Um den 9. Mai 1945
wollte mein Opa noch ein paar in Habelschwerdt (heute
Bystrzyca
Kłodzka) eingelagerte Sachen holen. Er lud die
Sachen auf eine Radbahr und marschierte in Richtung Breslau.
Eine Radbahr ist „ein einrädriger Schiebekarren mit einem
kastenartigen Aufsatz“ (Siebenbürgisch-sächsisches
Wörterbuch Bd. 9 Q-R). Wir haben uns diese Gegend, das Glatzer
Gebiet in den polnischen Sudeten, als Ziel für unsere
Herbst-Rad-Tour dieses Jahr vorgenommen.
4.10.2013
Wir sind erst mal nur eine Vorhut: 5 Leute steigen
in Wroclaw mit den Rädern aus dem Zug. Aus der Stadt raus geht es
ein Bisschen Zick&Zack, aber dann ist es lockeres Pedalieren auf
dem EuroVelo #9 nach Süden. Treffpunkt soll ein Zeltplatz bei
Kamieniec Ząbkowicki
(deutsch Kamenz) sein.
Das sind ca. 100 km, wofür wir
zwei Etappen planen. Wir
wollen auf den Zobten (Ślęża), den „schlesischen Olymp“. Sven
wird diesen Ritt morgen in einem Tag pedalieren, die Schwager
erreichen
Kamenz mit dem Zug.
Der „schlesische
Olymp“ wird schon bei Tacitus in seiner Germania als Sitz diverser
barbarischer Götter genannt. Für die Breslauer war das der
Wetterberg, denn so hieß es: "Denn
warsche blau, do kunnt ma Rägen spieren und warsche grau, da gingen
ber spazieren."
Wir glauben Sobotka erreicht zu haben und finden
in einem Park in der Nähe einer Kneipe eine Stelle zum Biwakieren im
Zelt.
In Kamenz (Schlesien) haben wir uns doch
wirklich alle getroffen. Der Sven kam mir auf dem Weg zum
Campingplatz entgegen, geschlossen. Auf der Suche nach einem
Restaurant dann wieder ein Anruf von Jens, sie seien mit Zug auf dem
Weg nach Kamenz. Ein weiterer Anruf dann mit der Hiobsbotschaft:
Helmuts Schaltung ist hin, er muss die Tour abbrechen. Und die beiden
Schwager seien auch da, 10 min später eingetroffen. Es wurde noch
ein schöner Abend mit Schwof für die Mädels und Pizza und Bier für
Alle. Eine Übernachtung in einem Sporthotel wurde noch eingefädelt.
06.10.2013
Ziel der heutigen Etappe ist Złoty
Stok (deutsch: Reichenstein in Schlesien).
Hier kann man ein altes
Goldbergwerk der Fugger besuchen. Gold und Arsen baute man hier bis 1961 ab, bis es die umstrittene und rätselhafte Anweisung von der polnischen Regierung gab, den Abbau einzustellen. Das Bergwerk wurde daraufhin stillgelegt. Man förderte ca. 20-30 kg Gold jährlich, erst 1961 fiel die Produktionsmenge auf einmal auf 7 kg jährlich ab.
07.10.2013
Heute
eine Königsetappe: Über die Glatzer Schneeberge, über das
Habelschwerdter Gebirge zum Eulengebirge. Das kulante Angebot des
VITAL & SPA RESORT SZAROTKA in Zieliniec konnten wir dann nicht ablehnen. Es steht wieder unentschieden zwischen Biwak und Hotel.
Wir erreichen schon zur Mittagszeit die Ortschaft
Karłów (deutsch Karlsberg)
unterhalb des
Großen
Heuscheuer, der Ausgangspunkt für den Besuch des
Heuscheuergebirges. Die
Tafelberge aus Sandstein sind wie aufgeplatzt, wodurch die
sehenswerten Labyrinthe entstanden sind. Gezeltet
auf dem an sich geschlossenen Campingplatz in Karłów.
Die heutige Etappe durchs Braunauer Ländchen ins
Vorland des Riesengebirges war geprägt durch Raddefekte. Während
Evas Schaltung und Kette in einem Lädchen in Broumov (CZ)
einigermaßen gerichtet werden konnte, hatte ich mir in Kamienna
Góra (deutsch: Landeshut in Schlesien) einen
Platten gefahren. Wir wollten den Kompressor einer FIAT-Werkstatt
nutzen. Der Monteur hatte aber keine Ahnung, wie viel Druck auf einen
Fahrradreifen muss. Als das „elektrische Mädel“ warnte, war der
Reifen noch platt. „Geben Sie ruhig 4 bar ein!“ Was der Monteur
auch ungläubig tat. Plötzlich gab es einen mörderischen Knall –
der Reifen war geplatzt. Der Monteur war verschwunden. Ich hatte den
Schlauch nicht richtig montiert, es hatte sich eine Blase gebildet.
Der Monteur stellte uns nochmal die 4 bar ein und verschwand wieder.
Alles sitzt, wir freuen uns mit...
Ein Teil der Etappe führte durch das Braunauer
Ländchen, was zu Tschechien gehört. Der alte Preuße Hindenburg
kannte sich mit der Habsburger Geografie nicht so aus. Deshalb war
Hitler immer der „böhmische Gefreite“. Für Hindenburg gab es
nur das Braunau im Böhmischen.
Die Truppe löst sich auf: Eva & Manne
springen kurz entschlossen in Kowary (Schmiedeberg) in den Bus
nach Hirschberg.
Den Zobten erklommen |
05.10.2013
„O Zutaberg, du schiener blauer Higel du bist unähr a Wächter uffm Turm Du kinnst uns ewig Gutes, ewig Ibel Du kinnst uns Regen, Sunnenschein un Sturm.“
Leider muss ich mal wieder feststellen: Ich reise
gern allein, da kann ich in aller Ruhe Tagebuch schreiben. Ich sitze
gerade mit einem Lech-Pilsener (650mL Flasche) unter einem Schirmchen
bei einem Laden in Uciechow. Habe meine Mittagsration verputzt und
rekapitulieren den Tag. Ich habe meine Freunde verloren. Wir haben in
einem Park unter dem Zobten-Berg gezeltet. Es gab eine gute
Infrastruktur, eine Kneipe mit einem Holzfeuerofen. Es ist nämlich
sehr kalt. Der Wirt hat uns Tee gemacht, den wir mit weißem Rum
verstärkten.
Gleich von unserer Boofstelle führt ein blauer Weg zum Gipfel des Zobten. Sicher, der Jens hat recht, es ist ein Wanderweg. Aber wenn man betrachtet, dass wir wohl eh schieben würden, dann kann man auch einen Wanderweg hoch schieben. Jedenfalls fuhren die Freunde wohl auf einer Asphaltstraße an der Abzweigung des blauen Weges vorbei. Es war ein sehr buckliger und steiler Pfad, aber zu schaffen. Ich also immer den Freunden hinterher, ich glaubte ja sie sind vor mir. Dann klingelte das Telefon, wo ich denn wäre. Sie waren noch weit unter mir. Sie wollten den blauen Pfad noch finden und mir auf dem Gipfel folgen.
Gleich von unserer Boofstelle führt ein blauer Weg zum Gipfel des Zobten. Sicher, der Jens hat recht, es ist ein Wanderweg. Aber wenn man betrachtet, dass wir wohl eh schieben würden, dann kann man auch einen Wanderweg hoch schieben. Jedenfalls fuhren die Freunde wohl auf einer Asphaltstraße an der Abzweigung des blauen Weges vorbei. Es war ein sehr buckliger und steiler Pfad, aber zu schaffen. Ich also immer den Freunden hinterher, ich glaubte ja sie sind vor mir. Dann klingelte das Telefon, wo ich denn wäre. Sie waren noch weit unter mir. Sie wollten den blauen Pfad noch finden und mir auf dem Gipfel folgen.
Ich wartete oben eine reichliche Stunde, es kam
keiner. Die Abfahrt war zu Beginn anstrengend und extrem
holprig. Dann aber ab einem Parkplatz mit sehr schönen pivnicen
(leider, da ohne Freunde, nicht besucht) auf Asphalt hinunter nach
Wiery. Ich fand unseren Leitfaden wieder, den Radweg Eurovelo 9. Mit
dem letzten Anruf informierte mich Jens, dass sie "hinter
Sobotka", östlich des Berges wären. Nun wir verabredeten uns,
dass wir uns wohl erst am Ziel der Etappe in Kamenz
(Schlesien) treffen. "... oder auch nicht", fügte Jens
dann am Ende des Gesprächs hinzu.
Die Truppe ist vollständig angetreten |
06.10.2013
Nach dem Besuch des Bergwerks fanden wir eine schöne Boofstelle bei Sronie Sl. im Bielengebirge (polnisch Góry Bialskie).
07.10.2013
08.10.2013
09.10.2013
Die heutige Tour begann mit einer klasse Abfahrt
hinunter nach Radków
(deutsch Wünschelburg). Wir erhielten ein reichhaltiges und leckeres Frühstück im
Hotel am
Markt. Das Hotel ist sehr schön restauriert. Der Inhaber hat uns viel von der langen Geschichte des Hauses erzählt. Zu beachten: Der Boden
in der Eingangshalle mit der Glatzer Rose.
Wieder in Schlesien fanden wir in Gorzeszów
(deutsch Görtelsdorf) diesen kuriosen einzeln stehenden
Sandsteinfelsen.
Diese Sage versucht eine Erklärung:
Der Teufelsstein zu Görtelsdorf (aus der Sagensammlung von Patschovsky). In Görtelsdorf lebten einst einige Männer, welche dem Laster des Trunkes und des Kartenspiels ergeben waren. Bei ihren wüsten Zechgelagen führten sie gotteslästerliche Reden, und beim Kartenspielen sprachen sie die abscheulichsten Verwünschungen und Flüche aus. Stets entheiligten sie den Sonntag und gaben durch ihr Verhalten den Menschen das größte Ärgernis. Die Männer spielten und zechten sogar an Sonn- und Feiertagen während des Gottesdienstes und auch ununterbrochen an den letzten drei Tagen der Karwoche. Dem Teufel gefiel das Treiben dieser Männer, und damit sie keine Zeit haben sollten, sich zu bekehren, beschloss er, sie in ihren Sünden zu töten, denn dann gehörten sie ihm ganz für immer an. Die Macht, sie zu töten, besaß er aber nur in der Nacht in der Zeit von 12 Uhr ab bis zum ersten Hahnenschrei; denn mit dem letzteren war seine Gewalt gebrochen.Einst spielten diese Männer in der Adventszeit wieder die Nacht hindurch im Görtelsdorfer Kretscham, worüber sich der Teufel gar sehr freute, und er fasste jetzt den Entschluss, die Männer zu töten. Er ging deshalb nach Adersbach, wählte sich aus den Felsen einen passenden Stein, schlang ihn an einer Kette fest und trug ihn auf dem Rücken bis auf einen Berg in der Nähe von Görtelsdorf. Von hier aus wollte er den Stein auf den Kretscham schleudern, diesen zertrümmern und somit die Männer erschlagen. Es war am frühen Morgen, die Nacht breitete noch tiefe Finsternis über die ganze Gegend aus. Die Kirchenglocken waren erst verstummt und die frommen Ortsbewohner eilten zur Kirche, um der Roratemesse beizuwohnen. Plötzlich vernahmen die Spieler im Kretscham ein mächtiges, unheimliches Rauschen und gleich darauf einen gewaltigen Stoß, durch den das alte Wirtschaftsgebäude so erschüttert wurde, dass es in allen seinen Fugen krachte und dass die Fensterscheiben zitterten und klirrten. Zum Tode erschrocken falteten die Männer die Hände zum Gebet, und eine feierliche Stille trat darauf ein. Die Ursache von dem Rauschen und der furchtbaren Erschütterung war folgende: Der Teufel hatte den Stein nach dem Kretscham geworfen, aber während der Stein durch die Luft flog, ertönte zufällig ein Hahnenschrei, durch den die Macht des Teufels gebrochen wurde. Der Stein erreichte nun den Kretscham nicht mehr, sondern fiel schon 300 Schritte von ihm entfernt nieder. Er ist jetzt noch da zu sehen und heißt “der Teufelsstein”. Die Männer, welche nur mit knapper Not dem Tode entgangen waren, nahmen sich diese Warnung zu Herzen, entsagten dem Trunke und führten fortan ein christliches Leben.
10.10.2013
Wir fahren weiter nach Jagniątków
(deutsch Agnetendorf) zu unserem guten Freund, dem Herrn
Gnyp.
11.10.2013
Hinab gebraust nach Tanvald. Dort in den direkten
Zug nach Dresden – nach Hause.