Dienstag, April 30, 2019

Ich bin sie los

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Bei meinen Versuchen, was zu organisieren, erfuhr ich erstmal, dass es hier auch einen zweiten Osterfeiertag gibt. Es wird also erst am Dienstag einen Fahrradmechaniker in seiner rabotilnizata sich meines Rades annehmen wollen. Ich bin also als Wanderer und Tretrollerfahrer die reichlich 30 km bis Tsarevo am Montag angegangen. Das Höhenprofil aus mapy.cz zeigt sich hoffnungsvoll, 345 m aufwärts, 685 m abwärts, es gibt aber auch etliche Abschnitte ohne wesentliches Gefälle. Aber es fügt sich, ich habe sogar Muße mir Bulgari, das Dorf der nestinarki, der Feuertänzer, anzuschauen. 
Hier tanzen zum Namenstag von St. Elena & St. Konstantin die Nestinarki - die Feuertänzer
Endlich in Isgrev der letzte kleine Huckel, und dann kann ich mit ein paar Tretrollereinlagen bis fast an Schwarze Meer rollern. Nervös macht mich aber, dass keine Anzeichen für Fahrradgeschäft oder -werkstatt an den von GoogleMaps ausgewiesenen Plätzen zu sehen sind. Warten wir also auf den Dienstag, einem Arbeitstag, und gehen in das schöne Familienhotel “4 Seasons”. Burgasko bira.
Die Immobilienblase ist geplatzt
Der zweite Osterfeiertag zeigt sich in Tsarevo sehr ruhig, so ruhig wie eine mitteldeutsche Kleinstadt gegen halb Acht abends. Ich finde nur mit Mühe eine Kneipe mit einem ordentlichen Bier. Denn jeder Bierfreund weiß, die in Hafenstädten können kein ordentliches Bier brauen, so auch das
Nun heute der Versuch eine rabotilnizata, eine Werkstatt für mein Rad zu finden. Die Adressen zeigen auch heute keinerlei Anzeichen einer Geschäftstätigkeit. TrueRiders will erst laut Google gegen 12 Uhr aufmachen, ich gehe zu Carbonbikes. Google sagt hier, dass es schon seit 8 Uhr am arbeiten ist. Ich rufe die angegebene Rufnummer an, während unseres Radebrechens auf Englisch kommt ein junger Mann mit Telefon am Ohr auf die Straße. “I’m not a professional!” Zu seiner großen Verwunderung zeige ich ihm die Google-Anzeige. Er macht seine Garage auf, dort hängen ca. 20 brandneue Räder aller Coleur, aber kein Carbonbike. Sein Vater, der Bäcker, ist gerade zu einem Radwettbewerb auf einer griechischen Insel. Der hat wohl das Carbonbike mit. Ich baue mein Hinterrad aus, er holt ordentliches Bikewerkzeug aus der Wohnung drüber. “I will fix it!”. Er wird mich zurückrufen, wenn er eine Lösung vorschlagen kann. Das dauert nur knapp 20 Minuten. Er schlägt mir ein komplett neues Hinterrad vor. Die Aufnahme für die Ritzelkasette ist komplett in zwei Hälften zerbrochen, die Innereien des Freilaufs liegen zermatscht auf dem Boden seiner Garage. In der Tat, da ist nichts mehr zu machen. Wir diskutieren noch einige Lösungsmöglichkeiten, deren Lösungen sich alle aber auf das 70 km entfernte Burgas konzentrieren. Wir wechseln meine Bereifung auf das Ersatzrad mit einem 6fach Ritzel. Alles wird montiert und ich mache eine kleine Proberunde, ich kann schalten. Ein Risiko bleibt, weil ich nicht mehr meine Schnellspannachse montieren kann. Für die klassischen Hutmuttern werde ich keinen Schlüssel haben, dieser Schuss muss bis Burgas sitzen. Was wird aus meiner 40Loch-Sputnik-Felge … die bin ich los. Ich lasse die Altteile alle da. Ich gebe Stojan 30 Leva für seine Arbeit.
Frohen Mutes, dass ich wieder pedalieren kann, gönne ich mir eine Enttäuschung - Arapija. Es war vor 37 Jahren:
1982: Camping Arapija, die Zeit der "Sandalen"
Detlef und ich kommen gerade von einem Ausflug auf dem Ropotamo-Fluss zurück, da erzählt uns Wuschel: “Der Lothar ist krank!” Er hat unsägliche Unterleibsschmerzen, wir diagnostizieren Entzündung des Blinddarms und suchen einen der DDR-Touristen, der Loth ins Krankenhaus nach Mitschurin fahren könnte. Viele Absagen, erst Dietmar Richter-Reinick aus dem Fernsehen startet sofort seinen Warti und fährt Loth ins Krankenhaus.
Hier standen einst unsere Zelte
Dietmar Richter-Reinick würde sich im Grabe rumdrehen, wenn er seinen Zeltplatz heute sehen könnte. Chaos zwischen vergammelten Wohnwagen, Betonlieferanten für eine weitere Investruine und einigen Heimwerkern, die sich an ihren Dauercamperplätzen einrichten.
Drehort für das "Miesmuschelmassaker" und das "Messerdrama"
Ich bin zur Insel runter, dem Drehplatz für das “Miesmuschelmassaker” und dem “Messerdrama” in unserem ersten Unterwasserfilm. Die Kneipe, wo ich gerade mein zweites Kamenitsa verkasematuckle, steht wohl am selben Platz, wo früher das skara bira war. Dort, wo wir zum Kartenspiel jeder eine Flasche Rotwein und zusammen eine Flasche Sljantschev Brjag tranken. Dazu lief abwechselnd bulgarische Folklore und Rod Stewart, der Soundtrack unseres Filmes.

Sonntag, April 28, 2019

Der Hohe Tag - Velikdjen

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An der Kreuzung nach Malko Tarnovo wähle ich zu beginn einen anderen Weg. Eine der Wandertafeln weist einen Weg zu diversen heiligen Stellen, einer Mineralquelle und einer alten Brücke. Aber bald wird der Weg mit Gepäck nicht mehr befahrbar. Interessant ist, dass hier hinten scheinbar halb wild Pferde leben. Wie Rehe beäugen sie den radelnden Störenfried, um dann in den Wald abzuhauen. 
Das Pferdchen war besonders nervös - hat die ganze Herde in den Wald gehtzt

Ich wende und fahre in die Stadt hinein. Die Familien streben dem zentralen Platz mit zwei Kirchen zu, einer orthodoxen und einer griechisch-katholischen. Ich kann sie nicht auseinanderhalten, es steht auf einer Infotafel zur Geschichte der Stadt Malko Tarnovo anläßlich des hundertsten Jahrestag der “Befreiung 1913 vom osmanischen Joch” - Textzitat in meiner eigenen Übersetzung. 
Ostern in Malko Tarnovo
Ich setze mich mit einem Osterbier vor ein Bistro und beobachte das feierliche Treiben. Nach und nach kommen einige Damen und ein Herr in Tracht, sie werden wohl nachher ein wenig Programm tanzen. Es ist ein grün umranktes Karussell und zwei Schaukeln aufgebaut. Das Karussell wird von einem drahtigen Grauhaarigen angeschoben. Eine Karussellfahrt der Kinder wird mit einem geweihtem Ei bezahlt - oder einem halben Leva.

Das Eier-Karussell
Ich schrieb mal in diesem Blog: Mit jedem Kilometer nach Osten auf dem Balkan wird der Rakija milder. Nun bin ich im Gebiet Burgas. Der Burgasko Rakija ist die Krone.
Es hat schon immer mal geknarzt in meinem Freilauf am Fahrrad, nun ist er völlig im Arsch. Noch pedaliert es sich, ich komme über den kleinen Pass vor der langen Abfaht in das Tal des größten Flusses des Strandsha - der Veleka. Während der Abfahrt rasselt es immer wieder, unten ist alles kaputt, es hakt nicht mehr ein zum Trampeln, freier Lauf nach hinten und nach vorne, vom Fleck komme ich nicht. Mit Schieben und Rollern komme ich noch bis Grammatikovo. Hier gibt es ein tolles Jagdhotel mit großartiger Küche, wo ich mein Malheur vergessen kann. Die Juniorchefin kann Deutsch, mal sehen, ob ich morgen was organisieren kann. Bis Tsarevo sind es 30 km, leider nicht nur Berg ab.

Samstag, April 27, 2019

Aufstieg ins Strandsha-Gebirge

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Obwohl ich gestern noch zu etlichen Bier in den Kneipen von Kirklareli war, habe ich heute früh den Hotelportier aus seinem Nachtschichtschlaf geweckt. Für den Aufstieg habe ich mich mal wieder von mapy.cz inspierieren lassen, um die E87-Autobahn zu meiden. 
Aufstieg in Strandscha-Gebirge

Wollsack-verwitterte Granitfelsen
My way
Die Nebenstraße über Kuzulu führte mich in eine großartige Landschaft voller Wollsack-verwitterter Granitfelsen. 
Das Hirtendorf Kuzulu
Kuzulu stellte sich als wirklich urtümliches Hirtendörfchen heraus, “Kuzu” ist das Lamm. Endlich erreichte ich nach einem steilen Aufstieg auf Makadam-Straße den Highway.
Auf dem Highway zur Grenze
Bis auf wenige hundert Meter war vom Verkehr nichts zu hören. In der Tat, wenig Verkehr, breiter Randstreifen und es rollert sogar gut bergauf. Ich werde die CZ-Radweg-Empfehlungen wieder ignorieren. Dann ein Wegweiser zu einem Restaurant links rein in die Wildnis des Strandsha. Welch eine Entdeckung: Ein rothaariger Türke aus Bulgarien wies mir sofort in Englisch einen Platz an und protzte mit der Küche aus einheimischen Fisch und Fleisch. Ich wähle eine Lammfleisch-Pfanne (gjuvetsch) und Salat. Das ist mal eine Idee für die lausigen Bosnier mit ihren kalten gegrillten überteuerten Lamm. Das gegrillte Lammfleisch ist im gjuvetsch noch mal scharf angebraten worden und siedend heiß serviert, ein Leckerbissen.
Ich mache eine 3-Bier-Pause, es sind wohl nur noch 12 km bis Bulgaristan. Jetzt sind gerade noch drei mächtige Osmanen gekommen. Hier in der Strandsha-Wildnis kriegen sie eine Flasche Yeni Raki und Bier auf den Tisch. Der Aufstieg zieht sich, es gibt immer mal wieder ein paar Abfahrten, die muss ich dann aber wieder rauf. Für den türkischen Grenzübergang ist dann eine Höhe von 685 Meter ausgewiesen. Die Straßenbreite wird vor dem Grenztor auf ein Viertel minimiert. Die Abwicklung ist zügig und für mich als bisikletçiler problemlos. Noch vor der bulgarischen Passkontrolle gibt es wieder die Desinfektionswanne wie 1993. Jetzt wird das Fahrzeug aber zusätzlich besprüht, Kostenpunkt 3 EUR für einen polnischen Touristen. Die Begründung für die Desinfektionsanlage steht auch in deutsch dran: Hier wird die EU seit 2014 vor der Afrikanischen Schweinepest geschützt. Auf türkischer Seite sind mir kurz vor der Grenze Achtungsschilder vor Wildschweinen aufgefallen. Möge uns der außerordentlich hohe Grenzzaun, der sich links im Wald bei der Anfahrt zum türkischen Übergang entlang zieht, auch vor der türkischen Wildsau schützen.
Der Weg zur "Großen Anlage"
Die einst Geheimnis umwitterte “Große Anlage, Goljamo gradishte” ist heute auf einem Wanderweg zu erreichen, dazu weitere thrakische Kultstätten. Was einst strenger Eiserner Vorhang war, ist heute der Naturpark Strandsha, find’ ich gut. Ich bin mir noch nicht so richtig im Klaren, wie es morgen weiter geht. Auf der Hauptstraße ist es bis Burgas nur noch 85 km. Ich bin jetzt in einem Motel an der Straße nach Tsarevo (former Mitschurin). Da waren wir in den Achtzigern auf dem Campingplatz “Arapija” zum Tauchen.

Freitag, April 26, 2019

Landpartie

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Nach dem Ruhetag zum Eingewöhnen in die Gepflogenheiten des Morgenlandes bin ich zu einer Landpartie aufgebrochen. Früh habe ich mich noch von meinem Frühstücksuppenkoch verabschiedet und wieder seine würzige Suppe verkasematuckelt. Die frittierten Tschuschkis verschmähe ich diesmal, haben früh doch noch am Ärchlein arg gebrannt. Die Etappe soll mich nach Kirklareli unter dem Strandscha-Gebirge bringen, ca. 65 km. Es ist eine Gegend ähnlich dem Thüringer Becken. Die Straßen führen in der Regel schnur gerade quer zu den Tälern, huckelig. Ringsum mittelgroße Getreide- und Rapsfelder, zwischendurch mickrige Weiden. 
Das Dorf Habiller
Im kleinen Dörfchen Habiller werde ich sehr freundlich in die Tee-Runde der Herren eingeladen. Einer ist vor ein paar Monaten nach zehn Jahren Nürnberg wieder heimgekehrt und hat sich einige Kühe und 7 Kälber gekauft. Nach Jahren auf dem Bock eines LKW, der Kartonagen durch Thüringen gefahren hat, ist er wieder Bauer geworden. Es ist schon schwer für mich, immer diese süßen Getränke, das Wasser ohne Gas. Da macht das Durstlöschen gar keinen Spaß. Aber jetzt in einem kleinen Wäldchen vor Inece gibt es kleines Restaurant, wo ich mein Fahrrad an TUBORG-Kästen anlehnen kann. Und in der Tat, der freundlich Köfte-Wirt hat einen großen Kühlschrank voll TUBORG. Ich erhalte eine ordentliche Portion der kleinen Köfte-Klöpse, gut gewürzt ein Leckerbissen zum liebsten Getränk des radelnden EbsEls. Dann kann ich noch helfen, ein Iglu-Zelt aufzubauen. Mein Beitrag: Die Zeltstäbe müssen gekreuzt werden. Ich habe den Muselmännern das Kreuz beigebracht. Von dieser wunderbaren Pausenstelle war es nur noch ein Katzensprung bis Kirklareli. Schnell ein Hotel gefunden, direkt neben der Kneipengasse. 
Meine Kneipe in Kirklareli
Hier gibt es zur Begrüßung im Pub eine gegarte Miesmuschel mit Reis, es ist nicht mehr weit bis zum Schwarzen Meer.

Donnerstag, April 25, 2019

In Hadrianopel

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Ich sitze beim türkischen Kaffee im Ottomanischen Garten des Jahrhunderte alten Tashan Hotels in Edirne, einst die Stadt Hadrians, Sohn des Trajan, einem römischen Imperator geboren 76 A.D. Leise klingelt Musik eines orientalischen Saiteninstruments, neben mir plätschert ein Brunnen. Dazu gibt es baklava, das Honiggebäck des Morgenlandes. Die 72 Jungfrauen sind außer Haus.
Nun aber zu den weltlichen Dingen, dem Essen. Schon am Morgen konnte mich ein mächtiger Suppenkoch überzeugen. Freundlich ließ er mich in seine Töpfe gucken. Seine Ishkembe, eine beige Suppe, ausgekocht aus den Mägen der Rindviecher. Dazu lüftete er die Beigabe, fein geschnittener gekochter Pansen, schneeweiß. Das gehört zu den wenigen Dingen, die ich nicht esse. Im anderen Topf war eine orangefarbene Suppe. Mercimek Corbas, eine Suppe aus roten Linsen. Dazu serviert er mir knusprig frittierte scharfe Paprika-Schoten. Auf dem Tischchen steht großzügig Brot und eine umfangreiche Menagerie Gewürze. Ein wirklich leckeres Frühstück. Zum Mittag was Gesundes: Ein Sirloin-Steak und viel Gemüse. Hey, das ist kein Witz! Ja, nicht so saftig wie bei Mario zu Weihnachten, aber günstig und lecker. Jetzt sitze ich beim türkischen TUBORG im Kendine Has.
Eingang in den Hof der großen Selimiye-Moschee
Vielleicht bin ich etwas zu früh aufgestanden, noch nicht viel los auf den Straßen und in den Gassen. Ich besuche die große Selimiye-Moschee. Diese Moschee wurde vom Baumeister Sinan in den Jahren 1568 bis 1575 entworfen und unter seiner Leitung erbaut. Das Bauwerk bezeichnete Sinan selbst als „sein Meisterwerk“. Es ist heute Weltkulturerbe. Verbesserungspotenzial ergibt sich im Vergleich mit anderen Moscheen: Die Bunte Moschee in Tetovo stellt Schuhlöffel für die Besucher zur Verfügung. Überall finden sich in der Stadt Flächen mit vernachlässigten Ausgrabungsgebieten.
Der "mazedonische" Turm
Gleich neben meinem Hotel der mächtige “makedonische” Hadriansturm und daran angrenzend etliche römische Töpferöfen und die Fundamente einer byzantinischen Kirche aus dem 10. Jhdt. Der mazedonische Turm ist das einzige erhaltenen Gebäude aus der Stadtmauer, die vom römischen König Hadrian erbaut wurde. Durch die vielen Moschee-Besuche sind mir die Schnürsenkel gerissen. Doch der Fachhändler im Großen Basar (seit 1571) schenkte mir ein Paar neue Senkel, nach fachmännischem Blick genau passend.

Borderstories

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Das Frühstück im kutzscha sa gosti war sehr gut, dazu gab es kleines Näpfchen selbst gemachte Marmelade, handbeschriftet mit der Telefonnummer des Hauses als Souvenir. Schnell war ich an dem kleinen Grenzübergang nach Griechenland.
Gestern habe ich ein wenig mit einem Bulgaren, Inhaber eines kleinen Ladenzentrums, geplaudert. Er war stolz, dass in Ivailovgrad nur Bulgaren wohnen, dazu ein paar Deutsche und Engländer. Es gäbe keine Türken, Griechen und Schwarze. Hitler wäre ein guter Mann gewesen, bis auf die Dummheit, sich mit den Russen anzulegen. Meine Reiseroute nach Burgas über die Türkei wollte er mir ausreden. Dann im ersten größeren griechischen Dorf, in Fylakio, wieder die Warnung vor dem Nachbarn. Es wäre doch viel schöner in Griechenland, und von Igoumenitsa könne man nach “Napoli” und Rom. Die Unterhaltung führten wir in Deutsch. Der Gast forderte immer wieder den Wirt auf, mit mir doch Deutsch zu reden.
Eine Radelstunde durch Griechenland
In Ritsia fährt die Bundespolizei Streife. Mein Nachbar in der Kneipe, wo ich noch mal ein paar Bier auf Vorrat pichelte, sagte, dass sie hier drei Polizeitruppen haben: Die griechische Grenzpolizei, die deutsche Bundespolizei und die FRONTEX-Polizei. Das seien die im Tarnanzug und Militärfahrzeugen. Die Grenze kündigt sich mit Verbotsschildern zum Fotografieren an. Dann folgen rechts und links ein paar befestigte Militärstellungen. In einem Hain liegt die Kontrollstelle, die Abwicklung mit einem Ausweis, der was gilt, geht reibungslos. Man kann noch schnell einen großen Duty-Free-Shop besuchen. Dann einige hundert Meter eine schmale Stacheldrahtgasse (das ist kein LKW oder Bus-Übergang) zum türkischen Kontrollpunkt, wo alles etwas weniger martialisch aussieht. Ich werde herzlich begrüßt und bin zum ersten Mal in meinem Leben in der Türkei. Wie schon in Griechenland ist das hier eine landwirtschaftlich fruchtbare Gegend bei der Mündung der Arda in den Evros/Mariza/Meric, viel Gemüse und Obstanbau auf beiden Seiten. Dann erreiche ich bald den Vorort von Edirne mit der Thrakischen Universität. Leider ist immer noch nichts von einer Geldwechselstelle zu sehen, obwohl rechts und links es viele gastronomische Angebote gibt.
Die Brücken vor Edirne
Ich überquere den Evros/Mariza/Meric auf zwei alten türkischen Brücken. Sie verlaufen bis zur Mitte aufwärts, es kommt der Divan, dann rollert es auf Marmorplatten abwärts. Und dann … der orientalische Alptraum, wimmelnde Basargassen. Hinter mir hupen die Autos, vor mir huscht ein Servierer mit einem Tablett mit fünf vollen Caj-Gläsern zum LED-Lampenhändler.
Saraçlar Caddesi
Ich versuche dann in einem Bankgebäude der Türkischen Staatsbank mein Glück mit Geldwechsel. Und tatsächlich, der Wärter weist mich zu einem Schalter, wo ich nach umständlichem Prozess und mehrmaligen Zählen meiner drei 50 Euro-Scheine im Automaten einige Hundert türkische Lira (Kurs ca. 1 EUR / 6 TL) erhalte.
Im alten Tashan-Hotel
Ich finde im Internet für zwei Nächte Unterkunft in einem der ältesten Hotels der Stadt, das Tashan Hotel. Hier hat wohl schon der berühmte Architekt des Sultan Selim II., Sinan Pascha übernachtet. Diesen Text schreibe ich in einem schönen Parkrestaurant beim mittlerweile vierten Tee. Neben Tee und weiterne kalten und heißen süßen Getränken kann der Mann sich die Nargileh, die Wasserpfeife bringen lassen. Es weht ein aromatischer Duft von den Tischen. Mir gegenüber sitzt ein Paar. Sie, eine rassige Orientalin, daddelt mit dem Mobile rum, ihr Mann nuckelt an der Nargileh und daddelt mit dem Mobile rum. Ein Cafe&Pub by Jön habe ich gefunden. Dort bekam ich ein in der Türkei gebrautes Tuborg. Ich durfte nur nicht mit dem Bier draußen sitzen.

Dienstag, April 23, 2019

Im Land der seltenen Metalle

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Eine Banitsa-Bäckerei ist früh am Morgen in Bulgarien ein sehr flottes Geschäft. Die arbeitenden Bevölkerungskreise holen sich ihr Frühstück, die Rentner auch, bleiben aber im Laden sitzen. Der Tourist stört, wenn er keinen Plan für sein Frühstück hat, denn die Mädels fertigen in der Regel zwei Kunden gleichzeitig ab. Ich störte den Prozess, durch den Wunsch nach einem Kaffee … eine Cola wurde mir angeboten. Nun gut, eine malka Pizza und ein Becher Ayran, die Buttermilch des Orients. Für mich ist der Becher wichtig, um einen gewissen Katalysator für die vielen Fleischgerichte zu haben. Es kann hart werden! Gestern fiel mir ein moderner Industriebetrieb in Krumovgrad auf, mit solchen Hochsicherheitsdrehtüren aus Edelstahl für das Personal: DUNDEE precious metals. Neben meiner Banitsa hat das Unternehmen ein Informationszentrum mit einer “Modelleisenbahnanlage” ihrer Mine.
Dundee Precious Metals is a Canadian-based international mining company engaged in the acquisition, exploration, development, mining and processing of precious metal properties. Our current operations are in Namibia and Bulgaria, with exploration in Armenia, Bulgaria and Serbia. 
Die Mine oben auf dem Berg
Die Steinmühlen hörte man weithin rumpeln. Wie schon die alten Thraker wussten: Das ist ein Land der seltenen Metalle. Dies zeigt sich auch auf dem stetig ansteigenden Weg auf einem langen Bergrücken. Einige Konglomeratfelsen am Anfang, dann Zeugenberge alter Vulkanaktivitäten, später Ablagerungen aus dem Thetysmeer als Kalksteinfelsen. 
Basalt
Es ist eine abwechslungsreiche geologische Tour. Endlich eine schöne lange Abfahrt hinunter nach Iwajlowgrad. Ich finde über das Internet eine großartiges Ömchen mit einem kutscha sa gosti, ein Gästehaus in der Nähe der römischen Villa Amira. Leider bereits geschlossen, ich muss die vier Kilometer wieder bergauf. Bisher habe ich noch nichts gegessen seit der Banitsa in Krumovgrad. Ich finde eine schöne Dorfkneipe und lasse den anstrengenden Tag mit paniertem Weißkäse und einem halben Liter hiesigen Weißwein ausklingen.

Montag, April 22, 2019

Wo Alexander zu Fuß hin ging ...

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Der Ruhetag in Kardshali war nicht nur baklava kosten, ich habe viel mehr gekostet. Der kulinarische Höhepunkt am Abend war der Besuch des Restaurants “Vodenitsata”. Der Bulgare an sich besucht ein Restaurant mit großer Begleitung. Ein gutes Restaurant stellt große Tische zur Verfügung. Ich suche mir einen kleinen Tisch (für vier Personen) direkt unter dem Monitor. Dort läuft als Stummfilm “24kitchen” von FOX. Ich hasse Kochshows im Fernsehen, aber diesen Kanal würde ich in meiner Küche auch gerne laufen lassen. Soviel Anregungen auch von balkanischen Sterneköchen … lecker. Besonders bemerkenswert: Das Niedertemperaturgaren (er stellte 95° ein) von vakuumierten vorher kurz auf der eingeritzten Haut angebratener Entenbrust durch einen slowenischen Koch. Die Küche der “Vodenitsata” braucht sich aber nicht verstecken, es gab vier wunderbar gegarte Schweinefilets auf pikanten Kartoffeln.
Ringsum Kreuzritterburgen am Arda Stausee Studene Kladenets
Zum Ostersonntag, dem Tag der Wunder, bin ich dorthin gegangen, wo selbst Alexander der Große zu Fuß hin ging, zum Orakel des Dionysos auf dem Felsen Perperikon
Perperikon
Dieser Ort ist seit der Steinzeit besiedelt. Dank der reichen Erzvorkommen in den Rhodopen waren die thrakischen Stämme schon im 13. Jhdt. v.Chr. zur Verhüttung von Erzen in der Lage. Äxte, Blasebalg, die für die Verhüttung benutzt wurden, Pfeile, Schmelztiegel und Metallscharniere wurden in Perperikon gefunden. Diese Funde belegen, dass Perperikon ein Zentrum der Metallverarbeitung war.
Auf diesen Treppen stieg schon Alexander der Große zum Orakel
Vielleicht sind es diese Kenntnisse und Fertigkeiten für das Überleben der Thraker im “dunklen Zeitalter”, als zum Ende der Bronzezeit die östlichen Mittelmeerzivilisationen schlagartig untergingen. Eine solche Entwicklung der Produktionsmittel schafft Mehrwert, damit sich der Eine & die Andere diversen Kulten zu wenden konnten. Es entstand die thrakische Religion der Orphiker. Der Orphismus war ausgesprochen aristokratisch. Es war ein Kult um die Ahnen-Könige, um die Quelle der Fruchtbarkeit, um die Oberpriester und um Anthropodemonen (Tote, deren Körper nicht verfallen, eine Art „Untote“). Die Priester orakelten im Delirium des Weines, der Kult von Dionysos wird geboren.
Der Tempel des Lichts
Dem Orakel des Dionysos in Perperikon werden z.B. die folgenden Prophezeiungen nachgesagt: Alexander der Große wird die Welt erobern und Rom wird ihm in der Weltherrschaft folgen. Alexander ist während seiner Jugend- und Ausbildungszeit durch Aristoteles extra hin gepilgert, um sich zu versichern. Heute sind weite Flächen des Kultkomplexes ausgegraben und an einigen Stellen Mauern restauriert.
Kleines Wasserbecken
Bei meinem Aufstieg fallen mir immer wieder die “Bäder” auf, steinerne “Sitzbadewannen” für sehr kleine Menschen. Ganz oben ist eine große Zisterne freigelegt, zwischendurch gibt es immer mal etliche Wasserspeicher. Diese Anlagen zur Wasserverteilung zeigen mir den Ingenieursgeist der Thraker. Ich wandele immer wieder über offensichtlich sehr alte Stufen.
Mauer mit Tor
Zwischen großen Steinen (Toren) finde ich rechts vom Aufstiegsweg kleine ca. Handteller große Vertiefungen, manchmal mit einer kleinen Rinne. Sind das die Angeln der Tore? Faszinierend!
Felsen mit den typischen thrakischen Nischen
Heute zum Ostermontag mache ich mich weiter ostwärts auf dem Weg nach Adrianopel. Die Route führt durch Momtschilgrad und Krumovgrad, alles Städte, die nach bulgarischen Helden nach den Balkankriegen umbenannt wurden. Tatsächlich spricht hier jeder türkisch, meine bulgarischen Sprachbrocken werden hier nur mit Mühe verstanden. In Krumovgrad ist es ein Bisschen schwierig mit der Gastfreundschaft, die zwei in GoogleMaps gelisteten Hotels weisen mich ab. Am Hotel “Dvina” prangen jede Menge booking.com-Siegel mit guten Bewertungen. Die haben aber heute in der Tat keine freien Übernachtungsplätze eingestellt. Das Hotel liegt direkt im Basarbereich, aus einer Ecke erklingt Musik einer Roma-Kapelle, quietschende Oboe, Quetschkommode und Pauke. Da muss ich hin. Sie spielen an einer kleinen Tafel, einer der Gäste kann die Oboe auch blasen. Ich schaue, was meine Kasse bietet - einen Auftritt für mich ist mir 10 Leva wert. Einer filmt mit meinem Handy das kleine Privatkonzert
Im kleinen Flüsschen neben dem Basar stolziert ein Schwarzstorch. Das Hotel “Ahrida”, überkommen aus dem Sozialismus, zeigte sich gastfreundlich, die Rezeptionistin spricht deutsch. Ich drücke sie herzlich, als ich den Schlüssel erhalte.

Samstag, April 20, 2019

In Kardshali

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Der Tag in Ardino begann endlich bulgarisch korrekt: Kaffee, Banitsa und Ayran, eine Art Buttermilch. Das ist die Stärkung für die letzten Berge an der tausend Meter Grenze auf dem Weg nach Kardshali. Die Steigung beginnt sofort an der Hauptkreuzung von Ardino. Es ist heute wieder kalt und nass. Oben am Pass im Gebiet des touristischen Komplexes “An den Weißen Birken” komme ich in einen heftigen Graupelschauer. 
bei Kobiliane
Bald ist Volksfest in Kobilane: Ringen und Grill
Endlich startet die lange Abfahrt durch etliche türkische Dörfer. Die Logistik in solchen Dörfern ist meist entwicklungsfähig. In Kobiliane hat Einer in ein Handelszentrum mit Lebensmittel- und Baumarkt investiert. Nach meinem Eindruck ist er gerade in seiner ersten Renovierungsphase nach der Eröffnung vor fünf Jahren. Die Gäste des kleinen Bistros sind seine Bauleute und vorlaute Pensionäre. Am Tisch klingelt einer der Bauleute mit dem Vielfachmesser die Spannungszuleitungen und den Schalter zu einem BOSCH-Hammer aus. Die Anteilnahme seiner Kollegen am Reparaturfortschritt lassen darauf schließen, dass der Zustand dieses Werkzeugs ihre Pause verlängern wird. Dazwischen wuselt ein dünner Junge im Hoody und Basecap als Bedienung rum. Meine Frage nach etwas zu Essen nimmt er begeistert auf, holt einen Elektrogrill raus (der funktioniert) und es gibt die besten Kjöfte der Tour. 
Im nächsten Dorf spreche ich mit einem alten Kommunisten. Er erzählt von seiner Reise zu Ostzeiten nach Berlin, Potsdam und Leipzig mit dem Besuch der Georgi-Dimitroff-Gedenkstätte. Er freut sich, dass ich istotschni bin, einer aus dem Osten Deutschlands. Für die nächsten vier Nächte habe ich mich in eine Gartenhütte eingemietet.
Bei der Höhle Utrobata - dem Genital der Mutter Erde, ein thrakisches Heiligtum
Karfreitag: Fahrt zur Utrobata, zum Genital der Mutter Erde. Früh entdecke ich eine SMS von den Rudolstädtern, sie haben an der Höhle Utrobata genächtigt. Ich bin auch gerade auf dem Weg dahin. Ich habe mich ja so was von getäuscht, es ist keine Uferstraße entlang des Arda-Stausees, es geht mächtig hoch in die Berge. Unten in der Stadt hängen an meiner Banitsa-Frühstücks-Bäckerei Ausschreibungen für Stellen und Lehrausbildungen im Gastronomiegewerbe. Einigen der Baustellen zu einem großen Stadtpark mit noblen Wohnungsquartieren durch die Gebrüder Koch aus den USA scheint es an Bauleuten zu mangeln. Weiter oben in den Dörfern leistet sich ein Holzhändler viele billige Hände, um Holzstämme von einem alten SIL-Laster auf einen großen Sattelschlepper umzuladen. Der SIL-Laster rangiert gerade wacklig neben den Auflieger des Mercedes-Trucks. Die Holzstämme liegen ungesichert auf der platten Pritsche des SIL und werden nun durch die Hände von sechs Männern auf die platte Pritsche des Trucks umgeladen. Utensilien zur Ladungssicherung des Holzes sind weit und breit nicht zu sehen. Je billiger die Arbeitskräfte sind, desto geringer wird der Anreiz sein, die Produktivität zu erhöhen - ein Teufelskreis. 
Rufe des Muezzin hallen durch das Tal der Arda
Die Rufe des Muezzin hallen durch das felsige Tal der Arda. Ich treffe mich zum Mittagessen am wunderbar gelegenen Hotel Borovetsa mit Anne und Detlef ganz in der Nähe der Höhle. Detlef darf ja fahren, aber Anne und ich beschließen das Mahl mit einem goldenen Rakija grosdova aus dem Hause Karnobats. Mir schwant schon, die Höhle werde ich wohl nicht erreichen. Ich stelle mein Rad unten ab, stecke Geld und Dokumente in die Hosentaschen und beginne auf einem Pfad den Aufstieg. 
Am Fußweg zur Höhle
Als es wieder steiler wird, fällt mir ein, dass alle Schlüssel noch in der Lenkertasche sind. Ich habe einen triftigen Grund, den Aufstieg nach ca. einem Drittel des 4km-Aufstiegs abzubrechen. Abends rauscht durch Kardshali ein mächtiger Sturm, die abgerissenen Wellblechdächer aus meiner Gartensiedlung fliegen durch die Gegend. Beinahe kriege ich von so einem Ding eine neue Frisur.
Heute gönne ich mir einen Ruhetag in der Stadt: Diesen Text schreiben, baklava kosten, den frisch gekauften “Guide to Thracian Bulgaria” zu studieren ...

Mittwoch, April 17, 2019

Über dem Tal der Arda

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Gestern noch ein schöner Abend mit den Rudolstädtern. Ich brauchte diesmal ein Hotel und fand noch oben am Ortseingang einen Hinweis zu einer mechana und Hotel “Belite Kutscha”, das weiße Haus. Eine mechana ist ein folkloristisches Restaurant mit deftiger bulgarischer Küche und rakija. Dieses Programm haben wir mit zünftigen kavarma vom Schwein und vom Huhn und Karnobatsko rakija durchgezogen. Nur die bestellten Bratkartoffeln sind wohl in der Küche unter den Tisch gefallen. Dafür gab es dann am späten Abend auf Kosten des Hausherrn kacamak und parlenka. Das ist in der Pfanne gebratene Polenta und ein Geröstl aus dem Erdapfel. Es war Küchenschluss, es war der Rest, es war kalt - es hat trotzdem geschmeckt.
Straßenverkehr: Die Hirtenhunde sind zahm
Die Berge in den östlichen Rhodopen erreichen nur noch selten die tausend Meter, es geht aber trotzdem ständig knackig hoch&runter. Hier in der Nähe von Ardino gibt es die antike Teufelsbrücke über die Arda. Letztendlich besucht man diese Sehenswürdigkeit nur über eine Stichstraße, deshalb wohl eher nichts für mich. Es muss also vor zwei tausend Jahren tatsächlich Wege in den Flusstälern gegeben haben. Die modernen Straßen heute führen immer über die Berge. Gemütlich das Arda-Tal nach Kardshali hinab pedalieren ist nicht möglich, oft noch nicht mal Wanderpfade und dann laufend Stauseen. Das Gebiet ist mit jeder Menge hydroenergetischen Installationen bestückt. 
Arda mit Stoyanov-Brücke
An der Stoyanov-Brücke wird dem ersten Operateur der Turbinen im unterirdischen Kraftwerk Byali Isvor, Weiße Quelle gedacht.
Die Wolken sind weg, früh komplett blauer Himmel, Detlefs Frontscheibe war vereist. Am Tag über hat die Sonne aber schön meinen ausgekühlten Korpus gewärmt. So möge es bleiben.

Dienstag, April 16, 2019

Über die Rhodopen

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Es waren die erwarteten schweren Tage mit einem Aufstieg auf über 1600 m, dorthin wo noch der Winter zu Hause ist.
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
zog sich in die Rhodopen zurück.
Ich fand in Belitsa einen schönen Platz zum Zelten auf der anderen Seite des Flusses auf dem Spielplatz neben der Hütte der Baba Jaga. Abends bin ich noch in die kleine Kneipe “Caffee aperitif 1 Stern” nach dem bulgarischen Standard der Gastronomie. Niedriger geht’s nicht, aber die Gastfreundschaft kennt keine Sterne in diesem Standard. Ich wählte einen weißen Wein mit einer schweren Note und im Abgang ein wenig Harz, wie beim retsina. Der größte Suffke spendierte mir gleich noch ein zweites Glas. Obwohl der Wirt selbst raucht, in seiner Kneipe verbietet er es stikt, schmeißt auch gleich mal Einen raus.
In Laki zum Frühstück bei einem Stück Torte beschloss ich doch den Aufstieg über die Straße #861. Schon im Ort zogen die Prozente der Steigung an.
Nach einigen Kilometer traf ich auf eine Mine, es gibt also tatsächlich noch Bergbau im Gebiet. Damit erklären sich auch die vielen schweren Dumper die graues Gestein vom Berg herunter bringen. Ich kann an einem Schacht den Aufzug des Erzes und die Beladung der LKW beobachten. 
Interessante Arbeitsschutz-Zeichen sind an diesem Arbeitsplatz angebracht.
Einer der Mineros schenkt mir einen Erzbrocken, der in vielen Farben schillert, einschließlich Gold. Dieser Schacht geht 500m abwärts. Weiter oben dann eine weitere Mine “Rudnik Drushba”. Bis hierher ist es eine normale Straße, dann ein asphaltierter einspuriger Weg. Es soll oben noch ein Dorf Shdranets mit einem Hotel geben. Meine Rettung?
Es ist alles offen im Hotel, bis zur Küche, ein Schild heißt die Gäste “Dober doschli”, herzlich willkommen. Ich mache in den Sesseln der Lounge ein Nickerchen. Dann kommt Einer: “Hotel not working”. “Wo kann man hier zelten?” In ca. 50 Meter einen Feldweg in einem Nebental hinauf gäbe es einen Rastplatz mit Wasser und Feuerstelle. Dort könne ich zelten. Ich gehe zu Fuß hoch und finde einen großartigen Platz zum Zelten mit Kamin, Quelle und großzügiger Hütte mit Sitzplätzen.
Die empfohlene Stelle zum Zelten
Die ganze Zeit kommuniziere ich mit Anne und Detlef aus Rudolstadt, die auch einen Osterausflug in Bulgarien machen. Ich lotse sie zu diesem Platz, etwas herausfordernd die Anfahrt für einen VW Caddy. Es wird ein toller Abend.
Nacht in den Rhodopen
Heute habe ich die letzten 15 km Aufstieg in den Winter absolviert und bin jetzt bis Banite gefahren. Hier wollen wir uns nochmal treffen.

Sonntag, April 14, 2019

Ich kenne meine Grenzen

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In meiner Schutzhütte und dem dicken Schlafsack habe ich die Nacht gut überstanden. Es hat durchgeregnet, ich war im trockenen. Für ein Frühstück einen Abstecher hoch nach Laki gemacht. Das ist eine alte Minenstadt, noch bestehenden Bergbau habe ich nicht beobachten können. Aber der alte Bergmann ist zum Sonntagmorgen immer noch durstig, weiß aber, was sich gehört und trinkt zum Frühschoppen Kaffee und raucht dafür viel. Die Kneipe war voll. 
Hundehütten vor dem Lebensmittelladen
Ich konnte dann in einem Geschäft einen Ring leckere Knackwurst und tatsächlich Schwarzbrot kaufen. Ich bin dann zurück zu den Rauchern und habe mir ein Kamenitsa-Bier bestellt. Es schien ein Signal zu sein, immer mehr Kumpels hatten eine grüne Flasche statt des Espresso vor sich.
Die Straße #8611 im Tal der Belischska reka

Nun sollte der schwierigste Abschnitt der Tour beginnen. Die Straße #8611 das Tal der Belischska reka aufwärts und über Planinsko und Riben dol nach Bezvodno, als Rhodopen-Radweg bei mapy.cz eingezeichnet. Der Fluss führt reichlich Wasser und presst sich durch eine zwei bis drei Meter tiefe Klamm. Ein großartiges Tal mit zwei Sehenswürdigkeiten: Eine Steinbrücke, wo der Fluss durchfließt, und ein respektabler Wasserfall. 
Skalen Most, Steinbrücke
Wasserfall Gjumbertijata
Auch hier finden sich in den Hängen etliche Halden, die auf Bergbaustollen hinweisen. Weiter oben finde ich im Wald einige Villen im Naturschutzgebiet “Karamusch”. 
Point of return
Hier ist dann auch das Campieren verboten. Letztlich erzählt mir Einer am Verbotschild “Putj satvoreno!”, dass der Asphalt noch 5km anhält, der weitere Weg nach Planinsko nur noch Steine sind. Es ist sehr kalt, das Navi zeigt 900 Höhenmeter an. 
Im Naturschutzgebiet Karamusch
Meine Grenze ist erreicht, hier komme ich nicht über die Berge ins Arda-Tal. Ich kehre um. Ich werde nachher an einem der schönen Plätze im Tal beim Dorf Belitsa zelten und morgen zum Aufwärmen ein Hotel aufsuchen und umplanen.