Mittwoch, Juni 22, 2016

Armenische Klosterstraße

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19.6.2016    Armenische Klosterstraße
Die erste Frage an der armenischen Grenzkontrolle durch einen jungen Grenzschützer mit russischer Generalsmütze war: “Kommen sie aus Aserbaidschan?” Ich verstand nur Aschenbecher!
Der Fluss Debed
Wir radeln jetzt in der Schlucht des Debed, der sich mit reißender trüb brauner Strömung präsentiert.
Zwischendurch ein kleiner Regenschauer. Wir fanden Unterstand bei einem Gewerbegelände, der Wächter Agronom Haik holte uns in seine kleine Pförtnerloge und kochte uns einen Espresso. Er war sehr politisch bewandert und interessiert. Deutschland hätte eine wichtige und gute Industrie, nur die Politik der Angela Merkel sei fragwürdig bei den Asylanten.
Hier befinden sich einige berühmte armenische Klöster, leider immer 400 Höhenmeter über dem Fluss auf einer Felsterasse aus erkalteter Lava. In Akhtala wollte keiner von uns Männern hoch zur Burg und dem Kloster, das UNESCO-Weltkulturerbe Haghpat habe nur ich abgewählt. Ich komm’ nicht hoch! Noch nicht. Während Anne und Detlef sich im Kloster geistig erbauen, erforsche ich die Welt der armenischen Käsesorten. 
Meine erste Kostprobe der armenischen Küche
Zum Bier bestellte ich eine Käseplatte mit Lavash, dem dünnen Fladenbrot. Es war aber noch ein Bisschen Stör, das Madlotschka sagte “Sterlett”, vom Vorabend übrig … ich durfte kosten. Sehr gut!
Das Städtchen Alaverdi ist geprägt durch die Kupferhütte. Hier wird schon seit über hundert Jahren Kupfer verhüttet. Interessant ist die Verlegung des Fabrikschlots hoch auf den Berg. 
Küpferhütte in Alaverdi
In Alaverdi sprach uns ein pisatelj, ein Schriftsteller an. Der kriegte dann einen Anschiss, da er sich mit uns russisch unterhielt. Sonst haben wir aber überhaupt kein Problem, die russische Sprache zur Verständigung zu nutzen. An dem armenischen Wort für “Danke” zerbreche ich mir die Zunge - „շնորհակալություն, schnorrhakalutsjun“.
Im Canon des Debed
20.6.2016   
Die heutige Etappe war zünftig, sie führte nach Vanadzor und einige weitere hundert Höhenmeter zu einem Gartenrestaurant, wo wir zelten dürfen. Es sind nur 49 km zusammen gekommen.
Die Schwarze Kirche, die Gottesmutterkirche (Սուրբ Աստվածածին)
Der Besuch einer armenischen Kirche in Vanadzor mit der Spende von ein paar Kerzen für unsere gute Reise war ein weiterer kultureller Höhepunkt. Es war die „Schwarze Kirche“, gewidmet der Mutter Gottes. Bis 1828 bestand in Vanadzor eine Schwarze Kirche, an deren Stelle 1831 dieser Neubau errichtet wurde.
Kaffeehändler
Detlef legt großen Wert auf seinen morgendlichen Kaffee. Hier entdeckten wir einen Händler, der frische Bohnen uns auf die hiesige Art ganz fein als Pulver mahlte und verkaufte. Die Armenier sind als Kaffeehändler berühmt. Johannes Theodat (auch Johannes Diodato, eigentlich Owanes Astouatzatur) (* um 1640 in Istanbul; † 1725 in Wien) war ein armenischer Handelsmann und Kurier. Er war der Besitzer des ersten Wiener Kaffeehauses. Carl Tchilling-Hiryan (eigentlich Tchilinghiryan, * 1910; † 1987 in Hamburg) war ein Kaufmann und Unternehmer armenischer Abstammung. Gemeinsam mit Max Herz gründete er 1949 die Firma „Frisch-Röst-Kaffee Carl Tchilling GmbH“, den heutigen Tchibo-Konzern.
Sie brennen für das Heil unserer Reise
Am Ortsausgang hat uns ein ein mächtiges Gewitter mit Hagel erwischt, durch die pomana in der Schwarzen Kirche in Form von einigen Kerzen aber mit guter Logistik in Form eines Minimarkts. Dorthin flüchteten auch die Bauarbeiter, die von der letzten Überschwemmung die Reste von Schlamm und Geröll von der Straße weg schaufelten. Alles für die Katz, nach nur einer Minute tat sich wieder eine Sintflut auf und spülte neuen Schlamm und Steine auf die A330, eine wichtige Fernverkehrsstraße in Armenien. Nach einer Stunde konnten wir weiter strampeln bis zu unserem jetzigen hervorragendem Platz zum Zelten, der uns mit diversen Köstlichtkeiten wie hausgemachte Sahne überrascht hat. Wir durften die Schaschlikküche Armeniens gut ausprobieren. Kurz vor Vanadzor bei einer jungen Familie gab es einen Lammschaschlyk mit diversen Gemüsen. Hier bekamen wir was vom Schwein, für jeden ein kleines Kotelett und Rippchen. Dazu hat der russische Wodka mit dem Namen “Unser Wodka, eure Lieder” sehr gut geschmeckt.
Die Anlage, wo unsere Zelte standen
21.6.2016    Die erste Herausforderung
Wir sind immer noch am Aufstieg zum armenischen Hochland rund um den Sevan-See. Der liegt auf knapp 2000 m Höhe. Die Straße führte uns schon einmal auf eine solche Hochebene mit grünen Matten. Es ist eine Viehzüchtergegend. 
Die Gegend um Lermontovo
Einige der Dörfer tragen russische Namen wie Lermontovo oder Semjonovka, laut Reiseführer sollen es Molokaner sein. Die Molokanen (rus. Молока́не, arm. Մոլոկաններ), übersetzt Milchtrinker, weil sie an den Fastentagen Milch zu sich nehmen, sind eine Gemeinschaft des spirituellen Christentums, die sich von der Russisch-Orthodoxen Kirche getrennt hat.
Am Sevan-Pass (2114 m)
Ich war fix&fertig oben, noch nicht einmal der domaschno wino hat mir geschmeckt. Vom Pass aus kann man den Sevan-See sehen, besonders beeindruckend beim Pullern nachts im Mondenschein. Ich war aber zu schwach, die Photoausrüstung für Nachtaufnahmen aufzubauen.
Dorf der Molkaner
Unsere größte Herausforderung war die Passauffahrt von Dilidschan (armenisch Դիլիջան, auch Dilijan) aus, ca. 7 % über 20 km. Wir haben uns verabredet, dass wir am Pass zelten werden. Ich war fix&fertig oben, noch nicht einmal der
Die Strunke sind wie sehr holziger Spargel
Was bei uns das schlimmste Unkraut ist, diese hohen Dolden aus dem Kaukasus, die diverse allergische Reaktionen auf der Haut hervor rufen, die Strunke der Pflanzen nutzen die Armenier hier zum Einlegen in eine milde Essigessenz und wir kriegen das hier immer als Gemüsebeilage. Man kann es aber nur durchkauen, die Strunke sind wie sehr holziger Spargel.
22.6.2016    Am Sevan-See: Der Wind kommt von vorn
Es musste passieren, wir haben uns getrennt. Mit meinen 60 Jahren muss ich keinen asketischen Zelturlaub machen, wo das Land Armenien so viele schöne Spezereien bereithält. Ich hatte schon im Plan mir das gute Hotel “Tufenkian Avan Marak Tsapatagh Hotel” ausgesucht, um den Aufstieg zur blauen Perle von Armenien gebührend zu feiern. Ich habe mir hier für knapp 50€ ein Zimmer genommen und spektakulär gut gegessen. Ich werde sicher die Umrundung des Sevan-Sees fortsetzen und dann auch wieder zelten.
Der Wind kommt von vorn
Es ist eine verkehrsarme ordentlich asphaltierte Straße durch eine blühende Steppe bisher, aber mit großem Gegenwind. Hier im Hotel ist ein älteres Paar aus den Niederlanden. Die Holländer besuchen, wie jedes Jahr, auf einer Rundreise durchs Land ihre 16 armenischen Patenkinder. Der Mann sagte aber, dass die gefällige Straße bald vorüber sei, sie würden mit einem Lada für die nächsten 30 km 50 min brauchen. Einige der 3000er Berge, die den Sevan-See umkränzen, tragen noch Schnee.
Das Wardenisgebirge (armenisch Վարդենիսի լեռնաշղթա)

Samstag, Juni 18, 2016

Georgische Straßenhölle

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Alle unsere Fahrräder wurden noch einmal von Bodo Wenzel aus Cumbach in Schuss gebracht, “sie schnurren wie die Kätzchen.” Aber die Räder mussten von uns für den Flugzeugtransport wieder kaputt gemacht werden. Heiner weiß, wovon ich erzähle. Aber alles lief gut, wir brauchten noch nicht einmal Luft aus den Reifen rauszulassen. Anne und Detlef wurden für ihre Kartonverpackung gelobt, mein bisschen Knallfolie um die kritischen Stellen am Rad wurde mit einer speziellen Sperrgepäckwanne gewürdigt. Alles ist gut in Tiblissi angekommen. Es war gegen 5 Uhr in der Früh, die LH 2556 hatte ein bisschen Verspätung, in Düsseldorf war Gewitter. Ein Cabincrew-Mitglied kam deshalb am Startort MUX verspätet an, so hängt eben Alles mit Allen zusammen. Eine sehr kurze Nacht, der Flug dauerte 3 1/2 Stunden.
Endlich rollten wir los. Ich hatte mir in Google-Earth einen schnellen Weg raus aus der Stadt Tiblissi in Richtung Grenzübergang nach Armenien in Sadakhlo erkundet. Der erste Spezialabschnitt eine Eisenbahnbrücke über den Mtkvari-Fluss in Tiblissi fanden wir leicht, der Feldweg parallel zu einer Eisenbahnlinie zu einem Stausee wurde verpasst.
Georgische Straßenhölle bei Kumisi
Wir landeten auf einer Hauptstraße nach Marneuli in der georgischen Straßenhölle. Die Hölle setzte sich aus einer großen Hitze, viel Verkehr mit Abgasen, die jedem VW zur Ehre gereicht hätten. All das macht Durst. Das Hupen war in der Regel ein freundlicher Gruß an den Radler. Mir fällt der stetige Aufstieg extrem schwer, ich brauche bestimmt noch vier Tage, um mich einzurollern. Meine Freunde sind aber sehr tolerant.
Wir sind jetzt noch in Georgien nur 10 km von der Grenze zu Armenien entfernt, aber in Dörfern mit aserbaidschanischer Bevölkerung. In der letzten Kneipe spielten Alle zum schwarzen Tee engagiert Domino. Unser Platz zum Zelten zeichnet sich durch perfekte Logistik aus. Die Aseris bedienen uns auch mit einem Bier zum köstlichen Schaschlik. Wir dürfen die Zelte direkt im Garten aufbauen und die Dusche benutzen. Der Höhepunkt des Abends war der Auftritt eines Gopuz-Spielers in einer Männerrunde an unserem Nachbartisch.
Gopuz-Spieler und großer Sänger

Sonntag, Juli 05, 2015

Daten&Fakten als Resümee

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Fazit zur großen Balkan-Tour Belgrad - Plowdiw:
Hervorragende Busverbindung von und nach Bulgarien mit Racic Eurobus BG. Dabei ist Fahrradtransport möglich, bestimmt auch bis zu drei Stück. Es waren vier Fahrer an Bord, es werden ausreichend Pausen gemacht ... einwandfrei und empfehlenswert. Man hat ein großes Gepäckstück frei. Ich habe mein vollbepacktes Fahrrad ins office geschoben, das galt dann als das eine Gepäckstück.
Die Daten: Nur knapp 1500 km, aber fast 22.400 Höhenmeter geleistet.
Motto der Tour:
Kopf hoch & langsam: Vorbild für den Stil des Vorankommens während der Tour.
Mehr Bilder zur Tour gibt es hier, auf dem Bilderberg.

Freitag, Juli 03, 2015

Der letzte Tag

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Es gibt nun nicht mehr viel zu berichten. Ich bin in der alten Stadt Philippopol, heute Plowdiw.
Philippopol, Fundament für das heutige Plowdiw
Erstes Ziel war gestern der Busbahnhof "Jug" (Süden). Morgen vormittag startet dort der Bus nach Dresden.
Heute mehrere Stadtrundgänge in Plowdiw mit vielen wunderbaren Kostproben der bulgarischen Küche.
Gebackener sirene und pomaki

Donnerstag, Juli 02, 2015

Reinrollen nach Plowdiw

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Krichim am nächsten Morgen

Da es eine einfache Etappe ist mal was über das Essen. Als ich letztens die Shkembe-Suppe probierte war ich schon enttäuscht, sehr lasch. Ich habe zwar von allen Ingredenzien, die mir hingestellt worden, was rein getan. Aber zu wenig. Jetzt habe ich schon viel mehr gelernt. Der Bulgare an sich will individuell nach würzen. Das geht beim Salat los, und das gilt besonders für die Shkembe.
Würze für die Shkembe
Hauptzutat ist der mit Knoblauch-Spänen versetzte Essig. Dann noch Salz und Pfeffer. Wenn man von dem Essig ordentlich dazu tut, schmeckt es aber wie unsere saure Flecke. Nach dem heutigen Versuch also künftig abgewählt. Zum Shkembe-Frühstück gehört noch ein großes Glas Joghurt, was wirklich lecker ist. Bei dem reichlichen Fleischgenuss gehört nämlich ein Katalysator in den Verdauungsreaktor. Insgesamt darf ich schreiben, immer weiter nach Osten wird die Küche komplexer. Hier in Bulgarien gibt es für den Kartoffelfan wohlschmeckende Zubereitungen mit sirene, dem Weiskäse. Es gibt viele Pfannengerichte und scharf angebratenes Geschnetzeltes. Bestimmt wird kein Teil eines bulgarischen Huhnes nach Afrika exportiert. Ich habe heute in einer wunderbar würzigen Pfanne diverse innere Organe vom Flugvieh verspachtelt.
Jetzt gegen 11 Uhr abends leiste ich mir aber ein wenig Dekadenz: Ich besuche die Whisky-Library in Plowdiw und gönne mir einen Islay Single Malt 15 YO Bowmore. Morgen wieder!

Mittwoch, Juli 01, 2015

Stausee-Etappe

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Gestern saß ich noch mit einem Paar aus Thüringen, große Wanderer vor dem Herrn. Wenn die Frau mal nach Venedig will, wird von Stadtilm aus los gelaufen. Hier sind sie von Erfurt nach Varna geflogen, mit Bus nach Asenovgrad getreidelt und von dort durch die Rhodopen marschiert. Sie haben beide jeweils einen ca. 12kg-Rucksack und sind super gut drauf.
Stausee des Tsankov Kamak Wasserkraftwerk der Vatscha-Kaskade
Für einen Wanderer oder Radler kann ein Stausee ganz schön nerven. Wer erinnert sich nicht gern an die große Heldentat des einzig lebenden Helden, als er am Cerna-Stausee jede Mitfahrgelegenheit ausschlug und vor dem magazin mixt in Cerna Sat zusammenbrach, 20 m über den Fluss wies und meinte: "Dort wird gezeltet!" Heute lagen drei Stauseen auf der Strecke im Vatscha-Tal nach Krichim bei Plowdiw. Gleich nach Devin ein Anstieg auf einer nagelneuen Straße. Diese führt bis auf eine Höhe von 1.080 m und beinhaltet den 880 m langen Lyaskovo-Tunnel. Dann folgte die Belohnung, eine großartige Abfahrt, die mit der Tunnel Durchfahrt oben beim Dorf Lyaskovo startete und hinter dem Tsankov Kamak Damm fast den Talboden erreichte.
Damm "Vacha" / Язовир "Въча"
Die nächsten beiden Stauseen waren ein lockeres Pedalieren durch ein faszinierendes Felsental, nach den beeindruckenden Staumauern immer mit einer tollen Abfahrt.
Damm "Krichim" / Язовир "Кричим"
Vor den Rhodopen in Krichim
Ich muss noch was zu den aktuellen Eigenschaften des rakija sagen. Ich habe mir einen bestellt, Peschtchera, die Nachbarortschaft und offensichtlich ein Weinanbaugebiet. Das sind die führenden Marken beim rakija: Karnobatska und eben Peschtchera. Das sind ganz feine milde Brände, goldgelb. Nur etwas ist merkwürdig, man kriegt Eiswürfel dazu. Damit's länger reicht?

Dienstag, Juni 30, 2015

In den Schluchten der Rhodopen

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29.6.2015 Trigadski Kanjon
Wieder ein Superlativ. Es ist die beeindruckendste Schlucht, die ich bisher durchfahren durfte, fantastisch. Ich weiß, dass ich diesen Satz neulich schon mal gebrauchte, bei der Rugova-Schlucht. Dort war es die Mächtigkeit der Wände, hier ist es die Wildheit, die Ursprünglichkeit. Die Schlucht ist nämlich noch nicht fertig: Am "Schlund des Teufels" verschwindet der Fluss Trigadski reka, um knapp Hundert Meter tiefer nach einigen steilen Serpentinen wieder zu Tage zu treten. Dieser Schlund ist begehbar, vorhin war nur kein Strom da und geschlossen. Mal sehen, wie es nachher wird. Ob schon Alles zusammengebrochen ist und die Schlucht fertig ist? 
Im Schlund des Teufels
In der Tat, es ist eine mächtige, ja teuflische Kraft am Wirken, das Wasser. Ich durfte nach 5 Leva Eintritt noch einer Gruppe den Tunnel hinterher. Man kommt dann in einen großen bestimmt 50 m hohen Dom raus, wo das Arbeiten des Wassers immer zu hören war, ich aber nur an einem Punkt in ca. 10 m Tiefe den rauschenden Trigadski reka sehen konnte. Dann führte eine steile Treppe aus Betonstufen steil den Teufelsschlund hinauf. Unten wurden die Leute mit diversen Krankheiten einschließlich Höhenangst noch gewarnt. Mit mir war eine deutsche Reisegruppe in der Höhle, da ist ja immer ein Buchhalter dabei, der die Stufen zählt: 288. Nach knapper Hälfte konnte man ganz oben dann auch die ersten Löcher zum Tageslicht sehen. Beeindruckend!
Moschee und Baumhaus in Gjovren
Unten in Gjovren hat Einer eine 200 Jahre alte Mühle zu einer schönen mechana ausgebaut, mit Baumhaus und Wasserfall. Dort konnte ich mich mit einem Waldtechniker (ausgebildet am Technikum in Velingrad) unterhalten. Sein Name war Djamil, er bezeichnete sich als Türken. Hier in den Rhodopen bekennen sich wohl fast alle zur türkischen Nationalität. Gjovren 100%, Borino 80%. Es ist aber alles cool, er bestellte für uns beide vier kjoefte (bitte wieder nachschlagen, danke). Alkohol trank er keinen.
Er weiß schon, wie man sich zuprostet
Eine Spezialität hier, und überall an den Souvenirständen angeboten, ist die reichhaltige Auswahl an Kräutern. Ich konnte mehrmals Kräuterweiblein beim Sammeln treffen und nach den Wirkungen befragen.
Sie sammelten Rotklee ...
... gegen Frauenleiden in den Wechseljahren
Sie sammelte Johanniskraut gegen Depressionen

30.6.2015 Bujnovski Kanjon
Heute bin ich in die zweite Schlucht aufgebrochen, wieder atemberaubend, und zwar gleich von Anfang an. Und dann weiter hoch nach Bujnovo.
Bujnovo
Hier erzählte mir der Kneiper Wladimir aus seiner Jugend. Als er noch ein Junge war, hieß es einmal, Banditen seien im Dorf. Die Grenzer schwärmten aus und fingen einen Ostdeutschen (istotschni). Es sind nur noch drei km auf den Bergkamm zur Grenze nach Griechenland.
Pause beim Wasser
Es ist ein regnerischer und recht kalter Tag. Wieder muss ich mich untersetzen und ein Bier trinken, Zagorka retro, mein hiesiger Favorit. Der junge Wirt Kostadin hier spricht sehr gut Englisch und hat mir einiges von der spektakulären Hydrogeologie erzählt. Es ist garnicht derselbe Fluss vom Teufelsschlund, der unten im Trigadski Kanjon rauskommt. Holz, das in den Siphon unten im Teufelsschlund verschwindet, ist bisher garnicht rausgekommen, mit Farbe gekennzeichnetes Wasser nach zwanzig Tagen! Er meint, das ist hier alles sehr komplex.

Sonntag, Juni 28, 2015

Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert

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Also das wäre gestern eine verdammte Fehleinschätzung gewesen. Dospat im Tal an einer Staumauer hinter mehr als sieben Bergen liegt auf knapp 1300 m Höhe.
Schöne Rastplätze allenthalben: Quelle, Dach, Grill, Schaukel ...
Nach dem ersten Sattel am Morgen gibt es jede Menge idyllische Schutzhütten immer mit Quelle, das wäre dann die Wahl gewesen. Aber die zwei Roten und die großartige Folklore bei Quasimodo gestern im Hotel waren viel besser zum Einschlafen.
Lichte, lockere Landschaft
Das ist jetzt hier eine wunderschöne lichte Pinienwaldlandschaft mit ein paar kleinen Almen. Aber trotzdem noch anspruchsvoll hucklig.
Dospat
Dospat hat Ramadan gefeiert, jedenfalls hatten beide Gaststätten, die ich besuchte, kein Bier im Angebot. Ich bin jetzt in Borino bei einer Shkembe-Suppe (bitte nachschlagen) auf dem Weg nach Teschel, wo ich schon zu Hause mindestens einen Knoten ohne Gepäck geplant habe.
Die Rhodopen sind erreicht
Es war nur noch ein kleiner Buckel, dann ging es hinein in die grandiosen Schluchten der Rhodopen. Das Hotel Orfei bei Teschel, gefunden bei Panoramio, ist korrekt und wird mich noch drei Nächte beherbergen, bevor es den Fluss Vatscha abwärts auf den Heimweg geht. Es liegt perfekt für Ausflüge in die Schluchten der Rhodopen. Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert.

Samstag, Juni 27, 2015

Der Alibotusch steckt noch in Knochen

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Eine Nacht mit ein paar Anfällen von Krampf. Ich muss heute mal wieder mehr auf die Mg-Anteile beim Mineralwasser achten. Das Wasser aus den zahlreichen Quellen ist wohl doch arm an Mineralien und das Bier reicht nicht.
Zeitig bin ich los gekommen, gegen 11 Uhr war ich in Goze Deltschev, wo ich das Mittagessen, eine Polenta mit Schweinefleisch probierte. Als das scharf gebratene Schweinefleisch alle war, war der Rest des mamaliga zu trocken. Kennt man ja aus Rumänien. Hier heißt das kacamak.
Letzter Blick auf den Alibotusch
Der kleine Sattel am Morgen hat mich den gestrigen Tag spüren lassen, ich hatte sogar Muskelkater. Doch der lange Aufstieg nach Satovca hat mir gereicht. Möglicherweise geht es morgen nach Dospat großteils nur bergab. Ich hoffte inständig hier ein Hotel zu finden. Es gab Reklame für zwei Etablissements, das Erste war zu, das zweite ohne Bedienung, aber mit einer offenen Bar. Das ließ mich hoffen und ich wartete ein halbe Stunde. Als ich gerade mit der geringen Hoffnung auf eine ausschließliche 20km-Abfahrt nach Dospat weiter wollte, kam grinsend ein Mann, er ließ mich ein und gab mir ein Zimmer. Jetzt sitze ich bei seinem Bruder Quasimodo bei großartiger bulgarischen Folklore und dem zweiten Roten. Alles ist wieder gut.
Arbeitsplatz der Steineklopfer
Hier bin ich in der Gegend der Steineklopfer. Am Straßenrand wird von einem LKW frisch gebrochenes Gestein (z.b. aus einem Bruch oberhalb von Dolno Drjanevo) abgekippt. Auch von anderen Brüchen wird anders farbiges, aber immer spaltbares Material herangefahren. Das ist dann der Arbeitsplatz der Steinespalter. Sie spalten es zu Pläner (Platten) und stapeln es wie bei einer Trockenmauer fein säuberlich auf eine Holzpalette. So entstehen am Rande der Straße mitten im Wald Dutzende Arbeitsplätze. Am Baum hängt auf einem Schild die Mobilfunknummer des Unternehmers als Kontakt für den Kunden.
Er sei so alt wie ich
Eine Listung bei einem Baumarkt hat hier wohl der wenigste, teilweise stehen auf verlassenen Arbeitsplätzen Paletten mit Pläner, die schon die Patina von zwei Wintern haben. Der Preis (wenn ich es richtig verstanden habe) schwankt zwischen 100 und 200 Leva pro Palette. Bei großem Glück finden die Spalter ein versteinertes Blatt aus der Vorzeit. Einige Platten mit solchen Fossilien sind in der Vitrine im Hotel Zenit in Satovcha zu bestaunen.
Traditionelle Bauweise mit solchen Plänern

Freitag, Juni 26, 2015

Im Banne des Alibotusch

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Das ist sie nun, die letzte Aufgabe der BalkanTotal-Tour, die südliche Überquerung des Pirin auf dem Iron Curtain Trail. Ich hatte vom Abt einige Bilder im Kopf, er hat ja damals hier das ganze Gebiet intensiv erforscht. Kein Wunder: Damals ließ er sich noch Alibotusch nennen. Die höchste Erhebung des Slavjanka-Massivs ist der Gotsev Vrach (2212 m), oder der türkische Name Alibotusch, der Stiefel des Ali. Dieser Abschnitt ist tatsächlich Teil des EuroVelo 13, des Iron Curtain Trail. Aber der Reihe nach.
Karlanovo: Bei Petr (GSM 0878 70 71 09)
Früh bei Petr in Karlanovo los gefahren, da ging es ja erst mal runter nach Melnik, wo noch alles in der Morgenstarre war. Den Weg nach Katunzi auch gefunden, das war mit hoher Sicherheit auch unser Weg nach Kulata damals 1993 mit Mu.
Letzter Blick zum Pirin: Winogradi (bulg. Виногради)
Dann ging es los, ein längerer stetiger Aufstieg nach Petrovo. Die Leute in der Kneipe dort wunderten sich, dass ich in die Berge wollte. Sie boten mir eine Fahrt mit dem "Ökonomen" an. Petrovo liegt am Rande des Gebirges. Es ist aber alles noch eine hoffnungsvolle Asphaltstraße.
Im Banne des Alibotusch
Bald bin ich an der Hütte Isvora, es ist gegen 14 Uhr Ortszeit. Ich klinke behutsam und in der Tat, ein Frau führt die Hütte, ich bekomme ein Bier und bald stellt sie mir einen großen Teller ihrer eigenen Käsespezialitäten hin. Das ist, wenn man von einigen Plätzchen aus meinem bescheidenen Vorrat absieht, die einzigste Mahlzeit des Tages. Sie warnt mich vor meinen Plänen, noch bis nach dem Dorf Paril zu fahren. Aber hier an der Hütte bin ich ja noch nicht mal über dem Pass. Also weiter immer noch auf Asphalt. Dann erreiche ich den Pass und nach einer kurzen Abfahrt das Dorf am Ende der Welt Goleshovo.
Brunnen in Goleshovo
Hier versuche ich durch meine Anwesenheit jemanden zu veranlassen, das Geschäft zu öffnen. Es stehen nämlich drei leere Flaschen Pirinsko auf dem Tisch vor dem Laden. Das Haus, wie die meisten der Anderen, ist schon verfallen, im Erdgeschoss scheint es aber noch trocken genug für ein Lädchen zu sein.
Nun kommt der Abschnitt bis zum nächsten Dorf Paril auf dem EuroVelo 13, der nur ein Attribut verdient: Unfahrbar. Es sind ungefähr ein Dutzend Kilometer.
Parilski pereval
Wegweiser am Pass
Dazwischen der Pass auf ca. 1450 m. Wer behauptet, den EuroVelo komplett gefahren zu sein, muss mir das durch das Foto des Passes beweisen können. Auch abwärts muss ich meistens schieben, zu steil, zu hulprig, mit Auswaschungen so tief, dass ich mein ganzes Rad reinstellen kann. Im Dorf Paril ist nichts, außer wohl ein paar Liebhaberobjekte für das Wochenende, aber am Dorfende beginnt eine schöne asphaltierte Rollbahn bergab. Es ist schon weit nach 20 Uhr, ich nutze den Abzweig nach Nova Lovtscha in der Hoffnung, dass hier einige Einheimische für den Freitagabend eine Kneipe haben. Dort kaufe ich mir zwei Bier, eines zum Mitnehmen.
Zelten am Rand des Reservats Alibotusch: Dorf Nova Lovtscha
Vor dem Dorf finde ich eine Stelle für das Zelt. Das größte Radabenteuer meines Lebens hat ein gutes Ende genommen.

Donnerstag, Juni 25, 2015

1977 - 1993 - 2015

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23.6.2015 Der Weg nach Bulgarien
Die Gemüsetafel Mazedoniens, im Hintergrund Strumica
Heute nur eine kleine Etappe von Strumiza über die Grenze nach Petritsch in Bulgarien. Ich habe versucht heraus zu bekommen, wann das mit dem nickenden Verneinen und dem zustimmenden Kopfschütteln kommt. Es muss wirklich an der Grenze liegen.
"Dobro slika", meinten die Einheimischen: Solche Fahnenmasten stehen an vielen zentralen Plätzen im Land
Die Festung des Samuil, wo er gegen die Byzantiner verloren hat, war nicht so spektakulär, wie auch die gesamte Etappe heute durch die Gemüsetafel Mazedoniens und Bulgariens.

24.6.2015 1977 - 1993 - 2015: 3mal Melnik
Bisher waren es immer neue Wege, wenn ich auch mal eine Route von früher gekreuzt habe (2006 mit Ralf in Mazedonien). Jetzt bin ich auf alten Wegen nach Melnik! Ein Moment der Erinnerung unter dem Motto "Früher war Alles besser!"
Damals
Ich sitze in der Kneipe ganz unten in der Stadt an der alten Platane, man sagt, sie steht da seit ca. 800 Jahren. Es ist gegenüber dem Lebensmittelladen, wo Schlottek damals den Joghurt holte, der so erfrischte. Dieses Melnik war für mich damals der Inbegriff des Orient. Die heutige Zeit tut dem Karma von Melnik nicht gut. Heute könnte ich mir den Orient kaufen, ab 20.250€ verkauft hier der Entwickler des Château Melnik Apartments in einem 5*-Hotel.
Soll ich?
Ich habe mein Rad der scharfen Wirtin der Kneipe anvertraut und einen Fotospaziergang durch das heutige Melnik gemacht. Es sind die meisten Gebäude sehr gut hergerichtet. Ich kann nicht erkennen, was alte Substanz oder was nachempfundener Neubau ist. Ich steige hoch zur Ruine der Burg und komme auf dem Weg zum repräsentativen Kordupulov-Haus an einem Weinkeller vorbei. Nach den zwei Dezi verkosteten Roten werde ich sentimental und verrate dem Wirt, dass ich schon 1977 hier war. Darauf stoßen wir zusammen mit seinem speziellen Hauswein an.
Kirche Sweta Nikola Mirlikijski
Sie war die älteste christliche Kirche der Stadt und wurde während der Balkankriege 1912/1913 verwüstet. Im Südwesten der Kirche wurde ein frei stehender hoher Glockenturm errichtet. Der Glockenturm war viereckig, 4 mal 4,5 Meter, mit 1 Meter dicken Wänden.
Fachwerk in Melnik
So kommt es, dass ich mich vom Wirt der mechana und Pension "Vodenizata" in Karlanovo überzeugen lasse, hier mein Lager auf zu schlagen. Petr beschreibt den Weg nach Roshen sehr einprägsam als mächtig steil. Er vergleicht es mit dem Anstieg ab Chotovo, er muss mich wohl beim Quälen vom Auto aus beobachtet haben. Dieses Roshen, mein eigentliches Ziel ist auf dem Weg zur Slavjanka mit dem Alibotusch über den Parilski pereval wohl eher eine Sackgasse für den Radler mit Gepäck. Ich werde morgen ohne Gepäck eine Runde um Roshen und zum Kloster machen und mich am Freitag der letzten Herausforderung stellen. Nach dem nahrhaften Kavarma aus Schweinefleisch habe ich mir zur gepflegten Verdauung einen rakija bestellt. Er empfahl mir seinen domaschno rakija, das ist wieder ein klarer Tresterschnaps, aber angenehm mild.

25.6.2015 Der Tunnel
Heute also der Knoten in die Hügel von Roshen. Der Bulgare an sich ist kein Frühaufsteher.
In Lyubovishte: Der Hirtenhund ruht noch, die Tiere sind noch im Pferch
Niemand ist gegen 8 Uhr schon auf der Straße von Karlanovo zu sehen. Nach dem kleinen Buckel hinüber nach Roshen sieht es genauso aus, nix mit einem Kaffee zum Start des Tages. Der Himmel hat sich über Nacht total bezogen.
Portal des Kloster Roshen
Zuerst schiebe ich mein Rad hoch zum Kloster. Ich bin für den Besuch des Klosters Roshenski manastir dummerweise schlecht gekleidet, kurze Hosen. Ich traue mich nicht rein. Draußen gibt es auch keine richtige Stelle, um das Rad zurück lassen zu können und einen Spaziergang zu dem Pyramidy zu machen.
Unten im Dorf ist immer noch nichts los. Außer zwei jungen Familien, die ein altes Haus fit machen für die Saison. Ich breche auf zum Ausflug hoch in die Sandhügel dieser Gegend nach Ljubovishte und drüber hinaus. Schnell komme ich zu dem vom Abt entdeckten Sandtunnel.
Der Tunnel
Die Straße wird aber immer buckliger, mit Gepäck werde ich diesen Weg nicht leisten können. Das wird mir nun klar.
Wegweiser?
Auf dem Rückweg winken mich drei Leutchen hinein zum Camping von Lyubovishte, es gibt ein kaltes Bier und einen domaschno rakija. Der ist echt der Hammer, der Eine will mich locken, dass ich nach einem Zweiten umfallen würde. Es ist erst Mittag, ich habe bisher nix gegessen, vorsichtshalber lasse ich mich diesmal auf diese Wette nicht ein. Diese Zeilen schreibe ich bei Blagoj.
Bei Blagoj
Es ist die Kneipe, wo sich 2012 die Freunde nach dem Abstieg von der Pirin-Hütte wieder trafen. Hier gab es dann ein zünftiges Mahl. Blagoj macht in seiner Pracht aber auch eine gute Reklame für seine Küche. Jetzt werde ich unten in Melnik noch ein wenig elektronische Post erledigen und relaxen. Morgen muss ich stark sein, die letzte Herausforderung wartet.