Sonntag, Juni 19, 2011

Slava Kwas - Hoch lebe der Kwas

0 Kommentare
Meine Boten für die pomana
14.6.11 Waldkarpaten pur
Heute war ja wieder Arbeitstag, aber als ich früh um halb Sieben los bin, schlief Rachiv noch. Wenig Verkehr, also auch kein Frühstück. Das gab es in Form von Kaffee und Waffeln erst nach mehr als zwanzig Kilometern. In Jasinja konnte ich mir auch wieder den Allerhöchsten Beistand erkaufen. Drei Ehrwürdige in schwarz, blau und grün waren sehr interessiert an der Tour und freuten sich auch wegen meines Wunsches nach einer pomana. Sie wiesen eine dicke, mächtige Laienschwester an, den Wunsch nach guter Reise an den Hl. Iwan zu notieren.
perewal Jablunitsa
Den Tartarenpass (perwal Jablunitsa) hat der Huzulen-Kommerz fest im Griff. Aber nicht die Küche: Der Bortsch war nur Kraut und Wasser.
In Tatariv bin ich dann links weg nach Vorochta. Hier befindet sich seit 1933 das Skisprungzentrum der Ukraine. Nach einem endlich mal guten Essen im "Alt-Vorochta" zeigten sich erste Verschleißerscheinungen. Die jungen Kellner haben ganz verdutzt geguckt, als ich wegen eines Krampfs im Oberschenkel kaum die Treppe hoch gekommen bin, aber nach ein paar Verrenkungen aufs Rad kam und den Hügel hinauf stampfte.
Der folgende Weg führte auf ca. 1000 plus x Meter. Die Abfahrt hinunter nach Verkhovyna die pure Belohnung. Was ich jetzt noch schaffe ist wieder über Plan.
Hier knallt gerade der zweite Schampanskoje-Korken. Einer aus der Runde bläst sehr ordentlich die Hirtenfloete, aber viele Melodien scheint er nicht zu kennen.

Raue Wege
15.6.11 Staub fressen
Schon gestern, aber so richtig heute konnte ich mein Rad und mich auf die kaukasischen Straßenverhältnisse einstimmen. Die Überschwemmungen in den letzten Jahren hier in den Karpaten waren verheerend für die Straßen. Viele nur notdürftig rauh und staubig ausgebessert. Wenn dann ein Auto vor Einem ist, sieht man manchmal in der Staubwolke den Gegenverkehr nicht.
Ich bin dann noch in Ust-Potyla auf die Idee gekommen, bei Ruska im Tal der Suceava nach Rumänien zu machen. Ich war fast oben, doch in Ploska mehrten sich die Stimmen, dass der Grenzübergang nicht für Ausländer möglich sei.
In dieser Kneipe wurde ich von der Notwendigkeit der Umkehr überzeugt
Unterwegs besuchte ich das Dorfmuseumn, welches Jan Kubilizi in Sergii gewidmet ist. Es gab aber auch noch einige Exponate von der heldenmütigen Schlacht um den Kessel von Kolymija 1944 und den Produkten "unseres" (O-Ton der Museumsmuttel) Holzkombinats.
Ja, es galt umzukehren und die Karpaten zu verlassen. Ich bin jetzt ca. 25 km vor Tschernowitz, entweder bofen oder es findet sich vor der Stadt ein Hotel. Vom Sonnenstand abgeleitet kann ich noch eine Stunde fahren und es rollert hier schön.

Gruß an alle ehemaligen Einwohner der Bukowina
16.6.11 Auf und ab, das schlaucht
Ja, ich bin raus aus den Karpaten, aber diese Hügel sind hart. Es war letzte Nacht doch eine Bofe geworden. Bis Tschernowzi waren es tatsächlich noch 50km.
Es ist nun ein sehr durstiges Wetter, aber Bier wäre sehr fatal. Ich bin auf Kwas umgestiegen. Man kriegt es hier schön kalt aus dem Nachbarhahn vom Bier gezapft. Es ist ja auch ein gegorenes Getränk (praktisch Brot), aber eine alkoholische Wirkung zeigte sich bei mir nicht. Vom Aussehen und Geschmack muss man es sich wie eine in Sprite aufgelöste Lakritzstange vorstellen. Trotzdem erfrischend und den Durst löschend.
Kwas-Verkäufer in Tschernowitz
Tschernowitz lag für mich überraschend auf einem Berg, ich schob mein Radl auf Kopfsteinpflaster hoch ins zentr goroda. Angesichts eines 600 Jahrjubiläums heißt man alle Völkerschaften mit dem Schriftzug "meine Heimatstadt" in deren Sprachen willkommen.
Die Wegweiser ausgangs Tschernowitz haben mich auf eine Hauptstraße geführt, wo ich die Annehmlichkeiten der Logistik Wert schätze und die LKWs ignoriere. Auf der Weiterfahrt wurde die Sache erheblich ernster. An den Steigungen waren einige LKW nur wenig schneller als ich, die anderen wollten den Klump überholen, da musste ich öfter nachgeben und den Asphalt verlassen. Die alten Ladas mit Veteranen der Schlacht von Kolymeja am Steuer lahmten auch, wichen aber nie vom äußersten rechten Fahrbahnrand ab, den eigentlich ich befuhr. Das alles bergauf. Bei allen Abfahrten hatte ich Glück, ich hielt die 60kmh mit, so dass die Lücken im Verkehrsstrom mir freie Fahrt ließen. Nun nochmal zurueck zur Logistik an den Hauptstraßen. Der beschriebene Kampf macht Durst, oben hatte eine Muttl immer einen wohl temperierten Kwasausschank, was'n Glück. Einmal holte mich ein mächtiger Hirte in seine Runde, er war selbst Soldat in "Lutherstadt Wittenberg" wie er es exakt nannte. Er akzeptierte den Kwas, nachdem ich zur Sonne zeigte. Er zeigte stolz sein Garde-Tatoo, heute steuert er LKW von Polen bis Kasachstan und zu den Türken. Ich kam an meine Grenzen als ich Khotyn erreichte und bin ins Hotel "Fortezza". Diese Festung werde ich morgen besuchen, hier als eine der sieben Kunstwerke der Ukraine ausgeschildert.

Die Festung Stefan des Großen in Chotyn
17.6.11 Festungen
Heute morgen blieb ich in meiner Horntzsche etwas länger liegen, um die Festung Khotyn besuchen zu können. Aber es war noch geschlossen, nur einige Tinneffhändler bauten ihre Stände auf. Dann eben ein Frühstückskaffee suchen. Das ist morgens nicht trivial. Es soll ja auch was Vernünftiges sein. Aber egal welches Niveau, es liegen immer an der Ausschank/Kassierstelle diese Trockenfische rum. Gestern habe ich zwei junge Kerle solchen Fisch kaufen sehen, im ersten Moment dachte ich es sei die Hygieneinspektion. Die Jungs waren doch auch so proper gekleidet. Sie haben sich das schon lange sehr tote Vieh ganz genau angeguckt. Erst als bezahlt wurde, war mir klar, dass hier ein korrektes Geschäft abgewickelt wurde.
Im Verließ ist viel Platz
Nun habe ich zwischen zwei Kwas die Burg besucht, großartig und noch viel Potenzial, was noch touristisch gehoben werden kann. Ich bin ins Verließ abgestiegen, wo mal ein nobles Restaurant entstehen könnte. Tageslicht durch die winzigen Oberlichter und Fackeln, dann ein Ritteressen. Hier ist viel Geschichte aufeinander gestoßen: Polen, Litauer, Tartaren, Rumänen und nicht vergessen die Türken, die aber, so scheint es, hier vor Khotyn was auf den Turban gekriegt haben. Ein großes Schlachtengemälde zeigt dies. Hier muss ich mal ein wenig recherchieren.
Die Omega-Stadt
Nun bin ich in einer der spektakulärsten Städte, die ich bisher kennenlernen durfte. Von einem ca. 50 m tiefen Canon 359 Grad umschlossen, das letzte Grad wird durch eine Brücke gehalten. Dieser Zugang wird durch eine Festung geschützt. Ich habe mich hier nun für einen Ruhetag in ein ordentliches kleines Hotel eingemietet.


Der Smotrych-Kanon
18.6.11 Der Ruhetag
Heute habe ich nun diese spektakuläre Omegastadt Kamenets Podhylsk erkundet. Die Altstadt teilt sich in drei Gebiete auf, den polnischen Teil, den ukrainischen (ruthenischen) und den armenischen Teil. Vom armenischen Teil wäre mir nichts aufgefallen, wenn der Straßenname nicht darauf hingewiesen hätte. Sie kamen von der Krim, die Zahl war wohl nicht so groß, aber wirtschaftlich stark.
Der Kushnirska Turm
Der polnische Teil ist noch heute der repraesentativste. Hier stecken die Polen wohl auch viel Geld in die Restauration. Hier hat heute wieder ein kath.-polnischer Bischoff seinen Sitz. In der Kirche (übrigens die Einzigste, wo man nicht in kurzen Hosen rein darf - Schild) war heute eine der vielen Hochzeiten. Ich habe dann an der Burg sieben Paare bei ihrem Schaulaufen im Brautkleid beobachten können, umschwärmt von jeweils einem Fotografen und einem Videooperateur. Das war alles zu Fuß.
Die Festung
Jetzt hake ich die Stellen ab, wo sich beim Spaziergang die Motivklingel meldete. Die Sonne macht's aber nicht so, wie von mir erhofft. Dann eben noch eine kleine Portion Banusch mit Speck und Bryndza. Das war aber nur eine Art Mamaliga. Mamaliga ist fast immer hier auf der Karte. Sogar auf der Burg gab es auf Wahl Mamaliga. Mir sagten aber die gebratenen Kartoschka-Spalten mehr zu. Der Brater war ein freundlicher Mann, er ließ mich noch die vierte Möglichkeit kosten, ein würzig schmackhaftes Kascha.
Diese erstaunliche Stadt ist aber keineswegs ausschließlich meine Entdeckung aus deutscher Sicht, is' ja klar. Da waren eine deutsche Radlergruppe nach der Art von KaLeus "Rad und Wandern". Die ließen sich gerade von einem Polen durch die Stadt führen. Einer hatte an den Knien eine stramme Schürfwunde ca. 3 Tage alt. Es ist nicht einfach, das Gruppenradeln. Das ist hier der größte Nationalpark der Ukraine, es gibt einen Wanderweg ringsum. Zwei deutsche Kraxenschlepper sind auf diesem Weg unterwegs. Jetzt sitze ich einer Gruppe businesmen gegenüber, eine Art Bruno Weese dolmetscht.

Der Fährmann
19 6.11 Eine pomana hilft auch in Moldavien
Heute waren die beiden Heiligen Sv. Ivan und Sv. Wassili bei mir. Ich hatte ja schon gestern Pech wegen der milchigen untergehenden Sonne. Sowas ist ja immer in unseren Breiten ein Zeichen für das Aufziehen einer Warmfront. Es ging aber alles gut los, mit Hilfe eines Tankstellenkollektivs und deren Kunden wurde mir der Weg nach Ustja aufgezeigt. Hier wird mit Wegkennzeichnungen insbesondere in den Städten sehr sparsam umgegeangen. Mit einer Fähre aus Schubeinheit und angeschweißtem Pionierponton aus den Zeiten des  Übersetzens über die Oder '45 ging es dann über den Dnistr.
Ich habe mich entschlossen durch Moldawien zu fahren, ist kürzer und ein neues Land wird abgehakt.
In Moldawien - Der Weg ist klar vorgegeben
Mit der Einfahrt nach Briceni hatte mich das Mistwetter eingeholt. Es funktioniert anfangs kein ATM mit der neuen Maestro-Karte. Ich war schon am Weiterfahren und Zeltplatzsuche raus aus dem eher bescheidenen Ort, als mich die zwei Heiligen zurück auf den rechten Weg führten. Ich kehrte um, konnte mich für einen ersten schweren Regenschauer unterstellen und traf dann auf die Engel der Heiligen als Blumenfrauen. Sie zeigten Anteilnahme und den Weg zum Hotel. Am Wege lag dann auch noch ein moderner Bankautomat, der mir die moldawischen Lei ausspuckte. Die sehen nicht so toll aus wie die rumänischen, eher so wie Rubel. Sofort nach dem Einchecken brachen drei Stunden Gewitter und Regen los. Jetzt zeigten sich sogar für einige Minuten einige Strahlen der untergehenden Sonne, es ist kurz vor 21 Uhr. Ich sitze zum zweiten Mal geduscht auf der Hotelterasse beim Bier. Runterherum bei den jungen Leuten wird noch ausschließlich ukrainisch gesprochen.

Montag, Juni 13, 2011

Reise zum Mittelpunkt Europas

2 Kommentare
Geschafft - den ersten Pass
9.6.11 Erster Tag
Die Anreise nach Kosice im Liegewagen aus Cheb habe ich verschlafen. Erst früh gegen 6 Uhr in Cadca aufgewacht, das ist die erste Station in der Slowakei. Meine Liegenachbarin aus Kraslice war unterwegs nach Poprad, will dann weiter nach Polen bei den Pieniny. Sie besucht ihre Maminka, oh, ich habe sie älter als ich geschätzt. Sie gehörte zu dem großen Nachzug in die verlassenen deutschen Häuser nach dem Krieg.
Bewusst habe ich einen alten bekannten Weg nach Ubla zur ukrainischen Grenze gewählt, zum Einrollern. Ich bin Hornad aufwärts gefahren bis Kysak. In einem Bogen durch etliche Zigeunerdörfer nach Herlany (Eruption des Geysirs ist erst morgen). Jetzt sitze ich beim Bier in Banske nach dem Pass über die Slanske vrchy - 660m nur, aber für den ersten Tag ordentlich. Es soll nur noch zum Nepumuk, dem Brückenheiligen an der Ondava gehen, bei der Burg Cicava, Loth,' Detlef und Andraschek wissen, was ich meine.

Um die Preise zu bewundern - auf's Bild clicken
10.6.11 In der Ukraine eingetroffen
Der Plan von gestern ist erfüllt. Von Nepomuk beschützt einen tiefen Schlaf gehabt. In der Slowakei ist alles sauber und geregelt, praktisch geht keiner mehr für Euro was essen, ich fand keine Speisegaststätte bis zur Grenze. In Ubla gibt es aber die Pension Milka, dort wird für die Grenzer Essen ala carte vorgehalten. Dreisprachige Speisekarte, falls mal EU-Inspektoren oder der Tourist EbsEls kommt. Die Preise waren mir ein Foto wert.
Werbung für zwei Länder
Der Grenzübergang war unkompliziert, mit großer Bewunderung wurde das Reiseziel Odessa zur Kenntnis genommen. Aber Geld gab es keines an der Wechselstube. Die Begründung des Madlotschka mit Handy am Ohr verstand ich nicht. Der Spruch "Es fügt sich" zeigte seine Wahrheit im nächsten größeren Ort Petschina, ein Schild wies mir den Bankomaten der Privatbank. Nachdem ich überall am Automaten mal gerüttelt habe (es könnte ja was von gierigen Geldfängern was angebaut sein), zog ich mir meine ersten Grieven (Hryvna). Nun teste ich die Echtheit der Noten in Tur i Remeti. Hier hängen beide Flaggen aus: Die ukrainische und die slowakische. Es ist Sonnabend, da kreuzen hier schon Einige ziemlich gewagt die Straße. Einer zog lässig während eines Querschlags mal schnell seinen Schwengel aus der Hose, um mitten auf die Hauptstraße zu pullern. Meine Nachbarn am Tisch prosteten mir gerade mit Klaren im Glas zu, um dann gleich ins Auto zu springen und loszublasen. Aber nur keine Bange, das sind Ausnahmen. Der Karpatenukrainer an sich nimmt zum Glas Bier am Wochenende seine Kinder mit.

Hier brannten meine drei Kerzen für den Hl. Wassili
11.6.11 Auf gesegnetem Weg
Eine schöne Bofe, aber früh mit Regen. Doch nach dem Pass zum nächsten Rayon stellte sich in der Frühstückskneipe heraus, dass es erst 7 Uhr ist. Gegenüber war eine geschmückte Kirche. Ein Gast erzählte etwas von einem Feiertag von drei Heiligen und erbot sich, mir die Kirche zu zeigen. So konnte ich mir erste Rückendeckung vom Hl. Wassili sichern, indem ich drei Kerzen spendete. Am Ausgang der Kirche ging es dann um irdischen Lohn. Der Typ machte eine unnachahmliche Geste, in dem er mit dem Finger an die Gurgel schnippste, es entstand ein unheimlich hohles Geräusch. Mir war klar, er hatte Durst. Wir kippten zusammen ein Glas.
Jetzt in Svaliava nahm ich mein zweites Frühstück gegenüber einem weiteren schmucken Kirchlein ein. Da strebten jede Menge Ömchen im Sonntagstaat dieser heiligen Stätte zu. Eine unterschied sich erheblich vom Alter her von der Gruppe. Die schlug auch nur drei Kreuze über ihr Gott und den Irdischen äußerst wohlgefälliges Dekolleté und ging ihrer Wege.
Reformierte Kirche in Chust
Mein gewählter Weg führte über zwei lockere Pässe. Die machten schon Fresslust, nur leider ist heute auch othodoxes Pfingsten und der Ukrainer an sich lässt sich zu Hause bekochen oder es reicht, was er trinkt. In Lipza war ein Volksfest mit Estrade und Rummel. Da hatten Einige einen halblitrigen Flachmann mit klarem Wässerchen in der Hand. Die Auswahl an Wodka ist aber auch beachtlich, der Eigenbrand wie im nur wenige Kilometer entfernten Rumänien scheint hier keine Tradition zu haben. Jetzt habe ich in Chust die Theiß erreicht, ich suche mir jetzt eine Bofstelle und gut ist es.

Spannbrücke über die Theiß
12.6.11 Am Mittelpunkt Europas
Gert weiß, wovon ich rede, am Mittelpunkt Europas und drum herum muss man auf seine Schritte achten. Die Brücken sind wacklig und die Hotelduschen glatt. Es gehören seemännisch elastische Knie, um das Schwanken auszugleichen. Ich wollte so eine reichlich 50m lange Spannseilbrücke über die Theiß mit dem Rad überqueren, ich bin fast vom Rad und in die Fangnetze gefallen.

Eine Mitte Europas
Die k.u.k beamteten Vermesser ermittelten den Mittelpunkt Europas weitsichtig bezüglich der touristischen Bedeutung genau an der Hauptstraße. Und die Genossen der C.C.C.P. bestätigten das mit einer weiteren Tafel. So lohnen sich Buden für den Verkauf von Tinnef aller Art. Die Kunden kommen gut ran, so fügte es sich zur Sicherung etlicher Existenzen. Ein Op' bot mir ein Rasiermesser aus Stalingrad an. Als ich nicht drauf einging, hatte er noch eins aus Solingen. Die Etuis machten wirklich was her.
Nun habe ich das Duschen im Hotel Evropa in Rachiv ohne Missgeschicke überstanden. Leider hat es keinen Zweck zu waschen, die Klamotten werden bis zum Morgen bestimmt nicht trocken. Das ist für die folgenden drei-vier Tagen eine wichtige Aufgabe. Morgen steht der Tartarenpass, knapp 1000m an. Haltet zu mir.
Viele Grüße von unterwegs
Eberhard Elsner

Sonntag, Mai 22, 2011

Bunică, für wen hast Du die Suppe gekocht?

0 Kommentare
Darauf erhalten wir wohl nie eine Antwort. Doch was es damit auf sich hat, wird auf dem Rumänien-adventskalender erzählt. Der 20. April des Oster-spaziergangs sollte noch Überraschendes bringen.
Viele Grüße aus Thüringen (oder von Sonstwo)
Eberhard Elsner

Donnerstag, April 28, 2011

Osterspaziergang

0 Kommentare
Osterspaziergang ... das klingt nach Aufbruch.
Osterspaziergang
Ich habe einige Tage ins Land streichen lassen, bevor ich diesen Reisebericht unseres Oster-spaziergangs in das Apuseni-Gebirge in Rumänien beginne. Ich hoffte, das Selbstmitleid zu verlieren: Ich bin nämlich nach fünf Tagen mit maladen Knien wieder nach Hause gefahren. Also, zusammengerissen und mit schönen Bildern illustriert die Fakten. Denn es ist eine dringende Empfehlung für Naturliebhaber, Wanderer, Ethnografen der Pastorale und allen anderen Fans von ursprünglicher Kultur, um diese Jahreszeit die Gegend zu besuchen.

Das Apuseni-Gebirge - rumänisch Munții Apuseni - ist eine Gebirgsformation im Westen Rumäniens. Es ist ein vielgestaltiges Mittelgebirge mit kleinteiliger Land- und Weidewirtschaft im historischen Motzenland, mit grandiosen Karsthöhlen im Bihor und das Land des europäischen Goldes.
Cetatea - Alba Iulia
Nach einem Besuch der Stadt Alba Iulia mit der Festung Karlsburg schulterten wir die Rucksackschweine-braten in Simeria und es ging in das Siebenbürgische Erzgebirge (Muntii Metaliferi) auf der ersten Etappe bis auf einen Hügel im Dorf Vărmaga. Dieser Hügel wurde aus dem Garten des magazin mixt heraus gewählt. Das ist die Gegend von Sacarîmb, eine Ecke des "Goldenen Vierecks" des dakischen Goldlandes.

Gegend von Sacarîmb
Ohne gescheite Karten fanden wir den Weg nach Mada. Das war ein Tipp aus dem 2010er Rumänien- adventskalender (der 17.12.), wir interessierten uns für die Klamm Cheile Madei. Aber es gibt hier auch eine kleine Pension eines italienisch-rumänischen Paares, die Pensiunea Agroturistica "Mada Paradiso". Wir konnten mit dem Inhaber einen kleinen Plausch halten und erfuhren, dass er erst wenige Tage aus Italien wieder hier ist, um die Pension für die Ostergäste vorzubereiten. Im Sommer sind jederzeit Gäste herzlich willkommen. Er nennt das Dorf sein Paradies, es sei so ursprünglich.
Aber die aktuelle "Kultur" sickert auch hier in das Paradies.
In der Klamm konnten wir nicht viel ausrichten, es gab reichlich Wasser. Aber der Aufstieg zur Fluchthöhle entschädigte uns mit vielen bei uns seltenen Frühlings-blühern wie der Schach-brettblume. Die Felswand rechts der Klamm ist übersäht mit schwierigen Kletterführen (7 ... 9+). Jeder Einstieg ist mit Name und Schwierigkeitsgrad gekennzeichnet.
Nun wieder mit den Schweinebraten auf dem Rücken wählten wir einen mit 'nem rotem Kreuz gekennzeichneten Weg. Der führt nach Ardeu. Dort ist eine alte Dakerfestung zum Schutz des Goldlandes ausgezeichnet. Leider musste dort aber ein Steinbruch aufgerissen werden, als ob es runterherum nicht genügend andere geeignete Stellen gibt. In Ardeu gibt es zwei Möglichkeiten weiter dieses interessante Gebiet zu erforschen: Nach Glod durch die gleichnamige Klamm und ein markierter Weg nach Cheile Cibului. Wir wählten die markierte Variante, wir hatten ja keine Karte.
Der "Halfdom" über Cheile Cibului
Es war für mich ein schwerer Aufstieg, meine Freunde warteten auf einem Hügel, nach meiner Auffassung ziemlich weit rechts von unserem Weg. Ich fragte: "Wo habt Ihr die letzte Markierung gesehen?" "Schon lange nicht mehr." "Dort unten an der stina ist ein Wegzeichen. Ihr seit zuweit rechts." Ich konnte sie überreden, mir zu folgen. Doch der von tausend Tieren in den Wald getrampelte Weg verlor sich im Gestrüpp und wir verfitzten uns in einem morastigen und stachligen Dickicht. Über uns wussten wir einige uralte Terassen mit Streuobstwiesen, also bergauf. Die Betonung liegt aber auf "uralt" und nicht auf "Wiesen". Alles ist verbuscht, selbst die Pflaumenbäume tragen Dornen. Nach einigen Wirrungen und recht ratlosen Besprechungspausen fanden wir einen Pfad bergab, wo sogar verwitterte Markierungen sich erahnen ließen. Zwischen Bacâia und Cheile Cibului entließ uns das Gestrüpp auf eine Wiese. Es war gegen 18 Uhr am 19. April 2011, nette Leute ließen uns ihr angezapftes Thermalwasser kosten und wir hatten den Platz zum Bofen gefunden.

Viele Grüße aus Thüringen (oder von Sonstwo)
Eberhard Elsner

Samstag, Februar 19, 2011

Vom Widerspruch beim Reisen oder warum eine pomana helfen wird

0 Kommentare
Wir sind in 2010 in die Waldkarpaten gefahren. Und wenn ich vom "Wir" schreibe, so war es eine große Truppe von Abenteuer suchenden Leutchen aus dem Clan der Knobelsdorfer.
Stolz auf den ersten Pass in den Waldkarpaten
Was suchen wir für Abenteuer? "Wir wollen in den Osten, da isses so schön uhrig!" "Ihr wollt in die Ukraine? Das ist doch pure Armut!" "Wieviel Kilometer werden es denn dieses Jahr?" Solche Gesprächsfetzen schwirren dann immer über den Tisch mit den halb leeren Biergläsern in Lamsfeld.
Bei der Tour mit Karpatenwilli rund ums Retezat in 2009 hatten wir unsere Abenteuer von aller höch­ster Stelle abgesichert. Willi hatte noch auf der Anreise durch Herrn Stanciu eine pomana, ein orthodoxes Bittgebet, lanciert. Herr Stanciu meinte es gut und ergänzte die Bitte noch um die Abwesenheit von Bären auf unserer Tour. Alles ist ganz korrekt in Erfüllung gegangen, auch Besuch von Bären bekamen wir nicht, was nicht ganz unserer Auffassung von Abenteuer entsprach.
Weg führt zur wundertätigen Ikone Unserer Mutter Gottes von Goschiv
Dieser Weg führt zur wundertätigen Ikone Unserer Mutter Gottes von Goschiv. Und hier beginnt unser Ungemach. Der kleine Umweg zum Kloster hätte uns zu viel gute Kilometer gekostet. Wir haben keine Kriwna investiert, um an aller höchster Stelle für das Wohl der Tour zu bitten.
Und so kam es, dass wir laufend Pannen hatten. Mein Fahrrad ist gestorben, das Rad von KaLeu wim­merte in solch hohen Tönen, dass er es ob seines Alters gar nicht erhörte. Jeden Tag mussten wir auf einen Gefährten mit einer Panne warten. Das schlaucht ... dazu kommt Regen.
Viseu de Sus, Strada 1. Mai, Nr. 120, M. Schneeberger
Morgens nach einem Lager an der Theiss, wo es Nachts mal wieder kräftig regnete, lud uns ein Bäuerlein zum Frühstück ein. Das ist bei einer Truppe von sieben Leuten ganz schön mutig. Hier regte sich aber in unserer Truppe eine Gemengelage von ganz widerstreitenden Gefühlen. Kriegen wir denn bei dem genug? Wenn wir unsere Vorräte auftischen, ist das höflich? Könnte es sein, dass wir was bezahlen müssen? Isses das Wert? Wer redet mit ihm und worüber? Wir lehnten die Einladung ab!
Noch am selben Tag gegen Mittag, wir erreichten Sighetu Marmaţiei, besuchten wir das erste Haus am Platz zum Mittagessen. Der Kellner nahm unsere sehr umständliche Bestellung mit Langmut und grenzenloser Freundlichkeit auf. Das Knipsen und Blitzen ließ er uns durchgehen. Ganz zum Schluss bot er uns aus seinem eigenem Brand eine Runde Zuica an und gab uns den Rest der Flasche einem knappen Liter mit.
Selbstlose Freundlichkeit
Der Abenteuer suchende Reisende trifft auf erfrischende und selbstlose Freundlichkeit. In Oberwischau beschließen wir eine feste Unterkunft zu suchen. Alle freuen sich auf die Herberge, die mit vielen Schildern beworben wird: Pension Nagy. Ja, dort ist aber alles belegt, Enttäuschung macht sich breit. Wir sind in der Zipserei, also ist schnell der Beschluss gefasst, aufmerksam lauschend einige Kneipen zu besuchen, ob wir einige Worte deutscher Zunge hören. Das klappt auch. Gleich in der ersten Kneipe, die Schwägerin der Kneiperin hat Fremdenzimmer in der strada 1. Mai. Alles wird telefonisch eingefädelt. Wir werden zu einem Hof geführt, wo wir Übernachtung für die nächsten Tage finden. Wir beschließen noch einen Ruhetag, um eine Fahrt mit der Wasertalbahn zu machen.
Die Koffiemiehl ist bereit zur Fahrt ins Wasertal
Die Abenteurer wollen nach den Tagen in den Waldkarpaten mal schön heiß duschen, vielleicht ein bisschen Wäsche machen, eben einen gewissen zivilisatorischen Standard finden. In unserer Unterkunft muss aber erst mal der Badeofen angeheizt werden. Denn: "Das ist das Haus meiner Mutter. Sie ist hier vor zwei Jahren gestorben. Nun steht das Haus leer." Draußen steht am Tor Nr. 120 M. Schneeberger. Es ist ein Zipserhaus.
Am nächsten Morgen wabern beim Frühstück ein paar schlechte Schwingungen um den Tisch: "Das hat so komisch gerochen. Wahrscheinlich ist die Frau in meinem Bett gestorben." Ach, aber eine pomana wäre ein zu großer Umweg gewesen! Wir sind nicht abergläubisch, aber eine Abenteuerreise macht eben viel mehr Spaß, wenn man sich mit Haut und Haaren und vor Allem mit der Seele auf das Land einlässt.

Sonntag, Juli 04, 2010

Aber am Fahrrad liegt es nicht!

0 Kommentare
Glod: Biserica de lemn
Diese Tagebuchseiten sind erst zu Hause fertig geschrieben worden. Grundlage waren einige Stichpunkte und die technischen Daten der Etappen.

20.6.2010, Glod, 64 km
Frühstück in Nieder Aresch in einem Gemischtwarenladen noch in der Ukraine. Problemloser Grenzübertritt in Sighetu Marmaţiei nach Rumänien. Der Ober im ersten Haus am Platz schenkt uns seinen hausgemachten Zuica.
Weitere fahrradtechnische Probleme: Ich repariere mein Lager des Vorderrads kaputt.


Wasertalbahn
21.6.2010, Viseu de Sus, 56 km
In Pension bei Fam. Langtaler. Nun werden wir schlapp und beschließen, mit dem Touristenzug ins Wasertal zu fahren.

22.6.2010, Wasertal, 0 km
Ruhetag mit Waldbahn fahren und Fußball gucken.


23.6.2010, Feresti, 72 km
Ab jetzt auf dem Heimweg. In Feresti beschließen wir noch mal Pensionsübernachtung wegen WM und Regen.

24.6.2010, Baia Mara, 72 km
Mein Lager am Vorderrad gibt vollständig seinen Geist auf. Ich trampe nach Baia Mare in eine Radwerkstatt. Reparatur und Fahrt mit Taxi in Summe 100 Lei (entspricht 24 €).

25.6.2010, Jankmajtis, 90 km
In Ungarn: Abschied von Eva und Harry. KaLeu kriegt einen neuen Mantel für das Vorderrad.

Burg Füzer
26.6.2010, Vasarosnameny, 51 km
Regen und wellness. Uns stand zur Abendsöffnung des Thermal (ist bei Buchung auf dem Zeltplatz inclusive) für jeden Gast eine Personalkraft zur Verfügung.

27.6.2010, Pacin, 79 km
Aus dem Regen wurde Wind.

28.6.2010, Füzer, 55 km
Bei mir Lenkerbruch auf dem Weg nach Sátoraljaújhely. Ein deutscher Passant auf dem Boulevard in Sátoraljaújhely nach kritischen Blick auf mich: "Aber am Fahrrad liegt's nicht!"
Die Burg Füzer wurde am Anfang des 13. Jahrhunderts gebaut und gehört zu den frühesten Privatburgen des Landes. Sie kam 1389 in den Besitz des Palatinzweiges der Familie Perényi. Péter Perényi verbarg hier die Stephanskrone nach der Niederlage gegen die Türken bei der Schlacht von Mohács.

Zipser Radl
29.6 2010, Kosicska bela, 66 km
Grenzübergang bei Hollohaza in den Zempliner Bergen.
Mein schönstes Urlaubserlebnis: In Čaňa brauchen wir wieder für die quietschende Kette an KaLeus Rad neuen Schmierstoff. Er hört das ja nicht, aber uns nervt es. Bei der Sparkasse gibt es gleich nebenan einen Fahrradladen. Ich komme mit der schönen Monteurin ins Gespräch. Nach und nach erkennt sie, dass wir echte Radler auf großer Tour sind: "... ooh, also woman with you on tour." Sie fragt, was sie helfen kann. Jens schenkt ihr kein Vertrauen und lässt seine kaputte Nabe am Hinterrad nicht reparieren. Dann kommt sie wieder aus dem Lädchen und schenkt uns jeden einen Patentsicherheitsstreifen in Neongelb.
Der Bahnhof in Kosice funktioniert. Entschluss zu ein paar Tagen Verlängerung durch die slowakischen Berge.

Die kleineren Wunden am Fahrrad
Eine der kleineren Wunden an den Fahrrädern

30.6.2010, Dedinky, 84 km
Jensens Fahrrad ist tot. Jens ist nach Sp. Nova Ves abgebogen. Wir sind nur noch zu viert.

1.7.2010, Poprad, 50 km
Heimreise mit einem Pass am östlichen Ende der Niederen Tatra hinein nach Poprad zum Bahnhof.

Sonntag, Juni 20, 2010

Bei den Huzulen

0 Kommentare
17.6.2010, bei Myslivka, 56 km
Nun sind wir in den Karpaten, die Auffahrt zum Vishkewski perewal von Norden her. Bei der Planung der Tour habe ich Fotos vom Bärenhotel mit Koliba gefunden. Und nun sitzen wir bereits 18 Uhr Ortszeit hier, weil das ein schöner Platz zum Campen ist. Es gibt eine Mineralquelle, es gibt Baltika Nr. 3 aus der 1000 m entfernten Kneipe und wir sind gut versorgt mit produkty.
Unser Zeltplatz in der Morgensonne
Es war heute nochmal eine Verbindungsetappe auf einer Hauptverkehrsstraße mit viel LKW-Verkehr. Die Ukrainer sind gegenüber den Radlern sehr tolerant, Ausnahme Busfahrer. Aber der Krach nervt gewaltig. Außer einem Platten bei mir gibt es nichts weiter zu berichten. Dieser Platten wurde durch einen kleinen Glassplitter verursacht, den Schleicher bemerkte ich beim Verlassen der hiesigen Koliba.
Die Koliba hatte mehr Feuer als die Bedienung
Positiv sind ausgesprochene Freundlichkeit und Offenheit der Leutchen. Wir werden immer als Polen gehalten. Ich versuche immer nicht Russisch zu sprechen, die aufgeschnappten Wörter für "Danke" und "Guten Tag" müssen aber in deren Ohren wie polnisch klingen. Die Westukrainer mögen die Polen aber nicht, Stichwort "Operation Weichsel". Bei Truskavets sah ich ein leicht verblasstes Graffiti "Bandera Cheroj".

18.6.2010, Synevir, 79 km
Heute ging es ans Eingemachte. Zum Frühstück hatten wir noch beste Bedingungen in den Hüttchen. Und so haben wir für das Kommende uns gut rüsten können. Es sollte mindestens über zwei Pässe gehen. Es wurde eine anstrengende Etappe mit großem Hunger am Ende.
Unser erster Karpatenpass
Starke Frauen
Die Herausforderung eine Kneipe mit Essen und Fernseher für das Spiel gegen Serbien haben wir nicht gemeistert. Auf einem klitzekleinen SW-Fernseher in der oberen Zimmerecke eines Separees in einer Dorfkneipe konnten wir die letzten 30 Minuten des Debakels gegen die Serben verfolgen. Mich hat's gefreut. Beim Aufstieg zum Pass nach Synevir haben wir dann alle abgenommen. Helmut, die Gemse, war lange vor allen Anderen oben und fand einen Kioskwagen vor. Doch das Mädel war am schließen, der Bus käme bald, womit sie ins Dorf fahren wollte. Doch unser Glück - Verspätung: Sie öffnete und wir bekamen Bier und Kartoffelchips als Gipfelnahrung.
Jetzt gegen 19 Uhr Ortszeit haben wir die Reserven an diversen Pizzas und sonstigen Gebäckstücke in einer Kneipe hier verkasematukelt. Die gute Frau war sichtlich erleichtert, dass sie uns satt gekriegt hat. Sie zauberte noch was aus Eiern, eine Art Omelett. Jetzt haben wir neben dem Fußballplatz in Synevir auf dem Präsentierteller des Dorfes die Zelte aufgebaut. Der erste Trunkenbold erhielt seinen Obolus von 10 HRV, weil er uns mit der Nationalparkverwaltung drohte. Kurz vorm Einschlafen ritten noch Dorfjungens auf den kleinen Huzulenpferden um unsere Zelte herum.

Die Holzkirche in Maidan: Sieht fast schon aus wie in der
Maramures, nur eben zwiebliger
19.6.2010, bei Tatschiv, 84 km
Heute mal eine Stunde länger geschlafen und schon hat die Defekthexe zu geschlagen. Jens hatte mehrmals einen Plattfuß und mich hat es auch erwischt. Außerdem ist der Regen zurück. So hatten wir eine Begründung dafür, dass wir den Prislop-Pass verweigerten. Wir erreichen also die deutschen Dörfer im Tal der Mokranka nicht.
Die Fahrt hinunter zur Theiss war aber auch schön von der Landschaft und den Dörfchen, die nun wieder einen reicheren Eindruck machen. In einer Kneipe fanden wir in dem ausgestellten Krimskrams einige Relikte aus der tschechoslowakischen Zeit zwischen den Kriegen. Die Holzkirchen haben eine verblüffende Ähnlichkeit mit den Kirchen in der Maramures, nur haben die hier zwieblige Türme.
Ich will mal was zum Essen erzählen. Die Speisekarten sind schwer zu deuten, was besonders für KaLeu problematisch ist. Die gängigen Spezialitäten Bortsch, Soljanka (gibt's tatsächlich hier) und Varejniki haben wir schon durch. An den Varejniki mit Kartoffelfüllung habe ich mich schon überfressen. Es sind recht ordentliche Portionen und so musste ich wettertechnisch für einige der Anderen mitessen. Wir essen jetzt viel aus dem magazin.
Morgen werden wir rüber nach Rumänien machen.

Donnerstag, Juni 17, 2010

Regenetappe

0 Kommentare
16. Juni 2010, Strij, 68 km
Es war ein Regentag. Auf der Weide, wo das Rindvieh das Gras kurz gehalten hat, haben wir gut geschlafen. Beim letzten Platz hielt die Angst vor dem Bären den Schlaf Roswithas sehr flach.
Als ich gegen Ortszeit 6 Uhr aufstehen wollte, begann der Landregen. Der Jens plusterte sich mit seinen vielen Regenabwehrsachen zur Bärenscheuche auf. Das führte aber zu großem Kräfteverschleiß durch schlechtem Luftwiderstand.
Die ersten kleinen Missgeschicke, völlig normal
Es war heute eine Verbindungsstrecke auf Hauptstraßen, trotzdem mit vielen gefährlichen Löchern. So kam es in folgender Reihenfolge zu Plattfüßen: Jens, KaLeu und Helmut. Bei Helmut war es so schlimm, dass wir in Strij einen neuen Mantel gekauft haben. Perfekter Service für 12,50 EURO Lohn und Material.
Flott unterwegs in den Regenpausen

Ein einstimmiger Beschluss verschaffte uns eine Hotelübernachtung, 25 EURO pro Nase. Nun rieche ich wieder zivil und die Sachen sind trocken.

Mittwoch, Juni 16, 2010

In Galizien

0 Kommentare
13. Juni 2010, Przemysl
Auf der Anreise am Sonnabend nach Cottbus begleiten mich ab HoyWoy der Gert und KaLeu. Gert hat noch mal einen kleinen Moment, wo er an der Tour mit teilnehmen will, doch dann stürzt er vom Rad, stocknüchtern. Aber für sein neues Rad hat er zu kurze Beine, der Sitzriese. Er hat sich nichts getan, aber der Mut war weg, schade.
Ein neues Kapitel im Buch "Service bei der Bahn" folgte dann heute Vormittag. Der Wagen 270 wurde eingespart. Es gibt keine Plätze für die Räder und uns. Für den deutschen Schaffner ist das Problem klein, er weist uns die Zugenden für die Räder an, Sitzplätze gibt es genug. In Liegnitz wird ein Barwagen angehängt, nun erhalten die Radeln dort einen Platz. Die polnischen Bahner amüsieren sich köstlich, dass die deutsche Bahn einfach einen Waggon weglässt.
Camp am Fluss San
Hier in Przemysl gibt es keinen Camping mehr am Hotel, wir werden vom Wachschutz zum "river San" gewiesen. Ein einzige Mückenkatastrophe, es ist um Mitternacht noch 21 Grad.

14. Juni 2010, Kroscienko, 74 km
Eine Regenetappe, obwohl wir nicht wirksam nass geworden sind. Immer erreichten wir ein trockenes Plätzchen. Es ist aber auch immer ordentlich was runter gekommen.
Frühstück im Bärencamp
Die Weltkriegs I Bunker haben wir nicht gefunden, aber auch nicht richtig gesucht. Meine Kumpels wollten Kilometer schaffen. Die sind uns vom Regen wieder in Pausen gewandelt worden. In Huwniki gab es zur Pausengestaltung Bier, in Trojca haben wir dann selbst Kaffee und Tee gekocht.
Im Großen und Ganzen folgten wir dem Schwejk-Radweg Nr. 63. In Kroscienko sind wir dann auf meine Wiese vom letzten Jahr, wenn der Weg dahin auch etwas weiter als erwartet erschien.

15. Juni 2010, Dorf Lukawitzija, 61 km
Wie schon im letzten Jahr ließen uns die Polen nicht mit dem Rad über die Grenze. Diesmal gab es die Alternative Bahn. Tatsächlich, er steht zur Abfahrt bereit, zwei Waggons mit Diesellok bespannt. Innen sah es aus wie Kraut & Rüben: Überall waren die Verkleidungen nur notdürftig angeheftet, praktisch alle Sitzpolster waren aufgeschnitten, einige wenige Flicken konnte man entdecken. Der erste Gedanke: Letzter Einsatz bei einem Fußballspiel. Ganz hinten gab es einen Abschnitt mit intakter Einrichtung, das waren die Plätze für den Konduktor. Wozu das Ganze, wurde uns dann in Chyriv klar. Aber vorher mussten wir erst noch der ukrainischen Bürokratie huldigen: Die Immigration Card musste ausgefüllt werden. Nach der Prozedur kassierte der Natschalnik mit lustigem Wanja-Gesicht vier Blätter - nicht korrekt ausgefüllt oder die Formularfelder nicht getroffen. Was wir für ein Häufchen waren, erkannte er schon vorher bei folgender Befragung: "Was ist das Ziel Ihrer Reise?" Mir fiel nur der Huzulenmarkt in Kosiv ein. "Nach Kosiv." "Welcher Oblast?" Na, so gut bin ich auch nicht in ukrainischer Geografie. "Sakarpatska Oblast." Aber er war sich auch nicht so sicher: "Wo ist Kosiv?" "Bei Chernoviz." "Ah, das ist nicht Oblast Sakarpatska." Ich: "Doch, doch." Er: "Welches Hotel?" "Hotel Mir." Jetzt erleuchtete ein leichtes Lächeln sein Gesicht. "Hotel Sakarpatska!" Das haben wir dann auch alle in die Immigration Card eingetragen.
Troubble auf dem Bahnhof:
Jens erzählt von den Schmuggelweibern
Obacht auf den Straßen
In Chyriv stürmten die Schmuggelweiber den Zug mit Leiter und Werkzeug und begannen sofort die Verkleidungen im Waggon zu demontieren. Dann wurden die schwarzen Zigaretten-Päckchen versteckt. Die Kumpels, die dort im Wagen waren, wurden beim Aussteigen behindert. Nun war uns klar, warum der Zug so aussah: Hier ist ein Loch in der Festung Europa für den Zigaretten-Schmuggel.
Der erste Tag in der Ukraine diente der Erforschung der Versorgung. Welches Bier schmeckt, was die Hieroglyphen in der Speisekarte bedeuten. Besonders kompliziert gestaltet sich das mit Kaleu. Der weiß nicht was er will.