2.7.2011 Wieder die Karpaten im Blick (115 km)
Heute steht eine Verbindungsetappe von Galati zu den Vorbergen der Karpaten an. Für eine Rumänien-Durchquerung bin ich bezüglich Karten nicht richtig vorbereitet. Ich muss erstmal eine vernünftige Straßenkarte kaufen. Gestern beim Abendspaziergang habe ich keine librarie (Buchhandlung) gefunden. Also suche ich jetzt die hier überall ausgezeichnete OMV-Tankstelle auf. Dort gibt es eine sehr gute Karte von ganz Rumänien (aufgeteilt auf vor und Rückseite, mit reichlicher Überlappung). Ein Tankstellenkunde weist mir auch gleich den rechten Weg Richtung Focsani, nachdem ich ihm auf meiner neuen Karte meinen Tourenplan erläutert habe.
Wieder die Karpaten im Blick |
Jetzt bin ich endlich auf verkehrsarmen Straßen. Beim nächsten Bier in Tătăranu komme ich mit einem Maurer ins Gespräch, der sich schon in vielen Ländern Europas verdingt hat. Er gibt mir dann auch sehr eindringliche Ratschläge für die korrekte Wegführung nach Râmnicu Sărat. Es wird eine schöne Landpartie und nach wenigen Stunden kommen auch die ersten Berge der Karpaten in Sicht.
Ich komme mit vielen guten Leuten ins Gespräch, soweit eben meine paar Worte Rumänisch reichen. Mich beeindruckt die burschikose Wirtin mit dem flotten Kurzhaarschnitt, wie sie die ganzen angetüterten Kerle in Schach hält. Ich bin in einem Weingebiet, hier erhalte ich gespritzten Wein vom Hahn. In Râmnicu Sărat kündigt sich wieder ein Regen an, es ist Abend und ich nehme das Angebot der ausgezeichneten pensiunea an. Dort ist gerade eine Hochzeitsfeier im Gange, ich darf einen Kognak auf das Wohl des Brautpaars trinken, dann lässt man mich in Ruhe.
3.7.2011 Eine Sonntagstour
Ich erreiche gerade wieder von der Pension aus die Straße als der Regen einsetzt. Ich hoffe, dass das schnell vorüber ist und gehe in die Eckkneipe. Hier gibt es wieder eine gehaltvolle Weinschorle. Das war so gegen halb Neun. Der Regen hört erst kurz vor Elf auf. Wieviel Wein ich für die Überbrückung verkasematuckelte, bleibt mein Geheimnis.
raul Slanic |
4.7.2011 Platoul Meledic
Der heutige Tag war der Erkundung des Salzkarsts auf dem Plateau Meledic gewidmet. Sozusagen ein Ruhetag, denn ich fahre nur mit der Lenkertasche am Rad in Richtung Săreni. Doch als ich gerade starte werde ich vom Wirt der Pension wieder zurückgeholt, es gibt erst ein tolles Frühstück țărănésc, nach Landessitte.
Ausgangs der comuna Mânzălești sehe ich die Salzberge „muntele de sare“. Nach dem reichlichen Regen gestern treten aber nur wenig weiße Salzflächen hervor.
Ich folge den Wegweisern zur Pension „Meledic“ auf das Plateau. Hier gibt es eine reiche touristische Infrastruktur, die Pension und ein Zeltplatz mit Festwiese rund um den See Meledic. Leider musste ich erkennen, dass ich einen Tag zu spät gekommen bin. Eine ganze Schar Leute ist gerade mit dem Aufräumen nach dem gestrigen Folkfestival „Festivalul Slánicului" beschäftigt. Ein Mann zeigt mir den Weg zu einer großen Doline mit einer Salzhöhle.
Er will mit mir dort durch kriechen, man käme auf einer anderen Seite wieder raus. Aber das ist mir zu fett, es sieht extrem schlammig aus am Eingang des Loches. Ich sehe mir die andere Seite an, indem ich über eine bunte Blütenwiese zur Nachbardoline gehe. Eine spektakuläre Landschaft! Unten im Tal des Slanic traue ich mir auch mal, das Salz zu kosten.
Mein Höhlenführer |
Höhle im Salzkarst |
Salzkristalle |
Abends in der Kneipe von Vintila Voda erlebe ich dann doch noch ein bisschen Volksmusik. Ein Op' kommt mit seinem HOHNER-Akkordeon vorbei und wird von meinem Tischnachbarn herangeholt. Kurz darauf trifft auch der Sohn der Kneiperin ein. Ihm gehört der KORG-Synthesizer im Thekenraum. Es beginnt ein ungleiches battle, der Op' kommt mit der unplugged Quetschkommode nicht gegen die Elektronik an. Er kommt wieder raus an unseren Tisch, ich spendiere ihm ein Cuicas-Bier und er spielt für mich „Sus sus sus, la munte sus“.
5.7.2011 Den Kartendichter verklagen
Für solche Wege ist das Rad gemacht |
Durch die tiefen Schlammlöcher musste ich bergab schieben, einmal riss sich eine der Fronttaschen los und kullerte in eine 20cm tiefe Pfütze. War ich froh, als ich die ersten Häuser und eine vernünftige Straße wieder sah.
Mit einigen Bierhalts war es ein lockeres Pedalieren bis hinunter zur Nationalstraße #10 bei Nehoiu. Einsetzender Regen ließ mich in den Ort reinfahren, ich fand ein nettes Restarant, wo gerade eine kleine Brigadefeier stattfand. Nach den üblichen Fragen&Antworten zum Woher&Wohin ließ sich der Chef von seinem Sekretär mit mir fotografieren. An diesem Tag waren es wohl nur knappe 40 km.
6.7.2011 Das Burzenland erreicht
Vor gar nicht langer Zeit: Ein gewaltiger Erdrutsch |
Kirchenburg in Tartlau: Die Fruchtkammern |
Harman / Honigberg: Hinten der Cuicas |
Die Völkerzüge im Mittelalter |
Für den weiteren Weg wählte ich eine Nebenstraße am Olt entlang, die mich wieder ins jud. Covasna führte. Dieser Weg zeichnete sich dadurch aus, dass ich den Ciucas auch in echt am Horizont sah, nicht nur auf den braunen Flaschen. In einer Kneipe in Araci kam ich in Englisch mit dem Wirt ins Gespräch. Er stellte mir seinen Kumpel vor, Kandidat für das Bürgermeisteramt. Er kandidiere „für die Armen“. Wir diskutierten die Grundstückspreise in Deutschland und hier, sowie über das Renteneintrittsalter. Auf dem „Gebiet der Sachsen“ (jud. Brasov) kostet ein Haus ab 100.000€ aufwärts, hier im jud. Covasna nur die Hälfte. Bei Bod / Brenndorf bin ich an einem großen Investment in eine Eigenhaussiedlung vorbei gekommen. Plan und Preise auf der Bautafel hatten wirklich das Niveau von Jena in Thüringen. Nach dem Thema „Renteneintrittsalter“, wo Deutschland auch nicht besser als Rumänien abschnitt, fragte mich der Wirt, ob ich Kommunist wäre. Verunsichert verneinte ich. „Aber wir!“ freute sich der Kandidat für das Bürgermeisteramt. Ich habe noch zwei weitere bere Ciucas lang aufschlussreiche politische Gespräche geführt. Bei Măieruș fand ich wieder ein schönes Motel an der Europastraße E13.