18. April 2014, Derecske
Waren es die zarten Brüste des Karpaun und die Karbanossi aus dem wilden Eselsfleisch der Puzsta, die das Gewand für einen Gaumenschmaus bildeten? Wohl nicht, denn die allseits hier beworbenen Fungizide der BASF sollten die edlen Hühner schon längst den Garaus gemacht haben. In Rumänien habe ich immer wieder einige aufgescheucht, dort ist das Exportgut aus dem Westen wohl noch zu teuer. Es waren Hühnerbrüste gefüllt mit Karbanossi vom Schwein und Käse, das Ganze paniert und gebacken, wie es unnachahmlich nur die Ungarn können. Für mich, dem man nachsagt, dass er auch einen panierten Scheuerlappen verkasematuckeln würde, war es die erwartete Köstlichkeit ... und das schon zum 2.Mal heute.
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Zwei Scheiben vom dicken Eisbein mit Schafskäse im Rohr gebacken. Das
wird wohl auf lange Zeit mein größtes Gaumenerlebnis sein. Köche in
Franken hört die Signale! |
Heute morgen bin ich durch Oradea geradelt. In einer der Hauptausfallstraßen mit Gebäuden rechts&links, die wie in Alt-Havanna jeden Grad des Verfalls darstellten, mal wieder ein Highlight. Die Nase hat es gemeldet - eine Bäckerei. Der Raum maß wohl nur 12qm, drei Leutchen bereiteten die vielen Spezereien zu, ein kleines Madlotschka übernahm den Verkauf. Es ist feinster Teig vom Weizenmehl, woraus mit Nüssen, Früchten, Schokolade und Eierschnee lauter Wunder vollbracht werden. Sie machen dort (wie es jetzt modern ist) ganz kleine Stücke in der Größe von einem dicken Daumen. Der Preis für diese Teilchen ist eigentlich angesichts der Arbeit ein Witz.
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Da ist er: Der Berg von Tokaj |
Hier in Ungarn sind die großen Landstraßen meist für Radler gesperrt. Früher gab es eigentlich keine Alternativen, heute hat es hier fast immer Radwege, aber leider noch neben der Landstraße. Hinter Debrecen werde ich mir für morgen Richtung Theiss mal auf meiner elektrischen Karte ein paar Nebenstrecken ggf. Umwege suchen.
19. April 2014, Tiszavasvari, Tokaj
Ich schließe ein Kapitel ab. Dadurch, dass ich alte Wege fahre. Ich habe den Weg nach Kosice gewählt. Detlef hatte ihn mir ja schon 2011 empfohlen. Ich baute gestern mein Zelt auf dem Platz "Castrum" in Hajduboeszoermeny auf. Neben mir ein Camper mit Berliner Nummer, der hier offensichtlich (aufgebockt) ueberwintert hat. Es ist ein Paradies für Pensionäre, gleich nebenan ist ein Thermalbad. Ich wehre mich noch, dass das meine Zukunft sei. Nimmt man hingegen an, dass das Speisen der Sex der alten Männer ist, haben wir hier in Ungarn das Paradies.
Sie bereiten in den Csardas diverse Gerichte zu den Osterfeierlichkeiten vor. Gestern abend hörte ich die Muttls diverse Knoedl oder ähnliches. formen. Es patschte, wie beim Formen der echten Thüringer Klöße. Heute morgen in der Bäckerei holten die Leutchen ihre gelisteten Osterbrote ab. Das sind sehr mit Butter eingepinselte Gebäckstuecke, toll anzusehen. Ich habe mir wieder die kleinen Kiffeln aus Blätterteig ausgewählt, mal mit Nüssen, mal mit Pflaumenmuss. Zum schwarzen Prezsso ein Gedicht.
Die Strecken bis zum nächsten Dorf sind immer in zweistelligen Kilometerbereichen, das sind auch die Abstände, wo der Bierdurst entsteht. Vor der sorozo im naechsten Ort standen zwei Kunden, die mich Stutzen ließen ... in der Tat, als ich mein Bier ausgetrunken hatte, kamen wir ins Gespräch. Oh, aus Deutschland sei ich: "Ich bin ein Nazi!", mit diesen Worten zeigte er mir sein Hakenkreuz-Tatoo auf dem Schienbein und den frisch angenähten Daumen, dessen Verlust er sich bei einer Messerstecherei mit Zigeunern zugezogen haben will.
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Ungarn in den Grenzen von 1914 |
Hier in Tiszavasvari überlebe ich gerade einen Hagelschauer in einer
sörözö, wo eine interessante Karte von Ungarn um 1914 hängt, aber das Klientel ist etwas ziviler. So habe ich mir mir den dargebotenen
palinka schmecken lassen.
Hier in der Puszta hat man ja einen weiten Blick, ich sehe schon den Tokaj-Berg. Aber woher dieser mächtige Hagelschauer mit Gewitter gekommen ist? Vor 30 Minuten war davon nichts zu sehen.
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An der Fähre über die Theis bei Tiszalök |
Nun habe ich Tokaj erreicht, mir das erste Viertelche Furmint zapfen lassen.