Alexander Wladimirowitsch sagt mir gerade: "Otlitschno!" Ausgezeichnet, so fühl' ich aber gar nicht. Ich krauche auf dem letzten Loch den Hang hoch, immer auf der Flucht vor Wasja. Er ist beauftragt, die Gruppe abzusichern. Wir sind auf dem Weg in das Sajan-Gebirge. Es ist eine herrliche Bergwelt. Der Weg führt uns von Arschan (900m) am heiligen Wasserfall vorbei durch den Canon der Kyngyrka auf ein Höhe von 1300 m. Nach vielen wackligen Brückenüberquerungen, steilen Auf&Ab erreichen wir endlich das Basislager. Es geht ans Lager aufbauen. Das heißt für uns Holz sägen und hacken. Alexander Wladimirowitsch sucht Material für Tee, Wasja versucht sich am Feuer und unsere Dolmetscherin ins Englische Nadja schnitzelt das Gemüse für die Suppe. Jens kriegt endlich das Feuer in Gang. Alexander Wladimirowitsch sagte sehr bestimmt von Anfang an, dass wir uns um Bier und Wodka selbst kümmern müssen. Deshalb trugen wir fast alle auch eine Flasche Wodka ins Basislager. Lange hält der mitgebrachte Wodka uns nicht am Feuer, dann in den Schlafsack.
Die erster Tour führt als Akklimatisierung entlang des Flusses durch die Schluchten. Mir gefällt eine Stelle als Bett im Moos so sehr, dass ich meine Freunde ziehen lasse und in das Moos lege. Wenige gefühlte Minuten später höre ich meinen Namen im Tal widerhallen. Ich winke mit meiner Mütze in die Berge. Die Freunde sind aber schon an meiner Bofstelle vorbei gelaufen, stellt sich heraus, als Jens von unten auf mich zu kommt. Die Freunde machen schon Pause und bereiten den Tee an einer Feuerstelle.
Alexander Wladimirowitsch hat inzwischen das Lager perfektioniert: Folien über dem Thingplatz, neues Holz zum Hacken und die Pfanne hat einen Stiel aus Eberesche.
Das warme Essen zum Frühstück ist zum Gewöhnen, heute gibt es Milchreis mit Rosinen. Wir starten zur Bergtour auf die Höhen des Sajan. Aus den Erfahrungen von Gestern habe ich gelernt und mir aus der Deckeltasche des Rucksacks einen Ranzen gebaut. Darin befindet sich ein Pullover und die Trinkflasche. Wieder komme ich nicht hoch: An der Waldgrenze bei ca. 2100 m lasse ich die Freunde ziehen. Die steigen noch 300 m höher auf den Kamm des Ost-Sajan. Der Abstieg geht dann steil und wegelos durch die Bergtaiga auf Moosteppich. Harry sagt: "So einen Teppich und ich brauch' kein Bett." Im Canon wird schnell ein Feuer entfacht und den guten Taigatee gekocht. Dazu braucht Alexander Wladimirowitsch nur wenige Minuten, um die Ingredienzien für den Tee zu sammeln. Für mich überraschend gehören auch Vogelbeerbaumbeeren dazu. Jeder Schritt durch die Taiga wird von wunderbaren Aromen erfüllt. Am Basislager ist unsere Crew immer am Kochen von Tee, Suppe und Wasser fuer Kaffee. Überhaupt sind wir immer gut bekümmert worden, mir wurde meine Seitentasche und meine Stöcke abgenommen. Ich bin ja immer der Letzte der Gruppe vor Treiber Wasja.
Das Ostsajan ist ein sehr schroffes und steiles Dolomitgebirge. Die Bäume reichen bis in die Felsregion, irgendwelche Matten und Wiesen gibt es nicht. Es ist ein raues und abenteuerliches Gebirge.
Zum Abschluss besuchen wirt noch in Arschan ein burjatisches Kloster - ein Datsan. In der kommunistischen Zeit sind alle alten Klöster restlos ausgelöscht worden. Die Burjaten verehren einige Standorte der ehemaligen noch als heilige Plätze, wie aber eben den Wasserfall oder einen markanten Felsen auch. Dieses neue Kloster ist scheinbar aus einem russische Bauernhaus mit viel Farbe und hochgezogenen Dach konvergiert worden. Es besteht erst wieder seit zehn Jahren. Ein Mönch verliest in einem Singsang mit minimaler Modulation seine Texte. Nach einigen korrekten Runden in Uhrzeigerrichtung verlassen wir das Kloster zu einem ersten Bier nach den vier Tagen.
Nun fährt uns Slawa ohne Umwege nach Irkutsk zurück. Der Verkehr ist recht chaotisch auf der Hauptstrecke, Rechts- und Linkslenker halten sich hier die Waage bei Rechtsverkehr. Problematisch ist das dann bei einem Überholvorgang. Und so sind die diversen Missgeschicke am Straßenrand mit Blechschäden und auf dem Dach liegenden KAMAS keine Überraschung.
Die nächste Tour soll in die Tazheransker Steppe zum Baikal gehen.
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