Montag, April 11, 2022

Was ist schlimmer als Gegenwind? (22 km)

0 Kommentare
Gestern kündigte sich mit viel Wind ein Wetterwechsel an. Ich habe mich zum frühen Nachmittag in das schön gelegene Hotel Borowitsa eingemietet.
Aussicht vom Hotel Borowitsa, im Vordergrund der harmlos ausschauende Lehm. Dort drin schiebst Du nur 10 Meter. Ich suchte mit die Spur mit den größten Steinen.
Der Eine&Andere mag es kennen, es liegt in derNähe der Utrobata-Höhle direkt am Kardshali-Stausee. Der Wetterwechsel kam mit einem Donnerblitz, der Blitz ist in unmittelbarer Nähe des Hotels eingeschlagen. Es draschte draußen fast die ganze Nacht lang. Mir schwante was. Gestern war es feiner trockener Staub, der den durch eine lange Baustelle aufgerissenen und meist weggeschrapperten Asphalt in einen Feldweg verwandelte. Eine Wasserleitung wird auf mehreren Kilometern verlegt.
Am Morgen war es Lehm. Ich musste auf fünf Kilometern dreimal meine Laufräder demontieren, um mehrere Hände voll Lehm aus den Schutzblechen zu kratzen. Der Lehm war so schmierig, dass ich anfangs beim Schieben gar nicht bemerkte, dass das Hinterrad fest saß. Irgendwann kamen mir die Hotelleute mit 'nem kleinen Opel entgegen. Mich verwunderte, der sah noch ganz vernünftig aus. "Малка пътека. Малка. Малка." Nur noch ein kurzer Weg. Und in der Tat, ich hatte es geschafft. Noch eine Demontage der Laufräder und Auskratzen, danach könnte ich mich unauffällig unter die Bauarbeiter mischen. Wäre aber der Einzigste mit kurzen Hosen. Es gibt Gegenden in dieser Welt, da bauen die aus solchem Lehm Häuser, die Jahrtausende halten.
Noch ein steiler Aufstieg ins Dorf Dajdovnitsa und mir war der Zahn gezogen. Ich plane um. Ich bin jetzt in Kardshali. In einer Automivka - Autowäsche habe ich grob den Lehm vom Rad gespült. Jetzt tropft die Wäsche im Bad. Morgen werde ich mal Eisenbahn fahren.
Während des Kampfs mit dem Lehm war es mir nicht möglich zu fotografieren: Finger millimeterdick mit Lehm beschichtet und Konzentration aufs Wesentliche war notwendig. Sorry!

Sonntag, April 10, 2022

12% bergauf, bergab (23 km)

0 Kommentare
Gestern noch einen Platz zum Zelten angesteuert, der ganz den Vorstellungen eines Karpatenwillis entsprochen hat.
Nachdem ich also das ganze Freibier verkasematuckelt hatte, führte die Straße (immer angezeigt mit 12%) in ein Tal mit geheimnisvollen Schreinen und Quellen. Es gab mindestens ein Dutzend von Quellen. Die werden in der Regel immer Personen oder Ereignissen gewidmet, was besonders in den Gebieten mit überwiegend türkischer Bevölkerung zu bemerken ist. Dem Clanführer Herrn Barbaros ist ein gewaltiger Schrein gewidmet. So etwas habe ich noch nirgends gesehen. In der Grillecke dieses Schreins brachen wohl einige Herren das Fasten, wenn auch zu einem reichlich verfrühten Zeitpunkt, so gegen 17 Uhr. Es dubelte der Grill und der Brodem vom Fleisch durchwehte die Anlage. Dann Begann der Aufstieg zum Dorf Zhenda. Wenige hundert Meter vor dem Dorf fand ich dann diesen würdigen Platz zum Zelten.

Hier oben leben nur noch ein paar Viehzüchter, Rinder, Schafe und Ziegen. Bei einem Hof dachte ich, hier ist die Straße zu Ende. Die Strecke war vollständig mit Stroh und Scheiße bedeckt, als hätte er seinen Rinder heute nacht diesen Platz als Stall angeboten. Aber endlich die Abfahrt zum Stausee Borovitsa. 
Das ist ein wildes Tal eines Zuflusses der Arda.
Nun bin ich im schönen Hotel Borowitsa untergekommen, ein Nachmittagsnickerchen gemacht und nun mich zum Schreiben gesetzt. Freibier wird es wohl heute am Sonntagabend keines mehr geben, ich bin der einzigste Gast.

Samstag, April 09, 2022

... ist zwar schwerer als wie "geht nicht"! (58 km)

0 Kommentare
Heute nun wurde es ernst: Knapp 70 km mit ca. 700 Höhenmeter. Anfangs führte die Straße über die Hügel vor den Rhodopen. Im Zentrum von Cherven vor meinem Morgencafé wehte schlapp die russische Flagge. 
Dann habe ich eine kleine niedliche Viper gerettet, die sich auf dem Asphalt aufgewärmt hat. Beim Aufstieg auf 750 m verbrauchte ich mein ganzes Wasser. Aber oben hatte Einer ein kleines Buffet eröffnet. Für mich noch nur Cola, um sanft die notwendigen Kalorien dem Körper zuzuführen. Er hatte auf der Terrasse etliche Ringel hausgemachte Lukanka und viele Speckseiten, schön mit Paprika gewürzt, hängen. Der Aufstieg war aber so anstrengend, dass selbst ich keinen Appetit entwickelte. Nun habe ich mein heutiges Ziel Kommuniga erreicht und werde mir nur noch einen Platz zum Zelten suchen. 
Gerade gab es Freibier zum Ramadan. 

Freitag, April 08, 2022

Asenovgrad (28 km)

0 Kommentare

Ich hinke nun einen halben Tag meinem Plan hinterher, hätte gestern noch Asenovgrad erreichen sollen. Doch wie definierte einst Donald Rumsfeld in seinen Rumsfeld-Rules: Der Plan zerbricht im Angesicht der Wirklichkeit. Früh auf dem Weg zum Frühstück fand ich die Kreditkarte eines Oligarchen auf der Flucht. 

Covid spielt hier in Bulgarien keine Rolle mehr, nur ab&zu sieht mal jemanden mit ‘ner Munaske. Katunitsa, ein Dorf auf dem Acker vor den Rhodopen: Kaffee bei den Karten spielenden Pensionären. Vor der Kneipe drei elektrische Rentnerfahrstühle. Über mir kreisen ständig Hubschrauber. Da kommt mir eine Idee: Wenn ich Politikberater und Lobbyist des Militärisch-Industriellen Komplexes wäre, würde ich den östlichen NATO-Staaten empfehlen, ihre sowjetische Technik an die Ukraine solidarisch zu verscherbeln und sich in der USA und in Deutschland völlig neu zu rüsten. Die Bulgaren scheinen das zu machen, sie fliegen ihre Jagdhubschrauber hier zum Entstauben vom Depot ständig im Kreis.

Zum Orientieren in Asenovgrad habe ich mich zu einem Kaffee und einem Schumensko Pivo gesetzt. Gleich kam von den Pensionären auf der Terasse des Cafè ein Zweites als Freibier.

Nachmittag bin ich zur Festung des Zaren Assen hoch gestrampelt. Es ist eine byzantinische Grenzfestung aus dem 9. Jhdt., die aber gegen die Bulgaren nix genutzt hat. Morgen wird es ernst, dann geht es in Berge der östlichen Rhodopen ins Tal der Arda.

Donnerstag, April 07, 2022

Die Bahn und das Biest

0 Kommentare

Der reichlich fünf Minuten verspätete Franken-Thüringen-Express stoppte in Uhlstädt. Es kam schnell eine Durchsage: “Der Zug hat etwas überfahren. Wir halten auf unbestimmte Zeit.” Damit war der eh schon arg knappe Anschluss nach Dresden geplatzt. Es wackelte der große Plan für eine Großfahrt auf den Balkan gewaltig. In den letzten zwei Jahren erkrankte ich schwer an Reisefieber und Fernweh. Es sollte per Bus nach Plowdiw, Bulgarien zur restlichen Erforschung der östlichen Rhodopen und des Strandscha-Gebirges gehen. Danach wollte ich mich durch Ägäis treiben lassen, nach Möglichkeit bis nach Pfingsten. Ich musste mir noch in den letzten Wochen ein neues Expeditions-Rad besorgen. Diese Hürde habe ich mit einem TX400 der vsf-Fahrradmanufaktur gemeistert … und jetzt soll die Bahn und das Biest das kaputt machen? Es dauerte ungefähr 15 min, dann war das wohl eher kleine Biest aus den Radkästen gekratzt. Ein ICE war dann die 55 EUR teure Lösung. Die drei lausigen Fahrradplätze eines ICE ließen neben zwei e-Bikes tatsächlich Platz für mein “Gutes”. Die Fahrer des ausgebuchten Mercedes Tourismo motzten wegen meines Fahrrads. Aber 20 EUR eröffneten Raum zwischen den riesen Gepäckstücken der Mitreisenden. Die 26 Stunden Fahrt bis Plowdiw folterten ein wenig meine Knie. Doch in den vielen Pausen der drei Fahrer konnte ich mir immer die Beine vertreten und es ließ sich aushalten. 

Nun sitze ich in Plowdiw beim dritten Kamenitsa.
Nun sitze ich in Plowdiw beim Kamenitsa.

Sonntag, August 15, 2021

"Melzen, Brauen und Schenken"

0 Kommentare

Bis Neumühle bin ich dem Elster-Radweg gefolgt. Dann aber abgebogen (kannte ich ja schon) hoch nach Teichwolframsdorf und Langenbernsdorf. In Langenbernsdorf hatte ich Durst auf ein sonntägliches Frühschoppen-Bier. Die Tür zu Alexandros’ Taverne stand offen. Das ist an der zentralen Kreuzung im Dorf und offensichtlich eine altes Wirtshaus. Im Inneren fand ich dann folgende Inschrift:

„1417 Mittwoch nach Erhardt hat Wilhelm, Landgraf in Thüringen und Markgraf in Meiszen zwischen Bürgermeister, Rat und Gemeinde unser Stadt Werdau und Haniesz, der Zeit Kretschmar in Bernsdorf, Schied und Verteilung getun, wie der und sein Nachkommling Melzen, Brauen und Schenken sollen und mögen!“

Alexandros hat entsprechend dem Schiedsspruch seinen Auftrag würdig fortgesetzt, er schänkte mir zwei Halbe Köstritzer.

In Langenhessen erreichte ich das Pleiße-Tal. Ich bin schon etliche der sächsischen Flüsse talabwärts gefahren. Nicht nur die Hochwasser 2002 und 2013 in der jüngsten Vergangenheit zeigen, dass es clever ist nur das Notwendigste für die Energiegewinnung in den Tälern zu bauen. Die Handelsstraßen führten auf den Landrücken lang. Die Kapitalisten des sächsischen Manchesters Crimmitschau und in den anderen Städten an den Flüssen gingen ob der günstigen Verwertungsbedingungen ihres Kapitals dann das Risiko ein, vertrauten der Ingenieurskunst und kanalisierten die Energiespender. Die Flussrouten sind noch heute verkehrsarm und für den Radler attraktiv, denn es gibt sehr viel aus der Geschichte Sachsens zu entdecken. In Ponitz fand ich aber erst eine coole Frühschoppenrunde in Leo’s Bierstube. Ich halte solche Frühschoppen als eine unterschätzte und leider absterbende soziale Einrichtung (social club) für einsame, alte, weiße Männer. Hier findet der Mann Hilfe für die Zufahrt eines Minibaggers oder Trost, wenn er nicht mit Geld umgehen kann. Der Platzhirsch war ein auf Kreuzfahrtschiffen weitgereister Eisenbahner. Der war sogar schon in Papua-Neuguinea. Der Eisenbahner hat die Deckel aller Frühschoppenteilnehmer bezahlt, 87 Euro, hat 100 gegeben. Dann zeigte er mir die Sehenswürdigkeiten von Ponitz. Die haben hier eine Silbermann-Orgel, das Werk #40. Des weiteren lebte hier der Herr Wolfgang Conrad von Thumbshirn, einer der maßgeblichen Diplomaten des Westfälischen Friedens.

Gaststätte „Am Stausee“ in Fockendorf: Ü-70 Festival mit den Chemnitzer Lausbuben, ca. 200 Fans und fast genauso viel Rollatoren.

Am Ende des Tages in Regis-Breitungen sah ich beim Rollern durchs Dorf aus den Augenwinkeln einen schönen Biergarten. Ich bog zum Gasthof & Pension „Zur Erholung“ ein. Auf meine Frage nach Übernachtung wollte mich die Wirtin schocken: „Mein Mann ist gestorben, sein Bett ist frei.“ Mir ist ein guter Konter eingefallen: “Ich schnarche nicht!” Hat gewirkt, das hat die noch Stunden später den neuen Gästen erzählt.

Am nächsten Tag, Montag, noch eine kleine Schleife zu den Reichen am Leipziger Neuseenland. Heimfahrt mit der Bahn ab Knauthain.

Samstag, August 14, 2021

Vogtland bergab

0 Kommentare

Für die heutige Etappe habe ich mir eine leichtere Route gesucht. In der Karte gab es einen Radweg von Oelsnitz nach Falkenstein. Der schlägt große gleichmäßige Bogen durch das Vogtland. Ich dachte mir: So sieht eine alte Eisenbahnstrecke aus. Und in der Tat, es ist der zwischen 1951 (für den Berliner Außenring!) und 1978 abgebaute Teil der Voigtländischen Staatseisenbahn vom Abzweigbahnhof Herlasgrün ins böhmische Eger. Das ist ein sehr schöner und schattiger Weg, leider ohne Logistik. Das bestätigte auch ein Hundausführer, der wieder aus Franken in seine Heimat zurück gesiedelt ist. Der 21,8 Kilometer lange Weg verbindet den Elster-Radweg mit dem Göltzschtalradweg, den ich im weiteren folgte.
Der Göltzschtal-Radweg führt anfangs auf dem Bergrücken links der Göltzsch. Dummerweise bauen sie aber dort auch für die Autofahrer die Ortsumgehung der B169, sodass der Radweg oft den Kürzeren zieht und der Radler den Weg verliert. Mein Phone und mapy.cz hat mich aber immer wieder zurückgeführt und ich habe auch die „Troll-Schänke“ gefunden, wo es wirklich leckeres Essen gibt. 

Die „Troll-Schänke“
Bei Lengenfeld erreicht man den Talgrund. Höhepunkte dieses tollen Radwegs sind „Käppels Floßteiche“ und natürlich die berühmte Göltzschtalbrücke der Sächsisch-Bayerischen Eisenbahn, die größte Ziegelsteinbrücke der Welt. Bei Greiz mündet die Göltzsch in die Weiße Elster. Eingecheckt in das Parkschlösschen in Greiz.

Die berühmte Göltzschtalbrücke der Sächsisch-Bayerischen Eisenbahn

Freitag, August 13, 2021

Oberstes Vogtland

0 Kommentare

An diesem Tag sollte es nur selten rollern. Besuch der Eremitage bei Schleiz. Das war ein fest eingeplanter Haltepunkt. Die Eremitage hatte ich schon vor einiger Zeit entdeckt und damals von der Wirtin die Geschichte erfahren. Hier hat der Fürst Reuß, jüngere Linie, sich eine kleine Zuflucht bauen lassen, die er auf dem Weg von Schloss Burgk zur Arbeit in die Residenz in Schleiz gerne besuchte, um Ruhe zu finden.
Letzte Versorgung an einem Kiosk oben in Heinrichsruh am Kreisverkehr. Über Zollgrün nach Tanna. In Tanna traute ich mich nicht ohne Korb in den DISKA, kein Chip, kein Euro. Deshalb nur noch Wasser am Hoftor gefochten, in Mißlareuth und in Sachsgrün.

Gelehrter Bauer „Küntzel“
Die Dörfer dort oben an der alten Grenze haben überhaupt keine Logistik, keine Kneipe, kein Geschäft … nix. Den Fahrplänen in den Buswartehäuschen würde ich kein Vertrauen schenken. Gut, die Leute leben alle im Eigentum, könnten sicher eine Ladestation für E-Mobilität im Hof installieren. Aber ich bin sicher, dort wird noch dreißig Jahre der Diesel durch das Dorf nageln. In Sachsgrün gute Gespräche mit aufgewecktem 86-jährigen Ömchen geführt. Sie sah schon, dass das mit dem Wetter und dem Klima nicht mehr alles so stimmte, wie bisher in den 86 Jahren. Aber die vielen Windräder bei Sachsgrün auf bayrischer Seite hielt sie für Humbug. Die stehen so oft still, sie hätte Atomstrom aus Frankreich in der Steckdose. Sie sah die Bibel als Geschichtsbuch. Die Sintfluten und Wetterextreme gab es früher auch. Ich erzählte ihr, wie die Kaiserlichen im 30-jährigen Krieg bei Saalfeld von der Thüringer Sintflut weggespült wurden und die Schweden oben in der Schwedenschanze auf dem Roten Berg sich ins Fäustchen lachten. Nach Sachsgrün hat der dänische General Holk, Feldmarschall unter Wallenstein, die Pest gebracht. Der Friedhof an der Kirche reichte nicht mehr aus, der damals angelegte Ersatzfriedhof wird heute noch als Friedhof genutzt. Der General verstarb an der Pest in Troschenreuth, seit 1972 eine Wüstung mitten im 500m-Grenzstreifen bei Sachsgrün gleich hier um die Ecke. Das erzählte das Ömchen vom 30-jährigen Krieg aus ihrem Dorf. Das war ein toller Plausch auf der Bank vor ihrem Haus.
Kurz vor dem Dreiländer-Eck bei Posseck abgebogen nach Oelsnitz, wollte ein Quartier haben. Bin fix&fertig von der schweren Etappe.


Donnerstag, August 12, 2021

Anritt ins Vogtland

0 Kommentare

Er bietet jeden Sonntag Kloßessen, hier der Plan vom August.
Ich habe wieder vier Tage Pflegeurlaub. Ich will den alten Plan einer Vogtlandtour zum Dreiländereck (Böhmen – Sachsen – Bayern) umsetzen. In Saalfeld gegen 13 Uhr gestartet. Über Könitz, Dobian nach Ranis. Dort eine erste Pause an der „Schmiede“. Der Herr Weise, der Wirt der  “Schmiede”, hat vor seinem Physio-Termin mir noch schnell ein Bier (ein Dunkles aus Sonneberg “Alt Sunnebarcher”) raus gestellt. Einen Euro hat er dafür genommen.
Dann hoch auf die Buchta-Höhe zur Hohen Straße, geschoben. In Knau an der Freien Tankstelle den Chef des Vereins zur Thüringer Oberlandbahn kennengelernt. Das ist quasi die Thüringer Semmeringbahn. Auf dem spannendsten Abschnitt im Ottergrund bei Ziegenrück bietet der Verein Draisinenfahrten an. Er “hat den Bahnhof in Krölpa”, das ist bei Auma. Gastronomische Überraschung im Gasthaus in Plothen: Das Knödltrio! Ich erreiche mein Ziel, den Camping Plothener Teiche. Nach dem Zeltaufbau gehe ich noch für das „Gute-Nacht-Bier“ zum Imbiss „Waldschänke“. Die Mutter der Wirtin hieß Elsner und stammte aus Breslau. Auf diese Verwandtschaft haben wir erst einmal einen Kümmerling getrunken.
Die Plothener Teiche

Sonntag, Juli 04, 2021

Bieriger Ausklang

0 Kommentare

Mit dem bedenklichen Knarzen der Pedalen begründe ich, dass ich nur noch die Rodach abwärts Richtung Bad Staffelstein fahre, um dort mit der Heimfahrt per Bahn meine kleine Schleife abzuschließen. Frühschoppen in Sesslach mit Hausbräu in der Bierwirtschaft Reinwand seit 1640. Es klappert der Storch auf den Mauern der schönen alten fränkischen Kleinstadt.

Seßlach

Du kannst gar nicht oft genug in Bierfranken radeln, ohne eine weitere Brauerei zu finden. Die Brauerei Schleicher in Kaltenbrunn kannte ich bereits. Ich finde es eine gute Idee, den Meistersud des Braumeisternachfolgers zu vermarkten. Es ist ein mild rauchiges, aber würziges traditionelles fränkisches Dunkel-Bier. In Wiesen bei Staffelstein entdeckte ich gleich zwei Brauereien: Die Brauerei Hellmuth mit großem Gastgarten und gastronomischen Angebot sowie um die Ecke die Brauerei Thomann. Das naturtrübe Bier von Thomann schmeckte mir bedeutend besser, mit mehr Würze und Aromen.

 

Samstag, Juli 03, 2021

Das Heldburger Land

0 Kommentare

Gleich früh besuche ich das Wasserschloss Irmelshausen. Seit 1376 ist das Gebäude im Besitz des Adelsgeschlechts von Bibra, ab 1984 zur Hälfte im Besitz der Familie der Grafen Stauffenberg. Das Mobiliar des Schlosses ist eine der kostbarsten Sammlungen der Region. Da die Familie von Bibra ihre Hälfte der Burg bis heute bewohnt, kann sie nur von außen besichtigt werden. Seit 2014 bewohnt Karl Graf Stauffenberg mit seiner Familie seine Hälfte der Veste. Er betreibt dort eine Hochzeitplanungsagentur.

Wasserschloß Irmelshausen
Immer wieder durchradelt man entlang des Grünen Bandes großartige Naturinseln, oft Hügel mit Trockenrasen, immer wieder Laubwälder. Weiter auf dem Iron Curtain Trail (EV13) ins Heldburger Land, nun bin ich wieder in Thüringen. In der Torschenke komme ich beim Mittagsschnitzel (sehr gut!) mit einem Mann des Ballonsportclub Thüringen e. V. ins Gespräch. Er weist auf das große Ballonfestival in Heldburg im August 2022 hin: Die 25. Thüringer Montgolfiade mit offener Deutscher Meisterschaft im Heißluftballonfahren.
Die Veste Heldburg - eine der Fränkischen Leuchten
Die spareribs, zu deutsch Rippchen in der Country Scheune in Einöd waren einzigartig!
Im nächsten Ort in Lindenau findet sich „Ein Schatz der Natur“, hier befindet sich der Quellort des einst weltberühmten Friedrichshaller Bitterwassers (Video). Werbespruch: „Steht Dir die Sch… bis zum Hals, nimm Friedrichshaller Bittersalz. Willst Du es lieber etwas nasser, trink Friedrichshaller Bitterwasser.
Auf dem Weg ins schöne Fachwerkstädtchen Ummerstadt beginnen, die Pedale bedenklich zu knarzen. In Bad Colberg finde ich im Landgasthof zum Seysingshof ein Nachtquartier.

Freitag, Juli 02, 2021

Links oder rechts einkehren

0 Kommentare

Ich hatte das Brötchenangebot beim Einchecken angenommen und zwei Körnersemmeln aufschreiben lassen. Nun habe ich mein Zelt im Nieselregen zusammengebaut und warte auf die für 7.00 Uhr avisierte Herausgabe der frischen, warmen Körnerbrötchen. Nach Acht steckt mir ein blasser Junge nach langer Suchkramerei in der Rezeptionsbude eine Tüte mit zwei Brötchen von vorgestern zu. Ich werde auf der Suche nach einer Bäckerei in Schleusingen im Mega-Center fündig. Die zwei Mädels warten auf die Anlieferung aus der Großbäckerei, ich kriege aber erst mal einen Kaffee, draußen regnet es eh. Regen während des ganzen Vormittags, kein Vorankommen. In Kloster Veßra passiere ich das Gasthaus „Goldener Löwe“, es lädt mit FCK ANTIFA – Bannern ein. Das Haus wird vom Organisator der berüchtigten RechtsRock-Konzerte von Themar betrieben. Ich rolle einige Meter weiter zum Refektorium. Hier ist Uwe der Wirt mit Vertrauen in seine Kochkunst erweckender Statur. Seinen Standpunkt erkennt man, wenn man einen Kaffee bestellt. Er wird in Emaille-Bechern mit der Aufschrift „Kein Ort für Nazis“ serviert. Ich wünsche mir eine Bratwurst und ein Raubritter Dunkel. Es regnet weiter und es ist auch recht kalt, so dass es ein paar Bier mehr werden auf meinem Platz gleich neben den warmen Mauern des Grill. Es ist wie in einem rumänischen magazin mixt. Der Wirt ist Pastafari, also Mitglied der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland. Unter den Pastafari wird er als Bruder Fussili angesprochen. Später kommt noch einer der Stammgäste, der Förster. Ich frage nach den Problemen auf dem Holzmarkt. Er bestätigt, dass er Holz genug fällen lassen musste und im Wald liegen hat. Die Sägewerke seien die Nadelöhre, die würden das Rohholz bunkern, um auf höhere Preise zu spekulieren. „Das ist Eine von den Leuten von drüben!“ Uwe weist auf eine mächtige Mutter mit reich bebilderten Busen hin. Das „Htlr-Schnitzel“ im Goldenen Löwen scheint verbrannt zu sein, sie holt Essen für Zwei bei Uwe.

Der Eingefallene Berg bei Themar: Der letzte ereignete sich am 3. April 1595. Einer Sage nach wird von einem Bergsturz im Jahre 1137 berichtet, wodurch das gottlose "Dörfles" verschüttet wurde.
Endlich kann ich aufbrechen auf dem Werra-Radweg nach Themar vorbei am Eingefallenen Berg, wo der Liebe Gott ein Dorf voller Sünder bestrafte. Nur ein Haus mit seinen tugendhaften Bewohnern blieb übrig. Das erläuterte mir ein pausierender Wandersmann. Natürlich guckte ich mal beim Schalke-Fan vorbei. Die Wirtin des Gasthauses Krone am Fenster informierte mich: „Der ist schon lange weg!“
Belrieth: Die Kellergaden - Fruchtkästen - die den Bewohnern des nördlichen Ortsteils zur Bevorratung dienten
Im Werra-Tal sind die vielen Wehrkirchen sehenswert. Diesmal besuchte ich die Wehrkirche in Belrieth mit den vielen Fruchtkästen. Im Schutz der Kirchenmauern lagerten die Dorfbewohner ihre Vorräte für schlechte Zeiten. Am großen Eisenbahn-Dreieck Grimmenthal wende ich mich nach Süden um durch das Thüringer Tor ins fränkische Grabfeld zu gelangen.
Auffällig - die Kilometersteine im Meiningschen
In Bibra entdecke ich im nordöstlichen Teil des Dorfes eine interessante Burg. Die kleine Wasserburg ist von den Herren von Bibra im 12. Jahrhundert erbaut worden. Erbaut im Stil eines Fränkischen Königshofes, bewohnt von ihrer Beurkundung (in einer Urkunde von Bischof Otto I. von Bamberg aus dem Jahre 1119 wurde „Rupertus de Bibra“ als Zeuge genannt) bis heute von der Familie gleichen Namens. Es ist alter fränkischer Uradel. Ich werde morgen weiteren Besitztum kennenlernen. Der heutige Burgherr ist Jörg von Bibra – Elektromeister. Die Burg beheimatet den Verein „Burg Bibra e.V.“. "Burg Bibra" ist ein gemeinnützig anerkannter Verein für Erwachsenenbildung auf christlicher Basis. Sein Ziel ist es, Menschen in ihren Lebensproblemen zu begegnen und ihnen Hilfe anzubieten, wie der Glaube an Gott sie ermöglicht (zitiert von der Webseite des Vereins).
Die Burg Bibra durch die Herren von Bibra im 12. Jahrhundert erbaut und 1119 mit „Rubertus de Bybera“ erwähnt. Burg Bibra ist die Burg in Thüringen mit dem längsten durchgehenden Besitz einer Familie seit Beginn der Aufzeichnungen.
Seit Berkach nun auf dem Iron Curtain Trail (EV13). In Behrungen bewundere ich die frisch renovierte Kaserne der Grenzkompanie, heute eine Senioren-Residenz.
Am Badesee Irmelhausen, bayrische Seite des Grabfelds, finde ich einen großartigen Campingplatz mit modernem Bistro und TV für das Spiel Spanien vs. Italien. Nach dem Zeltaufbau setze ich mich für ein paar Rother Bräu zu den Fußballfans. Ein schöner Abschluss dieser entdeckungsreichen Etappe.

Donnerstag, Juli 01, 2021

Ä Bissel hab ich’s noch druff!

0 Kommentare
Ich habe vier Tage Pflegeurlaub, ich starte endlich eine kleine Schleife durch Südthüringen. Ich fahre das Gute Rad … also nicht das Elektrische. Ich will mal wieder ins Grabfeld. Der Namensgeber der Straße, in der ich wohne, Victor von Scheffel hat in seinem Lied der Franken die Gegend so beschrieben:
„ … und seh’ die Lande um den Main
zu meinen Füßen liegen.
Von Bamberg bis zum Grabfeldgau
umrahmen Berg und Hügel
die breite stromdurchglänzte Au … „
Er guckte von Süden auf die abwechslungsreiche Landschaft mit den Gleichbergen.
Rinnetal, Watzdorf
Meine Tour führt vom Nordosten über das Rinnetal ins Ilmtal zur Überwindung des Thüringer Waldes. Zwei Mal kann ich mich aus Sagasser-Märkten in Königsee und Gehren an der reichen Auswahl fränkischer Biere erquicken. Als Aufstiegsweg zum Rennsteig wähle ich das Schobsetal. Das Schobsetal ist bei den Mineralogen für Schwer - und Flussspatvorkommen bekannt. Hier ist die Phönix Fluß- & Schwerspat - Bergwerk GmbH aktiv, „um aus der Lagerstätte Floßberggang zwischen Ilmenau und Möhrenbach Fluß- und Schwerspatroherz zu fördern. Alleiniger Eigentümer der Bergrechte ist die Fluorchemie Gruppe. Diese Mine macht die Flusssäureproduktion der Fluorchemiegruppe weitgehend unabhängig vom Weltmarkt.“ (aus http://fluorchemie.eu/index.php/de/wir-ueber-uns) Heute ist ein Arbeitstag, es scheinen alle Minerul unter Tage zu sein, über Tage kann ich keinerlei Aktivitäten beobachten.
Im Schobsetal
Den Rennsteig erreiche am Dreiherrenstein. Hier funktioniert die einzige gastronomische Einrichtung im Laufe des heutigen Tages: Ein klassisches Ragout fin mit der Original-Dresdner Worcester-Sauce und zwei Raubritter Dunkel aus der Schwarzbacher Schlossbrauerei. Es mag gut sein, dass ich das auch vor vierzig Jahren gekriegt hätte.
Talsperre Schönbrunn. Es wird die Schleuse aufgestaut.
Ansonsten halte ich den Claim Thüringer Gastlichkeit für einen Witz. In Schönbrunn bedauerte man die Rückweisung meines Übernachtungswunsches noch mit Vollbelegung, in Waldau im Weidmannsruh kam ein klares „Nein!“ Der Herr verwies mich zum Zeltplatz Ratscher, „der ist groß“. Draußen regnete es bereits.

Donnerstag, August 13, 2020

Die Marianische Sodalität

0 Kommentare
Alle Planungen für dieses Jahr sind aus vielerlei Gründen (nicht nur die Seuche) versickert wie ein umgeschmissenes Bier im Kies eines Schankgartens. Geblieben ist ein 5-tägiger Ausflug nach Bierfranken. Ich habe mich in das Haus "Jutta" in Gößweinstein in der Fränkischen Schweiz eingemietet. Das soll mein Ausgangspunkt für einige Schleifen durch dieses herrliche Gebiet für Natur und Traditionen sein.
Raum für Traditionen
Ich bin ohne Frühstück gegen ¾ 6 Uhr von zuhause weg zum Bahnhof in Saalfeld zur Fahrt mit dem "Franken-Thüringen-Express" nach Bamberg. Da ist es die erste Aufgabe des Tages, eine geeignete Brotzeit zu organisieren. Also raus aus Bamberg und darauf hoffen, dass es in den Dörfern auch einen Markt gibt. Zwischen Pödeldorf und Naisa finde ich einen EDEKA-Markt. Erwartungsgemäß führt er eine Reihe von köstlichen Bieren der lokalen Brauereien … und davon gibt es im Bamberger Land gar viele. Ich wähle zu den zwei Leberkäs-Semmeln das “Räuschla”, ein Bier der Schamelsdorfer Brauerei Knoblach mit 5,4%, und ein Helles der Brauerei Hummel aus Melkendorf. Einen schönen Platz für die Brotzeit finde ich an einer Marien-Kapelle zwischen Litzendorf und Lohndorf im Ellertal. Hier werkelte ein Mann mit Sensen und Heckenscheren, um den Pausenplatz auf Vordermann zu bekommen. Ich komme mit dem Mann ins Gespräch.
Marianische Sodalität in Litzendorf
Er ist einer der aktiven Köpfe der Marianischen Sodaltät in Litzendorf. Das ist eine vor langen Zeiten in Rom gegründete Gemeinschaft von Gefährten, verbunden im Marienglauben. Einige der Gefährten hat es bis ins Bamberger Land nach Litzendorf verschlagen, die dort vor 200 Jahren eine solche Sodaltät gründeten. Diese mildtätige Gemeinschaft spendet regelmäßig zu aktuellen Misslichkeiten wie Oder- und Elbe-Flut, aber auch nach Beirut nach der großen Explosion im Hafen in diesem Jahr. Jedes Jahr kommt ein Pfarrer aus Ghana für einige Wochen als Vertretung für den hauptamtlichen Pfarrer in Litzendorf, der rockt dann die Kirche. Mein Gesprächspartner berichtete darüber sehr leidenschaftlich und beeindruckend. Der Mann hat den Platz für eine große Andacht vorbereitet, die am Sonnabend zu Marien Himmelfahrt stattfinden wird. Solche Andachten mit anschließender Feier (zu Corona-Zeiten im Pfarrhaus) sind der Anlass, wo die Sodalität die Gelder für die Kapelle, für eine im Weltkrieg verloren gegangene Glocke oder für Spenden akquiriert. Aber: Das Engagement erlischt mit den Generationen, die Jugend ist nicht mehr für einen solchen traditionellen und religiösen Gemeinsinn zu begeistern. Schade!
Leider nicht verkostet
Ein wesentliches Element der sodalischen Feiern hier im Ellertal ist das Bier. Kein Wunder, jedes Dorf hat mindestens eine Brauerei. Ich versuche alle zu verkosten - in der Brauerei Hölzlein in Lohndorf fand ich leider keinen Kontakt. Aber die vom Sodalen empfohlene Brauerei Reh ließ mich ihr Helles Landbier verkosten - ein kräftig gehopftes Helles.
Jetzt sitze ich im Biergarten der Brauerei Hönig in Tiefenellern und verkoste das ungespundete Lagerbier und das würzige “Posthörnla”, wohl ein Märzen. Dann folgt der Aufstieg auf das Jura-Plateau nach Laibalös und hinab im Leinleiter-Tal. In Oberleinleiter kann ich noch das Bier der Brauerei Ott verkosten, ein helles und ein dunkles Lagerbier. Das Dunkle kriege ich von zwei westdeutschen Studenne-Köpp spendiert. Sie logieren im 5 Kilometer entfernten Huppendorf und sinnieren nun über eine Rückfahrt mit dem Taxi. Na gut, sie hatten einen ganzen Kasten unterm Tisch stehen!
Das Dunkle der Brauerei Ott aus Oberleinleiter in der Sachsenmühle
Noch ein letzter steiler Aufstieg nach Gößweinstein hinauf und ich werde im Haus Jutta namentlich begrüßt. Ich beziehe mein kleines Zimmerchen, wo zu Spitzwegs Zeiten der “Einsame Poet” logierte, und schlafe auf der Liege ein. Es ist anstrengend, all die guten Biere im Fränkischen verkosten zu wollen.

Dienstag, Oktober 08, 2019

Ein freier Tag in Skopje

0 Kommentare
Ich erreichte gestern Skopje früh genug, dass ich meine Heimfahrt noch gestern organisieren konnte. Ich benötige den heutigen Tag also nicht, um rüber nach Serbien ins Presevo-Tal zu machen. Ich werde einige Schleifen durch die Hauptstadt Nordmazedoniens ziehen.
Besuch in einer Garagenfirma: Schnapsbrennerei
Die Mazedonischen Revolutionäre von 1893
Skopje hat in den letzten Jahrzehnten ein bewegte Geschichte. Im Juli 1963 wurde durch ein Erdbeben große Teile der Stadt zerstört, über 1000 Menschen starben. Die Uhr am alten durch das Beben zerstörten Bahnhofsgebäude zeigt noch immer die Uhrzeit der ersten Schockwellen an: 5:17 Uhr. Ich kann mich noch erinnern, dass in der Schule (3. Klasse bei mir) zu Spenden aufgerufen wurde. In Skopje leben verschiedene Ethnien. Da sind die slawischen Mazedonier, die Albaner sowie etliche weitere Völkerschaften, wie die Aromunen (in Skopje immerhin 1,6%). In der Regel miteinander, immer mal wieder auch gegeneinander. Auslöser für ein Gegeneinander sind nationale Spalter, wie die Nachfahren der Inneren Mazedonischen Revolutionäre (IMRO) um Goze Deltschew.
Zentrum von Skopje 2014 mit dem Denkmal des Alexander der Große
Mit einer Reihe von monumentalen Bauten, Denkmälern und Kreuzen im Rahmen von „Skopje 2014“ sollte eine mazedonische Identität gestiftet werden.
Die Porta Macedonia
Andererseits wurden aber die Albaner und Muslime damit ausgegrenzt. Das Projekt „Skopje 2014“ war ein Prestigeobjekt der damals regierenden nationalistischen IMRO. Ich habe niemals zuvor so viele Denkmäler von Helden mit Löwen und Pferden in einer Stadt gesehen.
Die aktuellen politischen Diskussionen ergeben sich aus dem sogenannten Prespa-Abkommen, was unter anderen die Umbenennung in Nord-Mazedonien beinhaltet.
Meinungsäußerung am Denkmal der Mazedonischen Revolutionäre
NEIN!
Nein zu Prespa
Nein zur NATO
Nein zur EU
Stop dem Faschismus

Montag, Oktober 07, 2019

Die letzte Etappe von Veles nach Skopje

0 Kommentare
7.10.2019
Heute galt es nun die Heimreise zu organisieren. Zwischen Veles verlieren sich die beiden Fahrstreifen des Highways “Freundschaft”, former Alexander Der Große auf gut 50 km. Die Spur nach Süden führt zusammen mit der Eisenbahn unten im Vardar-Tal lang, das hier fast eine Schlucht ist. Der Fahrstreifen nach Skopje geht über einen gut 500 m hohen Bergrücken. Dazwischen wurstelt sich die alte Straße über diese mit Sträuchern bewachsenen Hügel. 
Oberhalb des Sees der Jugend
In Veles wird nur bis zum See der Jugend ausgeschildert, dann muss sich der Radler auf sein Gefühl oder eine OSM-Karte verlassen. Ich bin vor vier Jahren in Gegenrichtung schon an diesem Feldweg verzweifelt. Trotzdem kamen mir auf diesem Weg ein Tandempäärchen wohl aus England auf dem Weg nach Istanbul entgegen. Gegen Mittag habe ich dann den Vorort von Skopje Goze Deltschev erreicht. Der Plan zur Organisation der Heimreise geht wohl auf.

Es tut mittlerweile an etlichen Stellen des Körpers weh. Da ist das Monstrum von blauem Zeh rechts, eine Muskelzerrung links, die mich ganz schön humpeln lässt und das linke Knie, was wohl mit der Zerrung zusammen hängt. Beim Radeln stört das alles nicht, nur beim Laufen sehe ich noch älter aus als ich bin. Mal sehen, was ich morgen mache. Diese Zeilen schreibe ich im alten Basar von Skopje unter Minaretten, was jetzt als gewaltige “Fressgasse” genutzt wird. Überall dubelt der Kebab-Grill. Das Skopsko-Pivo wird vom Fass ausgeschenkt. Jetzt steige ich auf Wein um, T’ga za Jug.
Abfahrt ins Skopsko polje
Im Internet war nicht viel zu Busfahrten von Skopje aus nach Dresden oder Nürnberg zu erfahren. Ich setze meine Hoffnung auf den Busbahnhof in Skopje, eine weitere Option ist am Dienstag ca. 70 km weiter nach Preshovo in Serbien zu radeln. Dort gibt es am Mittwoch zwei Busse nach Fürth. Wie erwartet, gibt es an der Busstation Angebote in die Türkei, ganz ehemals Jugoslawien und Westeuropa, einschließlich Westdeutschland. Ich erhalte eine Fahrkarte für 80 Euro nach München, wo sie mir auch mein Fahrrad mitnehmen. Am Mittwoch 10.30 Uhr gehts heim.

Sonntag, Oktober 06, 2019

Im Tal des Vardar

0 Kommentare
Das Eiserne Tor von Mazedonien
Gestern noch durch das Mazedonische Eiserne Tor zu Alex, dem Bergsteiger (Khan Tengri im Tienshan) und Campbetreiber (“Rocklandcamp”) in einem Wettlauf mit der Sonne bis nach Demir Kapija gekommen. Den Wettlauf verlor ich. Das Zelt baute ich bei Sichelmondenschein auf, wodurch ich die Hundescheiße übersah. Sie klebte dann selbst an den Zeltstäben.
Demir Kapija ist ein Bergsteigerzentrum. Es gibt zu beiden Seiten des Vardar-Durchbruchs Schluchten und Wände. Dazwischen klemmt sich die alte Bagdad-Bahn von Wilhelm II., die neue Autobahn der Firma AKTOR (wohl ein großer Player hier auf dem Balkan, die bauen auch die Tunnel bei Pirot) und die alte Fernverkehrsstraße, die so zu einem prächtigen Radweg geworden ist. Der Highway heißt jetzt "Freundschaft", und nicht wie früher “Alexander Der Große”. So sehen die politischen Kompromisse aus, die Mazedonien - FYROM - Nordmazedonien für eine internationale Anerkennung und EU-Beitrittsaussichten eingehen muss.
6.10.2019
Heute ging es schwer gegen Wind weiter den Vardar aufwärts. Die alte Landstraße nach Veles parallel zum Autoput lässt trotzdem ein lockeres Pedalieren zu. Ich komme an der Ausgrabungsstätte Stobi vorbei. Hier war die Hauptstadt von Paionien, das Philipp um 350 v.C. eroberte, um seine Nordgrenzen vor den "Barbaren" zu sichern.
Es ist eine karge und trockene Landschaft
In den Pausen kristallisiert sich das Zlaten DAB als mein makedonischer Favorit heraus. Es ist ein Bier aus der Brauerei in Prilep. Die Dortmunder Aktienbrauerei hat hier wohl noch einen guten Namen mit der Marke DAB. Geht das Alles mit (Marken)rechten Dingen zu? Ich kann mich aus 2015 garnicht an den mazedonischen Rakija erinnern. Am Nachbartisch in Gradsko feierten einige echte mazedonische Helden. Der dicke Wirt ließ immer wieder die 1l-Rakija-Flasche kreisen. Ich bin hier in dem traditionellen Weinanbaugebiet, dem Tikves. Also muss ich doch mal den bernsteinfarbenen Stoff probieren. Daumen hoch!

Samstag, Oktober 05, 2019

Pella

0 Kommentare
4.10.2019
Ich besuchte in den letzten drei Tagen die großen makedonischen Königsorte: Aigai, der Hof des Phillipp II. mit dem Theater, dem Ort seiner Ermordung durch seinen Leibwächter und seinem Grab, Mieza, der Ort der Bildung des Alexander und Pella, Philipps und Alexanders Hof. Oder besser ein Hof seiner Vertreter, der künftigen Diadochen. Er war ja unterwegs, um mit seiner Bande, die orientalische Welt zu erkunden und auszubeuten. 
In Pella: Das Haus des "Dionysos"
Mit dem Geld konnte eine große Hauptstadt nahe am Meer und den wichtigsten Handelsstraßen erbaut werden. Die Agora in Pella war wohl eine der größten der hellenischen Welt. Pella, als eine der best erforschten antiken Stätten, und das zugehörige Museum war zu groß für die Auffassungsgabe des radelnden Ebs. Ich muss zu Hause noch einiges nachlesen. Das Museum ist nach Lebensaspekten gegliedert und jeder Aspekt überaus reichhaltig mit Artefakten ausgestattet. Ein interessantes Feld war der Rolle der Frauen gewidmet, die sich stark der Religion und dem Hexentum zugewandt haben. Dort gab es ein beschriftetes Artefakt (die Beschreibung des Materials habe ich nicht verstanden), wo Eine ihre Gedanken in einem nordgriechischen Dialekt nieder gekritzelt hat. Sozusagen ein Tweet. Diese Bildung und die Kenntnisse bedeuteten natürlich dann auch viel Respekt in der Gesellschaft, denn welcher hellenische Held (“Die hat Dinge gekannt!”) wollte es sich mit einer Hexe des Dionysos verscherzen. 
Die Agora (Markt) von Pella
Keine Rolle in der Beschreibung im Museum spielten die Sklaven. Fast muss man glauben, dass es hier nur den Rat der Stadt am nördlichen Rand der Agora, die Handwerker und die Hexen gab. Aber vielleicht war es mit der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen schon damals in der Antike etwas komplexer.
5.10.2019
Der Fluss Axiós (der Vardar) bei Polykastro
Ich bin im Grenzort Gevgelija, Nordmazedonien. Die Nordmazedonier haben politisch korrekt die Kennzeichnungen am Grenzübergang sauber überklebt, während unten in Griechenland noch in kleinen Nebenschildern “FYROM” angegeben ist. Gevgelija ist so einer Art Reno des Balkans, für Las Vegas fehlt das Spektakuläre. Mir gegenüber läuft an einem Casino der Jackpot-Zähler: 1.625.144. Die Maßeinheit ist nicht angegeben. Der Kurs des Mazedonischen Denar zum Euro steht bei knapp über 60:1.

Donnerstag, Oktober 03, 2019

Die Schule des Aristoteles

0 Kommentare
2.10.2019
Die Ouzo-Spur ist abgebrochen und wird wohl nicht mehr aufgenommen. Die 400 ml aus dem wundersamen Hinterhof in Thessaloniki hatten mir den Mund früh mit Filz ausgelegt. Aber das nur nebenbei.
Das Ende der Ouzo-Spur
Gestern war ich im Großen Tumulus in Vergina. Es ist wohl das Grabmal von Philipp II., Vater von Alexander dem Großen. Dieses Königsgrab konnte 1977 in großen Teilen unversehrt ausgegraben werden. Das Hügelgrab besteht aus vier Grabkammern, von denen die Grabkammern II und III bis zur Ausgrabung intakt waren, Grabkammer I war schon in der Antike geplündert worden. Weiterhin befinden sich im Grabhügel die Überreste eines Tempels, das heroon. Die zwei unversehrten Gräber sind die einer Frau, eventuell die Thrakerin Meda, und die eines Mannes, eines Königs, wohl Philipp II., König von Makedonien. Man betritt das Hügelgrab durch einen Gang, nachempfunden den Grabeingängen makedonischer Gräber. Drinnen ist es dunkel, nur die Vitrinen leuchten. Und natürlich die Zugänge zu den Grabkammern. Blitzlichtaufnahmen oder Videos sind verboten. Eine faszinierende museale Installation.
Der Große Tumulus in Vergina
Das Persephone-Grab
Das sogenannte Philipp-Grab
Die Gräber geben wichtige kulturgeschichtliche Hinweise auf die Selbstdarstellung der makedonischen Königsdynastie der Argeaden. Gegen die oft vertretene Meinung, Makedonien liege außerhalb des griechischen Kulturkreises, präsentiert sich die Königsfamilie in den Grabmälern als Griechen: Grabbeigaben zeigen Jagd- und Kriegsszenen sowie Symposien als Teil des griechischen Lebens des Königs; Waffen und sogar Gebrauchsgegenstände wie Weinmischer (der beweisen sollte, dass auch die makedonische Dynastie wie die Griechen den Wein nicht pur trank) sind als Reminiszenzen an das klassische Griechenland, Kremierung und Beisetzung der Asche an die Vorbilder der homerischen Epen zu werten. 
Alexander war sich des Erbes von Philipp bewusst: Laut Arrian von Nikomedien motivierte er seine Truppen mit folgender Rede. „Philipp übernahm euch als Stromer und Arme; viele von euch weideten, in Felle gekleidet, ihre wenigen Schafe in den Bergen und kämpften ohne viel Erfolg gegen die Illyrer, Triballer und ihre Nachbarn, die Thraker. Er hat euch anstatt der Felle Mäntel gegeben, euch aus den rauhen Bergen in die Ebenen hinabgeführt, hat euch den benachbarten Barbaren im Kampf ebenbürtig gemacht, so daß ihr auf die Festigkeit von Forts nicht mehr vertrautet als auf eure eigene Tapferkeit und euch behaupten konntet. Er hat euch zu Bauherrn von Städten gemacht und euch gute Gesetze und Sitten gebracht.“
3.10.2019
Diese Ebenen Makedoniens ist noch heute eine reiche Schatzkammer. Ich weiß jetzt, wie Kiwis angebaut werden.
Kiwi-Anbau
In dieser Gegend gibt es noch weitere viele Stätten des Königreichs von Makedoniens, wie Mieza. Bekannt ist die Stadt für ihr Nymphäum sowie dafür, dass Aristoteles hier von 343/342 bis 340/339 den späteren makedonischen König Alexander den Großen unterrichtete.
Das Nymphäum von Mieza (altgr. Μίεζα): Aristoteles hat hier von 343/342 bis 340/339 den späteren makedonischen König Alexander den Großen unterrichtetet.
Aristoteles setzt sich erschöpft auf seine Säule im Nymphäum. Die Nymphen und der noch kleine Alexander sind zur Hofpause. Hoffentlich kommt der nicht gleich wieder mit seinem Knoten. Der alte Lehrer will seine Ruhe haben. Aristoteles hat ihm schon mehrfach erläutert, dass er das anders lösen muss. Die ewige Knobbelei an diesem Knoten führt zu nix. Und die Nymphen mit ihren neumodischen Scherben in der Hand, besonders diese Meda. Naja, dieser Schlampe hat er das Ding jetzt weggenommen. Philipp hat ihr das wohl geschenkt. Auch egal. Er nimmt die Scherbe in die Hand, in Gedanken verloren. Er hält es hoch: Aristoteles hat ein Selfie in seiner Schule gemacht.
Aristoteles macht ein Selfie

Mittwoch, Oktober 02, 2019

Thessaloniki

0 Kommentare
30.9.2019
Die Anfahrt war hügelig und in platter Sonne, aber doch leicht. Es waren nur knappe 50 km, bis zu meiner vorher reservierten “Premium Suite”. Da konnte ich viele Pausen machen und mich mit Bernd, dem Flugsimulator-Pilot, über den Start am Flughafen Thessaloniki austauschen. Die Flieger starten mir auf meiner schönen Restaurant-Terrasse genau in die Augen, bevor sie eine Linkskurve über den Thermaischen Golf fliegen, vorbei am Olymp.
Anflug auf Thessaloniki
Die “Premium Suite” im 5. Stock mitten in der Stadt ist ganz mein Stil: Man kriegt per Messenger zwei Zahlencodes für die Haus- und die Wohnungstür gesendet, man trifft keinen und muss mit keinem Menschen reden.
Thessaloniki
1.10.2019
Ein Tag Großstadt. Diese Stadt hat eine abwechslungsreiche Geschichte. Einige der Spuren dieser Geschichte findet man in Löchern im Häusermeer. In der Tat, immer wieder gibt es Stellen zwischen den Häusern, wo man 2 bis 3 Meter hinab auf die gemauerten Spuren dieser Geschichte schaut.
Galeriusbogen: Durch die Längsseite des Bogens führte die Hauptstraße, die Via Egnatia, welche Italien mit den östlichen Provinzen verband
Die Rotunde (griechisch Ροτόντα Rotónda) des Galerius
Der markante Galerius-Bogen als Teil der alten römischen Stadtmauer ragt natürlich weit heraus. Genauso wie die Rotunde, eine Art Engelsburg, wohl auch ein römisches Grabmal.
Der Weiße Turm (griechisch Λευκός Πύργος, Lefkos Pyrgos), erbaut unter Leitung von Baumeister Sinān
Den Weißen Turm direkt am Kolpos Thermaikos hat der türkische Baumeister Sinan gebaut, ja genau der in Edirne mein Hotel baute.
Die Menschenfänger: Die Mädels begrüßen die männlichen Gäste, die Kerle locken die Frauen. In einer Stunde wird es keinen freien Platz mehr geben - an einem gewöhnlichen Dienstagabend
Jetzt gilt es noch die Ouzo-Spur zu erhalten. Ich befinde mich in einem Hinterhof, wo ein orientalisches Lokal ins andere übergeht. Es ist ein Strudel von Musik und Lampen und wunderschönen Frauen.