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Dienstag, Oktober 08, 2019

Ein freier Tag in Skopje

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Ich erreichte gestern Skopje früh genug, dass ich meine Heimfahrt noch gestern organisieren konnte. Ich benötige den heutigen Tag also nicht, um rüber nach Serbien ins Presevo-Tal zu machen. Ich werde einige Schleifen durch die Hauptstadt Nordmazedoniens ziehen.
Besuch in einer Garagenfirma: Schnapsbrennerei
Die Mazedonischen Revolutionäre von 1893
Skopje hat in den letzten Jahrzehnten ein bewegte Geschichte. Im Juli 1963 wurde durch ein Erdbeben große Teile der Stadt zerstört, über 1000 Menschen starben. Die Uhr am alten durch das Beben zerstörten Bahnhofsgebäude zeigt noch immer die Uhrzeit der ersten Schockwellen an: 5:17 Uhr. Ich kann mich noch erinnern, dass in der Schule (3. Klasse bei mir) zu Spenden aufgerufen wurde. In Skopje leben verschiedene Ethnien. Da sind die slawischen Mazedonier, die Albaner sowie etliche weitere Völkerschaften, wie die Aromunen (in Skopje immerhin 1,6%). In der Regel miteinander, immer mal wieder auch gegeneinander. Auslöser für ein Gegeneinander sind nationale Spalter, wie die Nachfahren der Inneren Mazedonischen Revolutionäre (IMRO) um Goze Deltschew.
Zentrum von Skopje 2014 mit dem Denkmal des Alexander der Große
Mit einer Reihe von monumentalen Bauten, Denkmälern und Kreuzen im Rahmen von „Skopje 2014“ sollte eine mazedonische Identität gestiftet werden.
Die Porta Macedonia
Andererseits wurden aber die Albaner und Muslime damit ausgegrenzt. Das Projekt „Skopje 2014“ war ein Prestigeobjekt der damals regierenden nationalistischen IMRO. Ich habe niemals zuvor so viele Denkmäler von Helden mit Löwen und Pferden in einer Stadt gesehen.
Die aktuellen politischen Diskussionen ergeben sich aus dem sogenannten Prespa-Abkommen, was unter anderen die Umbenennung in Nord-Mazedonien beinhaltet.
Meinungsäußerung am Denkmal der Mazedonischen Revolutionäre
NEIN!
Nein zu Prespa
Nein zur NATO
Nein zur EU
Stop dem Faschismus

Montag, Oktober 07, 2019

Die letzte Etappe von Veles nach Skopje

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7.10.2019
Heute galt es nun die Heimreise zu organisieren. Zwischen Veles verlieren sich die beiden Fahrstreifen des Highways “Freundschaft”, former Alexander Der Große auf gut 50 km. Die Spur nach Süden führt zusammen mit der Eisenbahn unten im Vardar-Tal lang, das hier fast eine Schlucht ist. Der Fahrstreifen nach Skopje geht über einen gut 500 m hohen Bergrücken. Dazwischen wurstelt sich die alte Straße über diese mit Sträuchern bewachsenen Hügel. 
Oberhalb des Sees der Jugend
In Veles wird nur bis zum See der Jugend ausgeschildert, dann muss sich der Radler auf sein Gefühl oder eine OSM-Karte verlassen. Ich bin vor vier Jahren in Gegenrichtung schon an diesem Feldweg verzweifelt. Trotzdem kamen mir auf diesem Weg ein Tandempäärchen wohl aus England auf dem Weg nach Istanbul entgegen. Gegen Mittag habe ich dann den Vorort von Skopje Goze Deltschev erreicht. Der Plan zur Organisation der Heimreise geht wohl auf.

Es tut mittlerweile an etlichen Stellen des Körpers weh. Da ist das Monstrum von blauem Zeh rechts, eine Muskelzerrung links, die mich ganz schön humpeln lässt und das linke Knie, was wohl mit der Zerrung zusammen hängt. Beim Radeln stört das alles nicht, nur beim Laufen sehe ich noch älter aus als ich bin. Mal sehen, was ich morgen mache. Diese Zeilen schreibe ich im alten Basar von Skopje unter Minaretten, was jetzt als gewaltige “Fressgasse” genutzt wird. Überall dubelt der Kebab-Grill. Das Skopsko-Pivo wird vom Fass ausgeschenkt. Jetzt steige ich auf Wein um, T’ga za Jug.
Abfahrt ins Skopsko polje
Im Internet war nicht viel zu Busfahrten von Skopje aus nach Dresden oder Nürnberg zu erfahren. Ich setze meine Hoffnung auf den Busbahnhof in Skopje, eine weitere Option ist am Dienstag ca. 70 km weiter nach Preshovo in Serbien zu radeln. Dort gibt es am Mittwoch zwei Busse nach Fürth. Wie erwartet, gibt es an der Busstation Angebote in die Türkei, ganz ehemals Jugoslawien und Westeuropa, einschließlich Westdeutschland. Ich erhalte eine Fahrkarte für 80 Euro nach München, wo sie mir auch mein Fahrrad mitnehmen. Am Mittwoch 10.30 Uhr gehts heim.

Sonntag, Oktober 06, 2019

Im Tal des Vardar

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Das Eiserne Tor von Mazedonien
Gestern noch durch das Mazedonische Eiserne Tor zu Alex, dem Bergsteiger (Khan Tengri im Tienshan) und Campbetreiber (“Rocklandcamp”) in einem Wettlauf mit der Sonne bis nach Demir Kapija gekommen. Den Wettlauf verlor ich. Das Zelt baute ich bei Sichelmondenschein auf, wodurch ich die Hundescheiße übersah. Sie klebte dann selbst an den Zeltstäben.
Demir Kapija ist ein Bergsteigerzentrum. Es gibt zu beiden Seiten des Vardar-Durchbruchs Schluchten und Wände. Dazwischen klemmt sich die alte Bagdad-Bahn von Wilhelm II., die neue Autobahn der Firma AKTOR (wohl ein großer Player hier auf dem Balkan, die bauen auch die Tunnel bei Pirot) und die alte Fernverkehrsstraße, die so zu einem prächtigen Radweg geworden ist. Der Highway heißt jetzt "Freundschaft", und nicht wie früher “Alexander Der Große”. So sehen die politischen Kompromisse aus, die Mazedonien - FYROM - Nordmazedonien für eine internationale Anerkennung und EU-Beitrittsaussichten eingehen muss.
6.10.2019
Heute ging es schwer gegen Wind weiter den Vardar aufwärts. Die alte Landstraße nach Veles parallel zum Autoput lässt trotzdem ein lockeres Pedalieren zu. Ich komme an der Ausgrabungsstätte Stobi vorbei. Hier war die Hauptstadt von Paionien, das Philipp um 350 v.C. eroberte, um seine Nordgrenzen vor den "Barbaren" zu sichern.
Es ist eine karge und trockene Landschaft
In den Pausen kristallisiert sich das Zlaten DAB als mein makedonischer Favorit heraus. Es ist ein Bier aus der Brauerei in Prilep. Die Dortmunder Aktienbrauerei hat hier wohl noch einen guten Namen mit der Marke DAB. Geht das Alles mit (Marken)rechten Dingen zu? Ich kann mich aus 2015 garnicht an den mazedonischen Rakija erinnern. Am Nachbartisch in Gradsko feierten einige echte mazedonische Helden. Der dicke Wirt ließ immer wieder die 1l-Rakija-Flasche kreisen. Ich bin hier in dem traditionellen Weinanbaugebiet, dem Tikves. Also muss ich doch mal den bernsteinfarbenen Stoff probieren. Daumen hoch!

Samstag, Oktober 05, 2019

Pella

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4.10.2019
Ich besuchte in den letzten drei Tagen die großen makedonischen Königsorte: Aigai, der Hof des Phillipp II. mit dem Theater, dem Ort seiner Ermordung durch seinen Leibwächter und seinem Grab, Mieza, der Ort der Bildung des Alexander und Pella, Philipps und Alexanders Hof. Oder besser ein Hof seiner Vertreter, der künftigen Diadochen. Er war ja unterwegs, um mit seiner Bande, die orientalische Welt zu erkunden und auszubeuten. 
In Pella: Das Haus des "Dionysos"
Mit dem Geld konnte eine große Hauptstadt nahe am Meer und den wichtigsten Handelsstraßen erbaut werden. Die Agora in Pella war wohl eine der größten der hellenischen Welt. Pella, als eine der best erforschten antiken Stätten, und das zugehörige Museum war zu groß für die Auffassungsgabe des radelnden Ebs. Ich muss zu Hause noch einiges nachlesen. Das Museum ist nach Lebensaspekten gegliedert und jeder Aspekt überaus reichhaltig mit Artefakten ausgestattet. Ein interessantes Feld war der Rolle der Frauen gewidmet, die sich stark der Religion und dem Hexentum zugewandt haben. Dort gab es ein beschriftetes Artefakt (die Beschreibung des Materials habe ich nicht verstanden), wo Eine ihre Gedanken in einem nordgriechischen Dialekt nieder gekritzelt hat. Sozusagen ein Tweet. Diese Bildung und die Kenntnisse bedeuteten natürlich dann auch viel Respekt in der Gesellschaft, denn welcher hellenische Held (“Die hat Dinge gekannt!”) wollte es sich mit einer Hexe des Dionysos verscherzen. 
Die Agora (Markt) von Pella
Keine Rolle in der Beschreibung im Museum spielten die Sklaven. Fast muss man glauben, dass es hier nur den Rat der Stadt am nördlichen Rand der Agora, die Handwerker und die Hexen gab. Aber vielleicht war es mit der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen schon damals in der Antike etwas komplexer.
5.10.2019
Der Fluss Axiós (der Vardar) bei Polykastro
Ich bin im Grenzort Gevgelija, Nordmazedonien. Die Nordmazedonier haben politisch korrekt die Kennzeichnungen am Grenzübergang sauber überklebt, während unten in Griechenland noch in kleinen Nebenschildern “FYROM” angegeben ist. Gevgelija ist so einer Art Reno des Balkans, für Las Vegas fehlt das Spektakuläre. Mir gegenüber läuft an einem Casino der Jackpot-Zähler: 1.625.144. Die Maßeinheit ist nicht angegeben. Der Kurs des Mazedonischen Denar zum Euro steht bei knapp über 60:1.

Donnerstag, Juni 25, 2015

1977 - 1993 - 2015

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23.6.2015 Der Weg nach Bulgarien
Die Gemüsetafel Mazedoniens, im Hintergrund Strumica
Heute nur eine kleine Etappe von Strumiza über die Grenze nach Petritsch in Bulgarien. Ich habe versucht heraus zu bekommen, wann das mit dem nickenden Verneinen und dem zustimmenden Kopfschütteln kommt. Es muss wirklich an der Grenze liegen.
"Dobro slika", meinten die Einheimischen: Solche Fahnenmasten stehen an vielen zentralen Plätzen im Land
Die Festung des Samuil, wo er gegen die Byzantiner verloren hat, war nicht so spektakulär, wie auch die gesamte Etappe heute durch die Gemüsetafel Mazedoniens und Bulgariens.

24.6.2015 1977 - 1993 - 2015: 3mal Melnik
Bisher waren es immer neue Wege, wenn ich auch mal eine Route von früher gekreuzt habe (2006 mit Ralf in Mazedonien). Jetzt bin ich auf alten Wegen nach Melnik! Ein Moment der Erinnerung unter dem Motto "Früher war Alles besser!"
Damals
Ich sitze in der Kneipe ganz unten in der Stadt an der alten Platane, man sagt, sie steht da seit ca. 800 Jahren. Es ist gegenüber dem Lebensmittelladen, wo Schlottek damals den Joghurt holte, der so erfrischte. Dieses Melnik war für mich damals der Inbegriff des Orient. Die heutige Zeit tut dem Karma von Melnik nicht gut. Heute könnte ich mir den Orient kaufen, ab 20.250€ verkauft hier der Entwickler des Château Melnik Apartments in einem 5*-Hotel.
Soll ich?
Ich habe mein Rad der scharfen Wirtin der Kneipe anvertraut und einen Fotospaziergang durch das heutige Melnik gemacht. Es sind die meisten Gebäude sehr gut hergerichtet. Ich kann nicht erkennen, was alte Substanz oder was nachempfundener Neubau ist. Ich steige hoch zur Ruine der Burg und komme auf dem Weg zum repräsentativen Kordupulov-Haus an einem Weinkeller vorbei. Nach den zwei Dezi verkosteten Roten werde ich sentimental und verrate dem Wirt, dass ich schon 1977 hier war. Darauf stoßen wir zusammen mit seinem speziellen Hauswein an.
Kirche Sweta Nikola Mirlikijski
Sie war die älteste christliche Kirche der Stadt und wurde während der Balkankriege 1912/1913 verwüstet. Im Südwesten der Kirche wurde ein frei stehender hoher Glockenturm errichtet. Der Glockenturm war viereckig, 4 mal 4,5 Meter, mit 1 Meter dicken Wänden.
Fachwerk in Melnik
So kommt es, dass ich mich vom Wirt der mechana und Pension "Vodenizata" in Karlanovo überzeugen lasse, hier mein Lager auf zu schlagen. Petr beschreibt den Weg nach Roshen sehr einprägsam als mächtig steil. Er vergleicht es mit dem Anstieg ab Chotovo, er muss mich wohl beim Quälen vom Auto aus beobachtet haben. Dieses Roshen, mein eigentliches Ziel ist auf dem Weg zur Slavjanka mit dem Alibotusch über den Parilski pereval wohl eher eine Sackgasse für den Radler mit Gepäck. Ich werde morgen ohne Gepäck eine Runde um Roshen und zum Kloster machen und mich am Freitag der letzten Herausforderung stellen. Nach dem nahrhaften Kavarma aus Schweinefleisch habe ich mir zur gepflegten Verdauung einen rakija bestellt. Er empfahl mir seinen domaschno rakija, das ist wieder ein klarer Tresterschnaps, aber angenehm mild.

25.6.2015 Der Tunnel
Heute also der Knoten in die Hügel von Roshen. Der Bulgare an sich ist kein Frühaufsteher.
In Lyubovishte: Der Hirtenhund ruht noch, die Tiere sind noch im Pferch
Niemand ist gegen 8 Uhr schon auf der Straße von Karlanovo zu sehen. Nach dem kleinen Buckel hinüber nach Roshen sieht es genauso aus, nix mit einem Kaffee zum Start des Tages. Der Himmel hat sich über Nacht total bezogen.
Portal des Kloster Roshen
Zuerst schiebe ich mein Rad hoch zum Kloster. Ich bin für den Besuch des Klosters Roshenski manastir dummerweise schlecht gekleidet, kurze Hosen. Ich traue mich nicht rein. Draußen gibt es auch keine richtige Stelle, um das Rad zurück lassen zu können und einen Spaziergang zu dem Pyramidy zu machen.
Unten im Dorf ist immer noch nichts los. Außer zwei jungen Familien, die ein altes Haus fit machen für die Saison. Ich breche auf zum Ausflug hoch in die Sandhügel dieser Gegend nach Ljubovishte und drüber hinaus. Schnell komme ich zu dem vom Abt entdeckten Sandtunnel.
Der Tunnel
Die Straße wird aber immer buckliger, mit Gepäck werde ich diesen Weg nicht leisten können. Das wird mir nun klar.
Wegweiser?
Auf dem Rückweg winken mich drei Leutchen hinein zum Camping von Lyubovishte, es gibt ein kaltes Bier und einen domaschno rakija. Der ist echt der Hammer, der Eine will mich locken, dass ich nach einem Zweiten umfallen würde. Es ist erst Mittag, ich habe bisher nix gegessen, vorsichtshalber lasse ich mich diesmal auf diese Wette nicht ein. Diese Zeilen schreibe ich bei Blagoj.
Bei Blagoj
Es ist die Kneipe, wo sich 2012 die Freunde nach dem Abstieg von der Pirin-Hütte wieder trafen. Hier gab es dann ein zünftiges Mahl. Blagoj macht in seiner Pracht aber auch eine gute Reklame für seine Küche. Jetzt werde ich unten in Melnik noch ein wenig elektronische Post erledigen und relaxen. Morgen muss ich stark sein, die letzte Herausforderung wartet.

Montag, Juni 22, 2015

Strauchsteppe

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Strauchsteppe
Auf den Hügeln hier im Süden Mazedoniens im Tikves wächst es nicht hoch. Es sind eine Vielzahl von blühenden Kräutern, Disteln und kratziges Gesträuch, weiter oben in günstigen Lagen ein paar Kiefern. Ich muss ja öfters halten, denn es geht wieder zünftig bergauf, ich kann man mich ein wenig der Botanik und dem was drauf rum kräucht widmen. Größere Säugetiere wird es wohl wenig geben, in den Erosionsrinnen  fließt nur Wasser nach den Regenfällen wie gestern, dann ist alles wieder weg und trocken. Es gibt hier auch viel weniger Greifvögel wie bei uns, einen Milan habe ich heute kreisen sehen. Bleiben die Kriechtiere und die Insekten. Die Eidechsen sind immer so schnell weg, die kriege ich nicht auf die Linse. Schlangen und Schildkröten habe bisher nicht gesehen, muss man wohl früh raus.
Vor dem Serta-Pass
Es war ein länger Abschnitt ohne Logistik von Negotino bis hier her nach Radovish über den Serta-Pass. Entgegen meiner sonstigen Vorgehensweise bin ich gleich beim ersten Kneiper ran, ist ein Guter, sitzen viele einheimische Gäste hier. Es ist interessant die Eigenschaften des rakija zu beobachten, von Belgrad bis hierher. Im Norden war es immer ein Obstler, dann fragten sie häufig nach: Slivovitz oder von der Traube. Bei den Muslimen war es immer ein klarer Tresterschnaps, hier in Radovish ist es ein Weinbrand, gelagert, golden. Bald bin ich in Bulgarien.
Verkehsgeschehen in Podaresh, bei Radovish
Heute habe ich meinen ersten verifizierten Hunderter geschafft, in Negotino war Strumiza mit 107km ausgeschildert. Nach Radovish habe ich noch eine Schleife auf einer Nebenstraße durch eine Gegend mit dem Stand von 1990 gefahren, mal von den Handies der Teenies abgesehen. Die Anzahl der Autos und Pferdefuhrwerke hielten sich die Waage.
In Podaresh
Deutlich ist der abgestorbene Tabakanbau, nur langsam werden die alten Darren für die Tabakpflanzen durch Foliengewächshäuser ersetzt. Das Polje zwischen Radovish und Strumiza ist sehr fruchtbar, da werden sich doch Alternativen finden lassen. Der Boden ist durch die Verwitterung der weiter vorn beschriebenen Landschaft sehr Mineralien reich. Vom Ograshden-Gebirge herunter kommende Bäche werden geschickt aufgefangen und über zahlreiche Kanäle verteilt, sehr interessant.
Vom Dach meines Hotels in Strumica - Die Baba Wanga (1911–1996), bulgarische Prophetin ist hier geboren
Jetzt hier in Strumica ist die Kluft zwichen Dorf und Stadt schon bemerkenswert. Strumica ist bei Karl May als Ostromdscha bekannt. Im Amtsgebäude des Ortsrichters Kodscha Bascha findet eine Verhandlung statt
Der Hof war außerordentlich schmutzig. Nur der Teil längs des Hauses war einige Meter breit mit einer Vorrichtung versehen, welche jedenfalls ein Pflaster vorstellen sollte. Doch sah dieses Trottoir grad so aus, als ob es aufgerissen worden sei, um als Material zu einem Barrikadenbau zu dienen. Vor der Türe stand ein alter Lehnstuhl, welchen ein vorweltliches Polsterkissen zierte.

Heute ist das ganz anders. Das Zentrum von Strumica ist praktisch zweistöckig, unten die Autos, oben die Leute, spektakulär!

 

Sonntag, Juni 21, 2015

Ein Weinwochenende

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20.6.2015 Eine Verbindungsetappe bis Negotino
Heute bin ich dem größten Fluss Mazedoniens dem Vardar abwärts gefolgt. Diese Route nimmt auch der Highway Alexander von Mazedonien, wo ein Radler nix zu suchen hat.
An der alten Straße hoch über dem Vardar-Tal zwischen Shkopje und Veles
Aber es gibt ja noch die alte Straße. Es gab aber vor Veles eine Einlage, ein ordentlicher Anstieg mit zahlreichen Kurven auf einer fast zugewachsenen Straße. Ich habe sicherheitshalber zweimal geguckt, ob ich richtig bin. Die Wegweiser zeigten nur noch zu diversen Klöstern und Kirchlein.
Im Tal des Vardar: Kirche St. Nikolai
Nach Veles war dann die alte Straße neben der Autobahn in einem ordentlichen Zustand. Ich kam an einen Hügel mit einer großer mazedonischen Flagge, erst dachte ich, da auch Mauern zu sehen waren an eine Festung. Es war die antike hellenische Stadt Shtobi. Ein alter Mann bewachte aber nur ein paar Fundamente und einige zerbröckelte Säulen in einem riesigen eingezäunten Gelände.
Vardar bei Negotino
Erreicht habe ich die Stadt Negotino. Hier war ich schon mit Ralf 2006. Ich werde morgen die hier ausgewiesene Straße nach Strumiza nehmen, um nicht in alte Furchen zu geraten. Damit wird es wieder in die Berge gehen.
In mitten eines großen Kindergeburtstags bei einem ordentlichen Gewitter gab es gerade eines meiner balkanischen Lieblingsgerichte: Gegrillten Schafskäse, petschene siren.

21.6.2015 Ein regnerischer Sonntag
Es ist nix geworden mit dem Weg über die Berge, bin hier geblieben im "Kraichgau" Mazedoniens.
Weinland Tikves
Das ist hier das Weinanbaugebiet Tikves, also auch eine Gegend für einen relaxten Sonntag. Gegen Mittag hatte es sich ausgreregnet, jetzt gegen 17 Uhr ist es genau richtig zum Draußen sitzen und die Weine des hiesigen Gutes "Rovin" zu verkosten.
Frühschoppen, ein Sonntag in Negotino, Backgammon
Sie spielen hier enthusiastisch Backgammon. Dieses Spiel wurde mir 1977 in Bulgarien auch beigebracht. Durch setzen, würfeln und gegnerische Steine blockieren muss man in einem so mit Spitzen illustriertem Spielfeld als Erster die andere Seite besetzen. Es wird mit zwei Würfeln gespielt, so dass man die Augenzahl taktisch klug aufteilen muss, was für die zahlreichen Kiebitze leidenschaftlichen Gesprächsstoff ergibt.

Freitag, Juni 19, 2015

Ramadan

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Gestern wollte ich an der Eckkneipe, wo ich vorgestern mein Gute-Nacht-Bier getrunken habe, das wiederholen. Der gleiche Kellner, ein pfiffiger Internet-Experte, entschuldigte sich: "Ramadan". Ich habe mich schon immer gefragt, was machst Du auf Tour und es ist Ramadan.
„Koran (erstmals) als Rechtleitung für die Menschen herabgesandt worden ist, und (die einzelnen Koranverse) als klare Beweise der Rechtleitung und der Rettung (?). Wer nun von euch während des Monats anwesend (d. h. nicht unterwegs) ist, soll in ihm fasten.“
Koran: Sure 2, Vers 185
Also Ebs, Du bist unterwegs, sei aufmerksam und navigiere dich geschickt durch die Nationalitäten! Mein Plan war entlang des Vardar nach Shkopje zu fahren. Meine Freunde aus Tetovo beteuerten immer, dass neben der Autobahn die alte Straße verlaufen würde. Das ist der kürzeste Weg. Darin besteht aber eben die Herausforderung, ich will nicht nach Shkopje, ich will einen coolen Weg nach Shkopje finden, dann eben auch einen Umweg.
Derventska klisura des Vardar
Gemeiner Bienenkäfer (Trichodes apiarius)
Segelfalter (Iphiclides podalirius)
Die Straße durch die Derventska klisura war dann auch große Klasse, führte aber direkt wieder in das Feiertagsgebiet des Ramadan im Norden von Shkopje. In einer Dorfkneipe ließ mich der Wirt meinen Schweppes nicht draußen sitzend trinken. Da war es eine gute Idee, dass mein Frühstück bei den Arbeitern der Jugochrom-Hütte in Jegunovce zu deren Freude etwas mächtiger ausfiel. Ein Pleskavica Makedonka, gefüllt mit Käse. ...und das frische Brot, gewürzt mit vegeta und Paprika. Einer befragte mich nach der Religion, zum besseren Verständnis bekreuzigte er sich. Ich antwortete: " No Ramadan!" Ich glaube, darüber hat zur Mittagspause noch die ganze Frühschicht der Chromhütte gelacht.
Die Matka-Schlucht
Eine große Sehenswürdigkeit ist die Schlucht Matka. Mit der letzten Staustufe hat sich Mazedonien so eine Art Königssee geschaffen. Weiter geht es auf einem Saumpfad, ca. 6km, oder mit dem Boot. Es besteht eine sehr gute touristische Infrastruktur, die bis zum Angebot des Gleitschirmfliegen reicht. Das muss unglaublich beeindruckend sein.
Nun habe ich Shkopje erreicht, und zwar in dem Stadtviertel, wo der Ramadan nur im Fernsehen stattfindet. Ich feiere mit einem Tikves-Wein T'ga za jug.
T'ga za jug

Donnerstag, Juni 18, 2015

In Tetovo

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17.6.2015 Der Weg nach Tetovo
Früh war der Pass Prevalle im Nebel. Das Wetter hat sich gewendet, es ist nicht kalt, aber feucht.
Im Shar-Gebirge
Hat die deutsche Politik hier mal was richtig gemacht? Vorhin bin ich an einem Bauschild einer Straßenbaumaßnahme vorbei gefahren. Investor: KFOR war zu lesen. Die Leute hier, soweit es Albaner sind, sind zufrieden und zuversichtlich. Auf unsere Angela lassen sie nichts kommen. "Die Deutschen haben uns am meisten geholfen!", sagt mir Einer, der hier gerade getankt hat und spendiert mir ein Bier. In den kleinen serbischen Enklaven, durch die ich bisher gekommen bin, sieht es aber anders aus. Breshovica war mal ein Wintersportort, hier steht ein Hotel wie das " Panorama" in Oberhof - tot. Der Kneiper, bei dem ich in Dinar bezahlen durfte, sprach von "Krise auf dem Balkan". Er freute sich, dass er nachher für eine wichtige Runde die Mittagstafel ausrichten konnte. Draußen döste Lisa, seine Shar-Hündin, und bewachte mein Rad. Das sind richtig große Schäferhunde, kräftig genug, um es mit den Wölfen hier aufnehmen zu können.
Die Gipfel des Shar-Gebirges - diese Spitzen reichen über 2500 m
Ich habe mich vorhin gefragt, was die weißen Landrover mit großen Antennen ausgerüstet machen. Sie standen am Straßenrand. Im Hintergrund war noch ein Unterstand zu sehen. Auf den Fahrzeugen ist ein Signet eines "Halo Trust" zu sehen. Jetzt sind sie hier an meiner Kneipe auf dem Pass, auf dem Rücken ihrer T-Shirts steht Mine Clearence. Einer geht an Krücken und hat einen frischen Handverband. Ich sah bisher auf meiner gesamten Tour keine Warnschilder bezüglich Minen. Auf deren Webseite steht frei übersetzt zum Kosovo folgendes Statement:
Die UN verwaltete ein großes Räumungsprogramm im Kosovo zwischen 1999 und 2001, die in der Erklärung der UN 2001 mündete, dass Kosovo sei frei von Minen.
Aktuell hat der Trust drei Teams und insgesamt 52 Mitarbeiter im Kosovo im Einsatz. Dies sei ausreichend, um mit Minen und Streumunition in einer fristgerechten Weise umzugehen.
UÇK-Heldenschrein in Mazedonien bei Tetovo
Der weitere Weg nach Tetovo war fast nur noch Rollern. Lange fand ich keine Unterkunft, nix. Die scheinen hier nicht viel Touristen ab zu bekommen, trotz der weltberühmten Bunten Pascha-Moschee. In einer Hamburger-Bude mit dem Namen Berlin habe ich dann endlich gefragt, der Eine wies nach rechts, von dort kam ich, der Andere wies in die entgegengesetzte Richtung, die waren keine Hilfe. Endlich die Hotel-Tankstelle Euro Petrol.
Tetovo: Die bunte Moschee
Xhamia e Pashës, was zu deutsch „Pascha-Moschee“ bedeutet
18.6.2015 Ein Regentag
Ich plante bereits zu Hause für Tetovo einen Ruhetag, nun stellte sich auch noch dieser Regentag ein. Die 36€ für die zwei Übernachtungen in der Hotel-Tankstelle waren also gut angelegt. Die berühmte Bunte Moschee fand ich gestern schon, heute war ich an dem Bektashi-Kloster.
Tetovo: Vor der Arabati-Baba-Tekke
Eine Tekke ist ein Zentrum einer Sufi-Bruderschaft (Derwisch-Orden)
Tetovo: Hinter den Mauern der Arabati-Baba-Tekke
Es ist schon lange kein Derwisch-Kloster mehr, die Brandnarben und die Beflaggung zeugen vom widersprüchlichen Geschehen in den letzten Jahren.
Tetovo: Der Friedhof
Es ist hier viel schwieriger eine Kneipe mit Bierausschank zu finden als im Kosovo. Oberhalb der parallel zum Shargebirge verlaufenden Hauptstraße ist es vergeblich. In der Unterstadt ist die Wahrscheinlichkeit etwa fifty-fifty bei guter Vorrecherche. Diese besteht darin, dass ich nach einem Getränkekühlschrank von shkopsko pivo spechte. Es sind hier einige ganz unterschiedliche albanische Strömungen am Werk, hier in Tetovo sehr sunnitisch geprägt.
Gemüsebasar
Auf den Straßen am Kloster ist auch der Basar. Die verkopftuchten Hausfrauen kaufen ihr Gemüse nur beim Spezialisten, zum Beispiel die Frühlingszwiebeln. Ich kam mit einem der Händler ins Gespräch zum Woher&Wohin. Zum Schluss bekam ich drei Schlotten geschenkt. Was soll ich damit tun? Ich bin also damit zu meiner Stammkneipe hier und wollte sie dem Wirt schenken. Das ist eine eher säkulare Kneipe, geführt von Aleksandar. Es entwickelte sich ein großartiger Nachmittag. Meine Zwiebeln wurden mit Gurken, Oliven, etwas Salz und Öl dar gereicht.
Tetovo: Bei meinem Freund Aleksandar. Mazedonische Spezialität: Als Meze, oder Meza (kyrillisch Мезе, Меза) perfekt zum Bier
Dann gab es eine ganz überraschende mazedonische Spezialität: Sprotten! Ich habe nicht herausgekriegt, ob die Fischchen mal im Ohrid-See lebten. Dazu von jedem Gast einen rakija. Die albanische Runde, auch ein Schnäppschen trinkend, erhielten eine fast 1m-Durchmesser Pfanne mit gegrilltem Gemüse, dort durfte ich auch kosten.
Im Hof der Bunten Moschee
Ich bin hier im Orient, glaubt mir! Der Orientale vermag es seine Ware auch ohne aufwendige Verpackung zu präsentieren. Schon gestern verharrte ich vor dem Schaufenster einer mulleri. Das ist ein Laden für alles Kernige, ggf. wie beim Kaffee auch gemahlen, Nüsse und daraus bereitete Köstlichkeiten. Die Behältnisse mit allerhand Nüssen sind immer gleich gefüllt und der Spiegel ist zum Kunden angeschrägt, in jedem Behältnis kongruent. Was dieser Laden an Kaffeevarianten hat, da müsste ich zu Dallmeyer nach München reisen.

Montag, Juli 31, 2006

Im vorderasiatischen Teil Europas

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17.7.06
Nach einem zünftigen Burek-Frühstück mit Joghurt gab es einen kleinen Hügel zum Frühsport und dann rauschten wir eine lange Abfahrt ins Tikves-Tal abwärts. Hier sind wir in nun im Weinanbauzentrum von Mazedonien. Wir müssen endlich mal die einheimische Marke "T'ga sa Jug" kosten.
Soweit runter gefahren, bedeutet: Es geht wieder hoch. Ein bisschen fürchte ich mich vor dieser Etappe, denn auf der Karte sieht es sehr trocken aus. Tatsächlich befinden wir uns in einem sehr fruchtbaren Tal, ringsum wird Wein und Tabak angebaut. Wasser gibt es keines, ich hoffe auf eine der vielen gefassten Quellen im Gebirge. Der Balkan ist eigentlich reich an Wasser, aber in dem "Schweizer Käse" des Karsts versickert alles sehr schnell. Doch man findet eben immer am Wegesrand gefasste Quellen, wo erfrischend kühl das Wasser wieder sprudelt. So, hoffe ich, ist es auch auf diesem Wegabschnitt, einer langen und heißen Steigung. Endlich sehe ich Ralf wieder mit Leutchen an einer kleinen Kapelle "Sv. Georgji" stehen. Er wird gerade mit einem zünftigen Frühstück bewirtet. Ich habe nur Durst, in meinen Wasserflaschen sind nur noch Neigen. Doch die erhoffte Quelle fehlt beim heiligen Georg.
Rauchpause auf dem Pass
Doch einige steile hundert Meter weiter fanden wir den Radlerhimmel auf Erden, die erfrischende Quelle mit angeschlossenen Restaurant. Nachdem alle Beschäftigten der Kneipe endlich da waren, gab es auch ein ordentliches Pleskaviza, sprich ein gefülltes Hackfleischsteak und dazu Skopsko und Salat. Am Pass rauche ich noch eine Zigarette, das gehört sich hier so, wie in Kuba die Zigarren.
Die Abfahrt führte uns in die Pelargonija-Hochebene, ca. 600m hoch in das schöne Städtchen Prilep. Der Reiseführer wies auf die alte türkische Altstadt hin. Dort genießen wir recht lange das mazedonische Leben bei dem einen und anderen Skopsko pivo, unserer Hausmarke hier. Es wird dann langsam Abend durch unseren langen Aufenthalt im Internet-Cafe.
Die Pelargonija-Hochebene ist eine der größten mazedonischen Beckenlandschaften. Das fruchtbare Tal ist berühmt für seinen Tabakanbau. Überall sehen wir nur die grünen Felder mit Tabak, Wein und Mais. Weit und breit gibt es keine Bofstelle. Immer wenn wir eine Stelle uns ausgeguckt haben, finden wir noch fleißige Leutchen auf ihrem Acker bei der Arbeit. Wir fahren noch ca. 40 km bis wir im Dämmern hinter einer Baumreihe ein ruhiges Plätzchen finden. Hier wird noch die erste Flasche mazedonischer Wein getrunken, ein Burgunder, mmh.

18.7.06
Früh ist es sehr kühl. Ein Traktor weckt uns, der schon wieder emsige Tabakbauern auf ihr Feld bringt. Die Blätter müssen in der kühlen Morgenfrische gepflückt werden. Der leichte Rückenwind treibt uns rein nach Bitola. In der Altstadt finden wir ein sehr gute Bäckerei für unser Frühstück. Ausgiebig schlendern wir durch die laute hektische Innenstadt und finden in einem Straßencafe zu unserer Ruhe. Eine Spezialität hier im Süden ist der kalte Kaffee. Man bestellt einen Nescaffee frappé und erhält ein großes Glas mit leicht aufgeschäumten, eiskalten Milchkaffee mit einem Schuß Schokolade, sehr erfrischend und lecker.
Vom Kaffee aus sehen wir schon die Berge des Pelister, da müssen wir drüber. Naja, nicht über die 2000er Berge direkt, aber über einen knapp 1400m hohen Pass. Leider ist das als rote Straße in unserer Karte eingezeichnet. Ich befürchte wieder eine trockene, heiße Etappe mit reichlich LKW-Verkehr. Aber so schlimm ist es gar nicht, fast wird uns dieser Pass geschenkt, es gibt sogar wieder ein kleines Restaurant. Es wird geführt von einem alten Trucker, der früher von Düsseldorf bis Kabul gefahren ist. Hier wird uns wieder die umgekehrte Entwicklung bewusst: Früher hatten wir einen Pass der nichts galt, heute können die Mazedonier ohne Visa nur noch nach Serbien reisen. Als Jugoslawen stand ihnen die Welt noch offen.
Nach der Abfahrt kommen wir zum Prespa-See. Der Prespa-See hat keinen Abfluss, trotzdem ist der Wasserspiegel in den letzten Jahren um zehn Meter gesunken. Der See verliert sein Wasser an den 500m niedriger gelegenen Ohrid-See durch den Karst des Galiciza-Gebirges. Die touristischen Einrichtungen an Seeufer sind aus jugoslawischer Zeit und werden kaum noch genutzt und verkommen. Schade!.
Im Dorf Stenje erleben wir Eigeninitiative, ein kleines gutes Lokal, wo der Chef noch selbst am Grill steht. Er freut sich, dass uns seine Pleskavizas schmecken. Heute Abend gibt es nun endlich den berühmten "T'ga sa Jug". Das ist ein sehr süffiger und fruchtiger Wein, ohne jegliche Nachwirkungen.

19.7.06
Heute gab es den längsten Frühsport meines Lebens. Mit der Sonne aufgestanden und in sanften Serpentinen geht es hoch auf den 1600m hohen Pass im Galiciza-Gebirge. Dieses Karst-Gebirge trennt die beiden schönsten Seen des Balkans. Nachdem wir den Eichenwald
verlassen haben sehen wir noch einmal den Dreiländer-See Prespa (Mazedonien, Griechenland, Albanien). Nach dem Pass gucken wir auf den azurblauen Ohrid-See.
Schon in den 80er Jahren interessierten mich die Plakate in den tschechischen und bulgarischen Reisebüros mitt den Bildern des Ohrid. Der Ohrid ist der Baikal Europas, 300m tief. Für Süßwasser hat der See die unglaubliche Unterwassersicht von 30m. Hier ballt sich der Tourismus von Mazedonien, die Hälfte alle Fahrzeuge hier hat eine Skopjer Nummer. Das Ufer ist gesäumt von Campingplätzen, Pensionen und Hotels, zum Beispiel mit dem schönen Namen "Beton-Hotel". Die Gebäude aus jugoslwischer Zeit sind wie ihr Name, es herrscht Beton vor. Der Kieselsteinstrand ist von Badelustigen belegt, wir gesellen dazu. Überall hört man Disko-Musik in den Freiluft-Kneipen, trotzdem nicht aufdringlich und voll.
Die berühmte Ohrid-Forelle haben wir uns nicht geleistet, doch hier sehr teuer. Aber es gab ja immer etwas vom Grill oder eine leckere Fischsuppe. Unsere Bofstelle befindet sich unter einem Baum direkt am Ufer.

20.7.06
Nach dem Morgenbad im Ohrid-See gemütlich beim Burek in der Innenstadt von Ohrid. Hier treffen nun Europa und der Orient aufeinander, Moschee und Kirche 50m nebeneinander. Einzigartig die schöne Altstadt mit Burg und antikes Amphitheater. Doch dann weiter auf der Straße, ständig unterbrochen durch einen Platten an meinem Vorderrad. Ich musste schon die ganze Zeit alle zwei Tage aufpumpen, doch nun, wo ich meine schöne kanadische Luftpumpe verloren habe, benötige ich immer öfter die neue Mistkrücke von Ralf. Also ein Bierausschank am See aufgesucht, Bier getrunken, Dorn im Mantel entfernt und abschließend im Ohrid-See nochmal gebadet. In Struga hören wir bei einer albanischen Hochzeit den orientalischen Klängen zu, in einem mazedonisches Restaurant gibt es wieder was vom Grill.
Mit vollen Bäuchen rollern wir den Drim abwärts Richtung Debar, nun im 100%-albanischen Siedlungsgebiet. Überall zeigen wie Bleistifte die Minarette zum Himmel. Dieses Zeichen ist viel aggressiver als die kleinen Kreuze auf den geduckten orthodoxen Kapellen. Deshalb werden bei größeren Städten auf dem Berg riesige Kreuze errichtet. Diese künden beleuchtet vom rechten Glauben.
Entlang an zwei Staustufen des Schwarzen Drims, ständig auf und ab, erreichen wir Debar. Am Anfang von Debar sehen wir viele verlassene Häuser, ein Neunjähriger spielt mit einer MPi (echt?!). In der quirligen Innenstadt ist alles moslemisch geprägt. Trotzdem kommen wir zu unserem "Skopsko pivo".
Ausgangs des Mavrovo-Tals finden wir einen schönen Platz zum Bofen, es gibt wieder "T'ga sa Jug". Hinten im engen Tal, ziemlich weit oben sehen wir die Lichter der albanischen Bergdörfer. Müssen wir da morgen hoch?

21.7.06
In der Nacht knatterte die ganze Zeit unser Zelt im Fallwind aus den Mavrovo-Bergen, schlecht geschlafen. Durch ein tiefes und sehr enges Tal ging es in eine steiles einsames Gebirge. Wasserprobleme gibt es nicht, hier sind viele Quellen. Die albanischen Bergdörfer kleben 200m über uns an den Hängen und zeigen wieder mit den Bleistiften, den blendend weißen Minaretten der brandneuen Moscheen zum Himmel. Eins dieser Dörfer besuchen wir, es liegt nicht ganz so hoch. Ein Mütterchen kredenzt uns einen starken Kaffee, türkisch. Der Bach im Dorf ist gleichzeitig die örtliche Müllhalde, das Wasser sorg für den Abtransport. Das Dorf baut gerade sich eine recht große neue Moschee. Als einziger Gegenpol gibt es ein sehr altes großes Kloster aus dem 11. Jahrhunder, Sv. Jovan Bigorski. Zu deutsch heißt das Johannes Baptist (Kerner?).
Endlich erreichen wir den Pass oberhalb des Mavrovo-Stausees. Hier entwickelt sich ein bisschen Wintertourismus. Als große Belohnung gibt es eine tolle über 15km lange Abfahrt nach Gostivar im Tetovo-Tal. Wir sind hier im Zentrum der Albaner in Mazedonien. Die Wartezeit auf den Zug nach Skopje verbringen wir in einigen Restaurants. Wir haben noch eine ganze Reihe von Ansichtskarten zu verschicken und fragen deshalb nach der Post. Der Albaner aus Eutin bei Lübeck, ein sehr freundlicher Mensch, überninmmt unsere Post und verspricht diese für uns kostenlos zu frankieren und einzustecken. Nach fünfzehn Minuten hält sein Mercedes wieder neben uns und er überreicht uns den Postbeleg, ganz toll!.
Viele Grüße aus Thüringen (oder von Sonstwo)
Ralf-Peter Haun und Eberhard Elsner
Noch habt Ihr die guten Zeiten, nach denen Ihr Euch in spätestens 10 Jahren sehnen werdet.