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Donnerstag, Juni 18, 2015

In Tetovo

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17.6.2015 Der Weg nach Tetovo
Früh war der Pass Prevalle im Nebel. Das Wetter hat sich gewendet, es ist nicht kalt, aber feucht.
Im Shar-Gebirge
Hat die deutsche Politik hier mal was richtig gemacht? Vorhin bin ich an einem Bauschild einer Straßenbaumaßnahme vorbei gefahren. Investor: KFOR war zu lesen. Die Leute hier, soweit es Albaner sind, sind zufrieden und zuversichtlich. Auf unsere Angela lassen sie nichts kommen. "Die Deutschen haben uns am meisten geholfen!", sagt mir Einer, der hier gerade getankt hat und spendiert mir ein Bier. In den kleinen serbischen Enklaven, durch die ich bisher gekommen bin, sieht es aber anders aus. Breshovica war mal ein Wintersportort, hier steht ein Hotel wie das " Panorama" in Oberhof - tot. Der Kneiper, bei dem ich in Dinar bezahlen durfte, sprach von "Krise auf dem Balkan". Er freute sich, dass er nachher für eine wichtige Runde die Mittagstafel ausrichten konnte. Draußen döste Lisa, seine Shar-Hündin, und bewachte mein Rad. Das sind richtig große Schäferhunde, kräftig genug, um es mit den Wölfen hier aufnehmen zu können.
Die Gipfel des Shar-Gebirges - diese Spitzen reichen über 2500 m
Ich habe mich vorhin gefragt, was die weißen Landrover mit großen Antennen ausgerüstet machen. Sie standen am Straßenrand. Im Hintergrund war noch ein Unterstand zu sehen. Auf den Fahrzeugen ist ein Signet eines "Halo Trust" zu sehen. Jetzt sind sie hier an meiner Kneipe auf dem Pass, auf dem Rücken ihrer T-Shirts steht Mine Clearence. Einer geht an Krücken und hat einen frischen Handverband. Ich sah bisher auf meiner gesamten Tour keine Warnschilder bezüglich Minen. Auf deren Webseite steht frei übersetzt zum Kosovo folgendes Statement:
Die UN verwaltete ein großes Räumungsprogramm im Kosovo zwischen 1999 und 2001, die in der Erklärung der UN 2001 mündete, dass Kosovo sei frei von Minen.
Aktuell hat der Trust drei Teams und insgesamt 52 Mitarbeiter im Kosovo im Einsatz. Dies sei ausreichend, um mit Minen und Streumunition in einer fristgerechten Weise umzugehen.
UÇK-Heldenschrein in Mazedonien bei Tetovo
Der weitere Weg nach Tetovo war fast nur noch Rollern. Lange fand ich keine Unterkunft, nix. Die scheinen hier nicht viel Touristen ab zu bekommen, trotz der weltberühmten Bunten Pascha-Moschee. In einer Hamburger-Bude mit dem Namen Berlin habe ich dann endlich gefragt, der Eine wies nach rechts, von dort kam ich, der Andere wies in die entgegengesetzte Richtung, die waren keine Hilfe. Endlich die Hotel-Tankstelle Euro Petrol.
Tetovo: Die bunte Moschee
Xhamia e Pashës, was zu deutsch „Pascha-Moschee“ bedeutet
18.6.2015 Ein Regentag
Ich plante bereits zu Hause für Tetovo einen Ruhetag, nun stellte sich auch noch dieser Regentag ein. Die 36€ für die zwei Übernachtungen in der Hotel-Tankstelle waren also gut angelegt. Die berühmte Bunte Moschee fand ich gestern schon, heute war ich an dem Bektashi-Kloster.
Tetovo: Vor der Arabati-Baba-Tekke
Eine Tekke ist ein Zentrum einer Sufi-Bruderschaft (Derwisch-Orden)
Tetovo: Hinter den Mauern der Arabati-Baba-Tekke
Es ist schon lange kein Derwisch-Kloster mehr, die Brandnarben und die Beflaggung zeugen vom widersprüchlichen Geschehen in den letzten Jahren.
Tetovo: Der Friedhof
Es ist hier viel schwieriger eine Kneipe mit Bierausschank zu finden als im Kosovo. Oberhalb der parallel zum Shargebirge verlaufenden Hauptstraße ist es vergeblich. In der Unterstadt ist die Wahrscheinlichkeit etwa fifty-fifty bei guter Vorrecherche. Diese besteht darin, dass ich nach einem Getränkekühlschrank von shkopsko pivo spechte. Es sind hier einige ganz unterschiedliche albanische Strömungen am Werk, hier in Tetovo sehr sunnitisch geprägt.
Gemüsebasar
Auf den Straßen am Kloster ist auch der Basar. Die verkopftuchten Hausfrauen kaufen ihr Gemüse nur beim Spezialisten, zum Beispiel die Frühlingszwiebeln. Ich kam mit einem der Händler ins Gespräch zum Woher&Wohin. Zum Schluss bekam ich drei Schlotten geschenkt. Was soll ich damit tun? Ich bin also damit zu meiner Stammkneipe hier und wollte sie dem Wirt schenken. Das ist eine eher säkulare Kneipe, geführt von Aleksandar. Es entwickelte sich ein großartiger Nachmittag. Meine Zwiebeln wurden mit Gurken, Oliven, etwas Salz und Öl dar gereicht.
Tetovo: Bei meinem Freund Aleksandar. Mazedonische Spezialität: Als Meze, oder Meza (kyrillisch Мезе, Меза) perfekt zum Bier
Dann gab es eine ganz überraschende mazedonische Spezialität: Sprotten! Ich habe nicht herausgekriegt, ob die Fischchen mal im Ohrid-See lebten. Dazu von jedem Gast einen rakija. Die albanische Runde, auch ein Schnäppschen trinkend, erhielten eine fast 1m-Durchmesser Pfanne mit gegrilltem Gemüse, dort durfte ich auch kosten.
Im Hof der Bunten Moschee
Ich bin hier im Orient, glaubt mir! Der Orientale vermag es seine Ware auch ohne aufwendige Verpackung zu präsentieren. Schon gestern verharrte ich vor dem Schaufenster einer mulleri. Das ist ein Laden für alles Kernige, ggf. wie beim Kaffee auch gemahlen, Nüsse und daraus bereitete Köstlichkeiten. Die Behältnisse mit allerhand Nüssen sind immer gleich gefüllt und der Spiegel ist zum Kunden angeschrägt, in jedem Behältnis kongruent. Was dieser Laden an Kaffeevarianten hat, da müsste ich zu Dallmeyer nach München reisen.

Dienstag, Juni 16, 2015

Das Shar-Gebirge

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Prizren: Die alte Brücke über den Fluss Bistrica
Die Sinan-Pascha-Moschee in Prizren hatte bis ins 20. Jhdt. das höchste Minarett des Balkans.
Die Schlucht der Bistrica
Dafür habe ich den ganzen Tag gebraucht, von Prizren nach Prevalle auf 1500 m im Shar-Gebirge. Mit Mittagessen bei einem mächtigen Türken und später einem Nickerchen im Schatten. Unten war ich noch zu Gast bei der albanischen politischen Lokalprominenz. Mit den Serben vom Nachbardorf Sredska kämen sie gut aus. Es sind wohl nicht mehr viele im Nachbardorf. Dreie plus Wirt traf ich in der Kneipe zum Mokka und rakija.
Haus der Kultur in Sredska, ausgebrannt im Juni 1999
Als ich die Standortmarkierung der deutschen PzArtBatt KFOR fotografierte, pfiff der Polizist hinter mir her. Er wollte aber nur sein Missgeschick mit der Deutschen Bahn los werden: Auf Wochendticket von Braunschweig nach München, in Nürnberg Zug kaputt, mit ICE weiter und nochmal 64€ draufgezahlt. Solche Geschichten über unsere Bahn kriegst du mittlerweile schon im Kosovo erzählt.
Oberer Teil des Bistrica-Tals im Shar-Gebirge mit dem Goranen-Dorf Gornje Selo
Die oberen Dörfer des Tales waren Dörfer der Goranci. Das sind moslemische Slawen, Mittelpunkt des Dorfes ist die Moschee und die Frauen laufen in sehr schönen Pluderhosen und buntem Kopftuch rum.

Montag, Juni 15, 2015

Der Weg nach Prizren

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Gestern noch ein spannendes Gespräch mit den Besitzern des Hotels Çardak in Pejë gehabt, zwei Brüder. Der eine versuchte mir die widersprüchliche Geschichte des Kosovos zu erläutern. Es leben hier 30% Katholiken, 70% Moslems und Serben. Es hätte hier praktisch keine Kämpfe gegen die Deutschen im Weltkrieg II gegeben, mit den Italienern hätte es Probleme gegeben. Leider konnte ich nicht richtig folgen, die Sissi aus Stuttgart schwätzte mit dem anderen Bruder. Sie will am 16.11.2015 in Peje dort im Restaurant ihren 55. Geburtstag feiern, ich bin eingeladen. Nach einigen Malorca-Abenteuern und vielen schwäbischen Automarken ist sie abgebrannt im Kosovo gelandet und macht jetzt mit ihrem Lebensabschnittsgefährten in Wasser. Diese Story ist reif zum Verfilmen für SAT1.
Kloster Visoki Dečani
Gerade konnte ich slowenische KFOR-SoldatInnen bei ihrem Dienst beobachten. Ich bin in Decan und besuchte das serbische Amselfeld-Kloster hier, UNESCO-Weltkulturerbe. Man muss beim KFOR-Posten seinen Pass abgeben und erhält einen Besucherausweis, heute zusammen mit einer Rentnertruppe aus Japan. Am Posten und im Kloster überall Schilder zum Fotoverbot, bei der Ausrüstung der Japaner aber vergeblich. Sie waren neben den Fotokameras noch drahtlos mit ihrem Reiseführer verbunden, damit sie seine Erklärungen mit ihrem Reiseführerbuch vergleichen konnten. Alles sehr geordnet und höflich. Ich musste mir nur hinter einem KFOR-Jeep lange Hosen für den Klosterbesuch anziehen.
Auf dem Weg nach Prizren: Die Schneider (Terzijski)-Brücke über den Erenik bei Đakovica, Kosovo
Der Weg nach Prizren war arm an Schatten, windig und reich an Verkehr. Aber ich bin mir sicher, ich habe mit dieser Etappe die beiden schönsten Städte des Kosovo verbunden. Heute früh noch im Basar in Peje an einem Brunnen einen Kaffee. Nun unter der Festung von Prizren das dritte kleine Bier. Mittlerweile, jedenfalls die drei Tage bisher, hat KEDS der hiesige Energieversorger sein Netz im Griff. Man sieht noch ein paar Dieselgeneratoren auf den Dächern, aber sogar die Festung und die Moschee sind hier illuminiert. Ein Höhepunkt im Vorfeld von Gjiakove war das Restaurant Te Bungat Hereq in einem Eichenhain mit diversen Brunnen und Bächlein zwischen den Sitzinseln, ein Muster von einem Biergarten.
Prizren vor dem Shar-Gebirge

Sonntag, Juni 14, 2015

Gryka e rugovës: Kann ein Sonntag schöner sein

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13.6.2015 Ein neuer Länderpunkt: Kosova
Das Motel Grand am Ausgang von Rozaje Richtung Berane war großartig, Niksicko pivo, ein gutes gebackenes Schweinefleisch, eine fast heimische Kartoffelsuppe, viel Internet und ein kühles Zimmerchen - alles zusammen für sage und schreibe 25€.
Holzernte oder Holzklau: Die Laster sah ich dann später auf dem Weg ins Kosovo
Wie immer bin ich vor Sieben los, aber nicht weit zeigte das montenegrinische Tourismusentwicklungsbüro einen Radtrail zur Quelle des Ibar an. Da bin ich mal rein in das enge Tal, aber nach einigen Kilometern wieder umgekehrt, es sollte ja noch vor dem Aufstieg ein ordentliches Frühstück geben.
Ideen für Rad und Wanderstiefel

Wenn man von der Hauptstraße in Rozaje in die kleinen Gassen abbog, roch es überall lecker nach pekara. Ich wählte eine bosniakische Bäckerei, drinnen ein leckeres Mädel, aber sonst war außer ein paar Waffeln und großen Broten nichts für mich zu happern. Ich fragte nach einer Portion burek, sie antwortete: "Mantije!" Ich konnte damit nichts anfangen und wandte mich ab, sie rief hinter mir her und zeigte mir das Blech in ihrem Ofen. Es waren lauter Tischtennisball große Buchteln aus Blätterteig gefüllt mit gehacktem Fleisch. Sie packte mir 10 Stück auf einen Teller und übergoss sie mit saurer Sahne, dazu gab es einen Becher Joghurt. Preis: 1,40€.
Aufstieg zum Pass: Die Moschee in Dacići
Am Kula-Pass
Nach einigen Runden durch das Städtchen und einer weiteren Portion burek startete ich den Aufstieg zum Pass hinüber ins Kosovo. Rozaje liegt auf über tausend Meter Höhe, trotzdem braucht es noch knapp 600 Höhenmeter um dann in das Amselfeld hinunter zu stürzen.
Abfahrt vom Kula-Pass ins Kosovo
Spektakulär, die Abfahrt! Bevor meine Reifen beginnen zu brennen vom Bremsen, steht die erste kosovarische Kneipe am Weg. Hier koste ich schon mal vor - das birra Peja, das Bier aus Pec, dem ersten Hauptziel dieser Tour. Morgen soll es in die Rugova-Schlucht gehen.
Das Gewitter gerade würde wohl auch den Tropen gerecht werden, Golfball große Blasen vom Regen und Blitz&Donner im Minutentakt. Ich sitze beim 3. birra Peja im Trockenen. Es ist für mich immer sehr spannend in ein neues Land zu kommen, ich bin gespannt, ob die Vorurteile stimmen, worauf kann ich mich freuen und wovor muss ich mich in Acht nehmen. Ich bin dann sehr aufmerksam und suche die Zeichen an der Wand. Meine Kneipe hier ist dekoriert mit der amerikanischen und der albanischen Flagge. Neben mir bis eben drei Aufschneider, die sich nur mit ihren neuesten iPhones unterhielten, zwei der Kerle sind gerade in einem AMG S-Klasse-Super Coupé mit Flügeltüren weg. Soweit die Bestätigung der Vorurteile. Positiv für mich ist im Gegensatz zum bosniakischen Sandszschak die größere Toleranz zum Bier. Hier kriege ich ein kriegl Bier aus Pec/Peje. Vergleichsweise trocken noch die wenigen Kilometer hinein nach Peje gerollert.

14.6.2015 Gryka Rugove: Kann ein Sonntag schöner sein
Die Kosovaren halten die Sonntagsruhe ein, das muss man sagen. Gegen 7 Uhr gibt es noch wenig offene Caffees. An mein Rad komme ich noch nicht, im Hotel ist niemand. Bei einem netten Mann dann der erste und der zweite Espresso, er begrüßt hier jeden wie einen alten Bekannten. Ich kann mich mit ihm auf Deutsch verständigen, dass ich mir was lecker&heißes von der benachbarten Bäckerei hole und bei ihm frühstücke.
So gestärkt gehe ich die Schlucht an. Am Ortsausgang am serbischen Kloster noch ein paar verlassene KFOR-Posten mit verrosteten "Nicht fotografieren!"-Schildern. Es ist die beeindruckendste Schlucht, die ich bisher durchfahren durfte, fantastisch.
unterer Teil der Schlucht
Beim Restaurant "Hani"
Ich bin bis hoch zum Abzweig zur Grenze nach Montenegro, in die Siedlung Kuqishte. Es gibt eine ordentliche Infrastruktur, im Restaurant "Hani" hat gerade eine KFOR-Streife in voller Montur (Lothar würde sagen: Mit der kleinen und der großen Demokratie) die Sicherheit für eine reservierte und gedeckte Tafel gecheckt. Ich erhalte Besuch am Tisch vom Präsidenten des kosovarischen Radfahrerbunds und dreimaligen kosovarischen Meister. Er ist so alt wie ich. Er hat unten in Peja einen großen Radladen. Wir schätzen unsere jeweiligen Rahmenkonstruktionen, er fährt einen Carbon-Rahmen. Er zutscht Energie-Drink aus seiner Radlerflasche, ich trinke birra Peja.
Im Restaurant "Hani"
Kuqishtë - point of return
Nun die Belohnung: Die Abfahrt zurück nach Peje. In den Tunnels hänge ich mich an den Sonntagsausflugskonvoi der italienischen Carabinieri mit Horn und Blaulicht. Ich bin auf einigen derer GoPro-Videos, besonders für mein Ausbremsen des Gegenverkehrs in einer Kehre erhalte ich Beifall.
Meinen Sonntagsbraten erhalte ich in einem äußerst schmucken Restaurant in Peje, zu deren Sauce würden auch die Thüringer Klöße passen. Kann ein Sonntag schöner sein?