Die Höhle Prohrodna ist wirklich großartig. Ich konnte keine Stelle finden, wo die Zarte aus Saalfeld damals für Biwak geklettert ist. Ich habe mich unter die Augen Gottes gestellt und dann noch bis vor den Ausgang spaziert ... musste dann aber zurück zum Fahrrad.
Das Eingangsportal
Unter den Augen Gottes
Zum Ausgang
Der Rest des Tages war geprägt von großer Faulheit. Eine große Pause in Lukovit und ein klimatisiertes Zimmer im Hotel Taganrog via booking.com bestellt. Selbst das große Feuerwerk habe ich nur akkustisch wahrgenommen. Mit ca.15 km praktisch ein Ruhetag.
15. August 2024, Baykal
Zeitig los
Heute rollt es wieder besser. Ich bin noch vor Sonnenaufgang gestartet. Es ist eine Etappe durch kleinere Dörfer mit bescheidener Logistik. Hier in Krushovene gab es gerade eine leckere Hühnersuppe aus dem Plastikbecher, dazu ein Tschuschki und Brot, alles gratis.
Baykal an der Donau
Nach 70 km erreiche ich Baykal an der Donau. Hier gibt es am Ende des Dorfes direkt an der Donau eine хижа, die tatsächlich nur als Restaurant arbeitet. Hier spricht mich ein Schwabe von der Alb an. Er ist seit acht Wochen mit dem Paddelboot auf der Donau unterwegs, gestartet in Ingolstadt. Bis vor ein paar Tagen in einer Gruppe von bis zu Hundert Paddlern, dadurch wurden sie häufig geschleust und mussten an den großen Stauanlagen nicht umtragen. Es ist die Tour International Danubien, kurz TID, die längste Gepäckwanderfahrt mit Kanu der Welt. Wegen des Ukrainekrieges endet die Tour in Braila, er will aber weiter bis ans Schwarze Meer und dann nach Süden bis Varna. Chapeau!
Ich probierte dann das Wildzelten in der Donauaue bei Baykal, eine blöde Idee. Ich glaube die Temperatur im Zelt sank erst gegen 4 Uhr morgens unter 30 Grad. Ja Mu, das ist nun die räudigste Zeltnacht meines Lebens, bisher war es die Nacht bei Maglavit vor unserer Donauüberquerung 1993 nach Vidin.
16. August 2024, Turnu Magurele (Großnikopel)
Nach der räudigen Nacht war die Rückkehr in die Zivilisation in Turnu Magurele in Rumänien das Ziel der heutigen Etappe. Erst das Pedalieren bewirkte eine gewisse Frische durch den Fahrtwind. Man glaubt nicht, dass ein wenig Gegenwind so wunderbar beim Pedalieren in dieser Hitze hilft.
Straße in Ulpia Oescus
In Gigen besuchte ich die antike römische Kolonie Ulpia Oescus. Es ist beeindruckend, wie groß die Häuser der Römer im Grundriss damals waren im Vergleich zu den Häuschen in den bulgarischen Dörfern heute.
Donau bei Nikopol
In Nikopol habe ich dann nach Rumänien mit der Fähre übergesetzt (3 Leva als Putnik s velocipedom) und konnte das Ferienappartment in einem alten Ceaucescu-Block im 3. Obergeschoss rechtzeitig okkupieren und dem gewaltigen Gewitter hier entgehen.
An diesem Morgen konnte ich klimagerecht vor dem Sonnenaufgang starten. Trotzdem fand ich eine klitzekleine Banitsarie für ein Frühstück mit Banitsa und Ayran. So sollte es immer sein.
Blick zu den Kletterwänden von Vratsa
Reiche Ernte für den Rakija
Über einige Hügel war ich endlich wieder im Tal des Iskar. In Roman mache ich eine sehr große Pause mit Mittagessen. Ich hatte eine leckere Hühnchensuppe und zwei große Kebaptscheta mit Tschuschki. Weiter führt mich mapy.cz auf einem Radweg in die Richtung zur großen Höhle Prohrodna. Das klappt auch ganz gut bis zum Dorf Kunino. Hier lösche ich meinen Durst in der Runde von drei Lebenskünstlern, einer ein Engländer. Es sollen sich hier im Dorf mit großer Historie acht Engländer angesiedelt haben. Der aus der Runde meinte, er könne von seiner schmalen "Militärpension" hier gut leben.
Iskar Canon Wände
Arme Wasserbüffel: Es hat hier seit Mai nicht mehr geregnet
Weiter bis zum Bhf. Karlukovo wurde es dann ruppig. Mehrmals hielten mich Dornen auf dem fast zugewachsenem Feldweg zwischen Felswand und Iskar an der Schulter zurück. Einmal verlor ich die Kontrolle und preschte voll mit dem Gesicht ins Gebüsch ... ohne Dornen, G.s.D. Die größte Angst bestand jedoch vor einem Platten durch Dornen.
Das Dorf Kunino
Ich hatte auf Google ein drei Tage alte freundliche Rezension über das Nationale Höhlenhaus oben an der Prohrodna-Höhle gelesen und hoffte dort eine Übernachtung zu finden. In der Tat hat der letzte Bedienstete des Restaurants der Koch nach schweren Aufstieg vier Bier und ein Bett anzubieten. Ich war so dankbar. Für 35 Leva musste ich die ganze Nacht den Ventilator laufen lassen, um es in dem Zimmer unter dem Dach einigermaßen aushalten zu können. Die Höhle gucke ich mir morgen früh an.
Das ist nun auch für die Bulgaren keine normale Hitze mehr. Google faselt auf meinem Telefon was von 39 Grad. Leider konnte ich von der Oase nicht allzu früh starten. Es musste erst das Campingplatztor geöffnet werden, das war gegen 9 Uhr, da war es in der Sonne schon zünftig. Es wurde aber erstmal eine schöne Strecke durch den Iskar Canon.
Iskar
Es gab schon unterwegs etliche Warnschilder, in Lyutibrod stand dann ein Verkehrsverbot für Alle. Der Radler an sich ignoriert ja sowas. Ich hatte freie Fahrt von jeglichem Autoverkehr, dann auch auf der Autobahn #1/E49 von Botevgrad kommend. 2019 bin ich hier noch mit meinem Toyota lang gefahren. Auf der Gegenfahrbahn kamen immer mal ein paar Dumper, ich hatte lockeres Pedalieren bis zur Baustelle einer neuen Anschlussstelle und Brücke für Mezdra. Vom Baustellenschutzhund attackiert fand ich die geplante Ausfahrt als Schotterstrecke Richtung Darmantsi. Von dort führte mich der Radweg auf mapy.cz über einen Hügel hinein nach Mezdra. Zum Mittag hatte ich einen Ljuto Kjufte von einem offensichtlichen Spezialisten, hier gab es eine beträchtliche Schlange von Gourmets diverser Grillspezialitäten. Nach dem langen Besuch einer Bar in dieser niedlichen Kleinstadt beschloss ich in der Hoffnung auf ein klimatisiertes Zimmer ins Hotel "Ariel" zu gehen. Für 60 Leva die Nacht legte ich mich gegen 17 Uhr nach nur 25 km hin. Es war eine gute Nacht.
Ich muss noch über die Busfahrt vorgestern berichten. Der Chefbusfahrer hat in Prag wegen meines "Spezialgepäcks" so lange gejammert, bis ich ihm die üblichen 20€ gegeben habe. Die Grenzübergänge waren eine Katastrophe. Komme mir nur niemand mehr mit Forderungen nach mehr Grenzkontrollen. Die Verspätung verlängerte sich auf 5 Stunden. Bei Pirot fuhr der Bus plötzlich rechts ran, Motoren aus, Klimaanlage aus, draußen 40 Grad. Es wäre was mit der Elektronik, da kann man ja nie was machen. Der Chefbusfahrer telefonierte, seine Helfer bastelten ein Bissel hinter diversen Klappen am Bus. Dann kam ein 2008er Citroen C2 aus Bulgarien, ein Monteur kletterte mit einem Franzosen und weiteres Werkzeug in einem Lederwickel über die Mittelleitplanken. Und dann hatte er noch die Lösung hinten im Kofferraum: Zwei 20l-Kanister Diesel. Kräftige bulgarische Fahrgastmänner hievten die Kanister über die Mittelleitplanken und betankten den Bus. Es konnte weitergehen. Das meiste an Krafststoff ging dann für die Klimaanlage beim Warten vor der serbischen und bulgarischen Grenzkontrolle drauf. Dann noch direkt hinter der Grenze in Bulgarien nachtanken. Wir erreichten den Sofioter Busbahnhof gegen 18:30 Uhr Ortszeit.
Ortsausgang Sofia, hinten das Witoscha
Ich bin ohne Frühstück von meinem schönen AKORD-Hotel weg. Schnell den Radweg zum Iskerdurchbruch gefunden. Der ist am Anfang bis Svoge ziemlich anspruchsvoll bei der Hitze. Es geht hoch über dem Fluss manchmal über 600 m hoch entlang. Bis Svoge waren es knappe 50 km, sollte für eine Hitzetappe ausreichend sein. Es sollte auch Unterkünfte geben ... die hatten aber keine Lust auf einen alten Radler.
Tserovo
Iskar Gorge
Also weiter im abnehmenden Sonntagsausflugsverkehr. Je steiler die Wände der Iskar Gorge wurden, desto entspannter war das Pedalieren unten auf der Straße. So kam ich noch gegen 20 Uhr Ortszeit bis Zverino mit einem Hinweisschild rechtsweg zu einem "resort & spa Oasis". Der Chef bot mir auf Nachfrage ein Hotelzimmer für 100 Leva an. Ein Händedruck bekräftigte das Geschäft. Dann kam er wieder: "Ein Problem!" Sie hatten am Wochenende das Haus voll, seine Mädels haben noch kein sauberes Zimmer zum Anbieten. "Du hast ein Zelt?" Er rangierte ein Golfcart und lud mich ein, mir einen Zeltplatz zu zeigen. Wir rauschten durch eine Anlage mit allem Schnick&Schnack: Diverse Bassins, ein Angelteich, großer Kinderspielplatz mit Hüpfburg, dazwischen immer wieder Chalets, gleich neben einem Freiluftausschank wies er mir den Platz zum Zelten an. "Besplatno - ohne bezahlen. Ich bin der Boss!" "Tuka banja muzi" mit warmen Wasser. Der Typ sah aus wie der Milliardär Kühne, nur mit weniger schadhaftem Lächeln. Nach dem Aufbau bin ich wieder runter ins Restaurant neben das LED-illuminierte Bassin. Ich habe dem Mädchen der Bedienung vom eingesparten Übernachtungsgeld ein ordentliches Trinkgeld gegeben.
... ein Bissel weniger Scheiße für Radler. Aber in den Vierteln der Reichen unter dem Vitoscha ist es nix mit entspanntem Pedalieren. Immer wieder enden Einbahnstraßen an Baustellen für neue Villen. "Nema put!" rufen die armen Bauleute hinterher, die auch am Sonnabend fleißig sind, um den Reichen neue Villen zu bauen. Dann fand ich eine sehr besondere Kneipe im Stadtteil Lozenets "Birariâ Stambolov", die meinen mittlerweile riesigen Durst löschen konnte. Ein unbeschreiblich umfängliches Biermenue aus allen Biergebieten Europas, allein 23 verschiedene Fassbier. Unter den Flaschenbieren konnte man auch das Schlenkerla aus Bamberg für 7,80 Leva die 0,5er wählen. Ich hatte das Präsidentenbier der bulgarischen Brauerei "Dondukov", kann locker unter den Spitzenpilsenern mithalten.
Dann war ich auf meine alten Tage zu einem Rockkonzert im "Cabana, est. 2018" im Park vor dem nationalen Kulturpalast. Die Grungeband (2* Gitarre, Bass und Schlagzeug) muss eine bulgarische Berühmtheit sein, die Leute haben fast alle Lieder mitgesungen und mitgehoppst. Die bulgarische Sprache geht für die Rockmusik!
Nun bin ich also in Rumänien, in der Walachei, in Turnu Măgurele. Die Stadt hat sogar einen deutschen Namen: Großnikopel. Es war wieder ein lockeres Pedalieren in durchaus interessanter Landschaft. Es ziehen sich lange Hügelreihen zur Donau hin.
Ich bin dem Fluss Osam gefolgt, der bei Nikopol gegenüber der Oltmündung in die Donau fließt. Das Ufer der Donau ist hier durch steile Riffe geprägt.
Es galt aber erst einmal, an dutzenden wartender LKW bei etwas Gegenverkehr vorbei zu manövrieren. Soviele LKW haben mich gar nicht überholt? Dann erreichte ich Nikopol mit seinem Hafen.
Hier legt auch die Donau-Dampfschiffahrt zur Stadtbesichtigung an: Das Flussfahrgastschiff "#ms Nestroy". Nach einer Besichtigungsrunde durch Nikopol bin ich wieder zum Hafen. Ich habe mich an den LKW vorbei gemogelt, stand vor der Fähre, wo mich die Fährleute auch gleich drauf winkten. Das muss aber einer von der Grenzpolizei mitgekriegt haben. Ich wurde freundlich aufgefordert wieder von der Fähre zu verschwinden, ein Billett zu kaufen und zur Grenzkontrolle zu gehen. Ein Grenzpolizist hat mich oben gleich empfangen und mir gezeigt, wo die ganzen Schalter sind. Nach dem Prozess war natürlich die Fähre schon drüben in Rumänien.
Ich habe mich nett mit den rumänischen Truckern unterhalten. Einer bot mir dann später sogar einen Lift bis Bukarest an. Von drüben brachte die Fähre nur zwei Sprinter und einen LKW mit. Ich wurde als Erster auf die Fähre gebeten, mit mir fünf LKW.
Feuerschutz ist wichtig auf einer Fähre!
Hotelmäßig kackt Rumänien aber jetzt erstmal gegenüber Bulgarien ab, die letzten beiden Gäste in diesem Betonteil waren wohl Elena und Nicolae.
Nach dem Ruhetag bin ich wieder zeitig aufgebrochen, um dem Verkehr bisschen aus dem Weg zu gehen. Aus den Schluchten der Omega-Stadt Weliko Tarnowo raus zu kommen, ist nicht trivial. Der Fluss Jantra abwärts ist von der Europastraße # E85 besetzt. Ich habe den Weg Jantra aufwärts nach Westen gewählt zum Mühlendorf Pushevo. Viele der Häuser haben am Tor einen Mühlstein positioniert. Langsam verschärft sich die Lage mit den Hunden. Es werden mehr, die herum lungern. Ich muss oft absteigen, um sie zum Horizont zu verjagen. Sie sind dann aber schnell wieder zurück und kommen den Waden des alten Bären nah. Noch habe ich mehr Ausdauer beim Sprint. Von nun an führt die Route nach Nord-West hügelig.
In Musina besuche ich eine Wasserhöhle "Musinska Peŝera". Hier haben die Römer im 2. Jhdt. nach Trajans Sieg über Dezebals Daker das Wasser gesammelt und in die Stadt Nicopolis ad Istrum geführt. Vom Wasserbau verstanden sie was. Nicopolis ad Istrum lag in der Nähe des heutigen Ruse an der Jantra.
Einige Meter war ich drin in der Höhle. Ich bin jedoch wacklig auf den Beinen und es war glitschig.
Von einigen der Hügel im weiteren Verlauf der Straße konnte man noch den Schnee auf dem hohen Balkan sehen. Jetzt bin ich in Lewski. Morgen werde ich die Donau erreichen. Das bulgarische Geld reicht noch zwei Tage.
Das hat der heutige Tagebucheintrag gekostet ... zugegebenermaßen Einer der Teuersten.
Das Städtchen Elena hat einige Sehenswürdigkeiten aus der Възраждане, der Zeit der Wiedergeburt Bulgariens zu bieten. Alles aber nicht so museumsmäßig aufgemotzt, sondern als bewohnte Altstadt.
Eine Sehenswürdigkeit werdet ihr aber in keinem anderen Reiseführer finden ... nur hier.
Hier steht vor einem kleinen Kaffee der legendäre goldene SR2 mit den zwei Westspeichen.
Baujahr 1959. Vielleicht aus der gleichen Serie wie der SR2 meines Vaters, das einzigste Kraftfahrzeug mit fossilen Antrieb, das er besaß.
Durch ein schönes Tal führte die heutige kurze Etappe in die beeindruckende Stadt Veliko Tarnowo.
Hier verbringe ich mal wieder einen Ruhetag. Es soll morgen regnen, voraussagte mein Wettermann Gert.
Heute galt es eine Etappe von reichlich 60 km in den Bergen des Stara Planina zu absolvieren, generell bergab. Ich verabschiedete mich herzlich von der freundlichen Dame in der Pension "Lefterovka" in Kotel. Nachdem ich wieder auf den Kotlenski Prohod hoch gestrampelt bin, folgte ich nach einem kleinen Hundekampf dem bulgarischen Radweg #3 "Durch den Balkan".
Es ging über einige Huckel immer durch den Wald, doch eben generell bergab. Erst nach über zwanzig Kilometern gab es das Dorf Kipilovo, ohne Logistik. Es war nun schon fast Mittag. Das nächste Dorf namens Maisko machte seinen Namen alle Ehre. Laute Etno-Musik durchschallte das Dorf, überall dubelte der Grill, von allen Seiten strebten alte Karren und junge Weiber dem Geschehen zu. Ein Volksfest unter strenger Aufsicht der Gendarmerie. Mit Livemusik.
Ich habe viele Freunde gefunden, einige wollten mir unbedingt ein Beil oder ein riesiges Haumesser verkaufen. Ich hatte 2 mal 2 ca. 15 cm lange Kepabtscheta und zwei Bier, dazu zwei weitere Freibier. Es war fantastisch.
Ich bin jetzt in Elena, der Heimat des bulgarischen Schweinefleischs in Form des Филе Елена (File Elena).
Das ist ein luftgetrocknetes und gepresstes Schweinefilet. In Bulgarien wird bereits seit Jahrhunderten Schweine-, Rind-, Schaf- und Ziegenfleisch gepökelt und in der besonderen Luft des Balkans getrocknet.
Ich muss heute einen Fehler im Tagebucheintrag vom 28. April korrigieren. In der Tat habe ich da das Stara Planina überquert, aber keinesfalls die Wasserscheide zur Donau überwunden. Ich war im Tal der Kamchia. Das ist der Fluss der südlich von Varna in das Schwarze Meer mündet und immer ein Traumziel in meiner Sandalenzeit war. Kurze Erläuterung: Als "Sandalen" wurden von den Bulgaren früher die Ostdeutschen wegen ihrer Jesuslatschen bezeichnet.
Nach dem Besuch der Ruinen des großen Klosters Preslav aus dem 9. Jhdt. fuhr ich das Kamchia-Tal aufwärts. In Mengishevo bin ich dann auf den bulgarischen Fernradweg #3 "Durch den Balkan" gestoßen, dem ich jetzt folge. Dieser Radweg verspricht einsame Straßen, aber Asphalt. Ich kam wieder durch eine Reihe von türkischen Dörfern. Ich schrieb es schon früher, die Bulgaren beschränken wohl den Ausbau der Minarette.
Im Dorf Velichka gab es wieder eines dieser lustigen Minarette aus Blech. Weiterhin beobachte ich, dass es in türkischen Dörfern keine Zigeuner gibt. Diese Beobachtung muss ich aber noch verifizieren.
Hier noch eine Illustration zur Energiekrise, non stop is over.
obl. Sliwen. Damit habe ich das Stara Planina wieder überschritten.
Die Schilder am Pass weisen das Kampfziel für den 1. Mai. Ich werde mich zum Kampftag über die Gipfel kämpfen. Ich brauche heute wieder kein Zelt und bin in Kotel bei einem netten Ömchen in der Pension "Lefterova" untergekommen.
In Asparuhovo befindet sich ein Treibstofflager der LUKOIL. Da standen heute Morgen schon zehn Tanklaster und warteten auf die Abfertigung, damit sie von den Neigen in den Tanks noch was abbekommen. Offensichtlich von kleinen Händlern, alles Laster mit deutschen und österreichischen Beschriftungen. Paar Kilometer weiter steuerte ich für einen ersten morgendlichen Kaffee eine Tankstelle an. Dort nutzte gerade Einer den Preis von 3,15 BGN der Liter Diesel, um zwei Reservekanister zu füllen. Fürs Füllen hat es aber nicht gereicht: "125 Lewa!" Die hatte er bereits in der Hand. Richtig gemacht! Nur eine Hand voll Kilometer weiter an der nächsten Tankstelle, war der Chef gerade beim Umpreisen, 3,15 auf 3,18 BGN.
Im Dorf Partizani hat einer mit seinem Sohn die Energiefrage beim Haus bauen durch Lehmziegel beantwortet. Es finden sich hier viele Außenmauern ums Grundstück aus Lehmziegel.
Neue Ziegel habe ich nur bei diesem Projekt gefunden. Heute habe ich auch die ersten Reiseradler getroffen, ein indisch-englisches Pärchen auf dem Weg von England nach Georgien. Sie waren sehr von Serbien fasziniert.
Ich meide meistens Kneipengespräche, heute konnte ich mich nicht entziehen. Die Inhalte solcher Gespräche sind meist gleich: Woher, wohin, wie geht's der Familie (dafür habe ich immer die Legende von der toten Frau und zwei erwachsenen Kindern), um dann zur Politik zu kommen. Den Krieg in der Ukraine versteht keiner. Putin ist ein Idiot und in Bulgarien würden sie ihn Putler nennen. Wegen ihm steigen die Preise. Die sind auch schon vorher gestiegen. Mir als €-Reisender nutzt das aber garnix, der Lewa ist mit dem Kurs der DM fest an den Euro gekoppelt. Zum Schluss gaben sie mir aber noch gute Tipps für meine Weiterreise Richtung Veliko Tarnovo. Ich bin jetzt in Veliko Preslav am Oberlauf der Kamchia. Vorher habe ich noch eine Schleife durch die furchtbare Stadt Schumen auf der Suche nach einer Wechselstube gedreht. Es ist die Stadt des sozialistischen Brutalismus. Ich will nicht miss verstanden werden, der Brutalismus ist eine anerkannte Richtung der Architektur, gesponsert von der Zement- & Betonindustrie.
Auf dem Tafelberg von Schumen gibt es ein riesiges Betondenkmal, in der Stadt jede Menge derartige Gebäude. Am gespentigsten sind die unfertigen Ruinen.
Ich bin heute morgen zeitig los. Ich wollte wieder zurück nach Aytos, um dann auf der Straße #208 gen Norden über den Stara Planina zu strampeln. Die Bulgaren haben tatsächlich auf der Hauptstraße #6 einen Radweg BP5 ausgewiesen. Da musst Du früh los, bevor die LKW kommen. In der Tat, kurz nach 8 Uhr morgens kriegte ich eines der besten Frühstücke in einer Raststätte kurz vor Aytos. Ich hatte einen Kaffee, eine Bohnensuppe nach Hajduckenart und ein Pirinsko, alles zusammen für knapp 3 €. Das ist für mich wie für eine Schildkröte ein taufrisches Salatblatt.
Hinter Aytos ging sofort der Aufstieg auf das Stara Planina los, auf 400 Höhenmeter. Für ein Gebirge, dessen höchster Berg über 2000 m geht, ist das ein Fahrrad freundlicher Pass.
Mein Mittag gab es direkt am Europawanderweg E3 am Spieletisch. Ich hatte ein Stück Pizza, einen großen Ayran und ein Pirinsko.
Bald erreichte ich den Bezirk Varna, was der Beweis ist, dass ich tatsächlich die Wasserscheide zur Donau überwunden habe. Hier bin ich jetzt in Asparuhovo in einem Urlaubskomplex Ovchaga untergekommen.
In der Umgebung befinden sich die Čudnite Skali, Asparukhovo, region Oblast Warna, Bulgarien.
Früher führte durch diese Felsen die alte Straße. Abendbrot gab es aus dem Laden. Ich hatte Butterbrot mit leckerer bulgarischen Zervelatwurst und zwei Pirinsko. Ein weiteres Pirinsko hatte ich, um diesen Beitrag flüssig zu schreiben.
Ich hatte ja viel Zeit zum Pläne schmieden für die Tour. Eine Variante bestand tatsächlich darin die Küste des Schwarzen Meeres nach Norden bis ins Donaudelta zu fahren und meine Kosakenfreunde in Transnistrien besuchen. Aber möglicherweise belagern die gerade Odessa.
Ich habe mich nach Norden gewendet. Womöglich hat die Rückreise begonnen.
Ich bin am Morgen des zweiten Osterfeiertags und damit in einem stillen Zarewo gestartet. Auf dem zentralen Platz konnte ich dann die Auflösung des Ostergrußes lesen. Ich habe immer mit einem "Tschastlivinje Velikden" gegrüßt, wobei ich die Endung von Tschastlivinje sehr genuschelt habe. Was sehr freundlich aufgenommen wurde und mit einem für mich unverständlichen Spruch beantwortet wurde. Die korrekte Antwort war: "Xristos Woskresen" - Christus ist auferstanden.
Es wurde eine lange Etappe über kleine Dörfer und sonnige Hügel. Hier einige der Ort zum Nachradeln auf der Karte.
Jasna Poljana - Novo Panicharovo - Marinka - Dimchevo. In der Lagune vor Dimchevo konnte ich Pelikane beobachten.
Prisad - Debelt - Trastikovo - Rusokastro (die Geschichte der Burg muss ich noch recherchieren) - Troyanovo.
In einem Wäldchen hinter Troyanovo bin ich dann rechts rein zum Zelten. Diese Etappe hat sehr geschlaucht. Ich hatte einige Probleme mit Krämpfen.
Dann zum Frühstück rein nach Aytos. Weiter über Weinhänge und durch die türkischen Dörfer Karageorgievo, Topolitsa und Cernograd nach Karnobat.
Hier werde ich einen Ruhetag morgen einlegen. Die Knucha tun ach su sihre wieh - würde der Schlesier sagen.