Donnerstag, Juni 25, 2015

1977 - 1993 - 2015

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23.6.2015 Der Weg nach Bulgarien
Die Gemüsetafel Mazedoniens, im Hintergrund Strumica
Heute nur eine kleine Etappe von Strumiza über die Grenze nach Petritsch in Bulgarien. Ich habe versucht heraus zu bekommen, wann das mit dem nickenden Verneinen und dem zustimmenden Kopfschütteln kommt. Es muss wirklich an der Grenze liegen.
"Dobro slika", meinten die Einheimischen: Solche Fahnenmasten stehen an vielen zentralen Plätzen im Land
Die Festung des Samuil, wo er gegen die Byzantiner verloren hat, war nicht so spektakulär, wie auch die gesamte Etappe heute durch die Gemüsetafel Mazedoniens und Bulgariens.

24.6.2015 1977 - 1993 - 2015: 3mal Melnik
Bisher waren es immer neue Wege, wenn ich auch mal eine Route von früher gekreuzt habe (2006 mit Ralf in Mazedonien). Jetzt bin ich auf alten Wegen nach Melnik! Ein Moment der Erinnerung unter dem Motto "Früher war Alles besser!"
Damals
Ich sitze in der Kneipe ganz unten in der Stadt an der alten Platane, man sagt, sie steht da seit ca. 800 Jahren. Es ist gegenüber dem Lebensmittelladen, wo Schlottek damals den Joghurt holte, der so erfrischte. Dieses Melnik war für mich damals der Inbegriff des Orient. Die heutige Zeit tut dem Karma von Melnik nicht gut. Heute könnte ich mir den Orient kaufen, ab 20.250€ verkauft hier der Entwickler des Château Melnik Apartments in einem 5*-Hotel.
Soll ich?
Ich habe mein Rad der scharfen Wirtin der Kneipe anvertraut und einen Fotospaziergang durch das heutige Melnik gemacht. Es sind die meisten Gebäude sehr gut hergerichtet. Ich kann nicht erkennen, was alte Substanz oder was nachempfundener Neubau ist. Ich steige hoch zur Ruine der Burg und komme auf dem Weg zum repräsentativen Kordupulov-Haus an einem Weinkeller vorbei. Nach den zwei Dezi verkosteten Roten werde ich sentimental und verrate dem Wirt, dass ich schon 1977 hier war. Darauf stoßen wir zusammen mit seinem speziellen Hauswein an.
Kirche Sweta Nikola Mirlikijski
Sie war die älteste christliche Kirche der Stadt und wurde während der Balkankriege 1912/1913 verwüstet. Im Südwesten der Kirche wurde ein frei stehender hoher Glockenturm errichtet. Der Glockenturm war viereckig, 4 mal 4,5 Meter, mit 1 Meter dicken Wänden.
Fachwerk in Melnik
So kommt es, dass ich mich vom Wirt der mechana und Pension "Vodenizata" in Karlanovo überzeugen lasse, hier mein Lager auf zu schlagen. Petr beschreibt den Weg nach Roshen sehr einprägsam als mächtig steil. Er vergleicht es mit dem Anstieg ab Chotovo, er muss mich wohl beim Quälen vom Auto aus beobachtet haben. Dieses Roshen, mein eigentliches Ziel ist auf dem Weg zur Slavjanka mit dem Alibotusch über den Parilski pereval wohl eher eine Sackgasse für den Radler mit Gepäck. Ich werde morgen ohne Gepäck eine Runde um Roshen und zum Kloster machen und mich am Freitag der letzten Herausforderung stellen. Nach dem nahrhaften Kavarma aus Schweinefleisch habe ich mir zur gepflegten Verdauung einen rakija bestellt. Er empfahl mir seinen domaschno rakija, das ist wieder ein klarer Tresterschnaps, aber angenehm mild.

25.6.2015 Der Tunnel
Heute also der Knoten in die Hügel von Roshen. Der Bulgare an sich ist kein Frühaufsteher.
In Lyubovishte: Der Hirtenhund ruht noch, die Tiere sind noch im Pferch
Niemand ist gegen 8 Uhr schon auf der Straße von Karlanovo zu sehen. Nach dem kleinen Buckel hinüber nach Roshen sieht es genauso aus, nix mit einem Kaffee zum Start des Tages. Der Himmel hat sich über Nacht total bezogen.
Portal des Kloster Roshen
Zuerst schiebe ich mein Rad hoch zum Kloster. Ich bin für den Besuch des Klosters Roshenski manastir dummerweise schlecht gekleidet, kurze Hosen. Ich traue mich nicht rein. Draußen gibt es auch keine richtige Stelle, um das Rad zurück lassen zu können und einen Spaziergang zu dem Pyramidy zu machen.
Unten im Dorf ist immer noch nichts los. Außer zwei jungen Familien, die ein altes Haus fit machen für die Saison. Ich breche auf zum Ausflug hoch in die Sandhügel dieser Gegend nach Ljubovishte und drüber hinaus. Schnell komme ich zu dem vom Abt entdeckten Sandtunnel.
Der Tunnel
Die Straße wird aber immer buckliger, mit Gepäck werde ich diesen Weg nicht leisten können. Das wird mir nun klar.
Wegweiser?
Auf dem Rückweg winken mich drei Leutchen hinein zum Camping von Lyubovishte, es gibt ein kaltes Bier und einen domaschno rakija. Der ist echt der Hammer, der Eine will mich locken, dass ich nach einem Zweiten umfallen würde. Es ist erst Mittag, ich habe bisher nix gegessen, vorsichtshalber lasse ich mich diesmal auf diese Wette nicht ein. Diese Zeilen schreibe ich bei Blagoj.
Bei Blagoj
Es ist die Kneipe, wo sich 2012 die Freunde nach dem Abstieg von der Pirin-Hütte wieder trafen. Hier gab es dann ein zünftiges Mahl. Blagoj macht in seiner Pracht aber auch eine gute Reklame für seine Küche. Jetzt werde ich unten in Melnik noch ein wenig elektronische Post erledigen und relaxen. Morgen muss ich stark sein, die letzte Herausforderung wartet.

Montag, Juni 22, 2015

Strauchsteppe

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Strauchsteppe
Auf den Hügeln hier im Süden Mazedoniens im Tikves wächst es nicht hoch. Es sind eine Vielzahl von blühenden Kräutern, Disteln und kratziges Gesträuch, weiter oben in günstigen Lagen ein paar Kiefern. Ich muss ja öfters halten, denn es geht wieder zünftig bergauf, ich kann man mich ein wenig der Botanik und dem was drauf rum kräucht widmen. Größere Säugetiere wird es wohl wenig geben, in den Erosionsrinnen  fließt nur Wasser nach den Regenfällen wie gestern, dann ist alles wieder weg und trocken. Es gibt hier auch viel weniger Greifvögel wie bei uns, einen Milan habe ich heute kreisen sehen. Bleiben die Kriechtiere und die Insekten. Die Eidechsen sind immer so schnell weg, die kriege ich nicht auf die Linse. Schlangen und Schildkröten habe bisher nicht gesehen, muss man wohl früh raus.
Vor dem Serta-Pass
Es war ein länger Abschnitt ohne Logistik von Negotino bis hier her nach Radovish über den Serta-Pass. Entgegen meiner sonstigen Vorgehensweise bin ich gleich beim ersten Kneiper ran, ist ein Guter, sitzen viele einheimische Gäste hier. Es ist interessant die Eigenschaften des rakija zu beobachten, von Belgrad bis hierher. Im Norden war es immer ein Obstler, dann fragten sie häufig nach: Slivovitz oder von der Traube. Bei den Muslimen war es immer ein klarer Tresterschnaps, hier in Radovish ist es ein Weinbrand, gelagert, golden. Bald bin ich in Bulgarien.
Verkehsgeschehen in Podaresh, bei Radovish
Heute habe ich meinen ersten verifizierten Hunderter geschafft, in Negotino war Strumiza mit 107km ausgeschildert. Nach Radovish habe ich noch eine Schleife auf einer Nebenstraße durch eine Gegend mit dem Stand von 1990 gefahren, mal von den Handies der Teenies abgesehen. Die Anzahl der Autos und Pferdefuhrwerke hielten sich die Waage.
In Podaresh
Deutlich ist der abgestorbene Tabakanbau, nur langsam werden die alten Darren für die Tabakpflanzen durch Foliengewächshäuser ersetzt. Das Polje zwischen Radovish und Strumiza ist sehr fruchtbar, da werden sich doch Alternativen finden lassen. Der Boden ist durch die Verwitterung der weiter vorn beschriebenen Landschaft sehr Mineralien reich. Vom Ograshden-Gebirge herunter kommende Bäche werden geschickt aufgefangen und über zahlreiche Kanäle verteilt, sehr interessant.
Vom Dach meines Hotels in Strumica - Die Baba Wanga (1911–1996), bulgarische Prophetin ist hier geboren
Jetzt hier in Strumica ist die Kluft zwichen Dorf und Stadt schon bemerkenswert. Strumica ist bei Karl May als Ostromdscha bekannt. Im Amtsgebäude des Ortsrichters Kodscha Bascha findet eine Verhandlung statt
Der Hof war außerordentlich schmutzig. Nur der Teil längs des Hauses war einige Meter breit mit einer Vorrichtung versehen, welche jedenfalls ein Pflaster vorstellen sollte. Doch sah dieses Trottoir grad so aus, als ob es aufgerissen worden sei, um als Material zu einem Barrikadenbau zu dienen. Vor der Türe stand ein alter Lehnstuhl, welchen ein vorweltliches Polsterkissen zierte.

Heute ist das ganz anders. Das Zentrum von Strumica ist praktisch zweistöckig, unten die Autos, oben die Leute, spektakulär!

 

Sonntag, Juni 21, 2015

Ein Weinwochenende

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20.6.2015 Eine Verbindungsetappe bis Negotino
Heute bin ich dem größten Fluss Mazedoniens dem Vardar abwärts gefolgt. Diese Route nimmt auch der Highway Alexander von Mazedonien, wo ein Radler nix zu suchen hat.
An der alten Straße hoch über dem Vardar-Tal zwischen Shkopje und Veles
Aber es gibt ja noch die alte Straße. Es gab aber vor Veles eine Einlage, ein ordentlicher Anstieg mit zahlreichen Kurven auf einer fast zugewachsenen Straße. Ich habe sicherheitshalber zweimal geguckt, ob ich richtig bin. Die Wegweiser zeigten nur noch zu diversen Klöstern und Kirchlein.
Im Tal des Vardar: Kirche St. Nikolai
Nach Veles war dann die alte Straße neben der Autobahn in einem ordentlichen Zustand. Ich kam an einen Hügel mit einer großer mazedonischen Flagge, erst dachte ich, da auch Mauern zu sehen waren an eine Festung. Es war die antike hellenische Stadt Shtobi. Ein alter Mann bewachte aber nur ein paar Fundamente und einige zerbröckelte Säulen in einem riesigen eingezäunten Gelände.
Vardar bei Negotino
Erreicht habe ich die Stadt Negotino. Hier war ich schon mit Ralf 2006. Ich werde morgen die hier ausgewiesene Straße nach Strumiza nehmen, um nicht in alte Furchen zu geraten. Damit wird es wieder in die Berge gehen.
In mitten eines großen Kindergeburtstags bei einem ordentlichen Gewitter gab es gerade eines meiner balkanischen Lieblingsgerichte: Gegrillten Schafskäse, petschene siren.

21.6.2015 Ein regnerischer Sonntag
Es ist nix geworden mit dem Weg über die Berge, bin hier geblieben im "Kraichgau" Mazedoniens.
Weinland Tikves
Das ist hier das Weinanbaugebiet Tikves, also auch eine Gegend für einen relaxten Sonntag. Gegen Mittag hatte es sich ausgreregnet, jetzt gegen 17 Uhr ist es genau richtig zum Draußen sitzen und die Weine des hiesigen Gutes "Rovin" zu verkosten.
Frühschoppen, ein Sonntag in Negotino, Backgammon
Sie spielen hier enthusiastisch Backgammon. Dieses Spiel wurde mir 1977 in Bulgarien auch beigebracht. Durch setzen, würfeln und gegnerische Steine blockieren muss man in einem so mit Spitzen illustriertem Spielfeld als Erster die andere Seite besetzen. Es wird mit zwei Würfeln gespielt, so dass man die Augenzahl taktisch klug aufteilen muss, was für die zahlreichen Kiebitze leidenschaftlichen Gesprächsstoff ergibt.

Freitag, Juni 19, 2015

Ramadan

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Gestern wollte ich an der Eckkneipe, wo ich vorgestern mein Gute-Nacht-Bier getrunken habe, das wiederholen. Der gleiche Kellner, ein pfiffiger Internet-Experte, entschuldigte sich: "Ramadan". Ich habe mich schon immer gefragt, was machst Du auf Tour und es ist Ramadan.
„Koran (erstmals) als Rechtleitung für die Menschen herabgesandt worden ist, und (die einzelnen Koranverse) als klare Beweise der Rechtleitung und der Rettung (?). Wer nun von euch während des Monats anwesend (d. h. nicht unterwegs) ist, soll in ihm fasten.“
Koran: Sure 2, Vers 185
Also Ebs, Du bist unterwegs, sei aufmerksam und navigiere dich geschickt durch die Nationalitäten! Mein Plan war entlang des Vardar nach Shkopje zu fahren. Meine Freunde aus Tetovo beteuerten immer, dass neben der Autobahn die alte Straße verlaufen würde. Das ist der kürzeste Weg. Darin besteht aber eben die Herausforderung, ich will nicht nach Shkopje, ich will einen coolen Weg nach Shkopje finden, dann eben auch einen Umweg.
Derventska klisura des Vardar
Gemeiner Bienenkäfer (Trichodes apiarius)
Segelfalter (Iphiclides podalirius)
Die Straße durch die Derventska klisura war dann auch große Klasse, führte aber direkt wieder in das Feiertagsgebiet des Ramadan im Norden von Shkopje. In einer Dorfkneipe ließ mich der Wirt meinen Schweppes nicht draußen sitzend trinken. Da war es eine gute Idee, dass mein Frühstück bei den Arbeitern der Jugochrom-Hütte in Jegunovce zu deren Freude etwas mächtiger ausfiel. Ein Pleskavica Makedonka, gefüllt mit Käse. ...und das frische Brot, gewürzt mit vegeta und Paprika. Einer befragte mich nach der Religion, zum besseren Verständnis bekreuzigte er sich. Ich antwortete: " No Ramadan!" Ich glaube, darüber hat zur Mittagspause noch die ganze Frühschicht der Chromhütte gelacht.
Die Matka-Schlucht
Eine große Sehenswürdigkeit ist die Schlucht Matka. Mit der letzten Staustufe hat sich Mazedonien so eine Art Königssee geschaffen. Weiter geht es auf einem Saumpfad, ca. 6km, oder mit dem Boot. Es besteht eine sehr gute touristische Infrastruktur, die bis zum Angebot des Gleitschirmfliegen reicht. Das muss unglaublich beeindruckend sein.
Nun habe ich Shkopje erreicht, und zwar in dem Stadtviertel, wo der Ramadan nur im Fernsehen stattfindet. Ich feiere mit einem Tikves-Wein T'ga za jug.
T'ga za jug

Donnerstag, Juni 18, 2015

In Tetovo

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17.6.2015 Der Weg nach Tetovo
Früh war der Pass Prevalle im Nebel. Das Wetter hat sich gewendet, es ist nicht kalt, aber feucht.
Im Shar-Gebirge
Hat die deutsche Politik hier mal was richtig gemacht? Vorhin bin ich an einem Bauschild einer Straßenbaumaßnahme vorbei gefahren. Investor: KFOR war zu lesen. Die Leute hier, soweit es Albaner sind, sind zufrieden und zuversichtlich. Auf unsere Angela lassen sie nichts kommen. "Die Deutschen haben uns am meisten geholfen!", sagt mir Einer, der hier gerade getankt hat und spendiert mir ein Bier. In den kleinen serbischen Enklaven, durch die ich bisher gekommen bin, sieht es aber anders aus. Breshovica war mal ein Wintersportort, hier steht ein Hotel wie das " Panorama" in Oberhof - tot. Der Kneiper, bei dem ich in Dinar bezahlen durfte, sprach von "Krise auf dem Balkan". Er freute sich, dass er nachher für eine wichtige Runde die Mittagstafel ausrichten konnte. Draußen döste Lisa, seine Shar-Hündin, und bewachte mein Rad. Das sind richtig große Schäferhunde, kräftig genug, um es mit den Wölfen hier aufnehmen zu können.
Die Gipfel des Shar-Gebirges - diese Spitzen reichen über 2500 m
Ich habe mich vorhin gefragt, was die weißen Landrover mit großen Antennen ausgerüstet machen. Sie standen am Straßenrand. Im Hintergrund war noch ein Unterstand zu sehen. Auf den Fahrzeugen ist ein Signet eines "Halo Trust" zu sehen. Jetzt sind sie hier an meiner Kneipe auf dem Pass, auf dem Rücken ihrer T-Shirts steht Mine Clearence. Einer geht an Krücken und hat einen frischen Handverband. Ich sah bisher auf meiner gesamten Tour keine Warnschilder bezüglich Minen. Auf deren Webseite steht frei übersetzt zum Kosovo folgendes Statement:
Die UN verwaltete ein großes Räumungsprogramm im Kosovo zwischen 1999 und 2001, die in der Erklärung der UN 2001 mündete, dass Kosovo sei frei von Minen.
Aktuell hat der Trust drei Teams und insgesamt 52 Mitarbeiter im Kosovo im Einsatz. Dies sei ausreichend, um mit Minen und Streumunition in einer fristgerechten Weise umzugehen.
UÇK-Heldenschrein in Mazedonien bei Tetovo
Der weitere Weg nach Tetovo war fast nur noch Rollern. Lange fand ich keine Unterkunft, nix. Die scheinen hier nicht viel Touristen ab zu bekommen, trotz der weltberühmten Bunten Pascha-Moschee. In einer Hamburger-Bude mit dem Namen Berlin habe ich dann endlich gefragt, der Eine wies nach rechts, von dort kam ich, der Andere wies in die entgegengesetzte Richtung, die waren keine Hilfe. Endlich die Hotel-Tankstelle Euro Petrol.
Tetovo: Die bunte Moschee
Xhamia e Pashës, was zu deutsch „Pascha-Moschee“ bedeutet
18.6.2015 Ein Regentag
Ich plante bereits zu Hause für Tetovo einen Ruhetag, nun stellte sich auch noch dieser Regentag ein. Die 36€ für die zwei Übernachtungen in der Hotel-Tankstelle waren also gut angelegt. Die berühmte Bunte Moschee fand ich gestern schon, heute war ich an dem Bektashi-Kloster.
Tetovo: Vor der Arabati-Baba-Tekke
Eine Tekke ist ein Zentrum einer Sufi-Bruderschaft (Derwisch-Orden)
Tetovo: Hinter den Mauern der Arabati-Baba-Tekke
Es ist schon lange kein Derwisch-Kloster mehr, die Brandnarben und die Beflaggung zeugen vom widersprüchlichen Geschehen in den letzten Jahren.
Tetovo: Der Friedhof
Es ist hier viel schwieriger eine Kneipe mit Bierausschank zu finden als im Kosovo. Oberhalb der parallel zum Shargebirge verlaufenden Hauptstraße ist es vergeblich. In der Unterstadt ist die Wahrscheinlichkeit etwa fifty-fifty bei guter Vorrecherche. Diese besteht darin, dass ich nach einem Getränkekühlschrank von shkopsko pivo spechte. Es sind hier einige ganz unterschiedliche albanische Strömungen am Werk, hier in Tetovo sehr sunnitisch geprägt.
Gemüsebasar
Auf den Straßen am Kloster ist auch der Basar. Die verkopftuchten Hausfrauen kaufen ihr Gemüse nur beim Spezialisten, zum Beispiel die Frühlingszwiebeln. Ich kam mit einem der Händler ins Gespräch zum Woher&Wohin. Zum Schluss bekam ich drei Schlotten geschenkt. Was soll ich damit tun? Ich bin also damit zu meiner Stammkneipe hier und wollte sie dem Wirt schenken. Das ist eine eher säkulare Kneipe, geführt von Aleksandar. Es entwickelte sich ein großartiger Nachmittag. Meine Zwiebeln wurden mit Gurken, Oliven, etwas Salz und Öl dar gereicht.
Tetovo: Bei meinem Freund Aleksandar. Mazedonische Spezialität: Als Meze, oder Meza (kyrillisch Мезе, Меза) perfekt zum Bier
Dann gab es eine ganz überraschende mazedonische Spezialität: Sprotten! Ich habe nicht herausgekriegt, ob die Fischchen mal im Ohrid-See lebten. Dazu von jedem Gast einen rakija. Die albanische Runde, auch ein Schnäppschen trinkend, erhielten eine fast 1m-Durchmesser Pfanne mit gegrilltem Gemüse, dort durfte ich auch kosten.
Im Hof der Bunten Moschee
Ich bin hier im Orient, glaubt mir! Der Orientale vermag es seine Ware auch ohne aufwendige Verpackung zu präsentieren. Schon gestern verharrte ich vor dem Schaufenster einer mulleri. Das ist ein Laden für alles Kernige, ggf. wie beim Kaffee auch gemahlen, Nüsse und daraus bereitete Köstlichkeiten. Die Behältnisse mit allerhand Nüssen sind immer gleich gefüllt und der Spiegel ist zum Kunden angeschrägt, in jedem Behältnis kongruent. Was dieser Laden an Kaffeevarianten hat, da müsste ich zu Dallmeyer nach München reisen.

Dienstag, Juni 16, 2015

Das Shar-Gebirge

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Prizren: Die alte Brücke über den Fluss Bistrica
Die Sinan-Pascha-Moschee in Prizren hatte bis ins 20. Jhdt. das höchste Minarett des Balkans.
Die Schlucht der Bistrica
Dafür habe ich den ganzen Tag gebraucht, von Prizren nach Prevalle auf 1500 m im Shar-Gebirge. Mit Mittagessen bei einem mächtigen Türken und später einem Nickerchen im Schatten. Unten war ich noch zu Gast bei der albanischen politischen Lokalprominenz. Mit den Serben vom Nachbardorf Sredska kämen sie gut aus. Es sind wohl nicht mehr viele im Nachbardorf. Dreie plus Wirt traf ich in der Kneipe zum Mokka und rakija.
Haus der Kultur in Sredska, ausgebrannt im Juni 1999
Als ich die Standortmarkierung der deutschen PzArtBatt KFOR fotografierte, pfiff der Polizist hinter mir her. Er wollte aber nur sein Missgeschick mit der Deutschen Bahn los werden: Auf Wochendticket von Braunschweig nach München, in Nürnberg Zug kaputt, mit ICE weiter und nochmal 64€ draufgezahlt. Solche Geschichten über unsere Bahn kriegst du mittlerweile schon im Kosovo erzählt.
Oberer Teil des Bistrica-Tals im Shar-Gebirge mit dem Goranen-Dorf Gornje Selo
Die oberen Dörfer des Tales waren Dörfer der Goranci. Das sind moslemische Slawen, Mittelpunkt des Dorfes ist die Moschee und die Frauen laufen in sehr schönen Pluderhosen und buntem Kopftuch rum.

Montag, Juni 15, 2015

Der Weg nach Prizren

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Gestern noch ein spannendes Gespräch mit den Besitzern des Hotels Çardak in Pejë gehabt, zwei Brüder. Der eine versuchte mir die widersprüchliche Geschichte des Kosovos zu erläutern. Es leben hier 30% Katholiken, 70% Moslems und Serben. Es hätte hier praktisch keine Kämpfe gegen die Deutschen im Weltkrieg II gegeben, mit den Italienern hätte es Probleme gegeben. Leider konnte ich nicht richtig folgen, die Sissi aus Stuttgart schwätzte mit dem anderen Bruder. Sie will am 16.11.2015 in Peje dort im Restaurant ihren 55. Geburtstag feiern, ich bin eingeladen. Nach einigen Malorca-Abenteuern und vielen schwäbischen Automarken ist sie abgebrannt im Kosovo gelandet und macht jetzt mit ihrem Lebensabschnittsgefährten in Wasser. Diese Story ist reif zum Verfilmen für SAT1.
Kloster Visoki Dečani
Gerade konnte ich slowenische KFOR-SoldatInnen bei ihrem Dienst beobachten. Ich bin in Decan und besuchte das serbische Amselfeld-Kloster hier, UNESCO-Weltkulturerbe. Man muss beim KFOR-Posten seinen Pass abgeben und erhält einen Besucherausweis, heute zusammen mit einer Rentnertruppe aus Japan. Am Posten und im Kloster überall Schilder zum Fotoverbot, bei der Ausrüstung der Japaner aber vergeblich. Sie waren neben den Fotokameras noch drahtlos mit ihrem Reiseführer verbunden, damit sie seine Erklärungen mit ihrem Reiseführerbuch vergleichen konnten. Alles sehr geordnet und höflich. Ich musste mir nur hinter einem KFOR-Jeep lange Hosen für den Klosterbesuch anziehen.
Auf dem Weg nach Prizren: Die Schneider (Terzijski)-Brücke über den Erenik bei Đakovica, Kosovo
Der Weg nach Prizren war arm an Schatten, windig und reich an Verkehr. Aber ich bin mir sicher, ich habe mit dieser Etappe die beiden schönsten Städte des Kosovo verbunden. Heute früh noch im Basar in Peje an einem Brunnen einen Kaffee. Nun unter der Festung von Prizren das dritte kleine Bier. Mittlerweile, jedenfalls die drei Tage bisher, hat KEDS der hiesige Energieversorger sein Netz im Griff. Man sieht noch ein paar Dieselgeneratoren auf den Dächern, aber sogar die Festung und die Moschee sind hier illuminiert. Ein Höhepunkt im Vorfeld von Gjiakove war das Restaurant Te Bungat Hereq in einem Eichenhain mit diversen Brunnen und Bächlein zwischen den Sitzinseln, ein Muster von einem Biergarten.
Prizren vor dem Shar-Gebirge

Sonntag, Juni 14, 2015

Gryka e rugovës: Kann ein Sonntag schöner sein

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13.6.2015 Ein neuer Länderpunkt: Kosova
Das Motel Grand am Ausgang von Rozaje Richtung Berane war großartig, Niksicko pivo, ein gutes gebackenes Schweinefleisch, eine fast heimische Kartoffelsuppe, viel Internet und ein kühles Zimmerchen - alles zusammen für sage und schreibe 25€.
Holzernte oder Holzklau: Die Laster sah ich dann später auf dem Weg ins Kosovo
Wie immer bin ich vor Sieben los, aber nicht weit zeigte das montenegrinische Tourismusentwicklungsbüro einen Radtrail zur Quelle des Ibar an. Da bin ich mal rein in das enge Tal, aber nach einigen Kilometern wieder umgekehrt, es sollte ja noch vor dem Aufstieg ein ordentliches Frühstück geben.
Ideen für Rad und Wanderstiefel

Wenn man von der Hauptstraße in Rozaje in die kleinen Gassen abbog, roch es überall lecker nach pekara. Ich wählte eine bosniakische Bäckerei, drinnen ein leckeres Mädel, aber sonst war außer ein paar Waffeln und großen Broten nichts für mich zu happern. Ich fragte nach einer Portion burek, sie antwortete: "Mantije!" Ich konnte damit nichts anfangen und wandte mich ab, sie rief hinter mir her und zeigte mir das Blech in ihrem Ofen. Es waren lauter Tischtennisball große Buchteln aus Blätterteig gefüllt mit gehacktem Fleisch. Sie packte mir 10 Stück auf einen Teller und übergoss sie mit saurer Sahne, dazu gab es einen Becher Joghurt. Preis: 1,40€.
Aufstieg zum Pass: Die Moschee in Dacići
Am Kula-Pass
Nach einigen Runden durch das Städtchen und einer weiteren Portion burek startete ich den Aufstieg zum Pass hinüber ins Kosovo. Rozaje liegt auf über tausend Meter Höhe, trotzdem braucht es noch knapp 600 Höhenmeter um dann in das Amselfeld hinunter zu stürzen.
Abfahrt vom Kula-Pass ins Kosovo
Spektakulär, die Abfahrt! Bevor meine Reifen beginnen zu brennen vom Bremsen, steht die erste kosovarische Kneipe am Weg. Hier koste ich schon mal vor - das birra Peja, das Bier aus Pec, dem ersten Hauptziel dieser Tour. Morgen soll es in die Rugova-Schlucht gehen.
Das Gewitter gerade würde wohl auch den Tropen gerecht werden, Golfball große Blasen vom Regen und Blitz&Donner im Minutentakt. Ich sitze beim 3. birra Peja im Trockenen. Es ist für mich immer sehr spannend in ein neues Land zu kommen, ich bin gespannt, ob die Vorurteile stimmen, worauf kann ich mich freuen und wovor muss ich mich in Acht nehmen. Ich bin dann sehr aufmerksam und suche die Zeichen an der Wand. Meine Kneipe hier ist dekoriert mit der amerikanischen und der albanischen Flagge. Neben mir bis eben drei Aufschneider, die sich nur mit ihren neuesten iPhones unterhielten, zwei der Kerle sind gerade in einem AMG S-Klasse-Super Coupé mit Flügeltüren weg. Soweit die Bestätigung der Vorurteile. Positiv für mich ist im Gegensatz zum bosniakischen Sandszschak die größere Toleranz zum Bier. Hier kriege ich ein kriegl Bier aus Pec/Peje. Vergleichsweise trocken noch die wenigen Kilometer hinein nach Peje gerollert.

14.6.2015 Gryka Rugove: Kann ein Sonntag schöner sein
Die Kosovaren halten die Sonntagsruhe ein, das muss man sagen. Gegen 7 Uhr gibt es noch wenig offene Caffees. An mein Rad komme ich noch nicht, im Hotel ist niemand. Bei einem netten Mann dann der erste und der zweite Espresso, er begrüßt hier jeden wie einen alten Bekannten. Ich kann mich mit ihm auf Deutsch verständigen, dass ich mir was lecker&heißes von der benachbarten Bäckerei hole und bei ihm frühstücke.
So gestärkt gehe ich die Schlucht an. Am Ortsausgang am serbischen Kloster noch ein paar verlassene KFOR-Posten mit verrosteten "Nicht fotografieren!"-Schildern. Es ist die beeindruckendste Schlucht, die ich bisher durchfahren durfte, fantastisch.
unterer Teil der Schlucht
Beim Restaurant "Hani"
Ich bin bis hoch zum Abzweig zur Grenze nach Montenegro, in die Siedlung Kuqishte. Es gibt eine ordentliche Infrastruktur, im Restaurant "Hani" hat gerade eine KFOR-Streife in voller Montur (Lothar würde sagen: Mit der kleinen und der großen Demokratie) die Sicherheit für eine reservierte und gedeckte Tafel gecheckt. Ich erhalte Besuch am Tisch vom Präsidenten des kosovarischen Radfahrerbunds und dreimaligen kosovarischen Meister. Er ist so alt wie ich. Er hat unten in Peja einen großen Radladen. Wir schätzen unsere jeweiligen Rahmenkonstruktionen, er fährt einen Carbon-Rahmen. Er zutscht Energie-Drink aus seiner Radlerflasche, ich trinke birra Peja.
Im Restaurant "Hani"
Kuqishtë - point of return
Nun die Belohnung: Die Abfahrt zurück nach Peje. In den Tunnels hänge ich mich an den Sonntagsausflugskonvoi der italienischen Carabinieri mit Horn und Blaulicht. Ich bin auf einigen derer GoPro-Videos, besonders für mein Ausbremsen des Gegenverkehrs in einer Kehre erhalte ich Beifall.
Meinen Sonntagsbraten erhalte ich in einem äußerst schmucken Restaurant in Peje, zu deren Sauce würden auch die Thüringer Klöße passen. Kann ein Sonntag schöner sein?

Freitag, Juni 12, 2015

Auf der Seidenstraße

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Heute galt es nun nüber zu machen nach Montenegro. Parallel zur Hauptstraße über Novi Pazar gibt es die Nebenstraße über einen kleinen Pass nach Tutin.
Der Weg nach Tutin
Oben wieder der Landschaftswechsel zur Waldsteppe des Peshter. Die Stadt Tutin scheint wie erst vor zwanzig Jahren erfunden und jeder durfte bauen wie er wollte. Oft war aber schnell das Geld alle, es blieb ein Rohbau stehen, der auch mal für sieben Stockwerke angelegt sein konnte. Trotzdem ein großer Trubel allenthalben, es gab Zeugnisse für die überaus zahlreiche Jugend. Da wurde von den Vätern, Vettern und Onkels gern mal ein Schein ins Zeugnis gesteckt.
Poser in Tutin
Ein Op' aus Ahrweiler bei Bonn erzählte mir bei einen Tee die Geschichte dieser Gegend. Vom Berliner Kongress nach den ersten Balkankriegen wurde dem Sandžak die Autonomie zugesichert. Doch geschert hat sich keiner der Herrschaften darum, gekümmert aber auch nicht. In der Kneipe hingen zwei Tito-Plakate, unter dem ging es den Leuten noch am Besten, man hatte einen Pass, der was galt und konnte ins Ausland arbeiten gehen. Er unterstrich mehrmals, dass in dieser Stadt heute jede Familie das Geld aus dem Ausland kriegt. Er war schon in den 60igern mit der gesamten Familie ins Rheinland und hat heute einen deutschen Pass.
Denkmal auf dem Hauptplatz: Die Lage von Tutin an der Seidenstraße
Auf dem Stadtplatz haben sie eine Weltkarte mit den diversen Seidenstraßen aufgestellt, letzte Station nach Westen kurz vor Venedig: Tutin.
Nach dem unproblematischen Grenzübergang ins Euroland Montenegro dann die Ibar-Schlucht, eine Kopie der Ardeche-Schlucht.
Die Schlucht des Ibar
Genauso führte die Straße hoch über der Schlucht mit atemberaubenden Tiefblicken. Vor einigen tausend Jahren wird es wohl auch an der einen Stelle einen Ponte de Ibar gegeben haben.