mitten in der Stadt einsiedelnden Künstlers in Form eines beeindruckenden Baumhauses. Er lädt uns freundlich ein, seine Installation zu besuchen. Ich traue der Konstruktion nicht, keiner von uns war oben.
An der Banjica werden wir gleich mit guten Ratschlägen für unsere Gesundheit und unserer Haut empfangen. 40 verschiedene Mineralien in der konstant 29 ºC warmen Quelle sollen für mehr als 40 verschiedene Zipperlein gut sein. Einer ist an Krücken hier, 5mal gebrochenes Bein, er nimmt die Krücken aber nach dem Bad sicherheitshalber wieder mit. Weiter ist die Schlucht als Wanderer mit Rucksack nicht begehbar.
Wir treffen noch drei Mädels. Nach kurzer Kommunikation zum Woher&Wohin freut sich die eine darüber, dass sie mal wieder deutsch reden kann. Es stellt sich heraus, es sind zwei österreichische Polizistinnen mit ihrer serbischen Kollegin auf Wochenendausflug. Sie seien hier in Pirot “auf Mission”. Gert fragt gleich mit dem Hinweis auf die Flüchtlinge nach dem Ziel der Mission. Es hätte schon “Sichtungen” gegeben, oben auf dem Kamm des Stara Planina, Grenze zum EU-Bulgarien.
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Josip, der Hirte |
Wladimir ist schon viel in der Welt herum gekommen. Er arbeitete in München und in der Schweiz. Er zeigt uns seine Driving License Card aus Texas. Er schimpft aber wie ein Rohrspatz auf die Amerikanzy. Er war dort im Gefängnis und darf nicht mehr einreisen. Er ist jetzt wieder zurück in seinem Heimatdorf ganz zufrieden, er macht in Holz und sei sein eigener Gott - “I am my own god.”
Unser Bus kommt, vor dreißig Jahren in der Schmiede von FAP in Lizenz von Daimler gebaut und proppe voll. Wir müssen die eine Stunde für die 25 km bis Pirot stehen.
Unsere Zelte standen wieder beim Künstler. Wir finden einen Taxifahrer, der uns für korrektes Geld mit seinem Opel Astra 1 Kombi hoch nach Topli Do fahren wird. Während der Fahrt durch den Kanjon Temštice beteuert er immer wieder das Risiko, diese schmale Straße zu nutzen. In der Tat liegen immer wieder mehr oder weniger große Brocken, vom Regen auf die Straße gespült, herum. Er erzählt uns, dass die Amis das Kraftwerk im Berg, dass vom Stausee Zavojsko jezero angetrieben wird, nicht während der Bombardements 1999 zerstören konnten. Wir lassen uns von ihm seine Telefonnummer geben, um die Rückfahrt sicher zu stellen.
Hurra, hier in Topli Do gibt es Lädchen. Es stellt sich aber heraus, nur alle zwei Tage geöffnet. Auch dieses Dorf wird aussterben. Die jungen Leute arbeiten alle unten im großen modernen Reifenwerk TIGAR von Michelin, die fahren diese gefährliche Straße nicht jeden Tag zur Arbeit, sie wohnen nun in Pirot.
Früh bekommen wir Besuch von einem Mann, der uns zum Frühstück einlädt. Manne und ich gehen mit zu einem Häuschen am unteren Ende des Dorfes. Stolz zeigt er uns, alles selbst gebaut, Haus und den fast genauso große Backofen. Unten in die Küche hinein brauchen wir unsere Wanderschuhe nicht auszuziehen, oben wird uns bedeutet müsste das dann aber sein. Wir bleiben in der kleinen Küche, ca 4x4 Meter, im Erdgeschoss. Er stellt uns seine Frau vor, sie käme nicht los von der Zigarette. Dann gibt es erstmal eine Runde vom Selbstgebrannten. Wir dürfen die Spezereien alle verkosten: Ein würziges EiRührtEuch mit frischen Pilzen (!), einen sehr würzigen frisch gebackenen Kuchen (Proja - ein Maisbrot, wahlweise mit Schafskäse) und weitere Köstlichkeiten. Wir kriegen reichlich eingepackt, der Mann will kein Geld annehmen. Ich gebe der Frau den 500 Dinar-Schein. Es wird ein reichhaltiges und schmackhaftes Frühstück für uns alle. Damit sind wir gestärkt für unsere heutigen Unternehmen.
Heute ist der letzte Tag. Der Hauswart unseres Appartements kriegt von uns die Nummer unseres Taxifahrers, er soll uns gegen 14 Uhr wieder zurück nach Pirot fahren. Wir starten nochmal zu einem kleinen Spaziergang, Gert hütet wieder das Haus.
Der Astra ist auf die Minute um 14 Uhr da. Zum Übernachten gehen wir nicht wieder zum Künstler, heute ins Hotel. Da können wir uns für die 19-stündige Heimfahrt frisch machen.