28. - 30.10.2017; Teilnehmer: Der Abt, Ralf, Manne, Helmut, Jenser und EbsEls
Endlich war es soweit, es dämmerte, ich konnte aufstehen. Pinkeln war
schon seit drei Stunden notwendig. Nun also endlich aufstehen.
Gestern Abend in der Kneipe der Chata Pláně pod Ještědem hat die Wirtin
uns immer wieder vor dem herannahenden Sturm mit 130 km/h gewarnt, sie
wies bei jedem Wetterbericht auf den Fernseher. Einen Platz in ihrer
Herberge wollte sie uns aber nicht anbieten. Ralf fand auf der Leeseite
des Jeschkenkamms einige moosige Plätzchen im Wald für unsere Zelte,
dann gleich in der späten Dämmerung dort aufgebaut.
Der auch noch am Morgen mächtige Sturm riss mir den Apsidenvorhang des
Hubba Hubba aus der Hand, die Böe blies zwei Liter Graupelregen in mein
Zelt. Der Häring zum wieder Abspannen des Zeltes war nicht mehr im
Laubblatthumusboden zu finden. In Unterhosen bei immer wiederkehrenden
Böen mit Graupelschauer begann ich mit den Abriss des Zeltes. Plötzlich
spreißelte 20 m hinter mir Holz, ein Baum knickte ab und krachte zu
Boden. Dem einem Gott zum Dank, nicht auf die Zelte meiner Freunde, die
noch in ihre mehr oder weniger trockenen Schlafsäcke gekuschelt, auf das
Ende des Regens warteten. Ich fand einen halbwegs windschattigen Platz
bei der anderen Herberge, um meine sieben Sachen mit klammen Fingern
notdürftig zu ordnen. Die Temperatur lag knapp über dem Gefrierpunkt.
Der windschattige Platz bot uns auch ein paar Bänke und Tische für das
Frühstück. Wir setzen unsere Wanderung auf dem Kammweg zum Gipfel des
Jeschken fort.
Das Heulen und Donnern des Sturms um den Turm auf dem Jeschken war
überaus beeindruckend. Nach dem mehrbierigen Besuch des Turmrestaurants
ebbte der Sturm etwas ab. Vom Zelten waren alle geheilt, die nächste
Übernachtung sollte in einer festen Unterkunft sein. Als es langsam
dämmerte, erreichten wir den Křižanské Sedlo zum Kryštofovo Údolí. Dort
sollte es eine Pension Novina
geben, schnell gefunden, aber alles dunkel. Ab 16 Uhr sollten Gäste
laut eines Aushangs Eingang finden. Dieser Zeitpunkt war verstrichen,
der Abt, Ralf und Manne hatten keine Geduld, sie suchten in Novina nach
Alternativen. In der Tat gab es aber einen großflächigen Stromausfall,
niemand wollte Gäste ohne Strom in eine der zahlreichen weiteren
Pensionen aufnehmen. Wir entschlossen uns in der Hoffnung auf eine
Zugverbindung zum nächstgelegenen Bahnhof in Křižan zu laufen. Dort
stand sogar ein Triebwagen, der Bahnhofsvorsteher sagte jedoch: “Keine
Strom, Autobus kommt erst morgen früh.” Nach einigem Hin&Her ließ er
uns aber im Warteraum, dessen Nachtspeicherofen noch ein wenig Wärme
und Trocknung spendete, bofen.
Kurz vor Sechs sprang das Licht an, wenig später offenbarte der
Bahnhofsvorsteher den Bofern: “In 10 Minuten fährt der Bus nach
Liberec.” Naja, so schnell sind wir nicht fertig. Wir verfrühstückten
unsere flüssigen und festen Proviantreste. Ich hatte die Lust komplett
verloren: “Ich will heim!” Die anderen Fünf sind noch einen halben Tag
lang bis in die Gegend von Jítrava gewandert und mit dem Bus nach Hrádek
nad Nisou. Auf der Heimfahrt erhielt der Sturm durch die
Zugausfallanzeigen auf den sächsischen Bahnhöfen auch einen Namen:
Herwart.