Regentag |
27.6.11 Burevestnik
Ich sah Bäume vom Sturm gefällt, doch der Sturmvogel erreicht sein Ziel.
Die haben hier unglaublich viele Fernsehkanäle, ihre eigenen und dann noch die zig russischen dazu. Einen gescheiten Wetterbericht habe ich gestern den ganzen Tag nicht gesehen. Aber heute wird das Thema pagoda, das Wetter wohl im odessitischen Fernsehen eine bedeutende Rolle spielen. Heute morgen war auf der Ausfallstraße nach Süden nur für Radler ein Durchkommen. Ich konnte einen sehr optimistischen LADA-Fahrer beobachten, der sich auf dem löchrigen Gehweg zwischen Mauer und Laternenpfahl durchzwängen wollte. Es fehlten ein paar Zentimeter, hörbar. Und warum die alle große SUV's fahren, ist mir nun auch klar: Die brauchen die Wattiefe wegen der unermesslichen Luschen (Pfütze ist hier völlig fehl am Platz als Vokabel). Der Regen hatte am Montagmorgen aufgehört, der Wind nicht.
Hubbrücke bei Satoka im Sturm |
28.6.11 Burevestnik in Besarabien
Eine Autorally beschlagnahmte alle Hoteplätze in Belgorod. Ich nahm den letzten Rohbau des Orts Richtung Izmail und es war eine gute Wahl. Ein Blech zum Zementmischen über die Mulde, wie zu Hause im Bettchen geformt und ich schlief wie ein Murmeltier bis früh mich ein kleines Hündchen weckte. Der neue Schlafsack hat seine Feuertaufe bestanden.
Burevestniks Labung |
Liegengebliebene Reserven |
Ich bin gerade in eine Runde eingeladen worden, wo es einen sehr guten Wodka "Grüne Marke" für mich gab, weshalb ich die Gelegenheit nutze, diese Zeilen zu Computer zu geben, sowas inspiriert mich immer und weckt auch mein Gedächtnis des Tages.
In einer Runde mit Bulgaren |
Nun bin ich am Ziel in Tatarbunari und habe auch schon bei einer ganzen Bande von Muttels eingecheckt. Eine führt das Regime und wies eine untergebene Muttel an, mir eine Reihe von Zimmern zu zeigen, wobei sie bereits den Preis auf einen kleinen Zettel mitgab. Ich nahm das Erste, was präsentiert wurde. Als mir auffiel, dass es gar keine Kopfkissen gab, ging ich nochmal runter. Die Bande umringte die Geld zählende Chefin. Mein Wunsch löste einige Belustigung aus, das Zeug sei doch im Schrank und sie seien doch hier keine Stewardessen. Nun, auf den Gedanken bin ich auch garnicht gekommen und für den Preis von knapp 10 Euro auch nicht erwartet. Technisch kann man am Standard nicht meckern, Klimaanlage, ordentliche Dusche und Fernseher. Gute Nacht!
29.6.11 Im Delta
Nach langer Anfahrt erreichte ich Wilikowe an der Mündung der alten Donau ins Schwarze Meer. Das ist hier wie ein Spreewalddorf, durchzogen von Kanälen und Kanälchen. Das sind dann aber eher Kloaken, nun, es riecht aber nicht. Einige Kahnfahrer erkennen den Touristen und bieten ihre Dienste an. Nach meiner Ausrede, ich will mir hier erst alles angucken, ich käme erst in einer Stunde, kontert der Mann korrekt: "Alles? Das kann man nur vom Boot aus sehen!" Ja, so geht es mir auch immer mit meiner sozialistischen Erziehung. Da geht man mit einem unschlagbaren Angebot auf die Leute zu, und wenn es dann eine Absage gibt, ist mann sauer und zieht sich für den Rest des Tages zu den Kumpels und dem Wodka auf das Boot zurück. Ich war aber auf was ganz anders aus als eine stundenlange Kahnfahrt, ich hatte Hunger.
Köchin und Bufeteuse |
Und dann kam die ucha: Ein Teller mit drei großen Stücken eines noch größeren Fisches mit Kartoffeln, gekochten Zwiebeln und Möhren, eine Tasse mit Suppe und ein Schälchen Soße. Mit zwitschernder Stimme und vielen, schnellen Worten erklärte mir das Muttel die Zubereitung. Ich bin eigentlich ganz sicher, dass ich das Wesentliche verstanden habe. Das alles wurde in einem Topf aus frischen Zutaten gekocht und dann wieder alles separat aufgetischt. Vom Sud (ein Koch würde wohl Font sagen) wurde ein Teil mit Gewürzen als Soße zum drüber löffeln aufbereitet. Und so habe ich das dann auch genossen, viel Arbeit wegen einiger Gräten, aber köstlich. Dazu gab es noch ein viertes Stück des noch größeren Fisches, ich glaub schon - Wels, an Bratkartoffeln gebraten. Auch dafür hatte ich noch von der guten Soße übrig. Wieder konnte ich meine Zufriedenheit mit einem Foto ausdrücken, wofür extra die Küchenmuttel gerufen wurde. Ich muss sagen, die Thekenmuttel mit der zwitschernden Stimme hat das prima serviert und verkauft. Auch wenn der Gast nicht alles verstanden haben dürfte, hat sie sich ins Zeug gelegt, dass die Küchenleistung deutlich und gewürdigt wird. Was ich dann auch tat, 50 Grieven extra für die Küche. Preis des Menues: 88 Grieven.
Ein pfundiges Exemplar |
30.6.11 Besarabische Landpartie
Dieses Kilja zeigt dem Fremden in keiner Weise, wo es lang geht. Die Hauptstraße mit dem Namen Lenins beginnt an seinem Denkmal am Hafen. Dort liegt auch noch ein altes Flusskreuzfahrtschiff aus Boizenburg, das aber seine letzten Jahre an der Kette als Restaurant auch schon hinter sich hat und nun nur noch Schrott ist. Dann gibt es einige Caffees, Kneipen und Märkte, die sich in einem Bereich bei der Kirche häufen, woran man merkt, dass man im Zentrum ist. Alles reich mit Reklameschildern bestückt, die man aber als Radler von der Straße aus wegen der reichen Schatten spendenden Bäume nicht sieht. Die Leninstraße endet dann als Feldweg.
Die reich geschmückten Giebel der Häuser faszinieren |
Ich landete an einem See, wo ein Mann an einer Brücke was an einem Strick ins Wasser ließ. "Ich arbeite" sagte er nach einer Begrüßung. Er ist Metereologe und misst die Wassertemperatur. Auch weitere Werte werden von ihm hier aufgenommen. Ich war beeindruckt, wieviel Goldzähne er sich von dem Job leisten konnte. Aber er erläuterte mir auch, dass ich nicht auf meinem Wunschweg war. Er schickte mich zwar zur Hauptstraße, aber die kleinen Landstraßen sind hier alle teilweise ordentlich asphaltiert, so dass eine schöne Landpartie herauskam. Kurz vor Ismail konnte ich sogar noch Pelikane in Formation über meine Kneipe ziehen sehen, ca. 20 hoch.
Hier in Ismail versuche ich endlich, mein Zelt zu reparieren. Es macht mich nervös, immer auf ein Hotel angewiesen zu sein.