Alle Planungen für dieses Jahr sind aus vielerlei Gründen (nicht nur die Seuche) versickert wie ein umgeschmissenes Bier im Kies eines Schankgartens. Geblieben ist ein 5-tägiger Ausflug nach Bierfranken. Ich habe mich in das
Haus "Jutta" in Gößweinstein in der Fränkischen Schweiz eingemietet. Das soll mein Ausgangspunkt für einige Schleifen durch dieses herrliche Gebiet für Natur und Traditionen sein.
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Raum für Traditionen
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Ich bin ohne Frühstück gegen ¾ 6 Uhr von zuhause weg zum Bahnhof in Saalfeld zur Fahrt mit dem "Franken-Thüringen-Express" nach Bamberg. Da ist es die erste Aufgabe des Tages, eine geeignete Brotzeit zu organisieren. Also raus aus Bamberg und darauf hoffen, dass es in den Dörfern auch einen Markt gibt. Zwischen Pödeldorf und Naisa finde ich einen EDEKA-Markt. Erwartungsgemäß führt er eine Reihe von köstlichen Bieren der lokalen Brauereien … und davon gibt es im Bamberger Land gar viele. Ich wähle zu den zwei Leberkäs-Semmeln das “Räuschla”, ein Bier der Schamelsdorfer Brauerei Knoblach mit 5,4%, und ein Helles der Brauerei Hummel aus Melkendorf. Einen schönen Platz für die Brotzeit finde ich an einer Marien-Kapelle zwischen Litzendorf und Lohndorf im Ellertal. Hier werkelte ein Mann mit Sensen und Heckenscheren, um den Pausenplatz auf Vordermann zu bekommen. Ich komme mit dem Mann ins Gespräch.
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Marianische Sodalität in Litzendorf
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Er ist einer der aktiven Köpfe der
Marianischen Sodaltät in Litzendorf. Das ist eine vor langen Zeiten in Rom gegründete Gemeinschaft von Gefährten, verbunden im Marienglauben. Einige der Gefährten hat es bis ins Bamberger Land nach Litzendorf verschlagen, die dort vor 200 Jahren eine solche Sodaltät gründeten. Diese mildtätige Gemeinschaft spendet regelmäßig zu aktuellen Misslichkeiten wie Oder- und Elbe-Flut, aber auch nach Beirut nach der großen Explosion im Hafen in diesem Jahr. Jedes Jahr kommt ein Pfarrer aus Ghana für einige Wochen als Vertretung für den hauptamtlichen Pfarrer in Litzendorf, der rockt dann die Kirche. Mein Gesprächspartner berichtete darüber sehr leidenschaftlich und beeindruckend. Der Mann hat den Platz für eine große Andacht vorbereitet, die am Sonnabend zu Marien Himmelfahrt stattfinden wird. Solche Andachten mit anschließender Feier (zu Corona-Zeiten im Pfarrhaus) sind der Anlass, wo die Sodalität die Gelder für die Kapelle, für eine im Weltkrieg verloren gegangene Glocke oder für Spenden akquiriert. Aber: Das Engagement erlischt mit den Generationen, die Jugend ist nicht mehr für einen solchen traditionellen und religiösen Gemeinsinn zu begeistern. Schade!
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Leider nicht verkostet
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Ein wesentliches Element der sodalischen Feiern hier im Ellertal ist das Bier. Kein Wunder, jedes Dorf hat mindestens eine Brauerei. Ich versuche alle zu verkosten - in der Brauerei Hölzlein in Lohndorf fand ich leider keinen Kontakt. Aber die vom Sodalen empfohlene Brauerei Reh ließ mich ihr Helles Landbier verkosten - ein kräftig gehopftes Helles.
Jetzt sitze ich im Biergarten der Brauerei Hönig in Tiefenellern und verkoste das ungespundete Lagerbier und das würzige “Posthörnla”, wohl ein Märzen. Dann folgt der Aufstieg auf das Jura-Plateau nach Laibalös und hinab im Leinleiter-Tal. In Oberleinleiter kann ich noch das Bier der Brauerei Ott verkosten, ein helles und ein dunkles Lagerbier. Das Dunkle kriege ich von zwei westdeutschen Studenne-Köpp spendiert. Sie logieren im 5 Kilometer entfernten Huppendorf und sinnieren nun über eine Rückfahrt mit dem Taxi. Na gut, sie hatten einen ganzen Kasten unterm Tisch stehen!
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Das Dunkle der Brauerei Ott aus Oberleinleiter in der Sachsenmühle
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Noch ein letzter steiler Aufstieg nach Gößweinstein hinauf und ich werde im Haus Jutta namentlich begrüßt. Ich beziehe mein kleines Zimmerchen, wo zu Spitzwegs Zeiten der “Einsame Poet” logierte, und schlafe auf der Liege ein. Es ist anstrengend, all die guten Biere im Fränkischen verkosten zu wollen.