Donnerstag, Juni 30, 2011

Besarabien

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Regentag
26.6.11 Regentag in Odessa

27.6.11 Burevestnik
Ich sah Bäume vom Sturm gefällt, doch der Sturmvogel erreicht sein Ziel.
Die haben hier unglaublich viele Fernsehkanäle, ihre eigenen und dann noch die zig russischen dazu. Einen gescheiten Wetterbericht habe ich gestern den ganzen Tag nicht gesehen. Aber heute wird das Thema pagoda, das Wetter wohl im odessitischen Fernsehen eine bedeutende Rolle spielen. Heute morgen war auf der Ausfallstraße nach Süden nur für Radler ein Durchkommen. Ich konnte einen sehr optimistischen LADA-Fahrer beobachten, der sich auf dem löchrigen Gehweg zwischen Mauer und Laternenpfahl durchzwängen wollte. Es fehlten ein paar Zentimeter, hörbar. Und warum die alle große SUV's fahren, ist mir nun auch klar: Die brauchen die Wattiefe wegen der unermesslichen Luschen (Pfütze ist hier völlig fehl am Platz als Vokabel). Der Regen hatte am Montagmorgen aufgehört, der Wind nicht.
Hubbrücke bei Satoka im Sturm
Bei Satoka, einer knapp 100 m breiten und 11 km langen Landzunge, war er wieder stark genug, um armdicke Äste vom Baum zu reißen. Auf der Hubbrücke, wo ich zum 4. und letztenmal den Dnistr überquerte, wollten mich die Böhen von der Straße fegen. Nun folgte der korrekte Weg des Radlers: "Der Wind kommt immer von vorn." Dieser Wind zerstäubt den Regen als Aerosol, da brauchst du keinen Kwas mehr zur Erfrischung. Das erste Hotel hat wegen Stromausfall die Aufnahme verweigert, hier in der Kneipe nutze ich nun das letzte Tageslicht für diesen Bericht und hoffe, mich nimmt noch einer auf.

28.6.11 Burevestnik in Besarabien
Eine Autorally beschlagnahmte alle Hoteplätze in Belgorod. Ich nahm den letzten Rohbau des Orts Richtung Izmail und es war eine gute Wahl. Ein Blech zum Zementmischen über die Mulde, wie zu Hause im Bettchen geformt und ich schlief wie ein Murmeltier bis früh mich ein kleines Hündchen weckte. Der neue Schlafsack hat seine Feuertaufe bestanden.
Burevestniks Labung
Dann begann der Kampf gegen den Wind auf gut 40 km bis Sarate. Unterwegs erläuterte mir eine Kneiperin, deren Großmutter noch deutsch sprach, die heutige Situation der besarabischen Deutschen. Ich muss noch recherchieren, unter welchen Umständen diese Besiedlung erfolgte. Meine derzeitige Theorie: Auch hier musste nach dem Abzug der Türken ein Vakuum gefüllt werden. Ein Zentrum sei wieder Sarate, wo es eine deutsche Kirche gäbe, weder katholisch noch evangelisch. O-Ton der Kneiperin: Nach den Kommunisten entwickelt sich wieder die deutsche Kultur. Ich würde leicht an der Breite der Gehöfteinfahrt erkennen, wo eine deutsche Familie lebe. Ich habe bei meiner halbstündigen Rundfahrt durchs Dorf keine Unterschiede feststellen können. Aber ich hatte auch Hunger, was mich ein wenig ablenkte. Gleichzeitig mit den Deutschen leben hier auch Gagausen, sicher schon seit vor der Osmanenzeit. Und ein Schild heute scheint meine Interpretation der Speisekarte in Kishinjow zu bestätigen: Ein Zentrum der bulgarischen Volkskultur war ausgezeichnet.
Liegengebliebene Reserven
Ich schrieb schon einmal in diesem Blog von der Zeitung der Deutschen in Kasachstan "Freundschaft" aus den 80iger Jahren. Dort belustigte uns die Erfolgsmeldung über die 50% des Getreides, das aus Kasachstan mit der Eisenbahn in der Ukraine angekommen sei. So sieht es wohl noch heute aus. Wenn man die Weizenkörner am Wegesrand zusammen kehren würde, könnte man die Neger eines ganzen Landes in Afrika ernähren.
Ich bin gerade in eine Runde eingeladen worden, wo es einen sehr guten Wodka "Grüne Marke" für mich gab, weshalb ich die Gelegenheit nutze, diese Zeilen zu Computer zu geben, sowas inspiriert mich immer und weckt auch mein Gedächtnis des Tages.
In einer Runde mit Bulgaren
Nun, nach der zweiten, der Abschiedsrunde, muss ich einige Dinge klarstellen. Das Rätsel der Gagausen ist noch nicht geklärt. Die Runde hat sich ganz klar selbst als Bulgaren bezeichnet und sich auf Nachfrage von den Gagausen im Norden distanziert. Das Dorf Sarja ist ein bulgarisches Dorf, mit entsprechendem extra ausgezeichneten Kulturzentrum.
Nun bin ich am Ziel in Tatarbunari und habe auch schon bei einer ganzen Bande von Muttels eingecheckt. Eine führt das Regime und wies eine untergebene Muttel an, mir eine Reihe von Zimmern zu zeigen, wobei sie bereits den Preis auf einen kleinen Zettel mitgab. Ich nahm das Erste, was präsentiert wurde. Als mir auffiel, dass es gar keine Kopfkissen gab, ging ich nochmal runter. Die Bande umringte die Geld zählende Chefin. Mein Wunsch löste einige Belustigung aus, das Zeug sei doch im Schrank und sie seien doch hier keine Stewardessen. Nun, auf den Gedanken bin ich auch garnicht gekommen und für den Preis von knapp 10 Euro auch nicht erwartet. Technisch kann man am Standard nicht meckern, Klimaanlage, ordentliche Dusche und Fernseher. Gute Nacht!

29.6.11 Im Delta
Nach langer Anfahrt erreichte ich Wilikowe an der Mündung der alten Donau ins Schwarze Meer. Das ist hier wie ein Spreewalddorf, durchzogen von Kanälen und Kanälchen. Das sind dann aber eher Kloaken, nun, es riecht aber nicht. Einige Kahnfahrer erkennen den Touristen und bieten ihre Dienste an. Nach meiner Ausrede, ich will mir hier erst alles angucken, ich käme erst in einer Stunde, kontert der Mann korrekt: "Alles? Das kann man nur vom Boot aus sehen!" Ja, so geht es mir auch immer mit meiner sozialistischen Erziehung. Da geht man mit einem unschlagbaren Angebot auf die Leute zu, und wenn es dann eine Absage gibt, ist mann sauer und zieht sich für den Rest des Tages zu den Kumpels und dem Wodka auf das Boot zurück. Ich war aber auf was ganz anders aus als eine stundenlange Kahnfahrt, ich hatte Hunger.
Köchin und Bufeteuse
Nach einer großen Runde kehrte ich zu dem Schild "Domaschnije kuchnje" (hier kocht die Muttel) am Anfang des Dorfes zurück. Es gab keine Speisekarte, sondern die Muttel von der Theke wusste ganz genau, was ich brauchte: Gesunde Kost vom Fisch, eine ucha (Fischsuppe) und als zweiten Gang eine weitere Zubereitungsart, die ich aber nicht verstand. Oft hörte ich schon, eine ucha sind eigentlich die Reste für die Katze. Ich sollte eine halbe Stunde warten, es wird alles frisch zubereitet. Da habe ich mir ein Bier bestellt und Musik auf die Ohren gesetzt.
Und dann kam die ucha: Ein Teller mit drei großen Stücken eines noch größeren Fisches mit Kartoffeln, gekochten Zwiebeln und Möhren, eine Tasse mit Suppe und ein Schälchen Soße. Mit zwitschernder Stimme und vielen, schnellen Worten erklärte mir das Muttel die Zubereitung. Ich bin eigentlich ganz sicher, dass ich das Wesentliche verstanden habe. Das alles wurde in einem Topf aus frischen Zutaten gekocht und dann wieder alles separat aufgetischt. Vom Sud (ein Koch würde wohl Font sagen) wurde ein Teil mit Gewürzen als Soße zum drüber löffeln aufbereitet. Und so habe ich das dann auch genossen, viel Arbeit wegen einiger Gräten, aber köstlich. Dazu gab es noch ein viertes Stück des noch größeren Fisches, ich glaub schon - Wels, an Bratkartoffeln gebraten. Auch dafür hatte ich noch von der guten Soße übrig. Wieder konnte ich meine Zufriedenheit mit einem Foto ausdrücken, wofür extra die Küchenmuttel gerufen wurde. Ich muss sagen, die Thekenmuttel mit der zwitschernden Stimme hat das prima serviert und verkauft. Auch wenn der Gast nicht alles verstanden haben dürfte, hat sie sich ins Zeug gelegt, dass die Küchenleistung deutlich und gewürdigt wird. Was ich dann auch tat, 50 Grieven extra für die Küche. Preis des Menues: 88 Grieven.
Ein pfundiges Exemplar
Heute Nachmittag habe ich noch zwei Schildkrötenseelen gerettet und über den Rest der Straße getragen. Die eine war bestimmt fast ein Pfund schwer. Nun bin ich Kilja, einem recht üblen Flusshafennest, dem der N. Ceaucescu mit seinem Sulina-Arm in den Siebzigern wohl den Schiffsverkehr abgedreht hat.

30.6.11 Besarabische Landpartie
Dieses Kilja zeigt dem Fremden in keiner Weise, wo es lang geht. Die Hauptstraße mit dem Namen Lenins beginnt an seinem Denkmal am Hafen. Dort liegt auch noch ein altes Flusskreuzfahrtschiff aus Boizenburg, das aber seine letzten Jahre an der Kette als Restaurant auch schon hinter sich hat und nun nur noch Schrott ist. Dann gibt es einige Caffees, Kneipen und Märkte, die sich in einem Bereich bei der Kirche häufen, woran man merkt, dass man im Zentrum ist. Alles reich mit Reklameschildern bestückt, die man aber als Radler von der Straße aus wegen der reichen Schatten spendenden Bäume nicht sieht. Die Leninstraße endet dann als Feldweg.
Die reich geschmückten Giebel der Häuser faszinieren
Ich konnte dann einem über die Betonplatten holpernden Kleinbus folgen, der fuhr laut Schild nach Ismail. Nach ein paar Schlenkern war ich dann auf einer Ausfallstraße, asphaltiert zwar, aber mit ein paar mächtigen Löchern. Die führen dazu, dass Autos u.U. auch nicht schneller als ich vorankommen.
Ich landete an einem See, wo ein Mann an einer Brücke was an einem Strick ins Wasser ließ. "Ich arbeite" sagte er nach einer Begrüßung. Er ist Metereologe und misst die Wassertemperatur. Auch weitere Werte werden von ihm hier aufgenommen. Ich war beeindruckt, wieviel Goldzähne er sich von dem Job leisten konnte. Aber er erläuterte mir auch, dass ich nicht auf meinem Wunschweg war. Er schickte mich zwar zur Hauptstraße, aber die kleinen Landstraßen sind hier alle teilweise ordentlich asphaltiert, so dass eine schöne Landpartie herauskam. Kurz vor Ismail konnte ich sogar noch Pelikane in Formation über meine Kneipe ziehen sehen, ca. 20 hoch.
Hier in Ismail versuche ich endlich, mein Zelt zu reparieren. Es macht mich nervös, immer auf ein Hotel angewiesen zu sein.

Sonntag, Juni 26, 2011

In Odessa

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23.6.11 Transnistrien II
Das mit dem Schalke-Fan nach Tiraspol fahren, jetzt wo sie in der Euro-League die aufstrebende Fußballprovinz abtingeln dürfen, muss ich wohl echt verwirklichen. Ich habe nämlich Freunde gefunde, echte Freunde, dorogije druzja. Und das kam so. Ausgangs von Tiraspol gab es noch eine schöne Gartenkneipe mit der liebreizenden Ira. Der folgende Weg bis zur Grenze ist eine fast schnurgerade an sich locker zu pedalierende Straße, verkehrsarm. Aber es ist eben auch ein gar durstiger Anblick so eine von der Sonne verwöhnte Straße bis zum Horizont. Also nutzt der Radler mal eine Abzweigung, deren Hinweisschild anfangs für mich keinen Sinn ergab.
Meine Freunde
Ich landete an einer soldatskaja stolowaja, Mensa für Soldaten. Um die Ecke wies ein ungelenkes Schild auf ein magasin hin. Dort fragte ich nach Kwas und kriegte eine 1,5 l-Flasche, leidlich kalt. Die Geschäftsfrau bereitet gerade ein paar Teller mit blinies, Huhn, diverse Salate u.ä. für eine kleine Feier vor. Mein Nachfragen nach den blinies löste die Aufforderung zum Zugreifen aus. Ein junger Kerl fragte, ob wir zusammen Einen trinken und schwups war ich Teil der Feier. Komischerweise erregte ich besonders die Aufmerksamkeit der Mädels und Frauen.
Es wurde ein schönes Fest. Auf meine Frage "Was ist der Grund der Feier?" antwortete Taras, der Mann meiner liebsten Freundin aus der Runde: "Jest djengie, es gab Geld." Der Wein der mächtigsten Mutter hat mir heute vormittag auf dem Weg nach Odesa den Durst gelöscht und die Birne weich gemacht. Nun gilt es den guten Freunden die Bilder zu bringen, auf geht's Schalke.
PS zu den transnistrischen Grenzern: Sie wurden ihrem Ruf noch gerecht. Nachdem mein Pass am beeindruckenden Grenzübergang in Perwomaiskje durch viele Hände mit angemessener Wartezeit gegangen ist, wurde ich in eine Ecke gewiesen, der Chef hätte mir noch was zusagen. Der kam, wies mir einen Platz auf einem lehnenlosen Bürostuhl an, zeigte auf seinen Kollegen und fragte, ob ich denn nicht ein podarok, ein Geschenk für den Chef hätte. Die Schulterstücken der Beiden machten nicht viel her, deshalb bot ich ihnen vom guten transnistrischen Wein an. Da gaben sie mir meinen Pass und wünschten guten Weg. An der ukrainischen Grenze wurde ich dann von einem Typen, der in Großenhain geboren ist, durchgewunken. Da stand die Sonne schon sehr tief.

24.6.11 Ziel erreicht: Odessa
Es ist zwar friday night und die bekannte vom Laptop playbackte Lifemusik läuft schon. Hier in einer Karpatenkoliba ist es ein singendes Paar. Für mich wird es aber nicht lange gehen, ich bin müde.
Meine Bofe letzte Nacht war etwas missglückt. Beim Zelt aufbauen knackte ein Teil des Gestänges wie Glas, aber der Art, dass es selbst mit einer Rep-Hülse nicht zu richten ist. Wegen der Mücken habe ich mich trotzdem ins Zelt gelegt, wie in einen Schlafsack. Nach zwei guten Schlafsessions bin ich dann im frühesten Morgengrauen auf die Piste gegangen, meiner Lichtanlage sei dank.
Eingang Odessa
Erst in Odessa wurde es dann mit dem Verkehr eng. Die fahren hier noch nach Faustrecht, mit viel Hupe. Aber einige kleine Scharmützel habe ich mir gegönnt. Nach einem großartigen Mittagessen in einem Keller musste ich mir nun mein Hotel suchen. Ich habe via HRS in Orhei aus einem Internetcafé heraus bereits gebucht. Mit einheimischer Hilfe finde ich eine Stelle, wo es einen gescheiten Stadtplan zu kaufen gibt. Mit dessen Hife die Gegend, doch das Gebäude trotz benannter Hausnummer zu finden, eine Katastrophe. Erster Versuch: Ich lande in einer gated area. Zweiter Versuch: Ich lande in einer Schönheitsklinik. Die gucken tatsächlich in ihrer Lobby, ob ich eine Reservierung habe. Die hinzugerufene Chefin (oh Mann, sieht die teuer aus, aber nett und freundlich) kann mir dann wirklich helfen und zeigt mir das Gebäude. Ich kann meine komplette Dreckwäsche hier im Hotel zum Waschen abgeben, damit sind die Aufgaben des Tages gelöst. Ich erkunde nun nur noch die nähere Umgebung im Süden Odessas, weit zum Strand ist es nicht.
Friday Night in Odessa: Das sind auch solche Sternchen am Nachbartisch. Mein T-Shirt ist unten rum länger und oben rum viel höher geschlossen als deren himmelblaues Kleidchen.

Denkmal "Den Gründern von Odessa"
25.6.11 Die Gründung der Katerina
Wenn ich alles gestern Abend im Fernsehen verstanden habe, hat ein wissenschaftlich aussehender Talkgast bestritten, dass es eine eigene odessitische Sprache gebe. Aber diese Stadt unterscheidet sich dann doch von den anderen zugegeben wenigen Orten, die ich in der Ukraine kennenlernen durfte. Heute Morgen gegen 8 Uhr: Beachtlich viele Leute sind auf dem Radweg oberhalb der Küste unterwegs. Allen Alters und derer unterschiedlichen sportlichen Betätigungen: Eine mittelalterliche Gruppe macht Yoga, an diversen Sportwiesen üben Einzelkämpfer am Reck und Barren, praktisch alle Radler überhohlen mich und an den Anstiegen sogar die zahlreichen Jogger. Die Stadt ist von schönen Menschen bevölkert. Ich begründe hier mal eine These: Rio und eben auch Odessa zeigen, dass in Städten mit Stränden die Körperkultur, ja der Körperkult blüht.
Mein Quartier liegt tief im Süden, es sind ca. 7 km bis zur berühmten Treppe, dem Hafen und dem Zentrum. Es ist angenehm gelassen in den schattigen Straßen. Ich finde einen Friseur und tue etwas für meinen Körper. Alle Haare rund um den Kopf ordentlich getrimmt kostet umgerechnet 5 Euro. Dann bin ich durch Stadt und deren Hinterhöfe geturnt.
Bierschule
Zum Beispiel fand ich eine Schule des Bieres, dort konnte ich ein Honigbier kosten. Ich lernte in dieser Schule nicht dessen Alkoholgehalt, aber ich kann mir dieses Getränk auch unterwegs als interessante Durstlöscheralternative zum Kwas vorstellen. Nun gönne ich mir gerade meinen Zielwein, einen 2009er Zinandali. Dass das nicht umkreist von Lämmergeiern in Dartlo, sondern im "Kängeruh" bei Diskomusik geschieht, passt scho'. Ich konnte mir nämlich heute eine sehr ordentliche Karte vom obl. Odessa kaufen (1:150.000), wo der weitere Weg ins Donaudelta gut auf Nebenstraßen vorgezeichnet ist. Aber morgen werde ich nochmal durch Odessa cruisen. Vielleicht auch mal baden?
Ein Bild muss ich jetzt noch ausbreiten: Es regnet wie'd Sau im Kängeruh, einem Gartenrestaurant mit vielen Plätzen in Pavillons und Zelten. Die Musik ist laut und romatisch. Mir gegenüber tanzt ein Paar in seinem Zelt. Ich habe gespeist und brauche nur noch ein Mintblättchen.
Viele Grüße von unterwegs
Eberhard Elsner

Donnerstag, Juni 23, 2011

Neue Länder abgehakt

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Pedalieren über ruhige breite Straßen
20.6.11 Pedalieren
Der Morgen zeigte sich wieder von der besten Seite, glockenklares Himmelsblau garniert mit ein paar Fotowolken. Die Strecke, ohne den freundlichen Moldawiern nahe zu treten, und wohl auch das ganze Land bieten keine wirklichen Sehenswürdigkeiten. Es ist ein großer fruchtbarer Garten, hügelig. Die Dörfer liegen alle an einem Südhang eines der kleinen Tälchen. Meist ist ein Stausee dabei, damit die fruchtbare Erde stets bewässert werden kann. So kann man auf der verkehsarmen Hauptstraße mit drei Fahrstreifen locker pedalieren. Ich hätte viel mehr LKW-Verkehr erwartet, schließlich ist das die einzigste Verbindung in den Norden. In Balti hat mich wieder starker Regen in ein Hotel getrieben, danke.

Typische Raststätte an der Straße
21.6.11 Sich einen raufhohlen
Einen Eimer frisches Brunnenwasser ist die Essenz einer jeden Raststätte, auch in the middle of nowhere. Der Grundwasserspiegel ist nur ein paar Meter unten. Das macht zusammen mit der Schwarzerde die Fruchtbarkeit von Moldova aus. Und da es keine weiteren Sehenswürdigkeiten gibt, wird eben der Geschmackssinn angesprochen, der bekanntlich bei mir ein große Bedeutung hat. Es gibt diverse Weine. Doch wo ich an der Straße gekostet habe, waren die entsprechend dem russischen Geschmack mir zu süß. Das Obst, besonders die Kirschen, sind Spitze und eine Labung bei der heutigen Etappe nach Orhei. Denn es sticht bei leichter Brise der Planet. An der Straße gibt es einige richtige Gasthäuser, jedes Dritte hat aber meist schon den Geschäftsbetrieb eingestellt. Dort kochen die Matkas mit lustigen Kopftüchern noch richtige Hausmannskost. Bei mir gab es heute ciorba de vacute (Rindfleichsuppe) und Kiftel... moldovanesc (Fleichbällchen mit Kartoffelbrei), großartig. Und ... wichtig wegen des Dursts, es gibt auch Kwas. Zum Mittag heute sogar mal aus der Flasche.

Luxusrad und Luxusmobile vor dem "Gük Oguz"
22.6.11 Die Hauptstadt
Sobald ich in die Nähe der Hauptstadt komme, werden die wirklich gastlichen Stätten des Landes immer mondäner. Nach einigen Kaffees zum Frühstück bin ich nun in der Hauptstadt Chisinau (former Kishinjow, wie ich es bei Herrn Dr. Bruno Weese, der wohl aus der Gegend hier stammte, lernte). Und gleich, noch in der Vorstadtzone der Autowerkstätten und Baumärkte, bemerkte ich das "Gük oguz", das gagausische Küche versprach. Die Gagausen haben hier im Süden von Moldova ihre eigene autonome Republik (damit meine ich nicht Transnistrien, das sind die Russen). Nach dem Studium der Speisekarte sind die Gagausen eine Art Bulgaren mit türkischem Einschlag, das ist aber noch zu recherchieren und die Ergebnisse findet ihr in einem Kommentar unten. Vor der Tür alles große und edle Karossen, weswegen ich mich als Radler über die Aufmerksamkeit des Chefs des Hauses besonders geehrt fühlte. Und es gab auch was Feines:
Der Maitre
Für den Durst ein Tuborg (keine Bange Gert, aus der Ukraine). Als Vorspeise ein Tarator, der Bulgarienkenner genießt es kalt. Intermezzo: Salat, schön mit Dill in der Vinaigrette. Dann ist mein Bier ausgetrunken. Da ich eine Grillspezialität vom Huhn erwarte, bringt mir der Chef einen wohltemperierten Traminer. Das Filet vom Huhn als Roulade gegrillt, wird in einer Sauce mit guter Peperoni-Note getunkt, genossen. Den Abschluss bildet ein türkischer Kaffee mit einer Punschkugel. Das Foto vom Maitre dokumentiert meine vollständige Begeisterung.
Nun bin ich knapp 20 km von Transnistrien entfernt. Ein Kneiper hat mich schon vor dem sprichwörtlich einnehmenden Wesen der transnistrischen Pseudozöllner gewarnt. Aber davon morgen.
Ich schrieb schon einmal, dass die Routenführung immer sehr zwiespältig ist. Zum einen die Infrastruktur, es gibt nicht viele akzeptable Nebenstraßen und dort ist die Versorgung des ewig durstigen Radlers nicht optimal. Denn vom Brunnenwasser können ausschließlich die "lebensbejahenden Asketen" des Waldsassener Zisternsienserorden leben. Auf den Hauptstraßen sieht das schon erheblich besser aus. Doch dort plagen den lebensbejahenden Radler zum einen die lahmen alten SIL, i.d.R. überladen und die Marschrutki, diese an sich soziale Art eines Nahverkehrs. All diese Worte sind nun nur Einleitung für eine Portion Kapitalismuskritik.
Vor ein paar Stunden in Chisinau habe ich in meinem Gesichtskreis bestimmt 100 Mercedes Benz Sprinterbusse als Marschrutki taksi sehen können. Diese Dinger sind für den Radler unberechenbar, immer auf der Jagd nach zahlenden Kunden überholen die dich, um in 3 Metern wegen einer Oma vor dir wieder einzuscheren. Nun, das ist deren Existenz, aber was sich allein da für ein Markt 1990 auftat. Ich schätze, in Chisinau laufen 5000 von den Dingern. Der deutsche Produktivitätsüberschuss macht mir hier auf eine so besondere Art das Leben schwer. Es ist leicht in Deutschland über die Schulden an der Peripherie herzuziehen, wenn man es nicht schafft einen eigenen ausgewogenen Binnenmarkt zu etablieren. Offensichtlich wird der Sprinter hier erschwinglich gemacht. Wie? Mit Krediten.

In Tiraspol
23.6.11 Beim Köstritzer in Tiraspol
Heute morgen das Einreisezeremonium in das Land Transnistrien hinter mich gebracht. Es wird hier eine vergleichbare Bürokratie entwickelt, wie letztes Jahr beim Übergang in Kroczienko. Nur hier sitzt eine niedliche Tanja am Schalter und ich gebe mir von Anfang an Mühe beim Ausfüllen der immigration card. So klappt der Eintritt in den Staat, den ich in einem Tag durchradeln will, problemlos.
Am Eingang von Tiraspol lässt der Chef der Firma "Sheriff" (Geschäfte aller Art vom Supermarkt bis zum Autohaus, "Mercedes Benz"-Generalvertretung) einen Fußballkomplex hochziehen. Ich bekomme ein Führung: 43.000 Leute Arena, dazu ein zweites Stadion, eine Fußballhalle, Akademie für Kids von 7 bis 17, ein 50m-Schwimmstadion und ein 5-Sterne-Hotel, 18 Trainingsplätze. Dazu wird noch ein Aquapark kommen. Hier wird geklotzt. Mein Guide spricht vom Ziel Championsleague, wenn ich an Uriczani denke, werden sie es sicher auch mal haben. Jetzt die Meisterschaft haben sie aber vergeigt. So hat eben jeder seinen Dietmar Hopp.
"Café Eilenburg
Nun sitze ich im "Café Eilenburg" beim Koestritzer Schwarzbier. Das ist im Zentrum, direkt neben den Regierungsgebäuden, wo sich der aktuelle russische Praesident mit dem Hiesigen handschüttelt. Wenigstens Einer der Anerkennung zeugt, aber auch ich werde die fußballerische Entwicklung des FC Sheriff Tiraspol aufmerksam verfolgen und, wenn je Schalke hier mal spielt, mit dem Themarer herfahren. Auf Herrn Schneeloch werde ich gleich noch ein Warsteiner trinken. Die Biere kommen hier mit Gläsern aus dem Tiefkühlfach, bereift. Hinter mir versucht gerade ein deutscher User seine Internetbekanntschaft von der Flirtplattform in echt zu bezircen. Sie ist eine wirklich adrette Enddreißigerin, er der Prototyp (was ich so höre) des deuuuutschen Touristen. Hätte nicht geglaubt, daß es sowas in echt gibt, real comedy.

Dienstag, Juni 21, 2011

Nicht mehr weit bis Odesa

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Melde mich aus Orhei in Moldawien. Es sind wohl nur noch drei Tage bis nach Odesa. Ich habe mich zu einer Reiseänderung schweren Herzens entschlossen, der Zenit meines Lebens ist nicht der Abano-Pass, ich traue mich nicht nach Georgien, die Hitze hier genügt völlig. Ich werde nach Babadag fahren, der Ort - und Gert weiß, wovon ich rede - der solche Reisen inspiriert und verkörpert. Weiter geht es durch Rumänien, lasst Euch überraschen.

Gruß EbsEls
von unterwegs

Montag, Juni 20, 2011

In Moldova

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Kurzer Gruß aus Edinet in Nordmoldawien. Leider können die hier im Internetcafé nicht meine SD-Karte einlesen. Dort sind die vorbereiteten Tagebücher drauf. Also nur schnell eingetippt die Fakten:
Fruchtbare Moldau
Gut über die Karpaten gekommen und die spektakuläre Stadt Kamanets-Podhylsk besucht, einmalig. Die Altstadt wird komplett von einem durchschnittlich 40 m tiefen Canon umschlossen, wie ein Omega. Die Strecke bis zur Omega-Stadt war geprägt von großer Hitze, bis gestern ein mächtiger Regen mit Gewitter niederkam. Nun ist wieder alles gut, blauer Himmel und leichte Brise.

Gruss aus Edinet Eberhard Elsner

Sonntag, Juni 19, 2011

Slava Kwas - Hoch lebe der Kwas

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Meine Boten für die pomana
14.6.11 Waldkarpaten pur
Heute war ja wieder Arbeitstag, aber als ich früh um halb Sieben los bin, schlief Rachiv noch. Wenig Verkehr, also auch kein Frühstück. Das gab es in Form von Kaffee und Waffeln erst nach mehr als zwanzig Kilometern. In Jasinja konnte ich mir auch wieder den Allerhöchsten Beistand erkaufen. Drei Ehrwürdige in schwarz, blau und grün waren sehr interessiert an der Tour und freuten sich auch wegen meines Wunsches nach einer pomana. Sie wiesen eine dicke, mächtige Laienschwester an, den Wunsch nach guter Reise an den Hl. Iwan zu notieren.
perewal Jablunitsa
Den Tartarenpass (perwal Jablunitsa) hat der Huzulen-Kommerz fest im Griff. Aber nicht die Küche: Der Bortsch war nur Kraut und Wasser.
In Tatariv bin ich dann links weg nach Vorochta. Hier befindet sich seit 1933 das Skisprungzentrum der Ukraine. Nach einem endlich mal guten Essen im "Alt-Vorochta" zeigten sich erste Verschleißerscheinungen. Die jungen Kellner haben ganz verdutzt geguckt, als ich wegen eines Krampfs im Oberschenkel kaum die Treppe hoch gekommen bin, aber nach ein paar Verrenkungen aufs Rad kam und den Hügel hinauf stampfte.
Der folgende Weg führte auf ca. 1000 plus x Meter. Die Abfahrt hinunter nach Verkhovyna die pure Belohnung. Was ich jetzt noch schaffe ist wieder über Plan.
Hier knallt gerade der zweite Schampanskoje-Korken. Einer aus der Runde bläst sehr ordentlich die Hirtenfloete, aber viele Melodien scheint er nicht zu kennen.

Raue Wege
15.6.11 Staub fressen
Schon gestern, aber so richtig heute konnte ich mein Rad und mich auf die kaukasischen Straßenverhältnisse einstimmen. Die Überschwemmungen in den letzten Jahren hier in den Karpaten waren verheerend für die Straßen. Viele nur notdürftig rauh und staubig ausgebessert. Wenn dann ein Auto vor Einem ist, sieht man manchmal in der Staubwolke den Gegenverkehr nicht.
Ich bin dann noch in Ust-Potyla auf die Idee gekommen, bei Ruska im Tal der Suceava nach Rumänien zu machen. Ich war fast oben, doch in Ploska mehrten sich die Stimmen, dass der Grenzübergang nicht für Ausländer möglich sei.
In dieser Kneipe wurde ich von der Notwendigkeit der Umkehr überzeugt
Unterwegs besuchte ich das Dorfmuseumn, welches Jan Kubilizi in Sergii gewidmet ist. Es gab aber auch noch einige Exponate von der heldenmütigen Schlacht um den Kessel von Kolymija 1944 und den Produkten "unseres" (O-Ton der Museumsmuttel) Holzkombinats.
Ja, es galt umzukehren und die Karpaten zu verlassen. Ich bin jetzt ca. 25 km vor Tschernowitz, entweder bofen oder es findet sich vor der Stadt ein Hotel. Vom Sonnenstand abgeleitet kann ich noch eine Stunde fahren und es rollert hier schön.

Gruß an alle ehemaligen Einwohner der Bukowina
16.6.11 Auf und ab, das schlaucht
Ja, ich bin raus aus den Karpaten, aber diese Hügel sind hart. Es war letzte Nacht doch eine Bofe geworden. Bis Tschernowzi waren es tatsächlich noch 50km.
Es ist nun ein sehr durstiges Wetter, aber Bier wäre sehr fatal. Ich bin auf Kwas umgestiegen. Man kriegt es hier schön kalt aus dem Nachbarhahn vom Bier gezapft. Es ist ja auch ein gegorenes Getränk (praktisch Brot), aber eine alkoholische Wirkung zeigte sich bei mir nicht. Vom Aussehen und Geschmack muss man es sich wie eine in Sprite aufgelöste Lakritzstange vorstellen. Trotzdem erfrischend und den Durst löschend.
Kwas-Verkäufer in Tschernowitz
Tschernowitz lag für mich überraschend auf einem Berg, ich schob mein Radl auf Kopfsteinpflaster hoch ins zentr goroda. Angesichts eines 600 Jahrjubiläums heißt man alle Völkerschaften mit dem Schriftzug "meine Heimatstadt" in deren Sprachen willkommen.
Die Wegweiser ausgangs Tschernowitz haben mich auf eine Hauptstraße geführt, wo ich die Annehmlichkeiten der Logistik Wert schätze und die LKWs ignoriere. Auf der Weiterfahrt wurde die Sache erheblich ernster. An den Steigungen waren einige LKW nur wenig schneller als ich, die anderen wollten den Klump überholen, da musste ich öfter nachgeben und den Asphalt verlassen. Die alten Ladas mit Veteranen der Schlacht von Kolymeja am Steuer lahmten auch, wichen aber nie vom äußersten rechten Fahrbahnrand ab, den eigentlich ich befuhr. Das alles bergauf. Bei allen Abfahrten hatte ich Glück, ich hielt die 60kmh mit, so dass die Lücken im Verkehrsstrom mir freie Fahrt ließen. Nun nochmal zurueck zur Logistik an den Hauptstraßen. Der beschriebene Kampf macht Durst, oben hatte eine Muttl immer einen wohl temperierten Kwasausschank, was'n Glück. Einmal holte mich ein mächtiger Hirte in seine Runde, er war selbst Soldat in "Lutherstadt Wittenberg" wie er es exakt nannte. Er akzeptierte den Kwas, nachdem ich zur Sonne zeigte. Er zeigte stolz sein Garde-Tatoo, heute steuert er LKW von Polen bis Kasachstan und zu den Türken. Ich kam an meine Grenzen als ich Khotyn erreichte und bin ins Hotel "Fortezza". Diese Festung werde ich morgen besuchen, hier als eine der sieben Kunstwerke der Ukraine ausgeschildert.

Die Festung Stefan des Großen in Chotyn
17.6.11 Festungen
Heute morgen blieb ich in meiner Horntzsche etwas länger liegen, um die Festung Khotyn besuchen zu können. Aber es war noch geschlossen, nur einige Tinneffhändler bauten ihre Stände auf. Dann eben ein Frühstückskaffee suchen. Das ist morgens nicht trivial. Es soll ja auch was Vernünftiges sein. Aber egal welches Niveau, es liegen immer an der Ausschank/Kassierstelle diese Trockenfische rum. Gestern habe ich zwei junge Kerle solchen Fisch kaufen sehen, im ersten Moment dachte ich es sei die Hygieneinspektion. Die Jungs waren doch auch so proper gekleidet. Sie haben sich das schon lange sehr tote Vieh ganz genau angeguckt. Erst als bezahlt wurde, war mir klar, dass hier ein korrektes Geschäft abgewickelt wurde.
Im Verließ ist viel Platz
Nun habe ich zwischen zwei Kwas die Burg besucht, großartig und noch viel Potenzial, was noch touristisch gehoben werden kann. Ich bin ins Verließ abgestiegen, wo mal ein nobles Restaurant entstehen könnte. Tageslicht durch die winzigen Oberlichter und Fackeln, dann ein Ritteressen. Hier ist viel Geschichte aufeinander gestoßen: Polen, Litauer, Tartaren, Rumänen und nicht vergessen die Türken, die aber, so scheint es, hier vor Khotyn was auf den Turban gekriegt haben. Ein großes Schlachtengemälde zeigt dies. Hier muss ich mal ein wenig recherchieren.
Die Omega-Stadt
Nun bin ich in einer der spektakulärsten Städte, die ich bisher kennenlernen durfte. Von einem ca. 50 m tiefen Canon 359 Grad umschlossen, das letzte Grad wird durch eine Brücke gehalten. Dieser Zugang wird durch eine Festung geschützt. Ich habe mich hier nun für einen Ruhetag in ein ordentliches kleines Hotel eingemietet.


Der Smotrych-Kanon
18.6.11 Der Ruhetag
Heute habe ich nun diese spektakuläre Omegastadt Kamenets Podhylsk erkundet. Die Altstadt teilt sich in drei Gebiete auf, den polnischen Teil, den ukrainischen (ruthenischen) und den armenischen Teil. Vom armenischen Teil wäre mir nichts aufgefallen, wenn der Straßenname nicht darauf hingewiesen hätte. Sie kamen von der Krim, die Zahl war wohl nicht so groß, aber wirtschaftlich stark.
Der Kushnirska Turm
Der polnische Teil ist noch heute der repraesentativste. Hier stecken die Polen wohl auch viel Geld in die Restauration. Hier hat heute wieder ein kath.-polnischer Bischoff seinen Sitz. In der Kirche (übrigens die Einzigste, wo man nicht in kurzen Hosen rein darf - Schild) war heute eine der vielen Hochzeiten. Ich habe dann an der Burg sieben Paare bei ihrem Schaulaufen im Brautkleid beobachten können, umschwärmt von jeweils einem Fotografen und einem Videooperateur. Das war alles zu Fuß.
Die Festung
Jetzt hake ich die Stellen ab, wo sich beim Spaziergang die Motivklingel meldete. Die Sonne macht's aber nicht so, wie von mir erhofft. Dann eben noch eine kleine Portion Banusch mit Speck und Bryndza. Das war aber nur eine Art Mamaliga. Mamaliga ist fast immer hier auf der Karte. Sogar auf der Burg gab es auf Wahl Mamaliga. Mir sagten aber die gebratenen Kartoschka-Spalten mehr zu. Der Brater war ein freundlicher Mann, er ließ mich noch die vierte Möglichkeit kosten, ein würzig schmackhaftes Kascha.
Diese erstaunliche Stadt ist aber keineswegs ausschließlich meine Entdeckung aus deutscher Sicht, is' ja klar. Da waren eine deutsche Radlergruppe nach der Art von KaLeus "Rad und Wandern". Die ließen sich gerade von einem Polen durch die Stadt führen. Einer hatte an den Knien eine stramme Schürfwunde ca. 3 Tage alt. Es ist nicht einfach, das Gruppenradeln. Das ist hier der größte Nationalpark der Ukraine, es gibt einen Wanderweg ringsum. Zwei deutsche Kraxenschlepper sind auf diesem Weg unterwegs. Jetzt sitze ich einer Gruppe businesmen gegenüber, eine Art Bruno Weese dolmetscht.

Der Fährmann
19 6.11 Eine pomana hilft auch in Moldavien
Heute waren die beiden Heiligen Sv. Ivan und Sv. Wassili bei mir. Ich hatte ja schon gestern Pech wegen der milchigen untergehenden Sonne. Sowas ist ja immer in unseren Breiten ein Zeichen für das Aufziehen einer Warmfront. Es ging aber alles gut los, mit Hilfe eines Tankstellenkollektivs und deren Kunden wurde mir der Weg nach Ustja aufgezeigt. Hier wird mit Wegkennzeichnungen insbesondere in den Städten sehr sparsam umgegeangen. Mit einer Fähre aus Schubeinheit und angeschweißtem Pionierponton aus den Zeiten des  Übersetzens über die Oder '45 ging es dann über den Dnistr.
Ich habe mich entschlossen durch Moldawien zu fahren, ist kürzer und ein neues Land wird abgehakt.
In Moldawien - Der Weg ist klar vorgegeben
Mit der Einfahrt nach Briceni hatte mich das Mistwetter eingeholt. Es funktioniert anfangs kein ATM mit der neuen Maestro-Karte. Ich war schon am Weiterfahren und Zeltplatzsuche raus aus dem eher bescheidenen Ort, als mich die zwei Heiligen zurück auf den rechten Weg führten. Ich kehrte um, konnte mich für einen ersten schweren Regenschauer unterstellen und traf dann auf die Engel der Heiligen als Blumenfrauen. Sie zeigten Anteilnahme und den Weg zum Hotel. Am Wege lag dann auch noch ein moderner Bankautomat, der mir die moldawischen Lei ausspuckte. Die sehen nicht so toll aus wie die rumänischen, eher so wie Rubel. Sofort nach dem Einchecken brachen drei Stunden Gewitter und Regen los. Jetzt zeigten sich sogar für einige Minuten einige Strahlen der untergehenden Sonne, es ist kurz vor 21 Uhr. Ich sitze zum zweiten Mal geduscht auf der Hotelterasse beim Bier. Runterherum bei den jungen Leuten wird noch ausschließlich ukrainisch gesprochen.

Montag, Juni 13, 2011

Reise zum Mittelpunkt Europas

2 Kommentare
Geschafft - den ersten Pass
9.6.11 Erster Tag
Die Anreise nach Kosice im Liegewagen aus Cheb habe ich verschlafen. Erst früh gegen 6 Uhr in Cadca aufgewacht, das ist die erste Station in der Slowakei. Meine Liegenachbarin aus Kraslice war unterwegs nach Poprad, will dann weiter nach Polen bei den Pieniny. Sie besucht ihre Maminka, oh, ich habe sie älter als ich geschätzt. Sie gehörte zu dem großen Nachzug in die verlassenen deutschen Häuser nach dem Krieg.
Bewusst habe ich einen alten bekannten Weg nach Ubla zur ukrainischen Grenze gewählt, zum Einrollern. Ich bin Hornad aufwärts gefahren bis Kysak. In einem Bogen durch etliche Zigeunerdörfer nach Herlany (Eruption des Geysirs ist erst morgen). Jetzt sitze ich beim Bier in Banske nach dem Pass über die Slanske vrchy - 660m nur, aber für den ersten Tag ordentlich. Es soll nur noch zum Nepumuk, dem Brückenheiligen an der Ondava gehen, bei der Burg Cicava, Loth,' Detlef und Andraschek wissen, was ich meine.

Um die Preise zu bewundern - auf's Bild clicken
10.6.11 In der Ukraine eingetroffen
Der Plan von gestern ist erfüllt. Von Nepomuk beschützt einen tiefen Schlaf gehabt. In der Slowakei ist alles sauber und geregelt, praktisch geht keiner mehr für Euro was essen, ich fand keine Speisegaststätte bis zur Grenze. In Ubla gibt es aber die Pension Milka, dort wird für die Grenzer Essen ala carte vorgehalten. Dreisprachige Speisekarte, falls mal EU-Inspektoren oder der Tourist EbsEls kommt. Die Preise waren mir ein Foto wert.
Werbung für zwei Länder
Der Grenzübergang war unkompliziert, mit großer Bewunderung wurde das Reiseziel Odessa zur Kenntnis genommen. Aber Geld gab es keines an der Wechselstube. Die Begründung des Madlotschka mit Handy am Ohr verstand ich nicht. Der Spruch "Es fügt sich" zeigte seine Wahrheit im nächsten größeren Ort Petschina, ein Schild wies mir den Bankomaten der Privatbank. Nachdem ich überall am Automaten mal gerüttelt habe (es könnte ja was von gierigen Geldfängern was angebaut sein), zog ich mir meine ersten Grieven (Hryvna). Nun teste ich die Echtheit der Noten in Tur i Remeti. Hier hängen beide Flaggen aus: Die ukrainische und die slowakische. Es ist Sonnabend, da kreuzen hier schon Einige ziemlich gewagt die Straße. Einer zog lässig während eines Querschlags mal schnell seinen Schwengel aus der Hose, um mitten auf die Hauptstraße zu pullern. Meine Nachbarn am Tisch prosteten mir gerade mit Klaren im Glas zu, um dann gleich ins Auto zu springen und loszublasen. Aber nur keine Bange, das sind Ausnahmen. Der Karpatenukrainer an sich nimmt zum Glas Bier am Wochenende seine Kinder mit.

Hier brannten meine drei Kerzen für den Hl. Wassili
11.6.11 Auf gesegnetem Weg
Eine schöne Bofe, aber früh mit Regen. Doch nach dem Pass zum nächsten Rayon stellte sich in der Frühstückskneipe heraus, dass es erst 7 Uhr ist. Gegenüber war eine geschmückte Kirche. Ein Gast erzählte etwas von einem Feiertag von drei Heiligen und erbot sich, mir die Kirche zu zeigen. So konnte ich mir erste Rückendeckung vom Hl. Wassili sichern, indem ich drei Kerzen spendete. Am Ausgang der Kirche ging es dann um irdischen Lohn. Der Typ machte eine unnachahmliche Geste, in dem er mit dem Finger an die Gurgel schnippste, es entstand ein unheimlich hohles Geräusch. Mir war klar, er hatte Durst. Wir kippten zusammen ein Glas.
Jetzt in Svaliava nahm ich mein zweites Frühstück gegenüber einem weiteren schmucken Kirchlein ein. Da strebten jede Menge Ömchen im Sonntagstaat dieser heiligen Stätte zu. Eine unterschied sich erheblich vom Alter her von der Gruppe. Die schlug auch nur drei Kreuze über ihr Gott und den Irdischen äußerst wohlgefälliges Dekolleté und ging ihrer Wege.
Reformierte Kirche in Chust
Mein gewählter Weg führte über zwei lockere Pässe. Die machten schon Fresslust, nur leider ist heute auch othodoxes Pfingsten und der Ukrainer an sich lässt sich zu Hause bekochen oder es reicht, was er trinkt. In Lipza war ein Volksfest mit Estrade und Rummel. Da hatten Einige einen halblitrigen Flachmann mit klarem Wässerchen in der Hand. Die Auswahl an Wodka ist aber auch beachtlich, der Eigenbrand wie im nur wenige Kilometer entfernten Rumänien scheint hier keine Tradition zu haben. Jetzt habe ich in Chust die Theiß erreicht, ich suche mir jetzt eine Bofstelle und gut ist es.

Spannbrücke über die Theiß
12.6.11 Am Mittelpunkt Europas
Gert weiß, wovon ich rede, am Mittelpunkt Europas und drum herum muss man auf seine Schritte achten. Die Brücken sind wacklig und die Hotelduschen glatt. Es gehören seemännisch elastische Knie, um das Schwanken auszugleichen. Ich wollte so eine reichlich 50m lange Spannseilbrücke über die Theiß mit dem Rad überqueren, ich bin fast vom Rad und in die Fangnetze gefallen.

Eine Mitte Europas
Die k.u.k beamteten Vermesser ermittelten den Mittelpunkt Europas weitsichtig bezüglich der touristischen Bedeutung genau an der Hauptstraße. Und die Genossen der C.C.C.P. bestätigten das mit einer weiteren Tafel. So lohnen sich Buden für den Verkauf von Tinnef aller Art. Die Kunden kommen gut ran, so fügte es sich zur Sicherung etlicher Existenzen. Ein Op' bot mir ein Rasiermesser aus Stalingrad an. Als ich nicht drauf einging, hatte er noch eins aus Solingen. Die Etuis machten wirklich was her.
Nun habe ich das Duschen im Hotel Evropa in Rachiv ohne Missgeschicke überstanden. Leider hat es keinen Zweck zu waschen, die Klamotten werden bis zum Morgen bestimmt nicht trocken. Das ist für die folgenden drei-vier Tagen eine wichtige Aufgabe. Morgen steht der Tartarenpass, knapp 1000m an. Haltet zu mir.
Viele Grüße von unterwegs
Eberhard Elsner